Mein Onkel ist Priester des Mars. Daß ich mit den kriegerischen Seiten dieses göttlichen Ahnherren unseres Volkes wenig zu tun haben wollte, ihn mehr als den Gott der Felder und des Ackerbaus schätzte - auch wenn mir lieber wäre, er wäre der Schutzpatron des Fischfangs, denn in Flaviobriga hatte Mars nur selten nach den Feldfrüchten gesehen (was ich aus der Unwirtlichkeit und der kümmerlichen Ernte schließe) - wird mir Mars hoffentlich nicht verübeln. Zwar hätte ich gerne die Schilde und Speere des Gottes gesehen, die bei drohendem Unheil scheppernd aneinanderschlugen, aber die stehen im Haus des pontifex maximus bzw. in der Regia.
Trotzdem gibt es genug im Tempel des Mars und in den angrezenden Räumlichkeiten zu sehen, zu bestaunen und anzufassen. Mit leichten Fingern streiche ich über die Marmorwände, verneige mich vor den im Tempel aufbewahrten Bildnissen und schlendere umher, bis Onkel II sich gerichtet hat. Wir treten beide vor den Tempel, ich lasse mein Gesicht von der warmen Morgensonne liebkosen und genieße die Aussicht vom Podium, auf dem der Tempel steht.
Auf die zum Tempeleingang führenden Stufen kommt ein Mann zu, ein Senator, etwa im fast schon üblichen und unbestimmten Onkel-Alter, der zwei Sklaven, von denen einer wiederum einen Widder vor sich hertreibt. Die Sklaven sehen etwas eingeschüchtert und abgehetzt aus, als wären sie das vorherbestimmte Opfertier, während der Widder einen gelangweilten Ausdruck zur Schau trägt, als ob er diese Prozedur schon viele Male über sich ergehen hat lassen müssen. Es schien dem Tier ziemlich lästig zu sein, an einem so schönen Tag irgendetwas anderes tun zu müssen als in der Sonne zu liegen, ein bißchen Gras zu kauen und vielleicht ein oder zwei seiner Zibben zu bespringen. Schönes Tier, schöne Hörner.
Onkel Aquilius erwies mir die Ehre, mich dem Senator vorzustellen, ich hatte den Mann schon auf dem Forum gesehen, an dem Tag, an dem der Octavier sich in sein Schwert gestürzt hatte. Jetzt kann ich dem Gesicht auch einen Namen zuschreiben; leicht zu merken, ein sehr anschauliches cognomen. Ich verbeuge mich:
Salve, Senator Purgitius Macer! Es ist mir eine Ehre, Dich kennenzulernen ... und bei diesem Deinem Opfer mit zu dienen.
Ob es die ideale Gelegenheit, war, ein bißchen Erfahrung zu sammeln? Für wen? Hoffentlich sammelte nicht mein Onkel "ein bißchen Erfahrungen", denn ich hatte früher beim Anblick von Blut schon des öfteren wenig vorteilhaft reagiert. Beim Anblick eines kopflosen, durch den Hof wankenden Huhnes war ich kurzerhand in Ohnmacht gefallen, gut, da war ich noch ein Kleinkind. Und Pedro habe ich mal ratz-zack auf die Tunika ..., nachdem ich mit meiner Faust so seine Nase traf, daß mir sein Blut ins Gesicht spritzte. Naja vielleicht lag's auch daran, daß er mir seine Faust in fast demselben Augenblick in meinen Bauch rammte und ich zum Frühstück zu viel gesessen hatte.
Ich lächelte freundlich und teilnahmsvoll, während der Bock dasteht, als ginge ihn die ganze Chose nichts an und die Sklaven irgendwie um Atemluft und Fassung ringen.
[SIZE=7]edit:/ Gerade entdeckt, daß die Gruppe aus "1 Mensch + 1 Widder + 2 Sklaven" besteht. 1 Sklave in 2 Sklaven 2mal geändert. Sorry [/SIZE]