Ein Königreich für ein Boot! Ein Königreich für ein Boot auf einem großen See oder besser: ein Boot auf dem Meer. Eine Angel ausgeworfen, ein Netz, die Schnur an den großen Zeh gebunden oder vielleicht besser an die Ruderpinne, auf den Rücken gelegt und dann in den Himmel gestarrt, bis der Kopf leer und das Herz voll ist. Vielleicht auch vom sanften Wellengang in einen ruhigen wachsamen Schlummer gewiegt. Seite an Seite mit Pedro, Schulter an Schulter, die gewisse Sicherheit der Freundschaft in mir und der weite Himmel über mir.
Oh, Poseidon! Ich vermisse Deine Welt so sehr! Laß' mich reiten auf Delphinen, schwimmen mit den Schwärmen, tauchen nach Krebsen, mich treiben lassen wie Seepflanzen, die zur Oberfläche kommen.
"Wenn man sein ganzes Leben in der Stadt verbringt, ununterbrochen, muß man doch wahnsinnig werden. Das ist doch unnatürlich. Alles geht so schnell, niemand hat Zeit, dieser Dreck und dieser Lärm, das ist so ungesund, meine ich." Wenn die Menschen vernünftig sind, siedeln sie nur in kleinen Dörfern, wozu solche Riesenstädte? Hundert, zweihundert Familien, das ist überschaubar, da passiert nicht viel, alle halten zusammen und Leben in Sicherheit.
Aber auch affengeil, um es mal klar zu sagen. So viel Theater, so viele Möglichkeiten. Vielleicht auch zu viele Möglichkeiten. Kaum macht eine taberna auf, macht eine zu, jeden Tag neue Spiele, neue Lustbarkeiten, man kann zu jeder Stunde aus vielen Möglichkeiten wählen. "Manchmal gehen mir diese vielen Möglichkeiten auf die Nerven. Andauernd denkt man, man verpaßt 'was. Hier ein neues Theaterstück, da eine neue Inszenierung, eine Dichterlesung, Gerichtsverhandlungen, Feste, Feiern. Ich könnte Cnaeus hierhin, Flavius dorthin und Lucanus zur Arbeit schicken und ich hätte immer noch zu wenig gemacht." Werde ich alt? Ab wann? Jetzt schon?
"Aber vielleicht werde ich auch alt, ich bin bald zwanzig, in Flaviobriga hat man mit zwanzig schon zwei, drei Kinder, einen Hof, oft sind die Eltern schon tot und man arbeitet so viel, daß man das vierzigste Lebensjahr kaum erreicht" Wie alt werde ich? Dreißig? Vierzig? Oder gar fünfzig? Uralt, mit weißen Bart, einer Glatze, sabbernden Lefzen und wirren Gedanken. Im Grunde ist mein Leben schon vorbei, jetzt bin ich scriba, morgen im cursus honorum und übermorgen ...? Schon tot, ich rieche schon.
"Naja, ich glaube nicht richtig", sage ich unvermittelt und schüttele meine Gedanken ab. "Ich kann mich auf'm Pferd halten, aber richtig reiten, das kann man bei uns wegen der Berge nur auf Maultieren oder Eseln, Pferde sind teuer, einfach ausreiten, dazu sind sie und die Zeit zu schade. Bei uns müssen sie arbeiten können. Außerdem sind Maultiere die klügeren Tiere.