Zitat
Original von Caius Flavius Aquilius
Daß mein Onkel "volksnah" wird oder ist, habe ich zunächst mit Freude wahrgenommen. Nichts macht so viel Spaß, wie sein Mittagsmahl auf die Hand irgendwo einzufangen; bei meinen Onkeln ißt ja jeder für sich, wahrscheinlich sind sie auch bei der Auswahl ihrer Gäste am zufriedensten mit sich selbst, schließlich kann der Kaiser, zumal er gerade in Parthien im Sand gräbt oder um den Platz zum Graben kämpft, nicht jeden Abend zu uns nach Hause kommen. Ab und an mal Bridhe oder jetzt immer öfter Lars, aber das Frühstück nehme ich noch immer allein in meiner Ecke des atriums ein, von wo aus ich die salutationes beobachten kann.
Aber inzwischen - wäre Rom nur halb so groß, wäre mir Rom immer noch zu groß. Menschen - Menschen - Menschen - oder Wesen, die so aussehen, wenigstens von der Entfernung. Mit Einkaufen hatte ich bislang auch nicht viel Glück gehabt, jedenfalls hatte der Klamottenkauf mit Bridhe mich nicht zu weiteren rauschhaften Erlebnissen stimulieren können - und was will ich schon mit Lämmern, Widdern oder Gänsen? Der Viehkauf mit Purgitius Macer und meinem Onkel hatte mir wirklich Spaß gemacht, man konnte die Tiere streicheln, es roch wie zu Hause - nicht wie im Haus natürlich - die Stunden, die ich mir manchmal im Sommer ein paar Honigwaben als Hütejunge verdient hatte, erscheinen mir heute wie kurze Zeiten des Paradieses.
Daß wir die Tiere ausgelassen hatten, bedauere ich, daß wir den bunten Ballen und aufgehängten Kleidungsstücken keinen Besuch gewährten, hingegen nicht. Kleidung muß nicht ersetzt werden, solange sie einem nicht in Fetzen herumterhängt. Waschen, flicken, gut is'.
Das Kunsthandwerk finde ich da schon spannender, kleine Götterbildchen, auch mal ein Diorama, eine mythologische Szene wie die Blendung Polyphems in Ton oder als Holzschnitzerei, die Darreichung des goldenen Apfels von Paris an Aphrodite auf Leinwand im Holzrahmen, eine Elle hoch und drei Ellen breit, sehr schön. Wir kommen auch am Stand des Steinmetzes vorbei, der den Grabstein meiner Mutter fertigen wird, die Probe für seine Geschicklichkeit, ein flavischer caduceus erhaben in Stein, liegt als Beschwerer auf meinem Schreibtisch.
Eh? Oh. Auf die mahnenden und vorbereitenden Worte meines Onkels klappe ich mein Gestell zu voller Länge aus, zupfe verstohlen an der von der Menschenmenge leicht touchierten Toga und linse nach etwaigen Flecken, die Aurelia Helena verraten könnten, was ich zu Mittag hatte. Oder zum Frühstück. Ich würde jetzt gerne ein Bad mit Olivenöl-Essenz, frische lavendelduftende Kleider und einen tonsor mit einem Kamm eine Stunde lang genießen, um einen - zweifellos gibt es kein passableres Wort: aegrablen - Eindruck zu machen. Naja, so bin ich nur den Eindruck des "Luca in actione", der im wortwörtlichsten Sinne mitgenommene Hausneffe. Realismus - vielleicht schätzt sie das ja?
"Die Freude ist auch ganz auf meiner Seite", sage ich und erinnere mich daran, was Aurelius Ursus sagte: 'Warte, bis Du Aurelia Helena kennenlernst'. Ach, braunes Haar, seufze ich insgeheim. Ich lächele, die Menschen ziehen sich wie auf Regieanweisung zurück, die Stände verschwinden - was hatte ihre Aufmerksamkeit vorher gegolten? - in meiner Wahrnehmung sind wir nur noch zu Dritt auf dem Markt, ein Terzett, dann - Aquilius ab - ein unweigerliches Duett.