Beiträge von Cnaeus Flavius Lucanus

    -.^ Uff. Nein, also das ist entschieden nichts für mich. Und im Grunde für niemanden, der nicht schon seines Augenlicht oder sämtlicher Geschmacksknospen im Gehirn verlustig gegangen ist. "Ich denke, Angebot und Nachfrage treffen sich in diesem Falle nicht. Danke", ich wedele mit der Hand, wie um einen schlechten Geruch zu vertreiben. Wahrscheinlich: wenn man Musik stinken hören kann, dann kann man Kitsch auch stinken sehen.


    "Es ist schön, wenn man eine Begabung oder ein Interesse hat; dann kann man das konsequent verfolgen; ich hingegen habe viele Begabungen und Interessen - oder überhaupt keine. :D Ehrlich: bei mir daheim arbeitet man, um zu überleben - als Patrizier lebt man dann wohl, um seine Pflicht zu tun, nicht? Das ganze" - ich mache wieder eine fahrige Handbewegung, zeige auf meine und unsere teuren Klamotten - "Brimbamborium magnum ist ja nicht Selbstzweck oder so, unverdient. Weil wir es besser haben, müssen wir uns auch mehr einsetzen, unsere Pflicht dem Vaterland gegenüber erfüllen. Dulce et decori undsoweiter, nicht?"

    Jetzt pfriemele ich doch meinen PDA heraus, zücke den Griffel und schreibe in Stichworten mit. Ohne aufzublicken wiegele ich ab: "Postgebühr, das soll die geringste Sorge sein, die Post in Rom stelle ich persönlich zu, ansonsten werde ich das über die Flavische Karte anweisen lassen. Eilpost, wäre angemessen ..." Sonst noch was, nicht? Als ob ich die paar Mücken nicht selbst abdrücken kann ...


    "Soll ich auch Deine factio informieren, oder willst Du das selbst übernehmen? Den princeps der Veneta jedenfalls lerne ich gerne einmal kennen ..." Womit ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen könnte.


    "Also gut, ich informiere die factiones. Ich halte es nicht für verkehrt, die Antworten auch zu mir kommen zu lassen und Dich dann gebündelt darüber zu informieren, oder?" Ich klappe meinen PDA zu, lasse aber einen Finger zwischen den Tafeln; mit der anderen Hand angele ich nach dem Kelch und trinke vorsichtig ein Schlückchen und lasse dann eine Dattel folgen. Wohin mit dem Kern? Ich spucke ihn in meine Faust und leere sie kurz über dem Teller mit dem Pomeranzenschalen.

    Ich muß grinsen: "Na, dann hau' ma' auf'n Putz, ne?" :D Manchmal bricht es dann doch durch und ich gehe mit meinem Latein ein wenig lässiger um.


    "Nun, gut" versuche ich, die Führung ein wenig weiterzubringen. "Zumindest das Atrium hier ist zweifellos schon ein guter Ort für ein Fest, und bei warmem Wetter kann man ja auch den ganzen Hügel mit einem iulischen Volksfest beglücken ... zu einer Amtsübernahme, vielleicht - oder, Cincinnatus?"


    Vielleicht kandidiert er bald ja für ein spannenderes Amt als die Verwaltung von Totennachlässen?

    "Absolut, mea soror", nicke ich. Und absolut sicher, daß sie nur die EInkaufsmeilen und Märkte begutachten möchte. Eine Frau, die gerade von ihrem Mann befreit ist, wird sicherlich wie entfesselt Geld ausgeben wollen. Ich sehe schon, wie mir die Geschäftsführerin des Salons von Coco eine Goldene Kundenkarte aushändigen wird. Ob ich Prozente verlangen sollte, weil ich immer wieder Patrizierinnen in ihr Netz locke? Mit Sonderangeboten und kleinen Griffeln, auf denen "Coco" eingeprägt ist, kann ich mich nicht so anfreunden ...


    "Nun denn, dann werfen wir uns mal in Schale für heute abend" sage ich, ein wenig skeptisch an mir herunterblickend. Ich muß noch aufräumen, dann ein heißes Bad, eine kleine Ölung, Haarschnitt und einen Aperitiv.

    Ich winke ab, wahrscheinlich hat jede Familie ihren "Onkel Furianus", eine Figur, mit der schlecht erzogene Kinder besser erzogen werden sollen, weil ihnen gedroht wird: "Und wenn Du nicht brav bist, dann kommt der Onkel Furianus und holt Dich!" - "Und wenn er aber kommt, dann laufen wir davon!" oder etwas in der Art.


    "Kann ich gut verstehen - ich fühle mich mindestens genauso. Allerdings ist mit die ganze Stadt auch vollkommen fremd, wie auch das Leben als Patrizier. Bei uns in Flaviobriga gibt's mehr Viecher als Menschen, und meine Mutter und ich waren die einzigen 'Patrizier', naja, ehrlich gesagt: nur meine Mutter. Ich bin mit dem ganzen Dorf großgeworden."


    Und jetzt dräng' ich hier mit einer jungen Patrizierin durch die teuersten Einkaufspassagen der Welt und versuche sowas wie ihr "den Hof zu machen" ... wie macht man "den Hof"? Daheim hieße "den Hof machen" nur "den Hof fegen".


    "Schau' da vorne. Da ist der Salon von Coco" zeige ich ihr ein Ladengeschäft unter einer porticus, an der ein großes Schild auf die Existenz einer Enklave lutetianischen Schicks im Meer bäuerischer römischer Mode verweist.

    "Na, nu' man nicht so schnell mit den jungen Hunden" sage ich zu dem Windhund, der da herumpoltert. Häät' ich doch beinahe meinen warmen Morgentrunk verschüttet ... "Gut, danke. Bis dann mal wieder!"


    Ich lese mir, nachdem ich von einem Schmalzkringel abgebissen habe, in Ruhe das Papierchen durch. Eine Vollstreckungsepistel ... uhu ... nur was da an wem vollstreckt werden soll, steht natürlich nicht drin. Nur die Geschäftsziffer "IUD IMP I/DCCCLVIII". Na, bravo. Wahrscheinlich soll der Delinquent mit Marmelade übergossen und dann von Schleckermäulchen zu Tode geleckt werden oder.


    Ächzend und stöhnend, mein Alter!, erhebe ich mich und schlurfe ins Archiv, um anhand der Nummer überhaupt erstmal herauszufinden, worum's denn geht. Bis Onkel Zwo im Büro ist, bin ich hoffentlich zurück.

    Auftritt: Cnaeus Flavius Lucanus.


    Requisite/Maske: Hellbeige Tunika mit Goldborten um Halsausschnitt und Ärmel, kein Gürtel, dafür zwei Sandalen in hellem Leder. Leicht unfrisiert, feuchtes Haar, ein wenig Schaum hinter den Ohren.


    "Salve, Salve! Verzeih', man hat mich im balneum nicht gefunden, war ein spontaner Einfall von mir. Du kommst von den Aureliern? Vielleicht mit einer Nachricht von Tilla? Das würde mich, hm, nach dem, ah, Mißver ... na, egal. Und? Hat man Dir etwas angeboten, um die Wartezeit zu überbrücken?


    Ich gehe der jungen Frau, die leicht säuerlich-gelangweilt Löcher in die Einrichtung starrt, eilenden Schrittes entgegen und lächele.

    Aelius Callidus freut sich bestimmt? Ich stelle mir vor, wie dieses ... dieses Ding im Büro des Rectors steht und ihm in einsamen Stunden des Studiums ... nein, ich will nicht darüber nachdenken. "Hübsch häßlich" als leichthin gesagtes Lob würde in diesem Fall einen defätistisch-bösartigen Charakter bekommen, würde man diese, ähm, Lampe damit beschreiben wollen. Ich wende mich leicht ab, die Demonstration ignoriere ich geflissentlich, hoffe, nicht allzu demonstrativ zu wirken. Wo ist Laas eigentlich wieder? -.^


    "Nunja, Vestalin würde ich nicht gerne werden. :D Den Wunsch werden meine Onkel sicherlich verstehen, außerdem bin ich dazu schon zu alt, ich werde demnächst zwanzig." Ich zucke mit den Schultern.


    "Viele Möglichkeiten gibt es nunmal nicht, natürlich kann ich einfach Fischer werden oder Gelehrter, aber das wäre undankbar und selbstsüchtig, nicht? Was ich bekomme, muß ich auch zurückgeben und die Aufgaben übernehmen, die erfüllt werden müssen." Was das dann ist, spielt ja keine Rolle, wichtig ist, daß ich die Aufgabe erfüllen kann und es auch so gut wie möglich tue. Und: wenn ich ehrlich bin - eine echte Vorliebe habe ich nicht, außer vielleicht Fischer zu werden, aber das ist ziemlich weit weg.


    "Und Du? Hast Du ein ... Mitspracherecht? Wohin willst Du Dich wenden? Schließlich bist Du auch indirekt mit dem Kaiserhaus verwandt - willst Du Gemüse in Campanien züchten?" :)

    Schön. Damit war Onkel Aquilius als Marspriester sicherlich involviert und als Ansprechpartner für mich verfüglich. Gehört er eigentlich einer Factio an? Oder Onkel Gracchus? Sicher bin ich mir nicht.


    "Soll ich also alle Factiones informieren? Oder vor allem alle principes, die dann diese Informationen weiterleiten? Briefe? Oder persönlich, wo das möglich ist?"


    Wenn ich die Purpurea informieren soll, dann werde ich an meinen Onkel in Tarraco sicherlich schreiben müssen. Mal sehen, vielleicht auch in konzertierter Aktion. Ich fasse nach meiner Ledertasche unter der Toga an der linken Hüfte, in der sich normaler mein PDA und ein Stilus befindet. Alles griffbereit, ich öffne mit einer Hand schonmal die Lasche, während ich mich aufrechter setze.

    Ich verbeuge mich leicht vor Aurelia Prisca. "Vielen Dank, das freut mich natürlich, gerade aus so berufenem Munde zu hören!"


    Etwas verlegen kratze ich mich mit meiner linken Vorderpfote über dem Ohr; solange ich über ein "recht passabel" nicht hinauskomme, wird mich Onkel Aquilius auch nicht zum Duell herausfordern, weil er glaubt, ich wolle ihm seine Zukünftige abspenzig machen. Obwohl, Aurelia Prisca und ich sind ja doch etwa im selben Alter, Onkel Aquilius ist schon darüberhinaus. Aber solange ich ihn nur beim Einkaufen und hier bei den Saturnalien vertrete, wird er es für vertretbar halten ... :)


    "Die meditrinalia? Leider nein, da war ich gerade soeben wohl erst an der Porta Ostiensis angekommen. Aber ich habe wüste Dinge gehört, natürlich nichts genaues, wie so oft, aber das Fest war noch Stadtgespräch, als ich meine ersten Ausflüge durch Rom machte."

    Nicht so aufmerksam, wie ich eigentlich will, höre ich meiner Schwester zu. Ich knibbele an Papyri herum, beäuge eine Fliege, die es sich auf meinem Hirsch-Sandwichs gemütlich zu machen versucht. Eine cena heute Abend auf EInladung von Onkel Gracchus ... hm, eigentlich wollte ich ins Theater und dann was trinken gehen. Aber sich da zu drücken, wär' sicher kein guter Stil und vielleicht wird's auch ganz lustig. 'Ne neue Anverwandte, schaut mal: das neueste Modell aus dem Hause Flavia. Außerdem meine Schwester, das ist mein Revier.


    "Das tut mir leid, die Liebe sollte eigentlich im Laufe der Ehe entstehen, nicht wahr? Aere perennius, dauerhafter als Erz, so sollte die gegenseitige Liebe sein, ein Denkmal römischer pietas. Aber Dein nächster Mann wird Dir mehr gerecht werden, da bin ich mir sicher, dafür sorgt schon die Familie. Du willst ja sicherlich bald wieder heiraten."


    Auch wenn sie schon eine Fehlgeburt erlitten und keine weiteren Kinder mehr bekommen hatte. Onkel Luca wär' ich jetzt ... natürlich: ein Onkel. Ich schaue sie aufmunternd an. Wenn der Mann meiner Schwester sie schlecht behandelt, behandelt er mich und die Familie schlecht - dann schick' ich ihm Rutger mal auf ein privates Gespräch vorbei, der wird ihm den Kopf dann schon richtigrücken.


    "Aber wie man hier in der Gegend sagt: 'mi casa e su casa' - richte Dich erstmal ein, dann haben wir eine Menge Spaß."

    Ich denke an Platons Wort von den beiden Hälften, die einander suchen. Zwei Hälften, die zusammen ein Ganzes werden.- Langsam, scheinbar ohne Hast und Ziel schlendern wir an den Ständen vorbei. Helena begutachtet die Auslagen, während ich, weit verstohlener, Helena begutachte. Schlicht, einfach, nicht aufgedonnert oder übertrieben extravagant ... auch ihr Geschmack an den Waren scheint so zu sein. Kein billiger Tand, aber auch keine überteuerten Luxusangebote scheinen sie zu locken.


    "Mann und Frau ergänzen einander, die Natur hat ihnen unterschiedliche Fähigkeiten und Anlagen mitgegeben, die erst im Zusammenspiel besondere Wirkung entfalten. Was nützt es, wenn beide das Feld bestellen, aber sich niemand um die Erziehung der Kinder kümmert, wenn beide Handel treiben, aber ihr Zuhause vernachlässigen?"


    Vielleicht etwas ernsthafte Gedanken für einen Einkaufsbummel, aber Aurelia Helena wirkt auch ernsthafter und gebildeter. Wenn ich nur eine schöne Frau für die Festlichkeiten haben wollte, könnte ich auch eine bei einem berühmten Bildhauer in Auftrag geben und die Statue dann auf einem Wägelchen neben mir herziehen lassen.


    "Die conclusio ist - wenn der Mann das Geld ins Haus schafft, muß es auch jemanden geben, der es wieder hinausschafft - das nennt man Arbeitsteilung." :D


    Ich zupfe sie vorsichtig an ihrem Gewand, als sie beinahe die Abzweigung vom Markt verpaßt. Mit meinem Zeigefinger steche leicht lächelnd ich in die richtige Richtung: da lang.


    "Tarraco? Wirklich? Du bist eine Hispania? ¡Hola! Ich ja auch, aber nur aus der hintersten verpimpfsten Provinz, mehr als ein paar Steinwürfe bin ich aus Flaviobriga nie weggekommen. Tarraco habe ich nicht besucht, auch auf meinem Weg nach Rom nicht. Aber in ein paar Jahren will ich dorthin, wenigstens auf Besuch. Nicht einmal meinen Onkel Flavius Furianus kenne ich."


    Ob Aurelia Helena etwas von ihm zu erzählen weiß? Bislang sind die Informationen eher spärlich, als würde Furianus überhaupt nicht existieren, keiner kennt ihn.

    "Die Nähe ist eher geographischer Natur. Flavius Gracchus, Flavius Aquilius und ich wohnen unter demselben Dach. Wirklich näher verwandt bin ich nur mit Flavius Aquilius, dem Bruder meines Großvaters. Aber im Grunde spielt das eigentlich auch keine Rolle, wenn ich mit den anderen Flaviern nur den Ururgroßvater gemeinsam habe. Familie ist Familie."


    Auerdem versteht man sich mit weit entfernteren Verwandten auch oft besser, weil man nicht so unter Druck steht. Man ist sich Freund und hat zufällig auch denselben Gentilnamen. Und nach außen hin ist es für die anderen auch keine wirkliche Sache, wer jetzt wie mit wem ...


    "Jaja, Politik, Religion und so ... " knüpfe ich noch an, während wir langsam an den Ständen vorbeischlendern, mein Blick über die Auslagen schweifend.


    "aber das eine schließt ja das andere nicht aus, im Gegenteil! Nur was, achje, das ist ja im Grunde nicht meine Entscheidung, sondern die meiner Familie und zweifellos werde ich den cursus honorum beschreiten müssen; viel Wahlmöglichkeiten gibt's da im Grunde nicht." Solange niemand auf die Idee kommt, ich solle mich beim Militär verpflichten - 'Männer, kommt zu den Legionen, da erlebt ihr Abenteuer usw.' ...


    "Tarraco?" hake ich bei Decima Seiana nach. "Tatsächlich? Ich komme aus Flaviobriga an der hispanischen Atlantikküste. Mein Onkel Flavius Furianus ist ja über Hispanien Proconsul, auch wenn er nicht aus dem hispanischen Zweig der Familie ... oh nein!" Ich werde rot und mache ein Gesicht, als hätte man mir diese Lampe mit dem Frauenkörper über den Schädel geschlagen.


    "Ich, äh, suche etwas schlichtes, am besten vierflammig mit beweglichen Armen, nicht, äh, sowas." Aelius Archias' Geschmack hält wohl noch Winterschlaf.

    "Schade, aber dann habe ich nichts verpaßt." Die stoische Ruhe und Humorlosigkeit meines Großonkels, mit der er alles aufnimmt, egal, ob er einen Großneffen bekommt und Monate später - tröpferlweise - noch eine Großnicht vom selben Ast - entweder ist ihm alles gleichgültig, weil er alles schon kennt oder er hat seinen Kopf wirklich nur auf den Kissen und in den Wolken.


    "Eine Schwester zu erhalten, ist, finde ich, keine 'schwere Kost', vielleicht gebrichts mir ja an einschlägigen Erlebnissen und ich sollte lieber machen, daß ich davonkomme, aber bislang hatte ich mir Geschwister immer klasse vorgestellt. Man kriegt nicht mehr allein die Schelte, und vieles wird auch leichter, nicht?" Auch, wenn man natürlich alles teilen muß, aber das würde hier kaum ins Gewicht fallen.


    "Nur die Umstände, wie ich nun doch zu einer Schwester komme - und wer weiß, vielleicht lungern meine anderen zehn Geschwister schon irgendwo herum? -, naja, das ist schon ziemlich schräg, da geht's Dir nicht anders wie mir."


    Ich war und bin immer ein Flavius, egal, wie arm oder reich ich sein mag, wieviele Aurei in den Truhen vor sich hinfaulen, Geld beruhigt ungemein, aber damit hat sich's auch schon. Aber plötzlich eine völlig neue Familie zu bekommen, das zehrt sicher am Nervenkostüm. Obwohl, irgendwie hab' ich ja auch lauter Fremde zur Familie bekommen.


    "Bis ich mich hier" - und ich wedele mit der Hand ein wenig herum - "erstmal eingelebt hab', das hat auch gedauert, kannst Du mir glauben. Nicht einfach, das alles, ein echter Kontrast zu meinem Leben in Flaviobriga. Aber - ich bin natürlich gespannt wie ein Flitzebogen, was Du bislang so erlebt hast. Sogar verheiratet warst Du! Wer waren denn Deine Pflegeeltern und aus was für einer Familie kommst Du? Woher? Ich bin aus Flabiobriga nie herausgekommen, in Deinem Leben war sicher mehr los."


    :)

    Wie schön - Bitterorangen. Sauer macht bekanntlich lustig. Ich nehme mir mit dankbarem Nicken eine der Früchtchen und pule langsam die Schale ab.


    "Als quasi neutraler Emissär zwischen allen Fronten." :) Wenn das keine Vorbereitung auf die hohe Politik ist! Keine Mission ist so heikel und gefährlich wie zwischen sportbegeisterten Vereinsmitgliedern zu agieren. Am Hof des Partherkönigs ihn zur Kapitulation zu bewegen, ist ein Klacks dagegen.


    "Das klingt großartig. Genau das wäre etwas, wofür ich mich begeistern könnte. Dann lerne ich die Factiones und die Organisation der Wettkämpfe auch gut kennen. Vielleicht kann ich auch meinen Onkel Flavius Aquilius, dessen scriba ich bin, für die kultischen Bereiche gewinnen? Oder habt Ihr schon jemanden, der dazu bereit ist?"


    Ich lege die Schale im Ganzen auf einen der Beiteller und zerteile die Pomeranze mit meinen Daumen. Eine halbe Spalte stecke ich in den Mund und trinke gleich nach, um den bitteren, aber erfrischenden Geschmack zu mildern.

    Jetzt bin ich wirklich verblüfft. "Eh?" Mehr fällt mir im Moment nicht ein. Darauf erstmal ein Birnenwasser. Ich lasse mich auf meinen Stuhl plumpsen und trinke.


    Szenen von Wiedergängern aus dem Totenreich, von bei obskuren Riten animierten Leichen, die von den Christianern vermutlich angebetet werden, die Lebenden verfolgenden Toten im Auftrag der Erinnyen schwirren mir durch den Kopf. Wie eine lebendige Leiche sieht Celerina nicht gerade aus, und sie riecht auch nicht so. Nicht modrig, sondern ziemlich gut nach Rosen.


    Also, wenn sie einen Betrügerin ist, dann ist sie nicht sehr clever. Meine Schwester! Ihr Götter, was ein Einfall! Noch konstruierter und abstruser geht's ja kaum noch.


    Ich muß unwillkürlich grinsen: "Du, äh, Du bist Dir schon im Klaren darüber, was das bedeutet, nicht? Meine Schwester zu sein ist nicht gerade ein Honigschlecken, Brüder, gerade jüngere Brüder können ziemlich nervig sein." Große Schwestern aber auch, was ich aber nonchalant, man ist ja Gentleman, übergehe.


    "Ich meine, ich finde Dich echt nett, und es ist mir ein Vergnügen, eine so reizende Schwester zu haben, auch wenn ich eine weiter entfernte Verwandtschaft bevorzugen würde. Ein Bruder kann seine Schwester nicht heiraten, außer er ist irre und Kaiser von Rom, nicht?" :D


    Obwohl - in Ägypten haben die Ptolemaier auch alle ihre Schwestern geheiratet, naja, sind auch daran zugrundegegangen, aber was würd's mich kümmern?


    "Nimm's mir nicht übel: Ich glaube Dir kein Wort. Wieso sollte ein Vater seine Tochter weggeben, aber allen sagen, sie sei tot geboren worden? Das ergibt doch keinen Sinn! Außerdem ist es eine Beleidigung für meinen Vater, anzunehmen, er hätte so etwas furchtbares getan."


    Hatte er? Hatte er nicht? Indikativ? Konjunktiv? Ich habe meinen Vater nicht kennengelernt, Mutter hat immer gesagt, sie hätte ihn geliebt und wolle nie einen anderen Mann. Aber wie gut kannte sie ihn? Die drei, vier Jahre, die sie verheiratet waren, da war er kaum zu Hause, immer unterwegs, in Tarraco und bei seiner Einheit. Und sie hatte ihn erst bei der Hochzeit kennengelernt.


    "Entschuldige bitte, man kommt nicht jeden Tag zu einer erwachsenen und so umwerfenden Schwester ... ich habe mit solchen Situationen noch keine rechte Erfahrung. Vielleicht rede ich ja auch kompletten Schwachfug und was Du sagst oder was Du glaubst, stimmt wirklich. Und solange keiner das Gegenteil beweisen kann, bist Du eben meine Schwester. ¡Se acabó!"


    Ich angele nach dem Stammbaum des hispanischen Zweigs, nehme die Feder, tunke sie in das Tintenbecherchen und schreibe:


    Mit einer großen Geste fege ich den Bogen über den Tisch zu ... zu meiner Schwester-


    "So. Was'n Ding. Wenn Onkel Gracchus das erfährt, kippt er aus seinen Sandalen, aber ganz vorsichtig." :]

    Erleichtert lächele ich Catonia an, kommt da nicht gerade die Sonne heraus? Oder täusche ich mich? Der Wind fährt sanft durch mein Haar, als würde meine Mutter es liebevoll streicheln und ein wenig zerzausen.


    "Vielen Dank, das ist eine wunderbare Nachricht." Ich reffe meine Toga, nachdem ich sie mir wieder vom Kopf gezogen habe.


    "Das übrige Fleisch ist für den Tempel, mit Dank an alle, die an diesem Opfer mitgewirkt haben." Ich verbeuge mich leicht, sage zum Abschied leise "servus", auch in den Tempel hinein zu meiner Mutter.

    "Manchmal würde ich mich viel lieber nicht daran erinnern oder einfach nur ein Leben haben; Außenrum" ich blicke ein bißchen skeptisch auf meinen momentanen desolaten Zustand, das Häufchen Toga, auf der der Dreck breitgetreten wurde, "werde ich als Patrizier wahrgenommen, jedenfalls von den Nicht-Patriziern und gehöre nicht mehr zu denen, mit denen ich immer zusammen war, aber Innendrin bin ich halt ein Flaviobriger Gewäachs, ein Dorfjunge, und mit dem kommen die, zu denen ich jetzt gehöre, nicht zurecht, da passe ich nicht hin."


    Billiger Wein in eine Goldenen Karaffe, die, die den Wein mögen würden, mögen die Karaffe nicht und die, die die Karaffe mögen, mögen den Wein nicht.


    "Ich bin nicht ganz, verstehst Du? Ich habe mehr Freunde unter den Sklaven als unter den Patrizieren, aber wenn wir uns streiten, dann sagen sie nur artig 'tut mir leid, dominus', dabei schauen sie eigentlich drein, als wollten sie mir am liebsten die Fresse verschönern, Verzeihung, aber so ist's doch. Und als ich zwei Freunde von den Iuliern zu den Saturnalien einladen wollte, hat Onkel Gracchus geschaut, als hätte ich eine Tunika bei C&A, bei Camillus & Arminius, gekauft, anstelle bei D&G, Joopus oder am besten maßgeschneidert und nicht von der Stange."


    Als ob es auf diesen Krempel ankäme. Hübsche Verpackung, aber kein Inhalt, die ganzen hergerichteten Hühner und die parfümierten Gockl, die übers Forum flanieren, als wäre das ihr persönlicher Hinterhof, auf dem sie die anderen nur dulden, weil es nunmal momentan nicht anders geht. Da war es in Flaviobriga einfacher, da war man was wert, weil man was getan hat - und weil alle überleben wollen, hat jeder etwas getan und war jeder etwas wert.


    "Hunde, Schafe", antworte ich grinsend auf Onkel Aquilius' Frage. Klar, nur solange wir Kinder waren und auch kein Ziel hatten, wo wir hinwollten, denn die Viecher machten eh' was sie wollten und irgendwann rutschten wir immer herunter.


    "Ansonsten natürlich Maultiere, die sind bei uns am häufigsten, praktisch und nicht zu groß, kluge Tiere, die vor nichts Angst haben, vor dem es sich nichts wirklich lohnt, Angst zu haben."

    "Verzeihung", sage ich. So kalt wie eine Betrügerin scheint sie nicht zu sein, oder sagte nicht einmal ein Dichter: 'indem Frauen weinen, stellen sie Männern Fallen?' Das sind aber andere Tränen, nicht die "ich-will-das-aber-haben-Tränen" von kleinen verwöhnten Mädchen.


    "Es war nicht direkt ein Unfall", knüpfe ich wieder an. "Als meine Eltern jung verheiratet waren, hatte Mutter eine Fehlgeburt, Wochen vor dem von den Priestern und der Hebamme bestimmten Termin. Das, das ... naja, das Kind oder wie man es nennen soll, kam tot zur Welt, Vater hat es sofort, nun ja, weggetan, begraben oder wie auch immer. Mutter hat es nie gesehen, es hatte keinen Namen kein nichts. Mutter war wochenlang krank und die Hebamme sagte, sie würde eine weitere Geburt nicht überleben."


    Ich zucke mit den Schultern. Ein namenloses Ding, das nie gelebt hatte, kein Mädchen, kein Junge, kein Name.


    "Und nach einigen Jahren haben die Götter doch ihre Gebete erhört und ihr endlich ein Kind geschenkt, meine Geburt war nicht weniger schlimm, aber ich und meine Mutter haben überlebt ... das hat mir Mutter vor einigen Jahren erzählt, als wir uns gestritten hatten und ich ihr vorwarf , daß sie mich erdrückt, verfolgt, umhegt und umsorgt, als hätte sie Liebe für zig Kinder aber leider nur dieses eine da."


    Natürlich habe ich von dem Ding geträumt, Alpträume von kleinen Kindern ohne Gesicht. Aber nach ein, zwei Malen war es vorbei.

    Zitat

    Original von Aurelia Prisca


    Huch. 8o Da fährt aber jemand eine Balliste auf, während ich nur mit 'ner kleinen Handzwille und Papierkügelchen schieße ... ich erinnere mich an das, was Onkel Aquilius über sein zukünftiges Leben als Ehemann orakelte, jetzt wird mir einiges klarer. Wuff.


    "Nach nichts anderem stand mir der Sinn, ich werde meinen Großonkel Aquilius sicherlich zwar nicht in adäquater, aber hoffentlich in agreabler Weise zu vertreten in der Lage sein. Hat er mich doch schon jetzt für eine kurze Spanne der Zeit als seinen unwürdigen Vertreter hier bei Euch bestellt. :]


    Ich werde Laas mitnehmen, soviel steht fest.