Beiträge von Cnaeus Flavius Lucanus

    Wie hieß der Mann gleich? Hatte er sich vorgestellt und hatte ich seinen Namen gleich wieder vergessen? Oder hielt er seinen eigenen für obsolet, auf daß ich nicht in Verlegenheit gebracht werde?


    "Nun, ich finde, das Schicksal hat es doch ganz hübsch mit den Iuliern gemeint. Es ist vielleicht nicht die Gegend, in der man momentan für eine Quadrat-Elle Grund 500 oder gar 1000 Sesterzen bezahlt, aber die Nähe zum Tempel des Quirinus ist doch ein heiliges und wirklich auch schönes Fleckchen Erde, nicht? Und die Gärten sind auch in der Nähe :)

    Sie weiß nur, daß sie eine Flavierin ist - sonst nichts? Irgendwie eigenartig und auch kaum vernünftig. Würde ich glauben, ich sei ein Mitglied der kaiserlichen Familie, aber niemand kann mir sagen, mit wem ich wie verwandt bin. Vielleicht ist sie eine Betrügerin oder selbst eine Betrogene? Hat man mit ihr Scherz getrieben oder will sie mit uns Scherz treiben? Hatte ich damals nicht schon das Gefühl, mir etwas zu erschleichen, was nicht mir gehört, wozu ich nur durch den goldenen Siegelring meines Vaters Zugang erhielt? Niemand hat je danach gefragt, woher ich ihn habe. Und wenn - hätte ich es beweisen können? Jedenfalls nicht aus dem Stand, man hätte nach Flaviobriga senden müssen, Zeugen hören, die mein Leben und meine Identität bestätigen können. Celerina kommt hierher, sagt sie sei eine Flavierin, trägt auch sicherlich den Ring, aber - woher hat sie ihn? Kann jemand ihre Identität bestätigen? Wenn sie jetzt auf irgendwelche Flavier auf dem Stammbaum zeigt, glaubt sie, sich und ihr Spiel zu verraten?


    Mir wird ziemlich warm und ich spüre, wie mein Herz rast. Eine Betrügerin, und ich zeige ihr die Stammbäume! Sapienta, constantia, prudentia, Luca!


    "Ich, nun, ja: meine Mutter", innerlich dankbar betrete ich sicheres Terrain. "Natürlich liebte mich meine Mutter, ich war ja auch nur ihr einziges Kind. Sie war eine Dame, im Ort nannte man sie meist ehrerbietig die "Hohe Frau", dabei war sie nie arrogant, sondern wie alle anderen eigentlich auch, der ganze Haushalt aß immer an einem Tisch, sie plauderte mit den Frauen im Ort, lud meine Freunde ein, spielte mit uns mit, solange wir noch jünger waren, sie kochte auch manchmal, half, wenn jemand krank wurde. Sie liebte die Literatur und die Philosophie und war eine tolle Schwimmerin, aber nur wir beide sind je zusammen geschwommen. Sie hat meinen Vater so geliebt und obwohl sie so früh Witwe wurde, hat sie nie wieder einen Mann angeschaut.


    Und ich träume nachts von ihr. Sie sitzt auf meiner Bettkante und schaut mich an. Wenn ich dann aufwache, rieche ich den Duft, den sie zurückgelassen hat. Ich schniefe dann doch.


    "Sie, sie wollte immer eine große Familie, "im Dutzend billiger" hat sie immer lachend gesagt, sechs Mädchen und sechs Jungen. Aber schon meine Geburt war nach dem Unfall schwer und dann ist mein Vater wenige Wochen darauf gestorben. So hat sie sich immer gefreut, wenn ich meine Freunde mit nach Hause brachte, eigentlich war immer Remmidemmi, auch wenn sie selbst eher still und nachdenklich war, aber sie hat vergnügt mit den Augen gelächelt, wenn sie uns von der Veranda aus beobachtete. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich sollte lieber viele sein, nicht nur einer, aber als ich ihr das sagte, wollte sie nichts davor hören."


    Achja, die Vergangenheit, so nah und doch so fern.


    "Dafür schenk' ich ihr zwölf Enkelkinder, das steht fest." Besser, an die Zukunft zu denken, als immer nur an die Vergangenheit, die doch nur traurig macht und nicht zu ändern ist. :)

    'Ein Startgebot?' D Sezterzen? Wer? Ich recke meinen Kopf von dieser zweifellos günstigeren Position aus und entdecke Onkel Gracchus ... Wozu bei Minerva, braucht der einen Hauslehrer? Oder sucht er jemandem, der ihm zuhört oder ihm - in contrario - vorliest? Ich trete einen Schritt zurück und mein Kopf verschwindet wieder in der Menge - und mein rechter Fuß in der Kiste, deren Bretter offenbar morscher sind, als ich gedacht habe.


    Von wegen - nicht gedacht hab' ich. Etwas umständlich pfriemele ich meinen Fuß zwischen dem geborstenen Brett heraus, natürlich geht die Sandale dabei auf. Wenn das Onkel Gracchus sehen würde - eine höchst deplorable Situation, aus der ich da zu emergieren ... emergieren? errigieren? ... versuche.


    Wahrscheinlich hat er mich überhaupt nicht bemerkt, ganz in Gedanken versunken, was er wohl mit dem Griechen anstellen würde, stundenlanges Reizitieren irgendwelcher staubtrockener rhetorischer Übungstexte oder was auch immer Onkel Gracchus interessieren mag.


    Um Laas zu ärgern, wird der Grieche sicherlich ein zu teures Vergnügen sein, auch wenn man ihn danach freilassen könnte, wovon schlußendlich alle etwas hätten, aber gegen einen meiner Onkel zu bieten ... vielleicht, wenn ich nicht mehr mit ihnen unter einem Dach wohne. Ich gebe der Kiste einen gezielten Tritt, treuloses Ding.

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    ~~~ Lars ~~~


    "Tach! Ihr habt Post!" kräht Lars, als er dem Ianitor der villa Aurelia eine Rolle in die Hand drückt. Weil er weiß, daß er sowieso kein Trinkgeld bekommt, haut er gleich wieder ab. Er hat noch besseres zu tun.


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    CN FLAVIVS LVCANVS


    Cn. Flavius Lucanus S. D. Tito Aurelio Urso


    Salve, lieber Aurelius Ursus,


    die letzten Spuren der Saturnalienfeier bei uns sind nun beseitigt, unsere Räume harren wieder der Gäste - nach dem Fest ist vor dem Fest.


    Ich habe mich sehr gefreut und geehrt gefühlt, Deine Bekanntschaft zu machen, die ich hiermit ausdrücklich gerne vertiefen möchte. Darum lade ich Dich herzlich ein, mein Gast bei einem kleinen Umtrunk und einem Imbiß zu sein. Wann immer es Dir convenirt, so sende mir einen Boten, der mich über Dein Kommen informiert. Ich würde mich ausdrücklich freuen.


    Meine innigsten Wünsche und Grüße auch an Aurelia Helena entbietet


    Cn. Flavius Lucanus


    Ich schaue von den Stammbäumen auf. "Ja, wer sind denn nun Deine nächsten Verwandten? Hast Du wen entdeckt?" Oder gehört sie zum anderen Zweig, nein, "das ist unsere Familie" hat sie gesagt. Je, schön, nu' liquamen bei die Fische, wie man so sagt ...


    "Gar nicht richtig ist schon zu viel gesagt" gebe ich aber doch Auskunft über meine Eltern, "Vater starb kurz nach meiner Geburt, wo genau wissen wir nicht, jedenfalls bei Kämpfen in Raetien. Flavius Maximus kenne ich nur aus Erzählungen meiner Mutter, er war ein strenger, tugendhafter aber liebevoller Mann, ein Soldat des Kaisers." Früher wollte ich immer auch Soldat werden, aber meine Mutter meinte, einen Flavier in der Familie im Krieg zu verlieren, wäre mehr als genug. Irgendwie schien Mutter nie viel vom Militär zu halten, auch den Veteranen im Ort war sie recht distanziert gegenüber, sie war gegen jede Gewalt, die Erde gehöre den Friedfertigen, sagte sie immer.


    "Geschwister? Nein, Mutter hat nie wieder geheiratet und ich bin ihr erstes und einziges Kind." Ich kratze mich am Kopf, "Hm, na, mehr oder minder, wie man's nimmt."


    Sim-Off:

    edit:/ Ich habe gerade nachgelesen, daß C. Flavius Maximus im castellum von Vetoriana [Raetia] das letzte Mal einen Beitrag geschrieben hat und danach verschollen ist. Werde diese Legende in Zukunft fahren und habe den Beitrag hier entsprechend in diesem Detail angepaßt.

    Plötzlich fangen neben mir ein paar in einem Käfig eingesperrte Raben an zu krächzen. Irgendwer hat das volldumme Gerücht n die Welt gesetzt, wenn eine Familie keine Raben hält, würden ihre ganzen Besitzungen und sie selbst über kurz oder lang untergehen. Sehr durchsichtiger Verkaufstrick, aber vielleicht kaufe ich ein Pärchen für Aurelius Corvinus ... Jedenfalls habe ich die Stimme eines Bieters nun nicht verstanden, hat der schon ein Gebot abgegeben oder nicht? Nein, irgendwas mit "junge Männer" ... "Interessiert er sich für junge Männer?" meine Ohren werde rot, Unsinn. "Erfahrung mit jungen Männern"? Ja, das könnte es sein. Hat er jetzt oder nicht?


    Der Sklave ist offensichtlich zu verschüchtert, dann ist er für Laas keineswegs geeignet, da muß es schon richtig krachen, daß der überhaupt einen Ton mitkriegt. -.^


    "Na?" rufe ich, nachdem ich mich auf eine Kiste gestellt habe "Wie gut kennt er Plutarch, den Biographiker und Theologen?" Plutarch schreibt griechisch, macht ziemliche Mühe, aber seine theologisch-philosophischen Schriften finde ich sehr interessant.

    "Großartig, nicht? Schade, daß Du die Saturnalien verpaßt hast - Flavier feiern Feste! Drei "F", ominös!" :D Ich schnippe mit der linken Hand.


    "Hey, das mit der "Tante" würde ich an Deiner Stelle nicht auf mir sitzen lassen - warte mal ...", ich stürme davon zum Regal "F/IV" und hangele mich an einem Brett hoch. "Echaz, warte, ich hab's gleich!" Ich schnappe mir eine cista mit Rollen darin und laufe zurück.


    Mit einer Armbewegung schiebe ich Ciceros Reden beiseite, als seien sie völlig wertlos. "Hier, da haben wir alle Informationen: Das sind die Stammbäume aller flavischen Zweige!" Ich strahle sie an und öffne die cista.


    "Erstmal der Stammbaum des Marcus Flavius Romulus, von dem eigentlich wir alle abstammen; da ist mal der Zweig des Titus Flavius Vespasianus:"


    "Siehst Du, da ist mein Großonkel Gracchus, seine Frau, Großtante Claudia Antonia und mein Großonkel Lucullus, von dem sieht und hört man aber überhaupt nichts. Rot heißt: die leben noch, mehr oder minder jedenfalls.


    Dann hier die Familien von Flavius Aetius und Flavius Corvinus:



    Die Familie vom Aetius ist völlig ausgestorben aber die von Flavius Corvinus, Achtung: da: Großonkel Flavius Felix, der hat dieses Haus gebaut und auch sonst so ziemlich alles aufgebaut, wenn ich das richtig verstanden habe. Völlig unsichtbar, wahrscheinlich im Laufe seines Lebens ein Misanthrop geworden, lebt völlig zurückgezogen. Sein Bruder, Großonkel Flavius Aristides, ist ganz das Gegenteil, gerade in Parthien und haut da auf'n Putz; der Sohn von Flavius Felix, mein Onkel Flavius Furianus, der herrscht über Hispanien, ist da Proconsul und nur alle heiligen Zeiten mal in Rom. Der da unten, Flavius Quirinalis, war mal kurz in Rom, ist aber sofort wieder gefahren, keine Ahnung warum. Gehört aber auch nicht richtig zur Familie, sonst wäre das mein einziger Cousin. Schad' eigentlich.


    Und schließlich - tätärä - meine eigentliche Familie, der hispanische Zweig der Flavier!"



    "Da oben mein Urgroßvater Flavius Atticus, mein Großvater Flavius Constantius und sein Bruder Flavius Aqulius, mein Großonkel, für den ich arbeite. Mein Vater Flavius Maximus und Foslia Milonia, meine Mutter und ganz da unten ich. Didius Sevycius ist nur eingeheiratet, zählt nicht."


    Ich grinse leicht verlegen. Naja, wenn man die Toten abzieht, ist es eigentlich recht übersichtlich.


    "Vom hispanischen Zweig sind Flavius Aquilius und ich die letzten. Mein Vater ist schon kurz nach meiner Geburt gestorben und meine Mutter vor nicht einem halben Jahr. Ist aber nicht so schlimm, ich bin schon irgendwie darüber hinweg."


    Nicht, daß sie das jetzt peinlich findet, die ganzen toten Eltern und so.


    "Und jetzt kommst Du: wir tragen Dich erstmal und - wenn nötig - Deine Eltern mit einen Graphitstift ein, später malen wir das dann richtig mit Tinte." Erwartungsvoll strahle ich sie an. Seit ich die Rollen entdecktt habe, habe ich stundenlang über den Stammbäumen gesessen. Genealogie ist etwas wirklich spannendes. :]

    Germanicus Avarus läßt sich jetzt doch auf das Fauteuille nieder, allerdings wie es den Anschein hat, um in angenehmerer Haltung einen Gedanken weiterzuspinnen. Die Gefahr, daß er wegschlafen wird, ist kaum gegeben, denke ich mir. Das ist nunmal die Gefahr, Gespräche im Halbliegen zu führen, man kann sich kurz ausklinken und unbemerkt ein kleines Nickerchen machen ...


    "Hm, ich weiß, daß Du der Veneta angehörst. Der Patron meines Onkels Flavius Aquilius, der Senator Purgitius Macer ist Princeps der Russata und mein Onkel Flavius Furianus selbst ist Princeps der Purpurea ... selbst wenn man die anderen Factiones außer Acht läßt, gibt es für mich sehr viele Möglichkeiten, Menschen vor den Kopf zu stoßen, nicht? Und ich habe noch nicht einmal die Ställe oder gar die Fahrer in Aktion gesehen ..." Ein echtes Dilemma, ich sitze quasi zwischen allen Rennpferden und Quadrigen.


    "Bislang bin ich also quasi neutral und 'farbenblind', auch eben mangels persönlicher Erfahrung, die ich jedoch in dieser Saison zu erwerben gedenke." Möge der beste Stall gewinnen oder so.


    "Jedenfalls, man muß nicht Künstler sein, um die Kunst zu lieben und zu fördern. Ich dachte bislang an einerseits eine meinen Möglichkeiten angemessene finanzielle Beiteiligung und andererseits an eine tatkräftig-organisatorische Mithilfe, ohne mir natürlich das Recht, in der Sache hineinzureden, von der ich nocht nicht wirklich viel verstehe, ausbitte."


    So etwa. Nicht, daß der Senator denkt, ich wolle Trainigsmethoden oder neue Regeln vorschlagen, mal die Quadriga vor die Pferde spannen oder in der Art.

    "Eben dieses, Senator: Wagenrennen" bestätige ich mein Anliegen. Jetzt sind wir im Geschehen, die erste Runde zum Aufwärmen ist gefahren, der erste Delphin auf der Spina neigt seine silberglänzende Schnauze.


    "Ich gebe zu, ein großer Liebhaber des Theaters zu sein, aber auch des fairen Wettkampfes, des Messens von Geschick, Taktik und Kräften, das nicht dazu führt, daß der Verlierer tot in seinem Blute im Sand liegt." Kommt zwar auch bei Wagenrennen vor, daß jemand die Kurve um die Spina nicht bekommt, sondern mit Roß und Wagen dagegenknallt, aber das waren Unfälle, nicht eingeplante Einlagen.


    "Ich habe gehört - und ich bin viel auf den Straßen Roms unterwegs - daß bald wieder die Saison starten wird, viele Menschen zählen schon in freudiger Ungeduld die Tage ..." Ich verändere meine Sitzposition.


    "Kurzum: ich möchte mich an der Ausrichtung eines Wagenrennens beteiligen. In, ich möchte es so formulieren: erwähnenswerter Weise beteiligen." Ich lächele leicht, was leichter aussieht, als es ist.

    Solange Germanicus Avarus nicht seinen Oberkörper und sein Haupt langsam auf die weichen Polster sinken läßt, nimmt das Gespräch schonmal eine sperable Entwicklung. Ich wende mich, während er sich setzt, langsam zu und fahre fort:


    "Genau," antworte ich auf sein Schweigen. Das Stück war keines weiteren Wortes wert.


    "Um es so zu sagen: ich hatte damals, nun ja, einige stille Interessen in dieser Inszenierung, wenn man das so sagen kann. Folgerichtig habe ich mich mit dem Intendanten des Marcelli" - in den Kreisen der Eingeweihnten heißt das Theatrum Marcelli nur "das Marcelli" - "völlig überworfen. Für Gladiatorenspiele und für Tierhetzen habe ich, aber das ist natürlich rein subjektiv, nicht viel übrig: viel zu künstlich und arrangiert. Was bleibt mir also? Richtig: Wagenrennen."


    Ich hatte mich während meiner Worte zu Germanicus Avarus vorgebeugt und gleite nun langsam mit einer was-zu-beweisen-war-Geste zurück in die Stuhllehne.

    Ich komme auf den Wink hin in agreable Nähe des Ädilen und setze mich mit einem "Danke Dir!" auf einen der nicht unbequemen Stühle. Nun muß ich zu Germanicus Avarus aufschauen, wenn ich nicht mit seinem Gewand sprechen möchte; geschickt plaziert, hat er mich. Nun gut.


    "Nun", ich lehne mich ein wenig zurück und blicke ihn in dieser leichten und erträglichen Schräglage an. "Vielleicht erinnerst Du Dich an den 'Pseudolus' von Plautus, der bei Dir in der Nachbarschaft im Theatrum Marcelli vor einiger Zeit gegeben wurde. Wahrscheinlich aber nicht - ein echter Reinfall, die erste Vorstellung war auch die letzte. Buchstäblich und im übertragenen Sinne."


    Bevor ich ihn und den oecus mit meinen Worten anfülle und sie in Masse herumschwirren, warte ich lieber, bis sie sich gesetzt haben. Ich rede manchmal zu viel und heute ist mir ziemlich danach, also vorsicht, Luca!

    Tres faciunt collegium - und den dritten Widder werden die beiden anderen im Widderelysium sicherlich freundlich schnaubend begrüßen und gleich darauf einen Verein gründen.


    Die Menge ist ein wenig unruhig. Im Grunde hat sie recht, es wird langweilig. Genauso langweilig wie ein Gladiator, der jeden Kampfplatz siegreich und unverletzt verläßt, irgendwann in der Publikumsgunst sinkt. Immer dasselbe. Warum nicht etwas anderes? Eine andere Tierart? Ein anderer Gott? Mars ist gerade zickig, also vielleicht ein Zicklein? Oder lustlos: einen Esel, das wäre vielleicht ein deutliches Signal an den gnädigen Herrn.


    Aber jetzt? Die einzige Lösung: mehr desselben. Hat eine Lösung nicht geklappt, wird doch sicher die Potenzierung des Mittels zur Lösung hinhauen. Ich bin skeptisch, Mars sollte, wenn er klug ist und sich auf seine nicht-militärische emotionale Intelligenz verläßt, jetzt das Opfer annehmen, auch unsere Geduld ist nicht grenzenlos. Irgendwann, wenn das so weitergeht, werden sich die Menschen von Mars abwenden und vom Mars-Ultor-Tempel werden nur noch das Podest, die Rückwand und ein paar Säulenreste herumstehen. Und über den Vorplatz führt man eine via, auf der die Pferdewagen nur so vorbeisausen. So schaut's aus.

    Ich bedeute Laas, nachdem er sich erfolgreich bemerkbar gemacht, unbemerkbar und unsichtbar auf einer der Bänke bei der Porta Platz zu nehmen. Der setzt sich und holt seine Murmeln heraus und läßt sie leise, aber leider doch bemerkbar durch die Finger klackern. Beim nächsten Besuch, so nehme ich mir vor, kommen Murmeln auf den index rerum prohibitarum, aber Laas wird sicher etwas neues finden.


    Wenn die villa Flavia ein Museum ist, dann ist die casa Germanica drei Museen, die in ein einziges zusammengepfercht wurden. Räume, so groß, daß man darin Tierhetzen veranstalten kann, aber so voll, daß selbst eine faule und untätige Katze über kurz oder lang etwas umwerfen muß. Die Germanicer haben ihrem Innenarchitekten sicherlich den Auftrag so beschrieben: "Sechs Worte: das Teuerste, und davon das meiste". Das Atrium hat keine Öffnung im Dach, wo gibt's denn sowas? "Hier", sagt mir der Architekt im Geiste, "und bislang sonst nirgends".


    Wir biegen scharf rechts und betreten einen fast nahtlos ans Atrium grenzenden offenen Raum, in dem einige große Tische momentan die Ansammlung von Menschenmengen verhindern, nicht aber die von Papieren, die großzügig-elegant darüber verteilt sind. Der Mann, der dabei steht, ist wohl jener Germanicus Avarus. Mein Begleiter verneigt sich und geht ab. Also Auftritt Flavius Lucanus.


    "Salve, verzeih' die Störung; ich bin Flavius Lucanus - vielen Dank, daß Du Zeit für mich hast", stelle ich mich vor, bleibe in einigem Abstand stehen, nicht aber so weit von Germanicus Avarus entfernt, daß ich ungehörig über Tische und Papiere schreien müßte. Ich mache eine Verbeugung.

    Daß so hastenichgesehen die Tür aufging, bringt Lars ein wenig aus dem Konzept ...


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    ~~~ Lars ~~~


    "Tach ... eh, Salve natürlich! Salve, der ... hochwohlvermögende dominus Flavius Lucanus möchte den hochsehrgeährten dominus Germanicus Avarus sprechen!"


    Ich sehe, wie Laas einen kleinen Zettel mit der Hand zerknüllt und seitlich zu Boden sinken läßt. Wie? Laas kann lesen und schreiben? Laas schaut sich lächelnd nach mir um und starrt dann dem Ianitor ein Loch in die Stirn.

    "Das ist natürlich höchst bedauerlich, ich, äh, ich, äh, naja, ich meine natürlich: das ist ja großartig!" Depp blöder.


    "Verzeih' Flavia Celerina, ich muß Dir erläuternd sagen, daß meine eigene Verwandtschaft für mich im Grunde nur aus Onkeln und Großonkeln besteht - und einer angeheirateten Großtante, der Frau von meinen Großonkel Flavius Gracchus. Naja, es gibt in meiner Generation keine Cousins und Cousinen, die Übermacht der Alten ist, naja, erdrückend. Und hatte halt befürchtet, als Flavia mußt Du dann wohl noch'ne Tante von mir sein - Du bist doch nicht etwa eine Tante von mir?" Ich zwinkere ihr verschwörerisch zu.


    "Tut mir Leid, mach' Dir nichts draus, ich bin in gewisser Weise noch nicht lange bei dem Verein hier, aber auch wenn hier alle ziemlich verdreht scheinen, so schlimm ist es nicht ... es ist viel schlimmer. Schön, daß Du da bist, weibliche Flavier sind hier ein wenig, hm ... Mangelware." :D


    Daß wir in Rom fast ein reiner Männerhaushalt sind, dürfte damit auch klar sein. Man müßte schon ziemlich bujarrón sein, hier nicht eine eklatante Lücke zu spüren - die Flavia Celerina hiermit schließen muß und wird.


    "Aber Onkel Aquilius und ich werden bald heiraten, ich meine, Onkel Aqulius eine Frau und ich eine Frau. Ich werde leicht rot. Sprache. Mit großerer Tüte Latein würde mir auch gehelft werden.

    "Natürlich, er ist sein Vater", amüsiere ich mich. Eine erheiternde Vorstellung, vor allem, was die Frage der Mutter angeht. Skylla, Charybdis oder vielleicht auch Medusa. Nur nicht drängeln.


    "Beides, Celerina, beides, Eure Anwesenheit wird Mago um den letzten Fetzen seines Nervenkostüms bringen und er läßt sich pensioneren.", ich verbeuge mich erneut: "Aber auch so wirst Du uns allen hier den Kopf verdrehen, das ist mal sicher." Was eine Frau. Äh, Celerina wie? Nach meinen Erlebnissen mit Caro/Tilla bin ich doch ein wenig vorsichtig geworden.


    "Und, hm, Celerina, Du bist hier Gast? Welcher Familie gehörst Du an - oder sind wir am Ende gar - was die Götter verhüten mögen - verwandt?" Wenn sie keine Flavierin ist, dann wäre sie eine Heiratskandidatin, wenn sie eine Flavierin ist, dann wäre sie eine Tante von mir. Todsicher und klar, welche Option ich für einzig agreabel halte.

    "Und ich sage es Dir zum letzten Mal: benimm' Dich! Kein in-der-Nase-bohren, keine blöden Grimassen, kein nichts. Du bist völlig unsichtbar und unbemerkbar. Und jetzt klopf' an und melde mich."


    [Blockierte Grafik: http://img411.imageshack.us/img411/994/larsfp1.jpg]
    ~~~ Lars ~~~


    "Dominusluca, dann werden sie aber mich nicht hören, wenn ich klopfe, oder? Ich bin ja unsichtbar und unbemerkbar." :D


    "Laas!" Argh. Wäre ich doch lieber allein gekommen, wie üblich. Nix als Scherereien.


    "Jajaja, is' in Ordnung. Ich klopf' schon." Laas schüttelt unbemerkbar und unsichtbar den Kopf und macht sich an der porta der Casa Germanica bemerkbar:


    Klllllllllllllllllopf. Klopf. Kopf.

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    Mago (Bibliothecae Praefectus)


    Mago bremste in voller Fahrt, die Segel wurden mit einem Schlag gerefft, die Ruderer stemmten sich gegen die Richtung und purzelten ein wenig durcheinander.


    Um den Angriff Magos nicht sitzend abzukriegen, war ich aufgestanden. Da lugt doch eine junge Frau um die Ecke eines Regals ... oha. Ich grinse leicht, in Erwartung dessen, was da kömmt:


    "A-hem. Junge Dame! Ich hatte eben noch, so glaube ich, darauf hingewiesen, daß es Sache des Bibliothekars ist, Rollen zu holen und zu bringen. Warum?, wirst Du Dich vielleicht fragen." Mago macht eine deutende und schwungvolle Geste hin zu den kreuzundquer am Boden liegenden Schriftrollen. "Darum."


    Tja, Gast hin oder her, meine Liebe, jetzt bist Du verratzt. Völlig verratzt. In leicht übertriebener komischer Verzweiflung - also soo kann ich nicht arbeiten! - werfe ich die Hände in die Luft und gehe zu dem Haufen Rollen und bücke mich danach.


    "Mago, aber Geschmack hat sie" sage ich vom Boden her, "schau: orphische Mysterien, Gesänge und rituelle Texte. Gute Wahl, gnädige Fräulein" grinse ich. :D


    Ich klaube die Rollen auf und lupfe sie auf den nächsten Tisch, Mago wird die sicher wieder ordnen wollen. "Die Rollen hätten in einer cista sein sollen, ein ohne Zweifel deplorables Versäumnis, praefectus!"


    Mago dreht sich ohne ein Wort zum Tisch, nimmt die Rollen auf und schluft davon. Wie ein Soldat seinen schwerverletzten Kampfgefährten trägt. Armer Mago. Ich schaue ihm nach.


    "Flavius Lucanus, zu Diensten", stelle ich mich mit einer Verbeugung vor und wische mir meine Hände an der dunklen Tunika ab. Flecken auf dunklem Stoff sind nur naß und keine Flecken. Galltinte geht nie wieder 'raus, nicht mal mit einer magischen Beschwörungsformel.


    "Willkommen, bleibst Du länger?", ich lächele, egal, ob sie nun länger in der Bibliothek oder der villa bliebe ...

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    Mago (Bibliothecae Praefectus)


    "Bei Apoll, dem Drachentöter! Wie oft habe ich Dir gesagt, Du sollst nicht an den Regalen herumhangeln, sondern einen der Schemel oder die Leiter nehmen! Cnaeus Flavius Lucanus, Du brennender Holzscheit an meiner Bibliothek! Du alles hinwegschwemmende Urflut!" Mago war von dem ihm nicht völlig unbekannten Geräusch ungeordnet auf dem Boden auftreffender Schriftrollen aufgeschreckt und rauschte wie ein Schlachtschiff unter vollen Segeln durch den Saal mit dem meerblau-grauen Fußboden.


    "Ich wars nicht! Ich wars nicht!", entnervt springe ich auf. Das Rumpeln und das heranrollende Gedonner Magos hatte mich aus einer komplizierten Satzperiode gerissen, jetzt mußte ich wieder von vorne anfangen. -.^

    Leicht indigniert beende ich die Inspektion des Hirsch-Sandwichs, das mir gerade - natürlich mit der Belagseite - auf den Marmorboden gefallen war. Wunderbar rosa Roastbeef vom Hirsch mit einem Kirsch-liquamen-Chutney, einer ordentlichen Streu Kümmel, zwei Scheiben säuerlicher Apfel und ein Salatblatt. Der Vergleich mit den drei Exemplaren, die noch auf der Platte liegen, ist frappant und enttäuschend für jenes derangierte Meisterwerk aus der Küche von O-Dominüs-O-Dominüs-Lücá!-Attalus.


    Ich nehme die beiden silbernen Karaffen, die im Licht des Tages glänzt und mische mir ein Birnenwasser in dem dazu passenden Becher. Jedesmal, wenn ich dieses Service zu Hand nehme - und ich bin quasi zu dessen Besitzer geworden, da es im Gegensatz zu den gläseren Karaffen und Pokalen unkaputtbar ist - frage ich mich, was eigentlich aus mir geworden ist. Hirsch-Sandwichs auf einer silbernen Platte, handgepreßten Birnensaft mit frischem Quellwasser aus den Tusculaner-Bergen (das aus den Albaner-Bergen finde ich zu eisenhaltig) in silbernen Karaffen auf silbernem Tablett und aus silbernen Bechern. Auf einem polierten Kirschholztisch, Kirschholzstühle mit hellbraunem Leder auf einem Meer von einem Marmorboden, blau-grau und weiß mit schwarzen Einfassungen. Wo zum Geier bin ich gelandet? Auf einer anderen Welt? Und wie schnell habe ich mich daran gewöhnt. Ich will dies, das, jenes, und bekomme auch dies, das, jenes. Leichte Ungeduld macht sich auch bemerkbar, mal stärker, mal schwächer als damals, als wir zur Inspektion im carcer waren. Peinliche Sache, eigentlich.


    Etwas gedankenverloren trinke ich, den Blick über die Tische und Regale schweifen lassend, leichte wäßrige Perlen kullern meine dunkelblaue Tunika herunter. Ich schiebe mir die traurigen Reste meines Sandwichs in den Mund und kaue kräftig und schicke noch einen Schluck Birnenwasser hinterher, als wieder Platz in meiner Fütterungsanlage ist.


    "Tempora mutant und nos mutamur in illis", wahrscheinlich trifft das auch auf mich zu. Und irgendwann werde ich Laas in den Katakomben der villa zu Tode peitschen lassen, weil er vor mir in der Nase gebohrt hat. Was hat der Terentier gesagt? "Herrlichkeit"? Kommt von "Herr" und "herrisch", nicht wirklich herrlich. Ich tunke die Feder in die Galltinte und male CAPRA auf meinen rechten Unterarm. Zicke.


    Während ich warte, bis es trocken ist, trinke ich den Rest aus und greife dann zu einer Rolle. "Pro Milione", mal sehen, welche Anregungen ich finde. Meinen Notizpapyrus auf der einen Seite die Feder in der Hand, Ciceros Rede auf der anderen, fange ich wieder an.