Beiträge von Caius Aelius Archias

    »Sag ich ja!« maulte Caius zufrieden. Kennen war eben nicht gleich kennen. Gut, dass Axilla wenigstens das einsah. War ja immerhin etwas. Jemand, den man glaubte zu kennen, den kannte man vielleicht gar nicht so gut.
    »Also red nicht davon, dass du den kennst, nur weil er dich mal nach Hause gebracht hat.« Für ihn war die Schlussfolgerung echt logisch. War sie ja auch!


    »Klar, den kenn ich. Der ist ja auch in Ordnung, aber von dem hört man ja auch nichts mehr! Er war mal kurz Postangestellter und ist dann wieder in seiner Höhle verschwunden. Leider, wirklich, ich fand den echt nett.« Caius zuckte mit den Schultern und sah Axilla böse an. Musste sie das alles so pauschalisieren? Caius hatte dabei natürlich vergessen, dass er selber das auch verallgemeinert hatte.
    »Nicht nur von dir, ich kauf bei denen meinen Marmor ein, wie du weißt.« Caius grummelte vor sich hin. Axilla machte doch seine Abrechnungen, sie hatte Einsicht in seine Finanzen. Natürlich wusste sie das. Er stöhnte gepeinigt auf und verdrehte die Augen.


    »Mann! Axilla, ich sag doch gar nix gegen die Duccier! Ich mein doch nur, dass sie zu dem geworden sind was sie sind, weil sie sich eben an einflussreiche Leute drangehängt haben! Und nichts anderes macht dein Freund Vala auch«, ätzte er.
    »Erst ist es Vespas Kerl, jetzt ein einflussreicher Senator.« Caius kniff die Augen zusammen. So langsam bekam er auch Kopfschmerzen. Und ihm fiel wieder auf, dass er sich mit Axilla stritt, was er ja eigentlich gar nicht wollte.


    Axilla fühlte sich an wie ein Holzbrett in seinen Armen. Da ließ er sie los. Er würde sich ihr bestimmt nicht aufzwingen, und wenn sie jetzt so sein wollte, würde er eben gehen und sie alleine lassen. Zumindest war das der Plan. Als Axilla kurz schluchzte, schwankte der allerdings schon wieder. Sie hörte sich trotzig an bei dem, was sie sagte. Caius schnaubte, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute in eine andere Richtung. Über ihn herziehen, pah! Ihn leiden!


    »Fein. Dann leid ihn halt. Aber wehe du beschwerst dich, wenn er dich dann hinterrücks erstochen hat!« maulte er beleidigt. Aber eigentlich machte er sich nur tierische Sorgen um Axilla, und zwar aus zwei Gründen. Erstens fraßen die Worte von Serrana an ihm, die mit der Verliebtheit, die Axilla ja direkt und immer wieder bestätigte mit dem was sie so sagte. Und zweitens diese Drohung. Und Caius musste da was unternehmen. Er drehte sich rum und wollte Axilla stehen lassen, um...was auch immer zu tun. Irgendwas würde er bestimmt schon finden, was er machen konnte, und wenn er trockene Fliegen zu kleinen Bildern zusammenlegte und auf einer Wachstafel festpinnte.

    Es war tatsächlich nicht Caius, der die Tür auf machte. Denn der hatte gerade noch alle Hände voll damit zu tun, Piso zu besänftigen, aber das wusste ja der Sklave nicht, der die Tür aufmachte.
    »Salve«, grüßte die Trantüte und beäugte interessiert das Geschenk.
    »Du kommst zur cena?« Ach nee. Ein Großdenker war heute der ianitor.

    Irgendwer (bestimmt Sklaven, wer sonst?) hatte den oecus flott gemacht. Da standen frische Blumen und solcher Klüngel rum, die Liegen waren alle sauber und es war gelüftet worden. Fast perfekt, sozusagen, für die cena, die heute Abend hier steigen sollte. Caius hatte tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, Seiana auch einzuladen. Aber weil sie und Axilla sich nicht gut verstanden, hatte er das lieber gelassen. Alles war piccobello und der Koch hatte vor Stunden schon seine Messer gewetzt. Die Party konnte steigen!

    »Du kennst meine Leute auch schon ne Weile, aber weißt nicht, wozu sie fähig wären«, schnappte Caius zurück. Sie verstand das einfach nicht! Caius hatte doch auf diese bescheuerte Drohung gar nichts (naja, zumindest nicht allzu viel) gegeben, bis das mit Leander passiert war. Seitdem musste er dauernd fürchten, dass Vala sein grausiges Werk vollendete. Und Axilla r-a-f-f-t-e das einfach nicht! Caius musste echt ein frustriertes Stöhnen unterdrücken.


    »Na weil er seinen Ruf nicht kaputt machen will!« Caius schnaubte.
    »Der kommt aus einer Familie, die sich quasi hochgeschlafen hat, Axilla. Was glaubst du, wie sich das auswirkt, wenn er einfach so jemanden umlegt, weil er mir eins auswischen will! Jemand wie der macht das mit viel Geld an einen miesen Feigling aus der subura. Dea Dia sei Dank hat er da wohl den falschen bezahlt oder zu wenig, dass der nur Leander getroffen hat und nicht dich!« Caius stockte, ließ seine Worte Revue passieren und sah Axlla dann zerknirscht an.
    »Das..also, das hab ich nicht so gemeint. Mit Leander. Aber ich bin so froh, dass du nicht das Messer abbekommen hast, das kannst du dir gar nicht vorstellen.« Caius war es jetzt auch egal, dass er eigentlich Axilla etwas sauer war und umgekehrt. Er nahm sie einfach in den Arm und drückte sie an sich, als würde sie sonst weglaufen.
    »Ich will einfach nicht, dass du ihn so verteidigst. Ich kann den nicht leiden. Aber ich kann's auch nicht beweisen, dass er das war. Ich wünschte nur, du würdest mir glauben. Oder mich zumndest verstehen. Der hat keine so weiße Weste wie du glaubst. Das weiß ich einfach.«

    »Ja«, sagte Caius ernst auf ihre Frage. Und was danach kam, verletzte ihn mindestens genauso sehr wie sie sich schon fühlte. Er hatte doch gar nicht gesagt, dass sie ihn nur wegen dem Namen genommen hatte! Caius zog eine Grimasse. Nur nicht aufregen, nicht aufregen... Er atmete tief durch. Er wollte doch gar nicht streiten mit ihr. Nur das mit dem Germanen, dass sie so blind war, das regte ihn echt auf. Über alles andere konnte er vielleicht nich hinwegsehe. Auch wenn das ganz schön schwierig war, mit Piso und Vala und überhaupt. Caius sah seine Frau betrübt an. Und dass sie ein Weinproblem hatte, wussten sie ja auch beide.


    Schon wieder nahm sie ihn in Schutz! Caius wackelte mit den Oberschenkeln auf und ab, und dann hielt es ihn einfach nicht mehr auf dem Stuhl. Als ob er ihr nicht vertrauen würde! Mit einem Satz war er aufgestanden, mit noch einem bei Axilla, und dann drehte er sie rum, dass sie ihn anschauen musste.
    »Ich vertrau dir. Dass du das nicht hinter meinem Rücken machst. Dich mit ihm treffen. Das ist es doch auch gar nicht. Ich mein, ich weiß das mit Piso, ich weiß das mit Silanus, und weißt du was, es ist mir total egal! Aber... Wenn er wütend auf mich ist, warum droht er dann damit, dir was anzutun? Und deswegen will ich einfach nicht, dass du irgendwo alleine hingehst. Ja und? Darf ich keine Angst haben, dass dir was passiert? Ich will dich ja nicht überwachen!« Caius sah Axilla mit vielen Stirnrunzeln an und machte dann ein trauriges Gesicht.
    »Klar vertrau ich dir«, sagte er.
    »Aber dem nicht!«

    Ich war einsam und verliebt? Caius sah nicht gerade so aus, als wär das für ihn Erklärung genug. Natürlich änderte das nichts zwischen ihnen beiden. Abgesehen davon, dass Caius inzwischen echt Schiss hatte, dass Axilla irgendwann anders mal einsam war, wenn er gerade nicht in der Nähe rumlungerte. Und dann... Er dachte an Piso und wurde noch stiller. Er konnte dazu nichts sagen. Außer dem schleimigen Klumpen in seinem Hals hätte er nämlich auch nicht gewusst, was er dazu groß sagen sollte. Wie dämlich das gewesen war, hatte sie wohl schon selber gemerkt. Langsam erschloss sich eine richtige Landschaft vor Caius. Ihm wurde auch bewusst, dass Axilla wohl genau deshalb sui iuris war.


    Dass Axilla herumstand und sich die Augen zudeckte, bekam Caius gar nicht mit. Er starrte auf den Boden vor ihrem Bett und schwieg. Erst als sie Vala so sehr verteidigte, sah er sie wieder an. Sie war ritzerot im Gesicht und die Augen schon ziemlich wässrig. Caius gab sich Mühe, da nicht so drauf zu achten. Er wurde immer ganz weich, wenn Axilla weinte. Aber er wollte jetzt nicht weich sein. Er wollte wissen, was das war, mit Vala, eben weil er ihr Mann war!


    »Nein«, sagte er deswegen.
    »Ich mein, ich bin vielleicht nicht so ein toller Redner oder..keine Ahnung, nicht so erfolgreich wie andere oder was weiß ich. Aber ich bin nicht dumm, Axilla. Ich hab auch gesehen, wie du ihn angeguckt hast. Und Serrana hat gesagt, dass du in ihn verliebt warst. Aber so wie du hier von ihm redest, glaub ich, dass du das immer noch bist. Du...also, du hättest doch nicht ja sagen müssen, wenn....« Caius schluckte und sah wieder weg. Es war ein Graus mit diesen Tränen!
    »Ich bin mir sicher, dass er das war mit Leander. Ich weiß das einfach. Aber du glaubst mir nicht, obwohl er mir gedroht hat mit dir. Ich will dich ja beschützen, weißt du, auch ohne Schwert. Aber wenn ich Angst haben muss, dass du...vielleicht einsam bist, oder verliebt, oder sogar beides, dann geht das nicht.« Den Rest registrierte er zwar, aber er sagte nichts dazu. Ihm reichte Axilla voll und ganz, und es gab auch gar keinen Grund, auf wen anders auszuweichen. Zumindest für ihn nicht. Caius saß da wie ein Schluck Wasser und starrte auf den Boden.

    Caius alterte direkt vor Pisos und Axillas Augen innerhalb von zwei Sekunden um sechzig Jahre. Seine Mundwinkel spiegelten eins zu eins die von Piso wieder. Caius hätte sich am liebsten irgendwo plumpsen lassen.
    »Nein«, sagte Caius bedröppelt und wagte einen Blick zu Axilla hin, bevor er Piso wieder ansah. Dem schien es die Sprache verschlagen zu haben, und Caius fühlte sich ganz arg an seinen Besuch bei Piso erinnert wegen dieser Siebenmännersache.


    »Bona Dea...heulst du etwa?« murmelte Caius gerade, als Piso schnell die Augen zumachte. Und dann zuckte er erschrocken zusammen, als Piso so brüllte, dass im Nebenraum jemandem etwas aus der Hand fiel und zu Bruch ging. Caius beäugte nur skeptisch die geballte Faust, die Piso dann wieder zurück nahm.
    »Quatsch.« Caius wuschelte sich noch mal durch die Haare und kniff die Augen zu. Natürlich hatte er das nicht vergessen! Gut, war vielleicht wirklich blöd gewesen von ihm... Aber Caius hatte eben irgendwie auch Schiss gehabt wegen der Sache mit Pi und Axila und... Er seufzte tief.
    »Gar nix hab ich vergessen. Nur... Also...« Caius wünschte sich jetzt doch, er hätte nicht darauf bestanden, dass Axilla gleich direkt dabei war, wenn er mit Piso redete. Aber wer hätte denn auch ahnen können, dass er darüber reden würde, auch noch gleich am Anfang! Caius sah zähneknirschend zu Axilla. Scheiß' drauf, sie war seine Frau!


    »Der Germ... Der...jemand hat ihren Sklaven getötet«, würgte er raus und wackelte viel sagend mit den Bert-Brauen. Piso erinnerte sich bestimmt noch an ihr letztes Gespräch bei ihm in der Hütte.
    »Und wenn du mich fragst, dann war der Sklave nicht das Ziel! Jedenfalls ist dabei, also, was passiert...« Caius streckte jetzt die Hand wieder nach Axilla aus. Er wollte sie an sich ziehen oder ihr zumindest die Hand drücken.
    »Sie...sie hat unser Kind verloren«, sagte Caius.
    »Ich wollt nicht mehr warten. Und...wie, wieso? Naja, ist doch eigentlich klar. Oder?« Caius runzelte die Stirn und sah ganz ernst aus. Vielleicht konnte Piso das alles ja irgendwie schon verstehen. Aber Caius wollte vor Axilla nicht sagen, dass er sie so schnell geheiratet hatte, um sie einfach wieder lächeln zu sehen. Ein Stück weit hatte das ja auch geklappt, und der Termin war ja auch echt egal gewesen, ob jetzt oder später.

    Wie, wenn keiner da war? Caius runzelte extremst die Stirn. Darauf wusste er nichts zu sagen. Obwohl, er hatte sich ja auch schon mal mit Seianas Bruder geschlagen.
    »Ich brauch kein Schwert. Nehm ich halt die Fäuste«, nörgelte er also leise.
    »Ich mein, wenn ich mir sowas anschaff, dann heißt das ja nicht, dass ich damit rumfuchteln kann.« Und überhaupt. Aber Caius gelangte langsam zu dem Schluss, dass Axilla wirklich eigentlich lieber einen Soldaten haben wollte. Und das frustrierte mindestens genauso sehr, wie dass sie jetzt aufstand und herumtigerte.


    »Ja«, sagte er gleich. Brachte ja auch gar nichts, da jetzt zu flunkern.
    »Als sie die Einladung für die Hochzeit gebracht hat. Und da hab ich halt gedacht...« Aber Axilla überfuhr ihn einfach und schnappte, dass es Silanus war. Ach du...
    »Bona Dea. Moment, du hast, das war...Ach du schande«, murmelte Caius vor sich hin. Auch wenn er selber kein Waisenknabe war, also, Inzest wär für ihn nie, niemals in Frage gekommen (abgesehen davon, dass Vespa die einzige ansehnliche Aelia war außer Caenis, die er kannte, denn Paulina konnte man nicht wirklich als heiße Braut bezeichnen, mehr als Schlickschrumpf oder sowas). Caius sah Axilla zu, wie sie hin und her ging. Und sie verstand ihn total falsch.
    »Ich würd's dir aber sagen«, verteidigte er sich, wobei er die Namen eh nicht mehr zusammen bekommen würde. Und er beharrte strickt auf Vala, denn dass der Kerl gefährlich war, lag doch auf der Hand nach dieser Drohung! Caius' treudoofe Augen sahen Axilla an, als Caius die Schultern hängen ließ.
    »Und du hast nichts zu dem Germane gesagt«, bemerkte er leise und vorwurfsvoll.

    Caius knautschte Axillas Hand in seiner und ließ sie dann los, um sich mit der Hand durch die Haare zu fahren. Plötzlich wirkte er mehr nervös und schlechtgewissenhaft als alles andere. Er benetzte sich sogar mit der Zungenspitze die Lippe (was das Programm wohl perfekt machte).


    »Also Pi, hör zu...« begann er und zog eine Grimasse, bei der die Augenbrauenen einen durchgängigen Bert-Balken bildeten. Es war zwar nicht nett, aber Axille ließ er da gerade einfach mal so stehen und machte einen weiteren Schritt auf Piso zu.
    »Ich...wir... Also, ich muss dir was sagen!« verhaspelte er sich und setzte den vertrauenerweckendsten Dackelblick aller Zeiten auf.
    »Sei bitte nicht sauer oder so... Ähm.« Er sah kurz zu Axilla und dann wieder zu Piso.
    »Wir haben geheiratet. Ganz spontan! Bei den Rennen. Ich wollt ja wirklich, dass du dabei bist... Eigentlich war niemand dabei, deswegen gibt es heute auch die cena und...« Kaum ausgesprochen, ergoss sich ein Schwall aus Entschuldigungen aus Caius' Mund und über Pisos Kopf.
    »...gesagt, dass wir das trotzdem machen, das alles, und dass...hörst du mir zu?« Caius Bert-Brauen ließen seine Augen ganz traurig aussehen, als er noch mal nachhakte, ob Piso überhaupt hörte, was er sagte.

    Caius' Mund klappte erst auf und dann wieder zu. Klar, die Prätorianer wussten eben, wie man mit dem Schwert umging. Für manche Kaiser war es eben auch gar nicht ungefährlich (gewesen), so eng zusammen mit denen zu sein. Aber Caius dachte an die vielen Gesichter in der Garde, die er kannte, und an die Zeit, in der sie lebten. Und wenn überhaupt, dann würden sie doch den praefectus urbi um die Ecke bringen und nicht Valerian. Ganz abgesehen davon, dass sie dafür dann eh direkt nach Misenum reiten müssten. Trotzdem: Ein Mann war dazu da, seine Familie zu beschützen. Das klingelte ihm in den Ohren.
    »Tu ich!« sagte er.
    »Aber ich überlass das denen, die sich damit auskennen. Ist das falsch?« Klar hatte Caius ein Holzgladius gehabt. Er hatte auch schon mal ein echtes Schwert in der Hand gehabt. Aber wirklich kämpfen konnte er damit eben nicht. Automatisch dachte Caius an das, was Serrana gesagt hatte im Peristyl. Er sah Axilla grübelnd an und gab sich dann einen Ruck.


    »Du sag mal... Ich hab, ähm...gehört, dass du einen Soldaten gehabt hast? Vor mir?« sagte er und verschwieg, woher er das gehört hatte.
    »War das Silanus? Also, ich meine...bist du nicht nur in ihn verliebt gewesen? Und...äh, das mit Vala....« Caius sah Axilla jetzt nicht mehr an räusperte dem Boden entgegen.
    »Du warst mal verliebt in...den Und der Rest fiel einfach unkommentiert unter den Tisch.

    Gut, sie tat so, als sei sie zerknirscht, aber dafür war sie viel zu schnell wieder fröhlich unterwegs. Caius glaubte ihr kein Wort, auch wenn der Kuss wirklich nicht schlecht war und ihn fast vergessen ließ, dass er eigentlich beleidigt war wegen der Bauchbemerkung. Er erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, um Axilla nicht näher zu sich zu ziehen. Und dann war das eh alles vergessen, weil sie wieder von der Rüstung redete. Caius seufzte.
    »Aber Schatz«, sagte er, als wär sie drei Jahre alt und hätte mit dem Hund aus einem Napf gegessen.
    »Hier wimmelt es vor Prätorianern. Ich brauch keine Rüstung. Und ein Schwert eigentlich auch nicht.« Heim verteidigen, hier in Rom, na sowas. Wozu liefen denn hier so viele Schwarzröcke rum, wenn nicht dafür, im Ernstfall parat zu sein? Und dann gab's ja auch noch die Urbaner. Nein, da sah sich Caius ganz und gar nicht genötigt, einen Haufen Knete für zwei Maßanfertigungen auszugeben, die eh nur vertaubten, bis er nicht mehr reinpasste. Wenigstens war es zu offensichtlich, dass er nicht in die Rüstung da drüben in der Ecke passte. Sonst hätte Axilla ihn vermutlich noch reingezwängt, bis er sich fühlte wie eine Ölsardine im Fass.


    »Unser Koch«, betonte Caius.
    »Also, unser Koch koch sowas bestimmt, wenn du das gern möchtest.« Caius maß Axilla mit seinem Blick und lächelte.
    »Also, wer dich nicht gern hat, bekommt es mit mir zu tun«, behauptete er (entgegen der vorher gesagten Worte zur Wehrhaftigkeit).
    »Du wirst das schon gut machen, jetzt macht dich da mal nicht verrückt. Imperiosus hätte dich nicht eingeladen, wenn er dich nicht mögen würde. Und Piso...« Caius hüstelte.
    »...naja der...ach egal. Jedenfalls glaub ich nicht, dass dich irgendwer schrecklich findet oder so, nur weil ich dich weggeheiratet hab.«

    Tja, das war so eine Sache zu der Zeit, in der sie lebten. Da konnte man einfach behaupten, jemand bestimmtes zu sein, und keiner fragte nach. Bei Sklaven sah man's ja meistens noch, aber bei einem peregrinus wurde das schon schwerer. Naja, so viele Leute hatten sicher auch keinen Dienst unten am Tor, da hätten sich bestimmt auch bald alle Axillas Gesicht gemerkt.
    »Prima«, sagte Caius fröhlich und machte dann große Augen.
    »Quintilius Valerian? Newas, echt?« Caius tauschte einen Blick mit Axilla.
    »Den kennen wir.« Kennen war gut, zumindest waren sie bei dem auf der Hochzeit gewesen. Oder eher: Er hatte seine Hochzeit im Haus der Iunier gefeiert.

    Der Sklave, der auf machte, war schon informiert worden und hatte aufgepasst. Er winkte einen zweiten ran und ließ den Gast direkt ins tablinum führen. Natürlich erst, nachdem er ihn brav begrüßt hatte. Bis zur cena war's schließlich noch eine Weile hin, und er war informiert worden, dass man sich gemütlich unterhalten wollte, bis es was zu Mampfen gab. Wenn man den Sklaven fragte, sah der Mann irgendwie aus, als hätte er arge Zahnschmerzen...

    Der Gast war schnell ins tablinum geschafft und Caius informiert worden. Er hatte gerade bei Axilla herumgesessen und ihr versichert, dass die Frisur schön genug und das Kleid wirklich hübsch war. Caius wusste ja, dass Axilla sich da ein paar Sorgen machte wegen der Gastgeberschaft und so, und ein paar verteilte Komplimente waren da bestimmt nicht fehl am Platz. Dann war Pisos Kommen angemeldet worden, und Caius schnappte sich Axilla an der Hand und zog sie direkt mit sich.


    Seite an Seite betraten sie das atrium und schwenkten dann um ins tablinum, wo man Piso hingebracht hatte.
    »Salve Pi«, grüßte Caius vielleicht eine Spur zu überschwangslos und vorsichtig. Statt seinen Freund zu umarmen, blieb er auch mit Axilla zwei Schritte vor ihm stehen und sah ihn zögerlich an.
    »Schön dass du schon...da bist«, sagte er und schob ein kurzes Lächeln hinterher. Bona Dea, was hatte er Bammel, seinem besten Freund von der Sturmhochzeit zu erzählen!

    Caius, der eben noch gegrinst hatte, machte ein bestürzt-beleidigtes Gesicht, als Axilla so um den Brei redete wegen dem Bauch. Er sah an sich runter und seufzte.
    »Also, so...wohlständig find ich das jetzt gar nicht«, sagte er entrüstet und sah Axilla dann wieder an.
    »Findest du mich zu dick?« fragte er sie ernsthaft. Caius hatte zwar einen Wachbärbauch, aber wirklich dick fand er sich nicht. Gut, er hatte eben keinen Amphorensechser vorn, aber wer wollte das schon? War eh immer die Tunika drüber, und Caius war ja nu kein Gladiator.
    Auf den Piekser reagierte er nicht, aber bei dem Kuss grummelte er mürrisch vor sich hin.
    »Wozu?« fragte er sie. Er war doch kein Soldat, warum sollte er dann eine Rüstung machen lassen? Die würde ja nur unterm Bett vergammeln. Allerdiings, die Vorstellung, dass Axilla seine Rüstung so polierte, hatte schon was.


    »Du könntest Merula bitten, dir eins zu schicken, wenn er wieder unten ist«, schlug Caius mit seltener Gewitztheit vor.
    »Oder Anthimos Bantotakis. Das war doch ein bekannter von dir?« Zumindest hatte er das bei der Hochzeit aufgeschnappt, glaubte er.
    »Und wieso eigentlich meine Freunde?« Caius sah Axilla empört an.
    »Meine Freunde sind auch deine Freunde. Naja, sofern du sie nicht Feuer spucken lässt... Also stell das Scharfzeugs nur dazu, damit sie selbst entscheiden können, ob's einmal oder zweimal brennt...« Caius grinste bei der Vorstellung, dass Piso den halben Abend aufm locus hockte. Nicht, dass er ihm das wünschte. Und Caius hatte das immer schon mal sagen wollen, meins ist auch deins.


    »Was?« Caius blinzelte verständnislos.
    »Aber Schatz. Klar. Die Hälfte kennst du doch schon. Ach, fast alle sogar! Und Centho bringt seine Frau mit, da bist du auch nicht alleine. Ahala wird dich bestimmt mögen.«

    »Ja«, bestätigte Caius und nickte. Klar, wusste ja keiner, wer schuld hatte. Oder dass es Axilla so dreckig gehen würde. Caius verstand das schon.
    »Sollte auch kein Vorwurf sein«, beeilte er sich zu sagen. Zum Rest sagte er nichts. Musste er aber auch gar nicht, denn die böse Furche auf seiner Stirn sprach wohl auch für sich.


    »Ach, tatsächlich?« Tjaja, die Spiele... Das waren interessante Veranstaltungen, bei denen man meistens Freude hatte. Wie perfekt also, um... Aber Caius grinste nur in sich rein und verriet nichts.
    »Von dem Fest hab ich gehört. Dann hat es deine Oma ja bis in die Acta geschafft, was? Also kennengelernt, unterhalten und dann...hat's geschnackelt?« erkundigte Caius sich. Fand er ja lustig. Obwohl es irgendwie grausam war, die Katze im Sack zu heiraten. Vielleicht war Serrana dem Senator zu prüde. Oder aber, der Senator taugte nichts. So genau wusste man das schließlich nie, wenn man's vorher nicht ausprobierte.

    Caius grinste nur zur Antwort und zuckte mit den Schultern. Er wusste ja axillabedingt etwas mehr über das Verschwinden des Iuniers, aber er war sich nicht so ganz sicher, ob er das einfach so weitererzählen durfte. Oder sollte. Also sagte er nichts. Wenn es jemanden interessierte, konnte man ja auch Axilla bei der cena löchern. Die war immerhin eine Iunia und auf den ersten Blick der bessere Ansprechpartner dazu.


    »Tja, naja, wollen wir hoffen, dass es kein Stoffel wird!« sagte Caius dann doch und kippte seinen Rest Wein runter.
    »Gut, also kommst du dann zur cena. Find ich gut! Und ich hör mich um, wann Scamander mal Zeit hat zum Ausmessen und so.« Hoffentlich verstand Imperiosus das jetzt nicht als dreisten Rauswurf, sondern als schonendes Gangverfahren. Bis zur cena war's ja nicht mehr weit.


    :D

    »Da bin ich aber betroffen«, bemerkte Caius trocken und zog eine Flunsch. Pah. Dann würde er demnächst erst recht aufräumen! Er seufzte leise und folgte dann noch mal Axillas Blick hin zu der Rüstung ihres Vaters. Caius runzelte die Stirn. Er hatte doch gar nichts gesagt? Natürlich war' schon etwas seltsam, dass Axilla nach all den Jahren die Rüstung immer noch in Schuss hielt. Trotzdem zuckte er mit den Schultern.
    »Macht doch nichts. Ist eigentlich auch ganz hübsch, so eine Rüstung. Zumindest hübscher als so eine Legionärsrüstung. Ich glaub, mir wär sowas zu eng.« Caius grinste Axilla kurz an und patschte sich dann zweimal viel sagend auf den kleinen Waschbärbauch.
    »Gut, dass ich keine brauch. Das wär glatt eine Sonderspezialanfertigung für ein breites Kreuz und Wohlstandsbäuchlein«, sagte er grinsend zu ihr, ohne zu ahnen, was er damit vielleicht heraufbeschworen hatte.


    »Hmh? Naja, natürlich bist du dabei. Piso kommt bestimmt nur etwas früher, vor den anderen. Hab ihn nicht extra eingeladen oder sowas. Dann können wir es ihm zumindest als erstem sagen. Wenn er schon nicht dabei war, mein ich.« Caius sah jetzt wieder zerknirscht aus.
    »Ohje, ich glaub, der wird total sauer sein«, seufzte er. Axillas Aufzählung zum Essen ließ ihm da schon das Wasser im Mund zusammenlaufen. Er musste die Spucke wegschlucken, die seinen Mund wässerte.
    »Och, echt? Dann müssen wir das Rezept mal organisieren. Da hätt ich wirklich mal Lust drauf. Kennst du denn hier einen Buchladen, bei dem man sowas bestellen kann?« fragte er Axilla. Ihm selber fiel nur einer ein (und zwar nicht, weil er jemals mal einen betreten hätte, sondern weil der Seiana gehörte), aber der war ja in Ägypten. Wobei das ja eigentlich praktisch war, immerhin wollte man ein ägyptisches Rezept!
    »Aber der Rest klingt gut. Nur eben gewöhnlich. Ich nehm an, bis zur cena kriegen wir das Rezept auch nicht. Ist zu kurzfristig.« Caius zuckte mit den Achseln.
    »Und Ferkel fänd ich besser als Schaf oder Vögel.«

    Caius stand neben Axilla und sah ein wenig träumend vor sich hin, wobei er sich trotzdem bemühte, nicht sonderlich desinteressiert auszusehen. Jemand sprach Axilla dann an und Caius wandte sich um. Ach du... Aurelia! Und dann fiel ihm die Tiberia ins Auge, wie sie Arm in Arm mit ihrem Senator dastand. Er runzelte die Stirn, zog eine Grimasse und beugte sich zu Axilla.


    »Die sind ja auch hier«, sagte er so leise zu ihr, dass nur sie es hören konnte. Soweit Caius sich erinnerte, hatten doch die Iunier nicht allzu viel mit den Aureliern zu schaffen. Vielleicht die Germanicas? Oder man hatte einfach alle verfügbaren Senatoren eingeladen, der Politik wegen. Caius beschloss, einfach nicht weiter darüber nachzudenken.
    »Salve«, grüßte er nett und nickte, und das war's dann auch schon. Immerhin liefen die Opfer noch. Oder war gerade fertig, wie er feststellte. Da musste man jetzt kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn man quasselte. Und Axilla quasselte ziemlich viel grad. Dann kam eine Information, die interessant war. Das also war dieser praefectus urbi! Caius sah ihn aus den Augenwinkeln neugierig an und gab sich weiterhin damit zufrieden, nettes Beiwerk für Axilla zu sein und sonst nix.

    Ihr war es zu ordentlich? Caius ließ einen prüfenden Blick durch Axillas Zimmer schweifen und musste dann grinsen. Da konnte man auch was gegen unternehmen, nur dann würde sie wohl rummaulen, dass es ihr zu unordentlich war.
    »Du könntest mit in mein Zimmer kommen. Da ist es nicht so ordentlich«, sagte er zu ihr und grinste. Wieder blieb sein Blick bei der Rüstung hängen, die sauer und akkurat auf ihrem Ständer hing. Daneben stand ein Tiegel mit Rüstfett. Das war es also, was so ein bisschen seltsam roch hier im Raum.


    Caius ließ Axilla den Brief lesen und sah ihr dabei zu. Irgendwie wirkte sie ziemlich angespannt. Sie sollten wirklich bald mal in die Hufe kommen und das machen, was Caius eigentlich schon für direkt nach der Hochzeit geplant hatte. Dann konnte sie bestimmt auch etwas abschalten. Leander fehlte ihr. Das sah man auch. Caius zog einen Mundwinkel hoch und lächelte schief bei ihrem Knuff.
    »Weiß ich nicht.« Vielleicht war Piso schon zu sehr Patrizier und Politikschnösel, dass er das einfach überspielen und die cena aushalten würde. Und dann ging, um ihn mit dem Hintern nicht mehr anzusehen. Caius seufzte. Und er versuchte, nicht an Piso und Axilla zu denken. Das gelang erstaunlich gut, im Verdrängen war er einfach gut.
    »Ich hab ihn aber schon für früher eingeladen. Also, wenn er will.« Imerhin hatte Caius sich schon gedacht, dass Piso das sicher nicht toll finden würde. Ganz so schmerzfrei war er da ja nu nicht. Trotzdem hatte er ein schrecklich schlechtes Gewissen deswegen.
    »Hast du eigentlich schon mit dem Koch geredet? Was es zu essen geben soll und so?« Hatte eben auch seine Vorteile, eine Frau zu haben!