Beiträge von Cnaeus Flavius Lucanus

    Kurzes Vergnügen - langes Leid. Nein, Bridhe, ich brauche momentan nichts, ich werde ich bißchen an der Glasur der Teller knabbern, meine Stilus spitzen und ein wenig noch die Wachstafeln schaben.


    Ich drehe gedankenverloren an meinem Siegelring.


    Mmm, Bridhe, zu den Saturnalien schenken wir uns alle immer etwas, überleg' Dir, was Du Dir von mir wünschst; mit Severus kann ich zwar nicht mithalten, aber irgendwas nettes werd' ich schon organisieren können ...


    Das Atrium füllt sich immer mit mehr Leuten, unser Frühstücksplatz ist ein wenig abseits, ein guter Beobachtungsposten, ohne selbst aufzufallen. Mal sehen, ob irgendetwas die Szenerie belebendes geschieht.

    Ein Preis - aber keine Menge? Wieviel wird das Orakel wohl "befriedigen"? Ein Faß voll? Ein Faß für 36 Sesterzen? Kaum wahrscheinlich. Weihrauch kostet, Fragen nichts:


    Und von welcher Menge, die das Orakel befriedigen wird, sprichst Du? Körnerweise? Sackweise? Und wenn ich die doppelte Menge kaufe, also um beispielsweise nicht nur das Orakel, sondern auch mich zu befriedigen? Ich biete Dir 60 Sesterzen für das Doppelte.


    Da doch offenbar Deine Hallen nicht leer sind, die des des Orakels hingegen schon ... und: Weihrauch hat seine Preis, aber jeder kann ihn drücken. Oder es jedenfalls versuchen.

    In hungriger Erwartung eines weiteren Wahlkampfes schlendere ich über das Forum Romanum. Nicht völlig ziellos, denn ich will mir einige Unterlagen in der Bibliothek der Schola zu Gemüte führen und vielleicht auch in der Basilica Ulpia etwas herumstreunen. Ein Abstecher über das Forum - warum nicht?


    Vor der curia Iulia ist eine kleine Ansammlung von Menschen zu sehen, vielleicht verteilt dort ein Senator, der sich in cursus honorum nach vorne wählen lassen will, ein paar Aufmerksamkeiten. Nichts wie hin.


    Mein Magen ist entsprechend enttäuscht, wird aber von mir zurechtgewiesen. Da gibt's Nahrung für die Phantasie, nicht für den Bauch: offenbar hat es einen Mord oder einen Selbstmord gegeben! Nichts kann gleichzeitig so dramatisch und so lächerlich sein wie eine Selbsttötung, der finale Schlußstrich unter ein heroisches, tugendensames und von Selbstaufopferung geprägtes Leben oder feige Flucht eines schwachen Geistes der sich selbst wichtiger nimmt als das geschenkte Leben.


    Wie kommt eine Waffe in die curia? Er wird sich doch nicht selbst erdrosselt haben? Oder hat das ein Sklave für ihn getan wie anno irgendwann für Nero, diesen weibischen "ich-bin-ein-Künstler-ich-bin-ein-Künstler"-Claudier auf dem Kaiserthron?


    Warum hat er Selbstmord begangen? Wer ist überhaupt "er"? Ein Konsular? Ist das "ein Zeichen"? Für was?
    Ich schaue mich um und hoffe, jemanden zu entdecken, der etwas weiß.

    Gepöckelter Fisch? Uh. Na, wenn's schön macht? Gern, danke. :)


    Wie sage ich immer: ich esse alles, nur nicht wenig.- "Labeo-Dingsda", peinlich, Iulius Labeo wurde nach Lippenfischen benannt, habe ich sowas schonmal gefangen? Sehr lippig schaut Labeo aber nicht aus, jedenfalls ist es kein Spottname, sonst hätte er bös' geschaut, wahrscheinlich.


    Die nächste Runde zahle ich, sage ich.

    Doch, doch, Bridhe. Jedenfalls bei uns in Flaviobriga waren die Saturnalien ein großes Fest, alle haben ohne Unterschiede miteinander gefeiert, meine Mutter hat unsere Köchin und ihren Mann bei Tisch bedient, und ich habe dabei geholfen. Wir hatten immer großen Spaß miteinander, Freigelassene, Sklaven, Herren, Fremde, alle waren gemeinsam fröhlich, haben gewürfelt, gezecht und gegessen.


    :)


    Die Saturnalien sind erst in einigen Wochen, Bridhe, jetzt mußt Du Dir schon selbst Milch nehmen, wenn Du welche magst. Auch der Ehemann bedient nicht seine Ehefrau, sondern umgekehrt. Auch an den Saturnalien, so verkehrt ist die Welt dann auch dann nicht.


    Ich bin mir zwar nicht sicher, ob die Saturnalien auf in der villa Flavia so ausgelassen gefeiert werden, ob Straton von Onkel Aquilius und Bridhe von Onkel Gracchus bedient werden würde, aber wer weiß. Ich hoffe, sie ist nicht enttäuscht.

    Lasse nie einen fliegenden Händler einen Fuß über deine Schwelle setzen - er wird erst gehen, wenn Du ihm etwas abgekauft hast. Deutlich beruhigter folge ich Octavius Victor zur Sitzgruppe. Ich sammele und ordne meine Gedanken und meine Toga, die mir immer noch nicht bequem ist und fahre fort:


    Das - vielleicht ausschließlich psychologisch - interessante an diesem Fall ist, daß der Sklave sich verhält, als wäre er ein Freier. Er akzeptiert, wie so manche Kriegsgefangene, nicht sein fatum, er handelt unbewußt und spontan so, wie ein Freier handeln würde, ein peregrinus oder ein civis. Nein - sein Herr ist in nichts involviert, sonst wäre der Sklave ja nur instrumentum, Mittel in der Hand seines dominus.


    Wie verhält es sich, wenn der Sklave einen peregrinus oder einen anderen servus getötet hat, um einen Raub zu begehen? Und kann ein Sklave z. B. mit geraubtem Geld etwas erwerben?


    [SIZE=7]edit:/ Grammatik[/SIZE]

    Wunderbar, daß er nicht nur teuer, sondern auch vorzüglich geschmeckt hat.


    Nachdem die Vorkosterin für den jungen Pharao Lucameses LXVI. den teuren Käse probiert hat und nicht an dessem Genuß unter Krämpfen und Erbrechen von Blut gestorben war, probierte auch der Gott eine, nein zwei Scheiben.


    Schauen Sie, Cornelia Urgulanilla, wende ich mich wiederan meine Nachbarin zu meiner Rechten: jetzt will das junge Ding schon wissen, was die Saturnalien sind.


    Sa-tur-na-lie-en, Bridge: Saturnalien, sage ich zu ihr.


    Und wende mich gleich wieder ab:


    Scheinheilige Göre! Als ob sie das nicht wüßte. Und wenn sie's nicht weiß, dann braucht sie's auch überhaupt nicht zu wissen, nicht wahr, Cornelia Urgulanilla? Zu viel Wissen verdirbt den Charakter und bringt auch nicht mehr Sesterzen auf dem Markt, jedenfalls bei einer Frau. Naja, schön muß sie sein - und arbeitssam. Ein Mann muß nicht schön sein, es reicht, wenn er arbeitssam ist.


    Was sagen Sie? Neineinein, wir werden dem Kind nicht verraten, daß die Saturnalien schon in einem Monat sind und daß da dann einige Tage lang die Herrschaft die Dienerschaft bedient! Verkehrte Welt! Die unteren werden die oberen, die ersten werden die letzten sein! Keine Schranken, keine Etiquette! Kein Anstand, keine Moral - nur Orgien!

    Bibit pauper et aegrotus,
    bibit exul et ignotus,
    bibit puer, bibit canus,
    bibit consul et Lucanus,
    bibit soror, bibit frater,
    bibit anus, bibit mater,
    bibit ista, bibit ille,
    bibunt centum, bibunt mille.


    Lala lala lala lala


    Nicht, Bridhe? Natürlich kredenze ich Dir dann auch Milch im Bergkristall-Pokal. :)


    Ich lächele sie an. Macht Milch betrunken? Oder Müde munter? Wie spät ist es? Ich schiele zum Zentrum des atriums.


    [SIZE=7]edit:/ Formatierung z. Verständnis[/SIZE]

    Ich wende mich an meine Nachbarin zu meiner Rechten, Cornelia Urgulanilla:


    Es ist ein Skandal! Ein Skandal, sage ich! Nichts als Ärger mit dem Hauspersonal. Meine Schwester, Flavia Arginipinella sagt immer - und wie recht sie hat! - heutzutage haben die jungen Mädchen verlernt zu dienen. Kaum kommen sie mit den Segnungen römischer Kultur in Berührung, werden sie maßlos in ihren Vorstellungen und unverschämt in ihren Forderungen. Stellen Sie sich vor, Cornelia Urgulanilla: Das Mädchen meiner Schwester wollte doch tatsächlich ein eigenes Bett! Dabei schläft sich's so bequem zu Dritt - und warm ist's einem auch noch. Vom Falerner probieren's natürlich alle - ich blicke zu Bridhe, die sich ein Stück Käse in den Mund steckt - und den besten Käs' stopfen's sich rein.


    Mit einer lange ich nach dem aufgeschnittenen Schinken, rolle eine Scheibe und schiebe sie mir auf einmal in den Mund.


    Cornelia Urgulanilla, ich - kau - ich habe - kau - keinen Enfluß mehr auf den Einkaufszettel, geschweige denn auf den Speiseplan. Gekocht und aufgetischt wird, was dem Personal konveniert. Wein gibt's nicht mehr zum Frühstück - da stecken's mit dem medicus unter einer Decke! -, keinen kalten Braten, den müssen's natürlich in der cucina rateputz auffuttern, keine Oliven, denn die mögen's nicht. Und unsereiner? Früher, da hätt's das nicht gegeben. Noch unter'm alten Kaiser, da herrschte Zucht und Ordnung, der Neue reist ja immer in den Occident zu den Orientalen, da verschludert ja der alte Schlendiran. Inzwischen hab'n wir tagaus - tagein nur noch Saturnalien!
    Mit einer energischen Handbewegung schlage ich das gekochte Ei unangespitzt auf den Tisch und pule die Schalenstückchen davon ab.


    Na, schmeckt's?, frage ich Bridhe zu meiner Linken. :D

    Ich schlucke meinen Wein herunter; in diesem Falle mit vollem Mund zu sprechen, hätte das zarte Band zwischen Labeo und mir unnötig belastet.


    Wir sollten etwas essen, in der Tat - Wein ohne Fisch ist wie Fisch ohne Wein.


    Ich merke schon die ersten Wirkungsausläufer des Weines, sonst bin ich ja durchaus ein ernsthafter und nachdenklicher iuvenis. Marsala? Wein? Wer?


    Neein, Labeo, nicht Marsala, ich muß grinsen, Marsus heißt er - Octavius Marsus. Was meinst Du - ob er auch hier kostenlose Spenden verteilt? 'Eine Runde Marsala auf Marsus'?


    Etwas zu Essen wäre nicht schlecht, das neutralisiert den Wein - und den Hunger.

    Mit Frauen geht's nicht - und ohne irgendwie auch nicht. Was sollte das jetzt wieder? 'Aus Lust und Liebe gebadet'? 'Striemen auf dem Rücken?' Ich fühle mich sehr verwirrt, wer mag denn sowas? Oder habe ich nicht richtig zugehört? Wieso sollte Onkel Furianus sie peitschen? Er ist doch ein Patrizier, ein Ehrenmann, eine Frau schlagen doch nur betrunkene unerzogene Männer?


    Und was sie jetzt wieder gegen Wein hat ... selbst meine Mutter trank Wein zum Frühstück, jedenfalls einen kleinen Becher in viel frischem Wasser. Irgendwie unausgeglichen, impulsiv, naja. Man stelle sich einen Mann vor und subtrahiere Verstand und Zurechnungsfähigkeit: eheu - eine Frau.


    In diesen Gedanken versunken bemerke ich zu spät, daß Bridhe schon wieder da ist und eine reichhaltige kalte Platte auftischt.


    Ich inspiziere die Angebote: Kein Braten? Keine Oliven? :D


    Dann woll'n 'wer mal, komm', auf geht's - solange keine Onkels herumstreunen und die Völlerei beenden ...

    Achherrje, 'wobei ich natürlich nicht hoffe, so klein und unbedeutend sind, dass ich mich umsonst hierher bemüht habe' - das klingt sehr vertrauenserweckend: sind sie zu klein und unbedeutend, was dann? Ich brauche dringend eine Flucht-Strategie, wenn dieser Fall eintritt - und das wird er. Aber vielleicht ist er ja nachsichtig und ein Freund der tolerantia, der Duldsamkeit gegen alle Schicksalsschläge. Ave Senator, hier steht einer vor Dir.


    Senator, danke für Deine Güte. Um Dich nicht mit langatmigem Geschwätz aufzuhalten und zu langweilen, will ich gleich medias in res gehen: Ich komme zu Dir, weil ich hoffe, daß Du aufgrund Deiner Erfahrung als langjähriger advocatus, iudex und praefectus urbi mir erklären kannst, wie sich die theoretisch-iuristische, wie auch praktische Seite bei von Sklaven begangenen Delikten gegen Eigentum bzw. gegen Leib und Leben, wie es im Codex Iuridicialis heißt, verhält. Ich habe versucht, in der Bibliothek der Schola dazu Bestimmungen zu finden, bin leider aber nicht fündig geworden. Sklaven werden nur im Codex Universalis erwähnt, und auch da nur bei deren Haltung und Freilassung.


    Ich hoffe, Du bist nicht enttäuscht oder gar verärgert, daß ich Dich damit behellige, aber für mich sind das sehr wichtige Fragen, die ich keinem stellen wollte, dem man nicht vertrauen kann.


    An manchen Tagen ist man sich nicht sicher, ob man auf's Meer hinausfahren soll oder nicht, das Wetter ist unsicher, ein Sturm kann entfesselt werden oder die Sonne bricht aus den Wolken und scheint fröhlich auf uns hernieder. Um Fang zu machen, muß man sich hinauswagen, dann aber kann es zu weit sein, um sich noch vor dem hereinbrechenden Unwetter in Sicherheit zu bringen. Viele Männer haben ihre Entscheidung, fischen zu gehen, teuer bezahlt. Wäre ich ein Iulier, würde ich jetzt sagen: iacta alea est. Midas hat eine falsche Entscheidung getroffen, als er den Halys überschritt, Caesar nicht, als er den Rubikon querte. Und ich?

    Gegen eine ordentliche Prügelei habe ich auch nichts einzuwenden, aber eben nur mit Fäusten oder Füßen, je nach dem. Waffen ... ich hoffe, mir bleibt das erspart. Freiwillig würde ich sicher nicht zum Militär gehen, auch wenn Roms Größe von der Stärke seiner Soldaten abhängt und durch seine Legionen Rom so groß geworden ist. Flaviobriga ist eine Veteranensiedlung - die wenigsten dort schwärmen von ihrer Zeit als Soldat, die meisten sind ernüchtert, haben schlimme Dinge erlebt und sind oft auch völlig ausgebrannt.


    Aber wenn man Ritter wird, ist das vielleicht doch anders.


    Aber zur See fahre würde ich schon, ich habe daheim viel gefischt und bin mit, ja irgendwie im Meer aufgewachsen.


    He, guck' mal - aber nich' zu auffällig, da ist gerade der Mann vom Forum hereingekommen, der der die Brote verteilen ließ.

    Inzwischen bin ich - wieder - fertig angezogen, und versuche, erneut im atrium mit einer gewissen Dekorativität herumzustehen. Das gelingt mir allerdings nicht wirklich, angesichts dieser Nachrichten:


    Du mußtest mit Flavius Furianus baden? Wie? Was? Was für Flöhe willst Du mir aufsetzen? Was wird Severus dazu sagen?


    Etwas indigniert schaue ich sie an, und senke meine Stimme. Weibsleute. Steigen mit jedem in die Badewanne, wenn sich's ergibt. Das will ich mal nicht weiterverfolgen, außerdem ist heute mein erster Arbeitstag, da kann muß ich an die Zurüstung denken.


    Gleichviel, wenn Du Zeit hast, kannst Du mir gerne etwas holen, von allem ein bißchen etwas, stell' Dir vor, Du müßtest mitessen, dann hast Du einen Hinweis auf Art und Menge.


    ;)


    Allerdings: keinen Wein, ich werde von Wein immer recht aufgedreht, dignitas ist ab heute angesagt.

    'Syllogistische Strukturen', achdujemine, wie gruselig.


    Für seine Geburt kann man nichts, jedenfalls glaube ich nicht, daß wir uns die in einem früheren Leben verdienen oder überhaupt vor der Geburt eine Wahl haben. Man meldet sich ja nicht bei irgendeiner Torwache und sagt: "Hey, da bin ich - meine Geburt steht langsam an, ich hätte gerne dies, das, und jenes, und ein bißchen hiervon und davon" - sonst gäb's wohl nur römische Patrizier auf der Welt, nur Herren, aber keine Diener, nur Männer, aber keine Frauen. Verständlich, aber fad.


    Ich zweifele daran, ob man überhaupt eine Wahl hat, ob nicht alles durch den ewigen Willen der Götter vorherbestimmt ist.


    Und, Labeo, was willst Du nun machen? Weiter in den schönen Künsten, oder in die Politik? - Ich weiß noch nicht recht, die Flavier gehen ja alle in die Politik, das ist ja auch das Selbstverständlichste ...

    Flavius Furianus? Wirklich? Das entwickelt sich ja zu einer hispanischen Invasion hier.


    Jetzt waren schon drei Onkel hier im Haus - und keine Tante, jedenfalls hatte ich nur Flavii, niemals aber eine Flavia zu Gesicht bekommen. Drei Onkels sind aber immer besser als drei Tanten, vor allem drei unverheiratete.


    Und wie ist der so? Schon gesehen? So alt ist der ja auch noch nicht, oder?


    Daß ich nicht mit Furianus nach Rom gekommen war, stellt mich vor einige Probleme, Erklärungsprobleme. Naja, folgsamer Sohn, der die Anweisungen seiner Mutter befolgt. Warum aber sollte damals ich nicht nach Tarraco? Wieso dieses Schweigen zwischen den Zweigen? Ich habe schlicht keine Ahnung. Sehr lästig.


    Wann kommt Flavius Aquilius zur salutatio? Lohnt ein zweites Frühstück? Ich blicke bedauernd auf die leeren Teller und den leeren Becher und hörte meinen nicht ganz leeren, aber auch nicht ganz vollen Magen grummeln.

    Bienvenido a Roma, compañero, kann man da nur sagen, was? Ich komme aus Flaviobriga, einer Veteranensiedlung, die unter einem meiner Vorfahren am Okeanos gegründet wurde. Da bin ich allerdings nie herausgekommen, bis eben jetzt. Erstens waren wir immer ziemlich klamm mit Geld und zweitens ist es der schönste Ort der Welt - den verläßt man nur, wenn's nicht anders geht.


    Ich bereite mich schon vor, mein Schicksal vor Labeo auszubreiten, naja, kurz halt, sowas interessiert ihn sicherlich auch nicht so wahnsinnig. Der Wein belebt mich, bei dem Becher bleibt es sicher nicht, in der Taberna Apicia kann man wirklich gut sitzen. Nicht so gut, wie bei Pedros Vater in Flaviobriga, aber schon in Ordnung. Kann man sich daran gewöhnen ...


    Wie ist Athen? Ich habe mir dies und das selbst beigebracht, meine Mutter hatte eine nette Sammlung verschiedener Schriften, ich habe ein bißchen Platons Dialoge gelesen und mir dabei immer vorgestellt, wie ich durch die Stadt wandele, den Gesprächen mit Sokrates lausche ...

    Neinein, nicht Quirinus, auch wenn er etwas kriegerisches an sich hatte. Irgen'was mit Hügel, Quirinu ..., Quirino ..., Quirini ..., Quirina ..., Quirinalis - Flavius Quirinals aus Germanien! Der war vor kurzem im Atrium und hat sich mit Großonkel Gracchus unterhalten.


    Oioioio ... ich mache eine wedelnde Bewegung, als hätte ich mir meine Hand verbrannt.


    Großonkel Gracchus war nicht amüsiert. Absolut nicht amüsiert.


    Bei dem Gedanken an den teilweise mitbekommenen Wortwechsel schüttelte ich den Kopf.


    Naja, aber irgendwer ist doch gekommen. - Danke, die Toga ist wirklich ein lästiges Kleidungsstück, kein Kind käme je auf die Idee, sich freiwillig irgendein Laken überzuwerfen und dann als togatus herumzustolzieren. Man kann nichts machen, außer würdig und alt aussehen - und? Wem gehört das ganze Zeug, das das herumsteht. Im Flur steht ja auch noch 'was. Eine Tante?


    Nur eine Frau konnte so viel Baggage anschleppen.

    Vor dem Essen ist nach dem Essen, grinse ich. Aber ich bin einfach zufällig über das Forum spaziert, nichts bestimmtes. War kurz in der Bibliothek der Schola und habe ein bißchen studiert, Rollen zurückgebracht. Momentan habe ich nicht viel zu tun, ich warte darauf, daß wieder Kurse angeboten werden.


    Ich bin aus Hispania, dort geboren und nun bei meiner Familie hier in Rom zur Ausbildung. Rom ist noch neu für mich, ein wenig Orientierung schadet nie, sonst ist man ja ganz verpeilt. - Prosit!


    Ich stoße mit Labeo aus, daß der Wein schwappt.

    Eigentlich habe ich erwartet, den Senator entweder auf einer Sänfte lagernd und von Dienstboten hereingetragen oder - auf einen Vertrauten gestützt - langsam herangleiten zu sehen. Stattdessen höre ich ein Rascheln von teurem Stoff und dann ein zurückhaltendes Räuspern.


    Ich drehe mich um und sehe den Senator mit genau der gleichen Leichtigkeit wie die im Raum verteilten Marmorstatuen stehen, nur ohne jegliche Stütze. Einfach so.


    Salve, Senator!, grüße ich deutlich und mit einer vielleicht zu großen, aber langsam-gemessenen Verbeugung. Da er mir seine Hand mit dem Ring nicht erwartungsvoll entgegenstreckt, kann ich meine vorigen Phantasmen getrost wieder zurücklegen.


    Senator, ich freue mich außerordentlich, daß Du mir die Ehre gibst, mich so kurzfristig zu empfangen und Dich mit mit meinen kleinen und unbedeutenden Problemen behelligen zu lassen. Mehr noch aber freut mich, Dich so gesund zu sehen, nach ... nach dem furchtbaren Angriff auf Dich. Und daß Du so selbstverständlich wieder zurück in den Staatsdienst strebst ohne Bitterkeit und Furcht - die Götter mögen Dich schützen, so wie sie ihre Hand bislang über Dir gehalten haben.


    Ich mache eine erneute, etwas kleinere Verbeugung.