Beiträge von Cnaeus Flavius Lucanus

    Sim-Off:

    Kommt davon, wenn man essender Weise vor'm PC hockt. Färbt sofort ab. Werde mehr brassica (Kohl) auf'n Speiseplan setzen. Und Flamingozungen.


    Ich schlucke herunter, mache eine einladende Geste zu den Hojaldres, beiße von einem etwas ab, kaue auf der Pflaumenfüllung herum, schlucke erneut und meine dann "Grundkurs. Res vulgaris, darf ich nich' vergeig'n, wär' eine echte Blamage ..." ich beiße abwechselnd in ein Stück Käse und den Hojaldre, kleine Teig-Blätter kleben in den Mundwinkeln und setzen sich zwischen die Zähne.


    "'S sind Hojaldres, heißt im Grunde auf Lateinisch einfach 'Blätterteig', der Teig steht für das Ganze. Geht auch salzig mit Gemüsefüllung, mit Fleisch oder Fisch, im Grunde mit allem, was man essen will." Und wenn man jemanden nicht mag, dann bäckt man einige markierte Exemplare mit Sand, der dem Opfer dann so herrlich in den Zähnen knirscht. :D


    Ich beiße erneut ab - links, rechts, ein herrliches Durcheinander. Das ich jemals Rom vermissen würde, kann ich momentan nicht glauben. Langsam pirschen wir uns vorsichtig an Onkel Aquilius und meine Noch-nicht-ganz-Tante heran.

    Der bittere Geschmack von Nervosität und die Säure der Panik machen sich in meinem Mund breit. "Wo ist mein Text??? So kann ich nicht arbeiten!!!" hätte jetzt vielleicht einer der berühmtesten Schauspieler zur Zeit des vergöttlichten Claudius zornesrot ausgerufen, mir bleibt nur, ein still-verzweifeltes Oioioioi! zu beten.


    Ich reiße mich zusammen, Neffe unzähliger flavischer Onkel, Sohn der besten aller Mütter, wenn man einen Fisch an der Angel hat, kann man auch nicht zuwarten, bis jemand einem beispringt.


    "Ich fange an", sage ich mit einer Stimme zwischen Tremolo und beinahe sterbendem Adagio und räuspere mich Marciato. Sollte aus meinem sistrum nur Murx kommen, wird sie sicherlich rettend eingreifen.


    O Iuno, mater matrum, Mutter aller Mütter, der Sohn Deiner Tochter Foslia Milonia tritt hin vor Dich und fleht Dich an. Ich, Cnaeus Flavius Lucanus, dessen Mutters Lebensfaden allzu früh von den Moiren von der Spindel gerissen wurde, stehe vor Dir in frommem Gedenken an sie, die mich als Waise hier in dieser Fremde zurückgelassen hat.


    Ihrem seligen Angedenken sei dieses mein Opfer für Dich gewidmet, auf daß ich immer ihrer mütterlichen Unterweisung und Liebe" ich schniefe "und Liebe gegenwärtig bin und sie nie vergesse.


    Ich bitte Dich auch, Hohe Frau, schenke meinen Kindern eine solche Mutter, eine Mutter so voller Liebe, voller Freundlichkeit, Herzenswärme und Auf ..." 'mein Liebstes', denke ich und Bilder schießen mir sekundenschnell durch den Kopf: Mutter, mit dem Rücken zu mir in einem Topf Puls rührend, unter ihrem Baum sitzend, in eine Schriftrolle vertieft, wie sie sich morgens über mich beugt und über die Backe streichelt. Tränen laufen mir über die Backe, meine Nase läuft, ich schniefe und wische mir mit dem Ärmel schnell übers Gesicht. "und Aufopferung. Eine Frau, die ich liebe und ehre wie sie." Ich schniefe erneut und blicke vorsichtig zur sacerdos.


    "Entschuldigung" sage ich leise.

    Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius


    Daß mein Onkel "volksnah" wird oder ist, habe ich zunächst mit Freude wahrgenommen. Nichts macht so viel Spaß, wie sein Mittagsmahl auf die Hand irgendwo einzufangen; bei meinen Onkeln ißt ja jeder für sich, wahrscheinlich sind sie auch bei der Auswahl ihrer Gäste am zufriedensten mit sich selbst, schließlich kann der Kaiser, zumal er gerade in Parthien im Sand gräbt oder um den Platz zum Graben kämpft, nicht jeden Abend zu uns nach Hause kommen. Ab und an mal Bridhe oder jetzt immer öfter Lars, aber das Frühstück nehme ich noch immer allein in meiner Ecke des atriums ein, von wo aus ich die salutationes beobachten kann.


    Aber inzwischen - wäre Rom nur halb so groß, wäre mir Rom immer noch zu groß. Menschen - Menschen - Menschen - oder Wesen, die so aussehen, wenigstens von der Entfernung. Mit Einkaufen hatte ich bislang auch nicht viel Glück gehabt, jedenfalls hatte der Klamottenkauf mit Bridhe mich nicht zu weiteren rauschhaften Erlebnissen stimulieren können - und was will ich schon mit Lämmern, Widdern oder Gänsen? Der Viehkauf mit Purgitius Macer und meinem Onkel hatte mir wirklich Spaß gemacht, man konnte die Tiere streicheln, es roch wie zu Hause - nicht wie im Haus natürlich - die Stunden, die ich mir manchmal im Sommer ein paar Honigwaben als Hütejunge verdient hatte, erscheinen mir heute wie kurze Zeiten des Paradieses.


    Daß wir die Tiere ausgelassen hatten, bedauere ich, daß wir den bunten Ballen und aufgehängten Kleidungsstücken keinen Besuch gewährten, hingegen nicht. Kleidung muß nicht ersetzt werden, solange sie einem nicht in Fetzen herumterhängt. Waschen, flicken, gut is'.


    Das Kunsthandwerk finde ich da schon spannender, kleine Götterbildchen, auch mal ein Diorama, eine mythologische Szene wie die Blendung Polyphems in Ton oder als Holzschnitzerei, die Darreichung des goldenen Apfels von Paris an Aphrodite auf Leinwand im Holzrahmen, eine Elle hoch und drei Ellen breit, sehr schön. Wir kommen auch am Stand des Steinmetzes vorbei, der den Grabstein meiner Mutter fertigen wird, die Probe für seine Geschicklichkeit, ein flavischer caduceus erhaben in Stein, liegt als Beschwerer auf meinem Schreibtisch.


    Eh? Oh. Auf die mahnenden und vorbereitenden Worte meines Onkels klappe ich mein Gestell zu voller Länge aus, zupfe verstohlen an der von der Menschenmenge leicht touchierten Toga und linse nach etwaigen Flecken, die Aurelia Helena verraten könnten, was ich zu Mittag hatte. Oder zum Frühstück. Ich würde jetzt gerne ein Bad mit Olivenöl-Essenz, frische lavendelduftende Kleider und einen tonsor mit einem Kamm eine Stunde lang genießen, um einen - zweifellos gibt es kein passableres Wort: aegrablen - Eindruck zu machen. Naja, so bin ich nur den Eindruck des "Luca in actione", der im wortwörtlichsten Sinne mitgenommene Hausneffe. Realismus - vielleicht schätzt sie das ja?


    "Die Freude ist auch ganz auf meiner Seite", sage ich und erinnere mich daran, was Aurelius Ursus sagte: 'Warte, bis Du Aurelia Helena kennenlernst'. Ach, braunes Haar, seufze ich insgeheim. Ich lächele, die Menschen ziehen sich wie auf Regieanweisung zurück, die Stände verschwinden - was hatte ihre Aufmerksamkeit vorher gegolten? - in meiner Wahrnehmung sind wir nur noch zu Dritt auf dem Markt, ein Terzett, dann - Aquilius ab - ein unweigerliches Duett.

    Der weltberühmte Prozeßbeobachter Cnaeus Flavius Lucanus, auctor maximus honoris causa der Acta Diurna und Korrespondent der größten Informationsdienste des Reiches, die in Tarraco, Alexandria, Athen und Antiochia seine messerscharf formulierten Beobachtungen veröffentlichen, setzt sich mit seinem adlatus Lars dem Friesen in eine der hinteren Reihen der Großen Halle, um dem langerwarteten Prozeß 'Imperium Romanum vs. Finn Kylian' beizuwohnen. Die Redaktionen im ganzen orbis Romanus warten schon auf seinen Bericht, der neben - hatten wir's schon erwähnt? - messerschaft formulierten Beobachtungen auch launige Sittengemälde und Stimmungsbilder des Prozesses lieferte.


    "Schnauze" raune ich Lars zu, als er mehr oder minder geräuschvoll in Ermangelung eines Schneuztuches etwas die Nase hochzieht. Grau ist alle Theorie - und damit die Praxis nicht gräulich wurde, hatte ich mir von meinem negotium im officium meines Onkels freigenommen, um den Prozeß zu verfolgen.



    Sim-Off:

    Falls Prozesse nichtöffentlich sind, Lucanus und Lars einfach 'rausschmeißen bzw. Beitrag löschen.

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus


    "Es ist eine rechte Plage" :D übertreibe ich schamlos: "Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeite ich als scriba von Onkel Aquilius und von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang als scriba Logei der curatrix Furia Stella. Dazwischen schlafe ich oder versuche, für den cursus zu lernen." Eine hübsche Hyperbel, wie Aurelius Ursus zweifellos blind und taub erkennen wird. und trotzdem:


    "Ich bin nach Rom gekommen, um zu lernen, daheim konnte ich fischen und in der Sonne vor mich hintrocknen. Ich bin schon neunzehn und in vielem hinterher." Die meisten der jungen Patrizier hatten eine gute Ausbildung in Griechenland oder bei griechischen Hauslehrern genossen, bevor sie wieder nach Rom kommen, ich kann fischen und Hojaldres herstellen. Das blöde Landei halt. Daß sich das ändert, das bin ich meiner Mutter schuldig.


    Ich fülle mir mit einem Seitenblick auf Ursus' guten Appetit ebenfalls kräftig meinen Teller mit viel Käse, Oliven, Tomaten und ein paar Peperoni, die Fleischspießchen riechen kräftig nach Knoblauch, ein Odeur, das ich momentan eher momentan nicht übernehmen möchte. Ein paar von den Schellfischen in Aspik lungern auch noch lustlos auf einer Platte herum, ich greife mir zwei und rücke die beiden anderen zusammen, vielleicht wollen sie sich ja austauschen, sonst werden sie vielleicht stinkig. Ich winke mit der letzten freien Hand nach Lars, der mit einem silbernen Tablett Hojaldres auf dem Kopf balancierend herankommt. Hatte er getrunken? Na, warte ... aber es geht alles gut.


    "Dann nähern wir uns mal unaufdringlich", sage ich kauend, in Gedanken bei den Aurelierinnen; auch Helena scheint nicht die zu sein, die man als Letzte im Haus hat und an einen hispanischen Dorftrottel der Flaviden verschenken muß. Freude, schöner Götterblitz! Wir betreten, Ihr Himmlischen, trunken Euer Heiligtum. Oder so. Muß ich mal darüber nachdenken, als Solo eines Verliebten sicherlich ein guter Ansatz.

    Mit den ersten Rollen unterm Arm, den Korrekturen auf den Wachstafeln in der Hand mache ich mich auf zur curatrix. Bevor ich alle Rollen fertigstelle und auch noch den Gellius, den ich bislang beiseitegelassen hatte, will ich erstmal sehen, ob ich alles richtig gemacht habe. Fehlervermeidungsprinzip - nicht immer denselben Fehler machen, sondern immer wieder neue.


    "Salve curatrix", strecke ich meinen Kopf zur Tür hinein, nachdem ich angeklopft und ein dumpfes "Herein" vernommen hatte. "Entschuldige die Störung: Ich habe die ersten Rollen der dissertationes fertig, die Du mir zur Korrektur gegeben hast. Der scriptor hat mich ermahnt, die Korrekturen auf Wachstafeln zu vermerken und nicht in den Rollen selbst." Ich kratze mich am Kopf.


    "Wenn Du bitte durchsiehst, ob das so in Ordnung ist dann kann man die Fehler, die ich gefunden habe, im scriptorium einarbeiten lassen. Und den Rest der Dissertationen mache ich dann auch umgehend, wenn ich weiß, daß meine Arbeit richtig ist." :)

    An Ostia habe ich keine besonders guten Erinnerungen. Auch wenn die Menschen dort hilfsbereit und freundlich zu sein scheinen, es ist nunmal ein großer Hafen mit viel Dreck und ein Vorposten Roms, was man immer wieder spürt. Die Häfen der vergöttlichten Kaiser [Traian und Claudius] sind eher technische Monumente, als sie zum Verweilen und Flanieren einladen. Von Ruhe überhaupt keine Spur. Und nach Ruhe sehne ich mich inzwischen sehr. Lauter Menschen, keine Natur! Manchmal wurde mir auch in Flaviobriga fade, zweifellos, dann wünscht man sich ein lustiges Treiben, dem man auf einem Poller sitzend zuschauen kann, aber zu viel ist einfach zu viel. Irgendwas dazwischen - das wär's.


    "Ostia, ochja, ich bin ja dort angekommen", wie so viele, die in Rom leben, "irgendein Häuschen am Meer, fernab von den Städten, wo man studieren, lesen, faulenzen, fischen und vielleicht Gemüse und Kräuter pflanzen kann, danach wär' mir inzwischen. Nur ein paar Tage, aber, Du kannst es sicher nachfühlen: oft geht mir der Lärm doch auf die Nerven, oft schlafe ich schlecht, weil irgendwo wieder jemand herumgröhlt, ein kleines Fuhrwerk rattert, als ob sie absichtlich unter meinem Fenster ein Theater aufführen. Und die Geräusche der Natur, die fehlen mir auch." Auf das Keckern dieses einen Vogels, der sich seit meiner Ankunft in der villa irgendwo da eingenistet hatte, kann ich aber tunlichst verzichten. Niemand hat ihn bislang abschießen können, bald denken die, ich hätte die Meise im Kopf.


    "Und das mit dem Dichterwettstreit in Tarraco, ah!, es hat sich nicht so angehört, als ob das so schnell stattfinden wird. Und Onkel Furianus wird kaum zulassen, daß es irgendein Provinzfest wird, wahrscheinlich sind in den Wochen dann mehr Römer in Tarraco als in Rom. Aber mal schauen, Wenn ich hier für Dich zu tun habe, kann ich natürlich nicht weg." Schließlich muß irgendjemand mit meinem Onkel Aquilius ja die Mittagspausen verbringen oder auf Schwiegersöhne Jagd machen. Und einen neuen Jagdhund einzuarbeiten, das dauert.

    "Vielen Dank Senator. Ich hoffe tatsächlich, mich in der Jurisprudenz weiterbilden zu können, vielleicht ist auch meine Familie dafür, daß ich den Weg des Anwalts einschlage." Noch ist alles offen, viele kleine Kesselchen brodelen über meinem Feuer der Wißbegier, das sibyllinische Orakel hatte jede konkrete Empfehlung vermieden. Warum also nicht Anwalt? Marcus Tullius Lucanus, der weltberühmte Anwalt, der alle bedürftigen Menschen kostenlos vertritt, der in einer kleinen villa auf dem Land lebt und mit einer schnittigen von Ferrarius persönlich entworfen Sänfte täglich zu den Verhandlungen getragen wird, und eine große Kanzlei mit vielen Advocaten unterhält.


    "Du hast mir viel Zeit*) und Geduld geopfert, Senator Octavius Victor. Ich möchte Dich nicht weiter behelligen oder von weitaus wichtigerem abhalten. Ich werde Dir für Deine Hilfe sehr verbunden sein." In der Tat, ein wichtiges Ergebnis, auch wenn es nicht so ausfiel, wie gewünscht. Aber wer eine Frage hat, muß mit einer Antwort rechnen. Sonst kann man sich ja die Frage schließlich sparen. Ich warte darauf, daß er mich entläßt ...


    Sim-Off:

    *) Wochen! :D


    "Vielen Dank; es wäre mir eine Ehre und eine Freude", sage ich und lasse offen, ob ich die Vorstellung meiner zukünftigen Tante Secunda oder die in Aussicht gestellte Einladung meine. "Sie sieht sehr jung und sehr ... hübsch" und atemberaubend verstandeliminierend "aus" setze ich hinzu und meine jetzt in jedem Fall Aurelia Prisca. Himmel, wenn Aurelius Ursus mit noch mehr solcher Cousinen aufwarten konnte, muß ich mich mehr als gut stellen. Ach, Claudier - wer sind die Claudier? Nie von gehört ...


    "Ich habe darum gebeten, die Hojaldres laufend frisch zu servieren, das nächste Tablett mit warmem Gebäck dürfte schon unterwegs sein", hoffe ich eilfertig. "Und natürlich hatte ich viel Hilfe, Blätterteig ist ja kein Geheimnis, da mußte ich nicht viel tun, ebenso bei der Backdauer und der Ofenhitze. Aber die Fülle mit in Wein eingelegten Äpfeln, Birnen, Feigen oder Pflaumen hab' ich nach Mutters Rezept selbst angesetzt und gemacht. Die richtige Zeitdauer und das Mischungsverhältnis der Gewürze waren das Geheimnis und dabei hatte ich auch früher immer geholfen. Auch wenn dieser Alleingang heute eine Premiere ist, die bislang allerdings jeder überlebt hatte. Die Angesäuselten oder gar Betrunkenen gehen sicher nicht auf das Konto meiner Hojaldres.


    "In den letzten Tagen hatte ich kaum Zeit für etwas anderes als die Festvorbereitungen, die Bibliothek der Schola und die Arbeit für meinen Onkel. Einfach mal übers Forum schlendern und den Ereignissen beiwohnen - einen wirklichen Ferientag hatte ich in letzter Zeit nicht. Aber ich hoffe doch, das ändert sich wieder." Und Aurelius Ursus hat natürlich recht, Klatsch, Tratsch und das, was nicht in der Acta steht oder erst Tage später lassen sich besser erleben, als nur aus Erzählungen Dritter wahrnehmen. Die Zeit des Wahlkampfes nicht mitzukriegen, wäre wirklich ein Verlust gewesen. Vom Selbstmord des Senators damals ganz zu schweigen. Tolles Theater, inspirierend ohne Ende.

    Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius


    [...] Die Frage meines Neffen Lucanus machte es mir natürlich leichter, mich wieder auf etwas anderes als das bevorstehende Löwen-Menschen-Gemetzel zu konzentrieren und ich musste beim Inhalt der Frage kurz schmunzeln. "Nein, das ist keine Bemalung, diese Tiere sind so von Natur aus. Ich weiss nicht mehr genau, wo darüber berichtet wurde - ob es Herodot war oder Plinius der Ältere - aber sie scheinen so tatsächlich gewachsen. Man nennt diese Tiere Zebras und sie kommen aus Africa, dorther, woher auch die dunkelhäutigen Menschen stammen. Es soll sehr schwer sein, sie hierher zu bringen und überleben zu lassen, die Tiberier haben sich die heutigen Spiele anscheinend einiges kosten lassen. Nur schade, dass sie gegen Löwen verschwendet werden, da kann man das gar nicht richtig genießen. Kennst Du Giraffen, Lucanus?" Ich blickte auf die Arena herab und drückte insgeheim den Zebras die Daumen. Vielleicht konnte man ein überlebendes Tier sogar erwerben, wenn das Schauspiel vorüber war, aber ich wusste selbst, wie unwahrscheinlich es sein würde, dass eins überlebte.


    "Wenn die, äh, Cebras, rote Streifen hätten könnte man sie für Dich und Onkel Pr... Onkel Gracchus als Zugtiere einsetzen, wenn Eure Kleidung keinen clavus aufweist." :D Tolle Tiere, wendig, schnell und mit gefährlichen Hufen, wie eine wohl etwas jüngere Löwin eben zu spüren bekam.


    "Gier-Affen? Nein, ich kenn' Gierige und ich kenn' von früher her 'n Haufen Affen, aber Tiere, die beides in sich vereinigen, nein, noch nie davon gehört." Vielleicht hatten die Viecher auch nichts mit beidem zu tun, aber Nilpferde sehen auch nicht gerade wie Pferde aus, auch wenn sie wohl im Nil vorkommen.


    Ich grinse Onkel Aquilius an, als sich eine Edeldame, jedenfalls sitzt sie auf den dafür vorgesehenen Plätzen, mit Eifer für die Gladiatoren engagiert.


    "Haben die Löwen auch Namen - sollte man vielleicht zum Ausgleich auch ein bisserl anfeuern, nich'? Sonst denken die, sie haben keinen Fanclub ..." Leo!, Leo!, Leo! oder so. Was reimt sich auf 'Leo'?

    Der Knlich, ahem, der besorgte Bürger kratzt und buckelt rückwärts gen Maurers Loch; er gibt mir seine Adresse, die ich zusammen mit der Sigle "CCCerealis" auf meinem PDA vermerkte. Wie zu erwarten, haust er irgendwo in einer der dunklen Gassen hinter den traianischen Märkten. Ich geleite ihn beflissen ein, zwei Schritt hinaus und drehe mich dann zu meinem Onkel um.


    Kein Wort, nur eine kleine diskrete Geste: -.^

    Jetzt brauch'ma nur noch einen bösen Vater oder Oheim, der


    a) die schöne Helena nicht gehen lassen will und zu einem Wettstreit unter den Bewerbern aufruft, den nur der strahlende Held mit ach und Krach überlebt, Helena aber nicht, weil sie schon den unliebsamsten Bewerber den Agon gewinnen sah und Selbstmord verübt (darauf töten sich der böse Vater oder Oheim und der strahlende Held);


    b) die schöne Helena nach Mykene an Agamemnon für eine Goldmaske vergibt und die dort ihrem Mann wollenen Unterleibchen stricken muß, bis eines Tages der strahlende Held kommt, mit ihr durchbrennt, daraufhin Agamemmnon des strahlenden Heldes Heimat niederbrennt und dabei sowohl Helena als auch der strahlende Held sterben. Agamemnon reist darauf heim und sucht sich jemand anderes für seine wollenen Leibchen.


    So würd's laufen, wär' das hier Griechenland. :)

    Jetzt war mein Onkel schon Tage und Tage tresvir capitalis und würde es noch Wochen und Wochen sein, und selbst wenn ihm die Kerkerinspektion zugefallen war, warum hatte er dann sich für den heutigen Tag entschieden? Bis gerstern Nacht waren es trübe, kalte, aber trockene Tage gewesen, die uns beschieden waren und es wird wieder trübe und kalte und trockene Tage geben. Nur eben heute nicht. Und eben heute mußte er seine Kerkervisite ansetzen. Heute! Wir hätten gemütlich in unserem officium sitzen, irgendwelche Akten hin und herschieben und Vermerke anbringen können, andere Leute einbestellen lassen, die selbst zu uns durch die Nässe hätten laufen müssen, alles simplicissime.


    Unter meinem groben Übermantel mit spitzer Kapuze sehe ich aus wie ein Hutzelmännlein aus dem Walde direkt hinter Flaviobriga, das kleine Säuglinge stiehlt und nur mit einer Schüssel Wassergrütze von seinem Tun abgehalten werden kann. Meine Tunika habe ich mir mit zwei Fibeln hochgesteckt, meine Waden sind naß und dreckig, meine Fußsohlen quatschen in den Ledersandalen. Warum hatte ich eigentlich mitgehen müssen? Wer war denn jetzt im Büro? Präsenzdienst war das Stichwort, schnöde Vernachlässigung des Präsenzdienstes! bin ich jetzt auch lictor personalis geworden?


    Von meiner Nasenspitze tropft das Wasser - pbp ... pbp ... - ich trete von einer Schlammpfütze in die andere. Ich nehme mir vor, mit meinem Chef über eine Schlechtwetterzulage zu verhandeln. Wenigstens sieht Onkelzwo auch naß aus. Was mich damit aber nicht trockener macht. Ich schniefe und krame nach einem trockenen Schneuztuch. "Ha ... hmpff."

    "Ich" wollte jetzt eigentlich etwas sagen, aber Tilla wischt an mir vorüber, steckt mir etwas längliches, hart-weiches in die Hand, eine Feder. Ihre Hand ist warm, klein und weich, wie die eines Kindes. Ich manövriere die Feder in meinen Ärmel, verschränke die Hände hinter meinem Rücken. Was wollte ich sagen? 'Ich' ... guter Anfang, der Esel nennt sich immer zuerst, also, was wollte der Esel den sagen? Sagen wir etwas Neues, etwas Frisches, Unverbrauchtes:


    "Äh" sage ich also, "nein, zu den Meditrinalia war ich noch nicht in Rom, bzw. gerade erst angekommen, voller Reisestaub und man hat mir selbstverständlich keine Einladung übermittelt, meine Onkel" 1, 2, 3, 4, viele? "meine Onkel waren sicher mit Recht der Ansicht, daß ich, äh, noch nicht, noch nicht gleich mich in der fremden Umgebung zurechtfinden würde und ich diese erst einmal kennenlernen müßte." Und vor allem erstmal baden, schlafen und essen. "Aber ich habe danach, sobald es ging, mich umgehört und mitgefiebert", vornehmlich zwar mit meinem Onkel, aber das versteht sich von selbst.


    "Das freut mich sehr, ein nützliches Geschenk, danke sehr" sage ich und meine die Kerze, die vielleicht wirklich schwimmt und nicht nur so aussieht? "Io Saturnalia - ich habe kleine Blätterteig-Kugeln mit Fruchtfülle gebacken, als Geschenk aus meiner hispanischen Heimat quasi. Es dürfte dahinten am Buffet wieder welche geben. Am besten sind sie, wenn sie warm sind." Kalte hojaldres schmecken meistens wie Mehl-Kleister, selbst manch' wählerischer Hund schnuppert daran dann nur und suchen sich eine fette Ratte.


    "Nun, wie es aussieht", ich muß lächeln, als ich an Tilla denke, "kenne ich nun doch noch keine aurelische Frau, weder jene, von der Onkel Aquilius sich wohl erwählt hat, noch Aurelia Helena, von der ich auch nur erzählen hörte. Beides ehrbare und fromme Jungfrauen, wie ich meine. Patrizierinnen habe ich bislang nun, was Wunder!, noch nicht kennenlernen dürfen, keine wurde mir vorgestellt, das Haus meiner Onkel verlasse ich ja auch kaum mehr als zum lernen und arbeiten." Und um auf den Märkten herumzustreunen, in den Tavernen und auf dem Forum mit Iuliern zu plaudern. Männlichen Iuliern, was sonst?

    Ich schüttele grinsend den Kopf: "Ich arbeite nur in der Schola, Ahnung habe ich von nichts; prinzipielle Voraussetzung für einen Posten in der Bürokratie." :D


    Naja, der Kurs beginnt ja in wenigen Tagen, da wird man den Stoff wohl komplett vorgelegt bekommen. Eher studium generale, denk' ich mir, von allem ein wenig ...


    Oder sehr viel von sehr viel? Wer weiß? Pedro hätte jetzt sicherlich vorgeschlagen, die Prüfungsunterlagen zu organisieren, oder einen der Prüfer zu kaufen, vielleicht mit Onkel-Geld, meine Barmittel würden nicht einmal für ein 'ungenügend' reichen.


    "Lassen wir uns überraschen, Rom ist die Stadt der Überraschungen, an jeder Ecke eine, manchmal gute, manchmal Beutelschneider." Ein großer Abenteuerspielplatz, wenn man so will, aber manche Mitspieler hatten sich schon in ihr Schwert gestürzt - wie hieß der eine Senator grad noch? So schnell vergeht die Zeit - oder gingen ins Exil.


    "In der Beziehung ist auch Flaviobriga das Gegenteil, muß ich gestehen. Daheim passiert nur Wetter, und selbst das folgt den Jahreszeiten, ansonsten wird geboren, gelebt, gestorben, allerdings weniger aufregend."

    'Bis repetita non placent kann es beim Opfer nicht heißen' sage ich mir; eine Reihe kleiner Wiedererinnerungen, gleiches procedere wie beim letzten Mal. Vielleicht ist ja Mars auch der Ansicht, daß der junge scriba des Marspriesters seinen Rückstand an Opferteilnahme schleunigst aufholen solle. Aber bitte nicht heute mit einer Wiederholung der Wiederholung. Sonst würde ich sehen, daß ich Iuno-Priester werde, dann stehe ich auch bei Mars am längeren Hebel. Mütter sagen ihren Söhnen ja immer, wo ihr Weg langgeht.


    Gerade diese Analogie zwischen den Himmlischen und den Irdischen, die Menschlichkeit des Göttlichen und die Göttlichkeit des Menschlichen erschien und erscheint mir bis heute das einzig richtige? Was sollen nie sichtbare Götter? Sprechen Götter aus brennenden Misthaufen, wie der Gott der Judäer es wohl getan hat? Die Welt der Götter und die der Menschen war eine, die Philosophen wie Epikur irren, wenn sie die Götter für entrückt und glückselig halten, glückselig vielleicht, entrückt aber nicht, das ist eine Art Atheismus, eine Leugnung der Wirklichkeit. Man macht die Augen zu und sagt: 'Bähbäh, ich seh' Euch nicht!'


    In dererlei tiefschürfendsten theo-philosophischen Gedankenwolken mit meinem Kopf hängend hörte ich dem Gespräch zwischen dem Senator und meinem Onkel nicht weiter zu, ich hatte auf Selbststeuerung geschaltet und stand ein ums andere Mal dekorativ herum, in der Erwartung dessen, was nun unweigerlich kommen muß.

    'Man könnte doch einfach die vigiles allesamt zum Opfer antreten lassen', denke ich mir, will das aber nicht jetzt zur Sprache bringen. Der scriba weist den IIIvir auf nichts hin, sondern nimmt es erstmal hin. Dummheit ist eine Plage und diese Christus-Anhänger sind einfach dumm. Geschwätz ohne Verstand, keine ratio, keine theologia, keine rechte Rede von den Göttern, keine pietas dem Staat gegenüber, der sie nährt und schützt.


    [Blockierte Grafik: http://img523.imageshack.us/img523/8089/denunziantyz1.gif]


    "I wöll ja neamad's in wos 'reinreit'n, ned persönlich oda so. Oba schaun's da wear'n no meara vo de G'fraster dobei sein, die vamearn se ja wia die Karniggl, nedda? Und dös in aller Enthaltsamkeit, wia's hoaßt. No, jedanfalls wüll I damit mei Büagapficht getan hab'n. Coelestinus Cerealis steht Eana, Hochwohlgäborener treßvir, jedazeit zua Vafügung, falls'sas wünschan." Cerealis buckelt ein wenig.


    "Ansonstan, gerne werd' ich den Hochwohlgäborener dominus weiters informier'n, sin' ja hochanständige Leit, ned'woa? Gerne zu am Schwatz bereit, manchamal a bisserl ... noja, fremd, ned'woa? Wenn's sei miaßat, dann würd' ich auch geh'n mit in das praetorium, Oda i moch' mi kundig, Hochwohlgäborener treßvir, vorab, oba sicha." Cerealis buckelt ein wenig mehr und schielt zum Ausgang.

    'Introibo ad altarem Deae, ad Deam, quae laetificavit iuventutem meam' sage ich still vor mich hin, ein Gebet, daß ich von meiner Mutter gelernt hatte, ein Gebet, das sie sprach, wenn sie Iuno opferte. 'Reinige mich, damit ich weißer werde denn Schnee' bete ich, da ich meine Hände im Becken wasche. Der Tempel ist von innen größer als von außen, ein Meisterwerk der Perspektive, Iuno bricht gleich durch den First in den höchsten Höhen.


    Meine eigene Gabe erscheint mir klein und gering, angesichts dieser gülden glänzenden Pracht, die doch nicht auf mich einstürzt, sondern sich weihrauchgeschwängert Schicht um Schicht dem staunenden Auge offenbart. Nur mit einem Auge beobachte ich das Tun der sacerdos, das andere und meine beiden Ohren gehören ganz dem Tempel. Diese devotio religiosa gegenüber der Mutter aller Mütter, 'adoro te devote' möchte ich freudig ausrufen, jederzeit meine eigene Mutter um eine Säule herumkommend erblicken wollend.


    Und jetzt? Soll ich die Hände der Priesterin ergreifen? Oder? "Nun ..." sage ich vorsichtig, in jeder Richtung einen Fallstrick vermutend. Möchte Sie das Bildnis meiner Mutter?

    Zitat

    Original von Aurelia Helena
    Was sagt denn Lucanus dazu? Oder hat er euch vorgeschickt?


    Nein, so gut habe ich meine Onkelz (noch) nicht erzogen - oder vielleicht doch: Aquilius hat von selbst reagiert. :D

    "Aurelius Ursus ... ah, Du bist auch einer der neuen vigintivir, nicht? Ich habe Eueren Wahlkampf mit Spannung verfolgt." Auch wenn ich weiß, daß Aurelius Ursus keine Brotspenden verteilt hat, bzw. ich nicht in den Genuß irgendeines aurelischen Wahlgeschenkes gekommen war. :D


    "Und - verzeih' - daß ich Tilla eine Aurelia genannt habe, das ist in meinem Kopf gesponnen worden. Sie hat sich nie so vorgestellt", im Gegenteil, nicht, Caro? "und da ich erst kurze Zeit in Rom bin, Tilla ein nettes, angenehmes und in gewisser Weise vornehmes Wesen hat, habe ich kombiniert, als ich hörte, sie lebt in der villa Aurelia - offenbar völlig in die Irre. Das ist also ganz meine Schuld, wenn Du Dich jetzt ärgern solltest." Achje, Luca und die Logik - zwei Welten ohne echten Kontakt zueinander.


    "Mein Onkel Flavius Aquilius, der ja wohl bald eine Aurelia heiraten wird, hat mir schon viel von deinen weiblichen Verwandten vorgeschwärmt, und dabei auch Aurelia Helena erwähnt. Ich hoffe, sie ist wohlauf?" Kurve - genommen? Oder hinausgeflogen?