Beiträge von Caius Redivivus Evander

    Evander schüttelte den Kopf.
    "Fang nicht auch du noch damit an, Artorius Nero"
    sagte er.
    "Recht mögen sie haben, aber sie erwarten Wunder und hören einem nicht zu"


    Dann, als der Artorier sich erkundigte, wie es lief, sah er etwas erstaunt auf und fragte sich, warum ihn das interessierte.
    "Alles in bester Ordnung..."
    sagte er. Der Tag war lang und anstrengend gewesen und Evander - der vermutete, dass der Artorier aus einem bestimmten Grund hier war - hoffte, dass der er nicht lange drum herum reden, sondern bald zum eigentlichen Grund seines Besuchs kommen würde. Und um sicher zu gehen, half er etwas nach.
    "Aber ich nehme an, du bist wegen etwas bestimmten hier?"
    fragte er, während er auf einen Stuhl deutete. Sklaven, die diese Geste gesehen hatten, machten sich sogleich auf, um Getränke und leichte Speisen zu servieren.

    "Vale, proconsul"
    sagte er und erhob sich - trotz der Auseinandersetzung musste man natürlich wenigstens halbwegs wissen, was sich gehört - als der Statthalter sein Officium verließ. Dann sank er in seinen Stuhl. Ruhig und mit nachdenklicher Miene blieb Evander sitzen, nachdem der Proconsul gegangen war, dachte darüber nach, was alles vorgefallen war. Mit einem Wink schickte er die Scribae weg, damit Ruhe einkehrte und er nicht ihre Blicke, die sie ihm zuwarfen und untereinander tauschten, ertragen musste.


    Ich drohe dir nicht, du bist mein Klient und meinen Klienten pflege ich nicht zu drohen... hallten die Worte des Flaviers nach. Es schien, als habe der Proconsul ihm nicht zugehört. Nicht zugehört oder nur das gehört, was er hatte hören wollen. Als er ihm sagte!, die Stadt sei gut beraten, ihn als Patron zu haben... und der Proconsul ihm daraufhin die anderen möglichen Kandidaten aufzählte, die in Frage kamen. Als er ihm sagte, dass es ungewöhnlich sei, dass in diesem Fall der Patronus seinen Cliens sucht und nicht umgekehrt und er daraufhin erwiederte, es sei nicht ungewöhnlich, gleichzeitig aber betonte, dass er nicht um eine Klientel flehen muss... Als der Proconsul sagte, dass wenn er sich präsentieren, eine Statue ausreichen würde... Eine Statue konnte neben einer anderen schnell verblassen.


    Vermutlich hatte er erwatet, dass Evander einfach nur stumm nickte, als die Frage kam. Vermutlich hätte Evander das sogar, wären ihm die Verdienste des Flaviers gleich dargelegt worden. Sie lagen nun eine Zeit zurück, haben stattgefunden, als er ein ungeschriebenes Blatt war und noch die Toga Praetexta trug. Vielleicht gar noch die Bulla.


    Der Proconsul war ein gefährlicher Mann, das stand ausser Frage. Intelligent - es schien, als hätte er beim Gespräch seine Gedanken gelesen - 'vermögend und mächtig', skruppellos und mit großen Ambitionen. Evander hatte eine Ahnung bekommen, was es hieß, sich so jemanden zum Feind zu machen. Ja, es wäre wohl töricht. Und falsch, sich heute noch weitere Gedanken darum zu machen, er musste erst eine Nacht drüber schlafen. Evander rief die Scribae wieder rein, trug ihnen auf, kein Wort darüber zu verlieren, was vorgefallen war - wohlwissend, dass es ziemlich sinnlos war - und schritt hinaus. Er brauchte ein Bad, eine Massage, eine Amphore wenig verdünnten Weins und die 'Gesellschaft' Iocasta's...

    Evander hörte sich die Worte an, die der Proconsul ihm entgegenwarf. Er merkte, dass es wohl naiv gewesen war, anzunehmen, dem Proconsul ginge es um das Wohl Tarraco's. Das würde es, wenn er andere Gönner neben sich dulden wollte, was nichts ungewöhnliches war. Aber das tat er offenbar nicht. Ganz offensichtlich nicht. Nein, Tarraco war nur ein Spielball, eine Schachfigur im ewigen Ringen der Senatoren um Ruhm und Ansehen. Jetzt verstand er auch, warum vorhin die Bemerkung fallen gelassen wurde, der andere Duumvir sei... verhindert. Ob wohl der Annaeus auch die Stadt verlassen hatte, weil er ahnte, dass er eines Tages auch 'verhindert' sein könnte...
    "Hmmm... die Tatsache, dass du Worte wie 'vermögend' und 'mächtig' in einem Satz mit der Aussage benutzt, ich bin dein Klient, lässt mich bei diesem deinen Tonfall doch vermuten, dass das eine Drohung sein soll..."
    Er lehnte sich zurück. Er hatte viel erreicht und alles, was er erreicht hatte, hatte er dem Flavier zu verdanken. Das hatte er nicht vergessen. Allerdings, war er keiner von den gewöhnlichen Bittstellern und sich bedrohen zu lassen... nun, das Reich war groß, er war noch jung.
    "Also Drohungen... die kann ich irgendwie so gar nicht ab..."
    sagte er übetrieben gelassen.
    "So gar nicht... egal von wem"
    Schon gar nicht vom eigenen Patron. Wenn das eine Drohung war, war er wohl die längste Zeit Klient des Lucius Flavius Furianus gewesen. Die Fides hatte er sich als vieles vorgestellt, aber ganz gewiss nicht als 'Friss oder Stirb'.


    Auf die anderen Ausführungen würde er gleich zu sprechen kommen...

    "Das ist ein etwas ungewöhnliches Anliegen..."
    sagte Evander.
    "Versteh mich nicht falsch, proconsul, die Stadt Tarraco ist natürlich gut beraten, einen Mann wie dich, einen angesehenen Senator und den proconsul Hispania's als ihren Gönner, oder besser gesagt, als einen ihrer Gönner, zu wissen"
    schließlich kam jeder aus der Stadt hervorgegangener Senator oder ehemelige Statthalter dafür in Frage. Berühmte Namen wie Matinius Agrippa oder Decimus Meridius, der sich nicht nur durch seine militärischen erfolge, sondern auch durch eine sehr erfolgreiche Pferdezucht im ganzen Reich einen Namen gemacht hatte. Sollten diese beiden Männer nicht zu den Gönnern der Stadt zählen, beschloss er, ihnen eine Anfrage diesbezüglich zu schicken. Schließlich galt hier das Motto, je mehr Gönner, um so besser. Vielleicht sollte er gar dem Kaiser einen Brief schicken...
    "Allerdings finde ich den Umstand, dass in diesem Fall nicht der cliens seinen patronus sucht, sondern umgekehrt, ungewöhnlich"

    Evander saß gerade im Atrium und empfing einige Bürger in der Stadt, die sich über die Zustände am Hafen beschwerten.
    "So kann es dort nicht weitergehen"
    "Da muss endlich was getan werden"
    "Wann unternimmt da mal endlich jemand was"
    Solche Phrasen musste sich Evander anhören. Er bemerkte, dass der Ianitor einen bekannten Gast reinführte und hob beschwichtigend die Hände. Anders als viele Beamte in der Stadtverwaltung glaubte er nicht, dass mangelhafte Zustände am Hafen gleich zu einer Rebellion führen würden... eigentlich eine geradezu absurde Vorstellung... aber sie zu ignorieren wäre falsch und konnte ihn sein Ansehen und seine Karriere kosten.
    "Cives... ich habe verstanden und seid versichert, die Zustände am Hafen sind mir bekannt, Pläne zum Umbau existieren bereits. Eine Hafensanierung muss vorbereitet werden und kann nicht..."
    sprach er, doch wurde unterbrochen.
    "Ja, aber wie lange dauert dass denn noch? Wie lange sollen wir noch warten, bis sich endlich was tut?"
    Evander verstand den Unmut der Bittsteller, doch in seinem Hause unterbrochen zu werden, mochte er ganz und gar nicht. Er mochte jünger sein, als sie, mochte in ihren Augen als unerfahren gelten und das war er wohl auch. Aber er war der Herr in diesem Haus und ließ sich so etwas nicht gefallen. Doch seinen Zorn darüber spielte er runter, lächelte stattdessen.
    "Wenn du mich ausreden lassen würdest, civis, würdest du es erfahren. Willst du es tatsächlich wissen? Oder bist du bloß in mein Haus gekommen, um deinen Unmut an jemandem abreagieren zu können? Wenn ja, sei gewarnt, ich lasse mir vieles gefallen, aber nicht alles"
    Eine Warnung von jemandem, dem sie als Händler praktisch auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren, reichte hier offenbar aus und der Schreihals verstummte. Zumindest für eine Weile.
    "So denn, wie ich bereits sagte, euer Anliegen ist mir wohlbekannt und es wird etwas getan. Schon bald. Die Vorbereitungen laufen und lange wird eure Geduld nicht mehr auf die Probe gestellt werden. Ich gebe euch mein Wort als duumvir dieser Stadt"
    sagte er. Naja, das war nicht viel, aber genug, um die Männer wenigstens für eine Weile zu vertrösten.


    Evander entließ sie und nickte dem Ianitor, er solle den Artorier näher treten lassen.
    "Salve, Artorius Nero"
    sagte er, sichtlich müde von der Arbeit an diesem Tag. Es war bereits Nachmittag, und eigentlich wäre es jetzt lieber in den Thermen oder in seinem Garten. Er wandte sich an den Ianitor.
    "Keine weiteren 'Besucher' mehr heute"
    was natürlich nur hieß, keine weiteren Bittsteller mehr.
    "Ja Herr"
    Evander wandte sich wieder dem Artorier zu.
    "Nun, was führt dich in mein bescheidenes Heim?"

    "Vale bene, Artorius Nero"
    verabschiedete der Beamte den Artorier und wandte sich wieder dem Duumvir zu. Nun, da dieser erlebt hat, dass er routiniert, höflich und sachlich vorging, würde er wohl eine bessere Meinung von ihm haben und vor allem einen angemesseneren Ton einschlagen.
    "Wo war ich stehen geblieben?"
    fragte er, um den roten Faden wieder zu finden.
    "Du wolltest mir gerade sagen, was alles zu euren Aufgabe gehört"
    antwortete Evander.
    "Richtig... also, unsere Aufgabe ist die Vergabe zinsfreier Kredite an Existenzgründer, also an solche, die das Ged brauchen, um eigene Geschäfte zu gründen oder fremde zu übernehmen"
    Evander nickte.
    "Ich verstehe... allerdings kann jeder Dahergelaufene behaupten, er brauche das Geld um einen Betrieb zu gründen"
    äußerte er seine Bedenken.
    "Jeder Sklave könnte hier vorbeikommen, behaupten, er brauche Geld und kriegt es dann?"
    Der Beamte seufzte. Der Duumvir hate eine ganz schön lebhafte Fantasie. Und war viel zu pessimistisch.
    "Nun, so einfach ist es dann doch nicht. Das Geld wird nicht einfach gezahlt, nur weil man danach fragt. Natürlich sind gewisse Bedingungen zu erfüllen. Man muss frei sein und ein Einwohner Tarraco's sein. Wir überprüfen das. Wer verdächtig erscheint, wird abgelehnt. Ausserdem muss jeder Sicherheit leisten. So kann der, ich nenne ihn mal, Kunde jemanden als Bürge benennen, den wir ebenfalls überprüfen. Jemand, dessen Ruf nicht der beste ist, der unbekannt ist oder mittellos, oder jemand, der selbst ein Darlehen bei uns aufgenommen hat, kommt als Bürge nicht in Frage"
    Aufmerksam hörte Evander zu, während sein Scriba Notizen machte.
    "Oder wir vereinbaren, dass die Betriebe solange im Eigentum der Stadt bleiben, bis das Geld zurückgezahlt worden ist. Der Darlehennehmer bekommt solange aber ein Nutzungsrecht"
    "Ich verstehe..."
    warf Evander ein.
    "Und wie ist es mit den Rückzahlungsmodalitäten?"
    fragte er.
    "Das ist Verhandlungssache und kommt auf den Einzelfall an. Sieh, das Amt gibt es noch nicht lange. Wir wurden mit einer stolzen Summe ausgestattet, über die wir übrigens genauestens Buch geführt haben, falls du dich fragst... ähm, und so viele Anfragen hatten wir bisher nicht. Irgendwelche gesetzlichen Normen existieren ebenfalls nicht, es gibt kein Dekret, noch sonst was. Einzig ein geheiß des ehemaligen duumvir. Ich nehme an, es war gerade dieser Umstand, der deinem Besuch zugrunde lag"
    "So ist es"
    "Nun... wir sind da, um den Bürgern und den Freien zu helfen. Ich bin ein ehrlicher Beamter, lange Zeit in den Diensten der Stadtverwaltung tätig, ein vertrauenswürdiger Mann. Anderenfalls wäre ich nicht hier. Und über den Mangel an Bürokratie klagen wir hier nicht, sondern sind dem Annaeus Domitianus sogar dankbar dafür. Er hat gehandelt und das zum Wohle der Stadt. Ob es Früchte trägt, sein Handeln, das wird sich noch zeigen müssen"
    Evander warf einen Blick zu seinem Scriba. Dieser nickteleicht, als Zeichen, dass er alles, was bisher gesagt wurde, mehr oder weniger schriftlich festgehalten hatte.
    "Nun denn, dass soll es ersteinmal gewesen sein. Sollte ich Fragen haben, die sich mir in diesem Moment nicht stellen, weiß ich ja jetzt, an wen ich sie stellen muss"
    er erhob sich.
    "Gerne, Redivivus Evander"
    Das nahm ihm Evander nicht ab, lächelte aber knapp. Er verabschiedete sich und verließ das Officium. Seine Inspektion war ersteinmal zu Ende, er hatte einiges gesehen und gehört. War wohl a der Zeit, einen Bericht zu schreiben... bzw. schreiben zu lassen.

    "Nun, das freut zu hören. Die See kan rauh sein um diese Jahreszeit. Meine Fischer erzählen da die verrücktesten Geschichten. Das meiste davon natürlich Seemansgarn, unglaubwürdige Märchen von alten Männern, die auf See Dinge zu sehen glauben, die es nicht gibt. Aber das Wetter... oder besser gesagt das Unwetter, das beschreiben die alle gleich. Und haben alle gleich viel Angst davor"
    antwortete Evander. Er selbst war ein einziges Mal auf einer längeren Reise nach Italia gewesen, vor etwa vier Jahren. Das war natürlich im Sommer und das Wetter war angenehm. An zwei Tagen jedoch hatte es stark geregnet und die See war unruhig und bedrohlig gewesen. Evander hatte deutlich in Erinnerung, wie er beim starken Wellengang grün und blau wurde und Stunden an der Reeling verbrachte, sich die Seele aus dem Leib kotzend, durchnässt und durchgefroren. Seine Sklaven hatten ihm es nicht gerade gedankt, war es an ihnen, die ganze Zeit über bei ihm zu bleiben und Sorge zu tragen, dass er nicht über Bord ging...
    "Dunkler Himmel, so tief, als könnte man nach ihm greifen. Regen, der scheinbar aus allen Richtungen kommt, starker, heulender Wind und die tobende See, die dunkle, unheimliche Seen die Welle um Welle gegen das Schiff schlagen lässt, während es sich verzweifelt durch die See kämpft..."
    sprach Evander leise und nachdenklich, doch merkte er im nächsten Augenblick, dass die Erinnerungen ihn übermannten und riss sich zusammen. Das Erlebnis auf See damals hatte ihn gezeichnet und Evander hatte heute noch eine regelrechte Angst vor der hohen See.
    "Nun ja... ich freue mich, dass du deine Reise offenbar genossen hast, patronus. Du warst in Rom?"
    Rom, der Koloss in der Ferne, die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten. Eine Stadt, die Evander zu gerne besuchen würde.
    "Stimmt es, dass ein Aufenthalt in der Stadt einzig im Winter zu ertragen ist? Man sagt, im Sommer sei es unerträglich heiß und es stinkt angeblich bestialisch"
    Wenn das wahr sein sollte, verwunderte es nicht, dass Flavius im Winter hinfuhr.

    Der Beamte nahm den unterschriebenen Vertrag wieder an sich, rollte ihn zusammen und reichte ihn an seinen Scriba weiter, damit dieser ihn ordentlich ablegen konnte.
    "Das Geld ist hiermit deines"
    sagte er und deutete mit einem Nicken auf das Geld.
    "Gib gut Acht darauf"
    Evander war derweil der Blick des Artriers nicht entgangen. Offensichtlich wollte dieser etwas sagen, traute sich aber nicht. Nun, so wichtig schien es also nicht zu sein, weshalb darüber wohl auch ein ander Mal gesprochen werden konnte, was auch immer es war.

    Gespannt beobachtete Evander, wie Marcus Pollio die Innereien des Opfertieres untersuchte. Einige Male meinte er so etwas wie ein Stirnrunzeln zu entdecken und jedesmal war dabei sein Puls schneller, denn er befürchtete, dass der Priester einen Mackel entdeckt haben konnte, was hieße, dass Mercuruius das Tier nicht hatte annehmen wollen. Doch jedesmal entspannten sich die Gesichtsmuskeln des alten Mannes wieder und Evander war beruhigt. Umso mehr, als der Priester endlich aufblickte und laut verkündete, dass Mercurius das Tier annahm.


    "litatio"


    Das war ein gutes Ergebnis, das wie Musik klang in Evander's Ohren. Mercurius nahm sein Opfer an. Er freute sich natürlich, war dies doch die erste größere Prozession ausserhalb seiner eigenen vier Wände, die er als Opferleiter beaufsichtigt hatte. Der alte Priester trat auf ihn zu.
    "Wir geben Mercurius, was Mercurius gebührt, Evander. Was gedenkst du mit dem restlichen Fleisch zu machen?"
    fragte er. Evander entblößte sein Haupt, da die Zeremonie nun vorbei war.
    "Ich denke, ich lasse es hier vor Ort zubereiten und an die Anwesenden verteilen"
    sagte er, nicht ohne Hintergedanken.
    "Dann soll es so sein"
    antwortete der Priester. Evander streckte ihm den Arm entgegen.
    "Ich danke dir, Marcus Pollio, für deine Unterstützung"
    sagte er. Ein kleiner Geldbeutel wechselte seinen Besitzer.
    "Keine Ursache, Redivivus Evander. War mir ein Vergnügen"
    antwortete er, während die Opferhelfer bereits mit der Fleischzubereitung im Gange waren.
    "Sag, hast du mit dem Gedanken gespielt, zum cultus deorum zu gehen, den Göttern zu dienen?"
    "Du meinst im Tempeldienst? So wie du?"
    fragte Evander zurück, dem das Problem des 'Mitgliederschwunds' sehr wohl bekannt war.
    "Nun, so oder im collegium. Der cultus deorum hat viele Aufgabenfelder"
    Evander zuckte mit den Schultern.
    "Ja, daran gedacht habe ich schon. Und der heutige Tag hat in der Tat etwas dazu beigetragen, dass die Entscheidung dazu sehr wohl eines Tages getroffen sein könnte"
    antwortete er.
    "Eines Tages?"
    fragte der Priester.
    "Nun ja, ich hab derzeit andere Pflichten. Aber man weiß ja nie, Marcus Pollio"
    sagte Evander.


    Sie blieben noch stehen, bis das Fleisch zubereitet und an die Anwesenden verteilt worden war, unterhielten sich. Ein guter Tag...


    Sim-Off:

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    "Nur nicht so schüchtern"
    sagte er Beamte, nun wieder ganz in seinem Element. Er machte sich an die Arbeit, während Evander ruhig sitzen blieb, hin und wieder einen Schluck Wein nahm und ansonsten den Beobachter spielte. Der weil schickte Calvus seinen Scriba mit einem Wink eins kleine Nebenzimmer, wo eine schwere, verschlossene Truhe stand.
    "Setz dich doch solange"
    sagte er, während sie warteten, dass der Scriba mit dem - natürlich bereits abgezählten, so viel Vertrauen brachte Calvus selbst seinem Scriba nicht entgegen - Geld zurückkam.


    Es dauerte nicht lange. Der Scriba legte das Geld auf den Tisch.
    "Zweitausend Sesterzen..."
    sagte der Beamte und legte einen bereits niedergeschriebenen Vertrag auf den Tisch. Bei solchen Geschäften war es immer besser, man hatte sie schriftlich fixiert. Diesmal waren sogar - durch Evander's und seines Scriba Anwesenheit - zwei Zeugen dabei.


    OFFICIUM OECONOMIAE


    MVTVVM

    I.
    Hiermit wird dem Bürger Marcus Artorius Didianus Nero, im folgenden Darlehensnehmer genannt, mit Einwilligung seines pater familias Tiberius Artorius Imperiosus, durch die Stadt Tarraco, ordnungegemäß vertreten durch Marcus Duronius Calvusein Darlehen zwecks Existenzgründung, namentlich der Gründung und/oder Übernahme zweier Betriebe, von denen eines ein Lupanar, das andere eine Brauerei sein wird, ein Darlehen in Höhe von

    MM

    Sesterzen gewährt.
    II.
    Das Darlehen ist zinsfrei.
    III.
    Der Darlehensnehmer verpflichtet sich, die ihm zur Verfügung gestellte Geldsumme innerhalb einer Frist von drei Monaten, beginnend ab

    ANTE DIEM V KAL FEB DCCCLVIII A.U.C. (28.1.2008/105 n.Chr.)

    an die Stadt zurückzuzahlen.
    IIII.
    Das Geld kann der Darlehensnehmer nach eigenem Ermessen entweder in Raten zu je

    D

    Sesterzen oder die gesamte Summe auf einmal zurückzahlen.
    V.
    Der Darlehensnehmer bekommt ferner das Recht, nach Ablauf von zwei Monaten um eine Verlängerung der Frist um einen weiteren Monat zu ersuchen. Die Stadt Tarraco behält sich das Recht vor, in diesem Fall die konkreten Umstände zu prüfen und nach eigenem Ermessen über die Verlängerung zu entscheiden.
    VI.
    Der Darlehensnehmer verpflichtet sich ferner, das Geld nur zu dem benannten Zweck, namentlich die Gründung zweier Betriebe, zu verwenden. Über die Folgen seines Tun im Falle einer anderweitigen Verwendung wurde der Darlehensnehmer belehrt.
    gez. i.V. der Stadt Tarraco
    Marcus Duronius Calvus
    gez. Darlehensnehmer
    ...


    "Hier ist der Vertrag. Ich brauche deine Unterschrift, sofern du schreiben kannst. Anderenfalls kannst du eine Signatur mit deinem Familienring setzen"
    sagte der Beamte.
    "Ganz unten"


    Sim-Off:

    so. vielleicht nicht ganz historisch korrekt, ist aber nicht dramatisch, denke ich. ganz unten, wo die "..." sind entweder eine Unterschrift oder einen Siegel bittschön

    Duronius Calvus räusperte sich, ehe er sprach. In dieser kurzen Zeitspanne sammelte er seine Gedanken, denn der Besuch und die Forderungen des neuen - seiner Meinung nach etwas zu arrogant wirkenden - Duumvir hatte ihn doch überrascht.
    "Nun, dieses Amt wurde von deinem Vorgänger, dem ehemaligen duumvir Annaeus Domitianus per Geheiß gegründet"
    Evander blickte auf.
    "Per Geheiß... hmmmm. Fahre fort"
    Nun, das war ein sehr eigenmächtiges Vorgehen, allerdings wohl nicht unberechtigt, denn so wie Evander informiert war, geschah dies etwa ANTE DIEM VIII KAL AUG DCCCLVII A.U.C., zu einer Zeit also, wo die sowohl die Provinzführung als auch die Curia sehr... gemächlich agierte. Die Bemühungen eines Duumvir, aktiv zu werden und die Wirtschaft anzukurbeln wollte er also jetzt im Nachhinein nicht deswegen torpedieren, weil sie eventuell irgendwelche formellen Unstimmigkeiten aufweisen könnten. Im Gegenteil, im Grunde war Evander dieser Institution gegenüber positiv gestimmt, wollte allerdings Klarheit schaffen, was die Bedingungen für die Vergabe von Darlehen betraf. Immerhin belastete jedes vergebene Darlehen die Stadtkassen und Evander als oberster Verwalter dieser Stadt wollte stets darüber bescheid wissen, ob, wann, von wemm und wie hoch diese belastet würden.
    "Ja... ähm, nun so lang ist das noch nicht her. Zu unseren Aufgaben zählt die Vergabe zinsfreier..."
    weiter sprechen konnte er nicht, hier wurde Calvus von dem hereinplatzenden Artorius Didianus unterbrochen.


    Evander blickte sich um und erkannte den jungen Mann. Er hatte ihr Würfelspiel noch im Gedächtnis und auch die Tatsache, dass er selbst ihm dieses Amt empfohlen hatte.
    "Keineswegs, Artorius Didianus. Komm herein, lass dich nicht verunsichern. Du bist also hier wegen eines Kredits?"
    fragte er.
    "Ja, Artorius Didianus war gestern hier eines Darlehens wegen"
    sagte Calvus, der seine gewohnt sichere Ausdrucksweise wiedergefunden hat.
    "Ah ja, stimmt. Ein lupanar und eine Brauerei, stimmt's? Wie hoch ist das Darlehen?"

    Die eigentliche Opferung...


    Evander trat hinaus, blieb ober auf den Stufen kurz stehen und schaute zum aufgebauten Altartisch, der eigens für diese Opferung aufgebaut wurde. Einige Bürger waren, während er im Innern des Tempels mit seinem Gebet an die Götter des Erfolgs beschäftigt war, auf die Zeremonie aufmerksam geworden. Nach außen hin ließ sich Evander natürlich nichts anmerken, zumindest fast nicht. Kurz zuckte sein Mundwinkel, hatte für einen Augenblick ein Lächeln auf sein Gesicht gezaubert. Es freute ihn natürlich, dass Menschen dies hier mitverfolgen konnten. Nicht viele zwar, aber immerhin. Denn wenn sie erfuhren, wozu das Ganze hier diente, hatte er womöglich einige Kunden mehr für sich gewonnen. Konnte es eine bessere Werbung für die eigenen Betriebe geben? Vielleicht schon, aber das hier war auch nicht schlecht.


    Evander schritt die Stufen herab, näherte sich dem Tisch, das Haupt nach wie vor mit einer Falte seiner Toga bedeckt, was ihm als Opferleiter gebührte. Die Stufen fühlten sich kalt an, denn er schritt barfuß, wie alle, die an der Prozession und der Opferung teilnahmen. Marcus Pollio begann, sobald Evander vor dem Tisch stand, die Anwesenden rituell zu reinigen, sie auf das Opfer vorzubereiten. Sein Gesichtsausdruck war streng, irgendwie gefühllos und damit ganz anders als gestern, als er und Evander sich unterhalten hatten. Er besprengte Evander, Iocasta und die wenigen Anwesenden mit Wasser, während ein Herold seine mächtige Stimme hören ließ.


    "favete linguis!"


    Anschließend brachte der alte Priester Evander eine mit Wasser gefühlte Schale, in der er sich die Hände wusch. Langsam, es eilte nicht, er hatte den ganzen Tag Zeit, tauchte Evander seine - zugegeben, ohne die harte Arbeit eines einfachen Mannes nicht sehr rauhen - Hände in die Schale, trocknete sie anschließend mit dem Malluium Latum. Die Flötenspieler sorgten währenddessen für Musik und entführten die Teilnehmer damit aus dem Alltag, brachten sie mit ihren Tönen der Welt der Götter einen kleinen Schritt näher.


    Evander blickte den Hahn an. Ein großes, stolzes Tier, farbenfrohes Gefieder, das sich schon in den Sonnenstrahlen spiegelte. Dazu etwas rituellen Schmuck. Evander weihte es mit Wein dem Gott, dem er hier opferte, Mercurius. Anschließend nahm er eine Klinge in die Hand, wartete kurz ab, bis die Opferhelfer den Schmuck abnahmen und das Tier damit für die Opferung bereit war. Einzig musste es noch symbolisch entkleidet werden, was Evander oblag. Er legte die Spitze der Klinge dem Hahn an den Kopf und führte sie langsam bis zu den Schwanzfedern. Das Tier schaute im ersten Augenblick neugierig und leicht verwirrt, sich unklar darüber, was für seltsames der große Zweibeiner dort vollführte und völlig arglos, unwissend, dass es gleich verbluten würde.


    "Mercurius, Du Gott des Handels. Ich bin Caius, genannt Evander von den Redivivern. Dir bringe ich heute diesen Wein und dieses Tier als Opfergaben dar, mit der Bitte es anzunehmen und mir Erfolg zu gönnen, bei dem Geschäft, das ich mir aufgebaut habe"


    Ein eigensinniges Gebet, aber schließlich war es nicht falsch, nach Geld und Wohlstand zu streben. Mehr noch, es war nicht nur nicht falsch, es war geradezu eine Pflich eines jeden ehrlichen Römers. Nachdem er diese Worte gesprochen hatte, brachte Evander Mercurius den Wein als Trankopfer dar.


    "agone?"
    hörte Evander den alten Priester fragen. Er nickte.
    "age"


    Marcus Pollio nickte und gab demVictimarius ein Zeichen, woraufhin dieser mit fachmännischer Präzision dem Hahn das Messer an den Hals legte. Eine kurze, sauber ausgeführte Bewegung und der Hals war durchgeschnitten, Blut floss. Evander schaute mit ausdrucklosem Gesicht zu, wie das Blut aus dem - zunächst sich etwas wehrenden, was jedoch mit dem zunehmenden Blutverlust abebbte - Tier floß und in einer Schale aufgefangen wurde. Marcus Pollio kam hinzu, nachdem das Blut versiegt war. Er öffnete das Tier und warf einen Blick auf die Innereien. Von außen war es angemessen, und Evander wartete gespannt, was der Priester ihm verkünden würde...


    Sim-Off:

    Würde mich freuen, wenn Mercurius hier mitspielt und bestimmt, ob er das Tier annimt oder nicht :)

    So wie er es mit dem Proconsul besprochen hatte, nahm sich Evander Zeit, in den Räumlichkeiten des Amtes zur Förderung der einheimischen wirtschaftlichen Lage vorbeizukommen und sich mit eigenen Augen ein Bild zu machen, um was für eine Institution es sich denn nun handelte. Er erschien unangekündigt, begleitet von einem Scriba, den er mitgenommen hatte, damit bei Bedarf Notizen gemacht werden konnten.


    Im Hautptraum traf er auf einen älteren Beamten samt einem Scriba. Dieser erkannte ihn offenbar sofort und trat auf ihn zu.
    "Salve, duumvir Redivivus Evander. Es überrascht mich etwas, dich zu sehen. Dein Besuch wurde nicht angekündigt. Ich bin Duronius Calvus, dies ist mein Scriba Laenas"
    sagte er, doch Evander unterbrach ihn mit einer Handbewegung, sich demonstrativ langsam im Officium umschauend. Die Räumlichkeiten waren spartanisch eingerichtet, mit dem Nötigsten ausgestattet. Zwei Tische, je einer für den Beamten und den Scriba, einige Stühle, Regale und Schreibzeug. Während sich Evander umsah, deutete Calvus dem Scriba mit einem Wink, Stühle bereitzustellen und anschließend etwas Wein zu holen.
    "Salve, Duronius Calvus"
    sagte er.
    "Ich nehme an, es kann von einem Beamten in deiner Position, der immerhin über das Geld der Stadt zu verfügen befugt ist, durchaus erwartet werden, im officium dem duumvir vorbeizukommen und ihn über den Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen"
    Evander wirkte sehr herrisch, etwas, was man bei ihm normalerweise nur selten beobachten konnte. Aber er gedachte nicht, um den heißen Brei herum zu reden oder sich von den Beamten hier mit unwichtigem Gerede aufhalten zu lassen, sondern beschloss, dass er es sein sollte, der das Gespräch in eine von ihm gewünschte Richtung lenken sollte. Nicht umgekehrt. Gerade dieses Auftreten jedoch sorgte offenbar dafür, dass Calvus' Blick etwas unsicher wurde und sich anschließend sogar einige Falten auf seiner Stirn bildeten.
    "Nun, das hatte ich natürlich vor..."
    begann er, doch Evander unterbrach.
    "Viel los scheint hier ja nicht zu sein. An Zeit hat es dir also nicht gefehlt. Aber zum Thema. Ich bin gekommen, um mich näher über dieses Amt zu informieren. Alle Details, wenn ich bitten darf, ich habe Zeit"
    sagte er und setzte sich auf den Stuhl, den der Scriba Laenas bereitgestellt hatte. Sein eigener Scriba, Mascius, nahm ebenfalls Platz und holte eine Wachstafel samt Griffel hervor, hielt sich bereit, um Notizen zu machen. Calvus nahm Platz hinter seinem Tisch.
    "Nun, wo soll ich beginnen?"
    sagte er, wohl eher laut denkend, denn tatsächlich fragend. Laenas brachte Wein und schenkte ein, woraufhin Calvus auf den Becher deutete. Evander ließ sich nicht zwei Mal bitten, griff danach und nahm einen Schluck, lehnte sich dann zurück und machte einen gespielt entspannten Gesichtsausdruck.
    "Am besten ganz am Anfang. Mit der Gründung dieses Amtes"

    [Blockierte Grafik: http://img120.imageshack.us/img120/107/beamterzz4.pngMarcus Duronius Calvus



    Das war jetzt viel Information auf einmal, so dass der Beamte klarstellen wollte, dass er alles richtig verstanden hatte.
    "Um Mißverständnisse zu vermeiden... du willst also eine Rückzahlungsfrist von drei Monaten haben, mit einer Option auf Verlängerung auf vier. Ausserdem willst du entscheiden, ob du das Geld auf einmal, oder aber doch in Raten je fünfhundert Sesterzen erstatten willst"
    wiederholte er.
    "Nun, das ist nicht unvernünftig"
    Besser so, als dass er sich verspekulierte und die ganze Sache in einem Prozess endete.
    "Also gut, Artorius Didianus. Wir sind im Geschäft. Das Geld wird morgen bereitgestellt. Ebenso der Vertrag. Komm morgen vorbei, dann wird alles bereit sein"

    [Blockierte Grafik: http://img120.imageshack.us/img120/107/beamterzz4.pngMarcus Duronius Calvus



    Der Beamte nickte, war ihm die Tragweite dieser Entscheidung doch wohl bewusst. Viele überschätzten sich hierbei und gerieten in große Schwierigkeiten, wenn der Tag der Rückzahlung immer näher rückte.
    "Ja, das sollte sie, Artorius Didianus. Das sollte sie in der Tat sein"
    kommentierte er.
    "Drei Monate... hmmm... mal sehen, das wäre dann ANTE DIEM IX KAL MAI DCCCLVIII A.U.C."
    murmelte er, laut denkend.
    "Was hälst du von zwei Monaten?"
    fragte er. Aber da er ahnte, dass der Artorier darauf nicht eingehen würde, verbesserte er das Angebot etwas.
    "Mit einer Option. Zwei Monate mit einer Option auf Verlängerung bis hin zu drei Monaten"
    sagte er. Das Problem, das dieses Amt - und damit sein Walter - hatte, war die noch geringe praktische Erfahrung, die hier gesammelt werden musste. Es musste sich eben zeigen, ob die Fristen, die hier gewährt wurden, angemesen waren oder sich als zu kurz oder vielleicht gar zu lang erweisen würden. Aber da das Amt im Grunde über Nacht aus dem Boden gestampft worden war, waren solche Schwierigkeiten nicht vermeidlich und mussten wohl oder übel im Wege der Versuch-und-Fehler-Methode entdeckt und beseitigt werden.