Eigentlich hatte ich meiner Rede von der Arbeitsteilung abtrünnig werden und Aurelia Helena das Kleid verehren wollen [daß - so muß ich anmerken, nirgendwo Preisschildchen aushingen, machte mich nicht stutzig oder stürzte mich in Sorge, blutiger Anfänger, der ich ja bin]. Aber gut. So habe ich - ohne es zu wissen - ein Wochengehalt eines der höchsten Beamtenkasten gespart. Merke: je weniger Stoff und je weniger "Design", desto teurer.
Aber der Fetzen, naja, das Kleid steht Aurelia Helena sicherlich sehr gut, schon bevor es ihr an den Leib geschneidert wurde. "Ave Aurelia Helena, morituri te salutant" werden alle Männer rufen, die ihrer darin ansichtig werden. Ich lächele stillvergnügt, als wir in dieser schon überstürzten Eile den Salon verlassen. Gekommen - gekauft - gegangen. Ein guter Dreitschritt.
"Wer etwas schnell tut, tut etwas doppelt gut. Zweifellos ein ausgezeichnetes Omen. Wenn ich über den Markt gehe oder in Geschäften stöbere, dann halte ih Augen und Ohren nach dem offen, das für mich bestimmt ist. Etwas ruft 'kauf mich! kauf mich!" und trifft harmonisch meine Frequenz. Alles andere ist dann nur verschwendete Zeit und führt zum Mißklang. Darum suche ich auch nicht lange, sondern höre und sehe nur.' Wieder eine reichlich verwurschtelte Theorie, aber das Hin und Her beim Anprobieren, beim Aussuchen - ich kann schon auf Ellenlänge erahnen, ob etwas zu mir paßt oder nicht.
"Wenn's immer so schnell geht - es darf natürlich auch ein bisserl länger dauern - dann bin ich Dein gehorsamster Diener", versichere ich ihr. Zum Paketetragen gibt's ja Personal. In diesen Gedanken überrascht mich der Kuß meiner Begleiterin wie einen schläfrigen discipulus der Rutenstreich seines zornigen Magisters. Der Kuß brennt auch ähnlich heiß auf meiner glatten Backe, ein feuerrotes Mal scheint mir dort zu brennen. Was im Verlegenheitsrot, das mein Gesicht überzieht nun kaum hervorsticht. Äh. Vor wenigen Jahren hätte ich noch Bah! grufen und mir demostrativ die Backe mit dem Ärmel abgewischt und dann mit Brunnenwasser gründlich geschrubbt. Nun aber denke ich mir: 'die Stelle wasch' ich bis zu den Matronalia nicht!'
Ich grummele irgendetwas vor mich hin, das nicht einmal ich verstehe, geheime und sakrosankt-archaisches Gestammel, vielleicht wissen oft auch die Priester nicht, was sie sagen sollen und verfallen dann ins Archaische Latein und murmeln "Lirumlarum Tabelarum: Warum, Darum, Garum".
"Man kann sich die Sorte Glück aussuchen, die man haben will, wie auch die Sorte Probleme, aber nicht, wieviel Glück oder vieviele Probleme man hat. Ein Fischer wird in schlechten Zeiten den Senator beneiden, der niemals hungern muß, und ein Senator einen Fischer, weil er frei von List und Arg seinen Unterhalt verdienen kann." Das sog. 3. Lucanische Theorem.
"Ich finde 'Karriere' reizlos. Man hat immer noch ein Ziel: den nächsten höheren Posten, die nächste, noch bessere Apanage. Man ist nie am Ende, selbst der Imperator muß immer weiter und weiter, man schleudert sich von einem Sitz zum nächsten. Man ist nie, man wird immer nur." Was allerdings nicht für Wissen gilt: wer keine Fragen mehr hat, ist arm dran, meine ich.
"Und jetzt gehen wir erstmal zu Tiffanius. Deine Entschlußfreudigkeit hat unseren Zeitplan durcheinandergebracht", konstatiere ich gespielt streng mit Blick auf eine imaginäre Sonnenuhr.