Beiträge von Caius Aelius Archias

    Vermutlich würde der Kerl dann sogar drei oder vier Wochen Vorsprung haben, überlegte sich Caius. Immerhin dauerte so eine Überfahrt nach Ägypten im Schnitt neun Tage, und wenn sie jetzt noch ein bisschen herumüberlegten, dann kostete das alles Zeit. Allerdings rechnete Caius eh nicht damit, dass jemand was machen konnte. Der Kerl musste einfach nur ein falsches Reiseziel bei der Hafenverwaltung angegeben haben und peng. Dann war er für immer verschwunden und keiner wusste, wo man suchen sollte. So einem Schiff einen anderen Namen zu geben, war auch ziemlich einfach. Neu anstreichen, fertig. Caius machte sich da keine Illusionen.
    »Vielleicht sollte ich auch einfach Schadensersatz von der alexandrinischen Hafenbehörde verlangen«, sagte Caius und zuckte mit den Schultern.
    »Die hätten halt die Papiere genauer prüfen müssen oder so.« Er seufzte wieder mal.


    »Ja, hab ich auch schon überlegt. Allerdings muss ich trotzdem irgendwie mein Zeug verschiffen können. Der Fernhandel läuft ja nicht hier. Irgendwo her müssen ja die Datten und der Weihrauch kommen. Und ich lass ja meinen Falerner mit Palmwein versetzen. Bei dem Mosaikenleger und dem Bauteam ist das kein großes Drama. Das wollte ich eh machen.« Also, machen lassen, von Axilla. Aber das sagte Caius erstmal nicht.
    »Die Plantage ist aber eh in Germanien. Da wird es schwer, die Bäume hierherzubringen.« Caius grinste kurz schief und zuckte dann mit den Schultern.
    »Was willst du eigentlich mit deinen Läden machen? Willst du... Hm... Willst du immer noch zurück?«

    Caius hatte nichtmal gewusst, dass er auch nur ein einziges Handtuch im Zimmer hatte. Also konnte er Axilla auch nicht verübeln, dass sie einfach was anderes benutzt hatte. Er zuckte mit den Schultern, knüllte seine getragene Tunika mit dem Olivenwasserölfleck zusammen und (was wohl?) warf sie in eine Ecke.


    Während Axilla sich kämmte und dabei mit Flüchen um sich warf, auf die wohl selbst Pluto stolz gewesen wäre, musste Caius immer wieder breit grinsen. Schließlich lehnte er mit verschränkten Armen an der Wand dicht bei der Tür, überschlug im Stehen die Beine und wartete amüsiert, dass Axilla sich entknotet hatte.
    »Siehste, das würde dir nach einem ordentlichen Haarschnitt nicht passieren«, bemerkte er wenig hilfreich und schadenfroh und bereitete sich dann schon mal vorsorglich darauf vor, vor einem fliegenden Kamm in Deckung zu gehen. Bei Axillas Frage deutete natürlich auch Caius eine Art Schnurren an, wobei das bei ihm eher wie ein verunglücktes Knurren klang.
    »Klar. Du siehst umwerfend aus. Die nassen Haare wirken extremst kleidsam, besonders zusammenm mit dem schwarzen Fleck da«, bemerkte er fies grinsend und öffnete dann die Tür.
    »Komm schnell, ehe die Klienten Quarto vereinnahmen.« Und Caius ging voraus.

    Caius führte Axilla ins atrium. Hier standen schon einige Klienten herum und warteten, um zu Quarto vorgelassen zu werden. Aber noch war der gar nicht da, also malte sich Caius gute Chancen aus, dass Axilla zuerst danke für die Übernachtung sagen konnte.


    »Er kommt sicher gleich«, sagte er zu seiner Begleitung. Immerhin hatte Nakthi ihn ja dabei gesehen, wie er aus dem Gästezimmer geschlichen war, dabei hatte er da gar nichts gemacht (außer Axillas Kleid zu holen). Erst jetzt fiel ihm ein, dass er vielleicht die Bettdecke hätte mitnehmen können. So ein Bett ohne Decke gab den Sklaven bestimmt Rätsel auf, zumindest, bis sie beide Decken in Caius' Zimmer fanden... Insgeheim war Caius nun gespannt, was Quarto machen würde. Er glaubte nicht, dass Axilla mitten in der Nacht in die Sklavenunterkünfte gelaufen war und sich da hingelegt hatte. Der ein oder andere hatte zwar tatsächlich einen Bart, aber mindestens einer schnarchte in jeder Lebenslage so laut, dass das sicher auch Axilla nicht entgangen wär. Nur von einem Schnarcher hatte sie gar nix erzählt. Naja, die Chance bestand noch, dass Quarto das alles für einen (Alp)Traum gehalten hatte...

    »Naja, das wichtigste ist erstmal, dass das Zeug wieder hierher geliefert wird. Wir müssen irgendwie regelmäßige Passagen organisieren, bis das Schiff wieder auftaucht. Oder ich genug für ein neues gespart hab«, erwiderte Caius und seufzte tief.
    »Aber das hat Zeit, wirklich. Werd du erstmal wieder gesund. Solange kümmere ich mich darum.« Sowohl Caius als auch sicherlich Axilla wussten, was das bedeutete: Dass Axilla später mehr Arbeit haben würde als wenn Caius die Finger von seinen Geschäften ließ. Er war aber auch ein Dillo. Ließ sich einfach so ausnehmen! Caius seufzte noch mal tief.
    »Meinst du denn, der strategos kann da was machen? Ich mein, ich hab ja kaum Infos drüber. Scamander hat mir geschrieben. Das ist also bei der Geschwindigkeit der Post auch schon ne Weile her, dass der abgehauen ist.« Caius zuckte mit den Schultern. Scamander war der Mosaikenleger, mit dem er zusammenarbeitete.

    Seiana war höflich, aber Caius hätte auch nichts anderes von ihr erwartet. Er lächelte, als sie Vespa begrüßte.
    »Salve Prudentius, ich freu mich auch, endlich Vespas Mann mal kennenzulernen. Man liest ja ständig von dir, aber so real ist das doch was anderes«, begrüßte er Balbus und wandte sich dann dem Gast zu, den er erst jetzt richtig wahrnahm.
    »Ah, Duccius! Wir haben uns auf dem Markt getroffen, erinnerst du dich? Wo diese Sklavin für eine horrende Summe weggegangen ist«, versuchte Caius ihm auf die Sprünge zu helfen.
    »Schön dich wiederzusehen.«


    Und dann bat Vespa auch schon zu Tisch. Caius ließ seinen Blick über die Einrichtung schweifen und erinnerte sich augenblicklich wieder an das Geschenk, was er den beiden zur Hochzeit gemacht hatte.
    »Hier würde ganz prima ein nettes Mosaik hinpassen«, bemerkte er.
    »An den Gutschein erinnert ihr euch doch noch, oder? Also, ich zumindest hab das nicht vergessen.« Er lächelte Vespa an.

    Und der kam. Nachdem er unterwegs Nakthi getroffen und sich erkundigt hatte, ob Quarto schon aufgestanden war. Quartos Sklave hatte gesehen, wie er verstohlen aus dem Gästezimmer geflutscht war. Caius spekulierte jetzt drauf, dass Nakthi soweit auf den Kopf gefallen war, dass er sich nicht allzu viel dabei dachte.


    Er öffente die Tür, schlüpfte durch und warf Axilla ihr Kleid zu. Den Kamm gab er ihr lieber in die Hand.
    »So, da. Was besseres hab ich nicht gefunden auf die Schnelle.« Und das, obwohl es doch in dem anderen Zimmer aufgeräumt war. Caius taxierte prüfend Axillas Turban.
    »Öhm, ist das meine?« fragte er sie, denn irgendwie kam ihm die Tunika bekannt vor. Prüfend hob er einen Arm und roch an seiner Achsel. Ging noch, fand er. Er würde nachher einfach bei den Thermen vorbeischauen. Allerdings musste er sich noch irgendwie rasieren lassen. Er stand nicht so auf den Dreitagebartlook, wie manch andere Leute in Rom. Er fand, dass ihn das verrucht wirken ließ, und das passte ja nu wirklich nicht zu ihm. Dann warf er einen Blick auf das Bett und suchte das Olivenschälchen. Bis ihm klar wurde, dass er auf irgendwas drauf saß.


    »Scheiße.« Und er stand auf und hatte einen kreisrunden, nassen Flecken auf der Tunika, genau mittig am Hintern. Ungeniert zog er sich den Stoff über den Kopf, was ihm etwas die Haare zerstrubbelte, dann suchte er sich irgendwas Neues zum Anziehen raus. Blassblau mit gewebter Borte, das ging. Er zog sich die zerknitterte Errungenschaft über den Kopf und ging dann zum Waschtisch, um in dem (gebrauchten) Wasser aus der Schüssel zu rühren und sich dann wenigstens mal das Gesicht zu waschen.


    »So. Wenn du soweit bist, können wir gehen. Hab eben rausgefunden, dass Quarto schon wach ist und auf die ersten Klienten wartet. Wenn wir Glück haben, sind wir schneller«, sagte er zu Axilla.

    »Bona Dea«, machte Caius leise. Sie fand ihn süß! Er sah sie entsetzt an und beschloss, umgehend abzulenken. Süß!
    »Tja, ich muss wohl noch üben. Äh, freut mich, wenn dir die Blumen gefallen.« Er hatte sie nicht selber ausgesucht, nur die ersten und die hier, die nun neben Axilla lagen und stumm nach Wasser schrien. Und natürlich hatte auch Caius keine Ahnung, was das für Blumen waren. Bei dem Gedanken an einen Floratempel musste er aber breit grinsen.
    »Fehlt nur noch ein Kultbild«, bemerkte er und traf damit den Gedankengang des ianitors unwissentlich ziemlich genau. Er betrachtete Axilla, wie sie die Blumen beinahe liebevoll streichelte. Caius wurde kurz nachdenklich, blinzelte dann aber die Gedanken beiseite und schmunzelte.
    »Kann ich mir vorstellen, auch wenn ich nicht wusste, wie dir jemals jemand sauer sein könnte«, erwiderte er leicht lächelnd.


    Caius schien Erfolg gehabt zu haben mit seinem Ablenkungsmanöver, denn immerhin ging Axilla nicht drauf ein und hatte das ganz bestimmt also nicht falsch verstanden. Puh, nochmal Glück gehabt und dem Fettnapf rechtzeitig ausgewichen... Er sollte auriga werden, überlegte er. Langsam konnte er die Schlaglöcher gerade noch rechtzeitig umfahren. Als Axilla nach seiner schlechten Nachricht fragte, sah er sie an, als hätte er Zahnschmerzen. Dann zog er eine Grimasse und seufzte. Sie war eben totneugierig, er hätte erst gar nicht davon anfangen sollen. Naja.
    »Tja also, wie es scheint, hat sich der Verwalter in Ägypten aus dem Staub gemacht. Das wär ja noch nicht mal sonderlich schlimm, ich war eh unzufrieden in der letzten Zeit. Blöderweise hat er aber wohl alles mitgenommen an Knete, was nicht niet- und nagelfest war. Und das Schiff, mit dem ich mein Zeug nach Rom liefere.« Caius sah Axilla geprellt an und ließ die Schultern hängen.
    »Das weiß ich seit vorgestern.«

    Für Caius jedenfalls stand fest, dass nur blau die einzig richtige Farbe war! 8)


    »Na, das hört sich doch an, als könnte man was damit anfangen!« bemerkte Caius grinsend. Insgeheim setzte er Casca mal mit auf seine Geheimliste der in Frage kommenden Personen für illegale Wettkampfaktivitäten.
    »Och naja, man muss ja sehen, wo man bleibt... So sauber wie die letzten Wochen war ich glaube noch nie«, witzelte er und spielte damit auf die Zeit an, die er dauernd in den Thermen verbrachte. Zumindest kam ihm das so vor.


    »Der Kaiser wohnt in Misenum. Also, vorübergehend«, erklärte Caius, wobei das doch schon eine ganze lange Weile her war, dass er in Rom gesehen wurde zuletzt, überlegte er sich.
    »Der Kaiser entscheidet das ja. Die Einstellungen am Hof. Danke jedenfalls.« Er grinste und war sich gar nicht bewusst, dass er so einen guten Eindruck hinterließ. Öfter hinterließ er nämlich einen Ausdruck. Den des Entsetzens, zumindest bei einigen wichtigen Leuten. :D

    Es war Caius sehr wohl bewusst, dass er hier was Dummes fabrizierte. Er ließ Axilla jetzt in Ruhe, auch wenn sie leise knätterte und moserte. Aber das gab sich dann auch recht schnell. Scheinbar war sie dann eingeschlafen. Caius konnte das Kissen dann auch wieder wegnehmen und hinter seinen Rücken klemmen. Und dann flüchtete er sich in den Wein, um Seiana nicht anschauen zu müssen. So bemerkte er auch nicht, dass sie ihn auch nicht anschaute. Irgendwie fühlte er sich trotzdem mies. Aber immerhin schien sie den gedanken verschoben zu haben, gehen zu wollen. Wenigstens etwas. Hin und wieder warf er Axilla verstohlen einen Blick zu, dann ließ er sich Wein nachschenken. Am Gespräch beteiligte er sich erstmal nicht. Er hatte das nämlich alles selbst schon gefragt und außerdem den Eindruck, dass die zwei Seiana nur zum Schein ausfragten, nicht weil sie wirklich wissen wollten, was so ein Artikelschreiber so tat. Und dafür war er den beiden unendlich dankbar, immerhin hatte das Seiana zum Bleiben bewogen.

    In der Dämmerung kam die ein oder andere Gestalt auf Caius zu. Die meisten gingen weiter, einige bogen in eines der Häuser ab, die an der Gasse lagen. Und irgendwann blieb eine vor ihm stehen und Caius erkannte Centho. Er grinste ihn an und musterte anerkennend seine Klamotten. Natürlich staunte er nicht schlecht, als Centho ihn mit einem schweren griechischen Akzent grüßte.
    »Nabend Centho, na, alles fit?« grüßte er zurück und erwiderte den Soldatengruß.
    »Mein lieber Scholli, dir möchte ich aber nicht im Dunkeln begegnen. Was hast du denn mit deiner Tunika angestellt? Und du hörst dich an wie ein griechischer Minenarbeiter«, witzelte er und lachte leise.
    »Ja, ich hab deinem Verwandten Casca noch bescheid gegeben, den hatte ich neulich in den Thermen getroffen«, sagte er.
    »Und Celsus kommt auch noch, hoffe ich.«


    Und zack, da war der nächste auch schon. Caius begrüßte auch ihn, indem er ihm den Unterarm umgriff und kurz drückte.
    »Salve Casca! Nein, wir warten noch nicht lange. Mal schauen, ob Celsus noch kommt. Warten wir noch nen paar Minuten. Ich hoffe, ihr habt eure Wetteinsätze nicht vergessen«, scherzte er und betrachtete auch Cascas Erscheinung kurz eingehend. Während Centho aussah wie ein heruntergekommener Halunke, wirkte Casca wie ein ehemaliger Soldat. Und Caius selbst sah aus wie ein armer Schlucker, der sich keinen Barbier leisten konnte (er hatte sich extra nicht rasiert). Perfekte Voraussetzungen für ihre Unternehmung also!

    Caius grinste zufrieden und hielt Axilla wortlos weiter fest. Er konnte gar nicht verstehen, warum dieser Alte ihn nicht hereingelassen hatte. Er hätte doch nichts gemacht, außer eben da zu sein und Axilla anzuschauen. Und vielleicht neben ihrem Bett zu sitzen. Er konnte nicht verstehen, dass man ihm das verwehrt hatte. Allerdings glaubten hier auch nur alle, dass er ihr Arbeitgeber und ein guter Freund war, nichts weiter. Wenn er so daran dachte, dann konne er zumindest ein ganz klein wenig verstehen, warum er Axilla nicht hatte besuchen dürfen.


    Bei ihrer Erklärung zur Verbannung dann musste Caius in sich reingrinsen. Er hätte sich lieber bemitleiden lassen als zu lesen. Wie unterschiedlich sie doch waren. Naja, zumindest in Bezug auf diese Angelegenheit.
    »Du liest ganz gerne, was? Bestimmt kannst du deshalb so gut dichten.« Er erinenrte sich an Alexandrien. Und dann viel ihm sein stümperhaftes Gedicht wieder ein und er bekam langsam rote Ohren.
    »Ähm. Das... Gedicht war nicht so der Brüller, ich weiß«, bemerkte er und zuckte mit den Schultern.
    »Sag mal, du magst doch Blumen, oder?« fragte er dann prüfend. Nicht etwa, weil er ihr welche geschickt hatte, sondern weil er was anderes im Hinterkopf hatte. Aber das verriet er Axilla natürlich noch nicht.


    »Jaja, mach dir mal keine Sorgen... Ich hab keinen Ersatz für dich. Im Gegenteil, ich hab einen Berg Arbeit und eine schlechte Neuigkeit. Aber das hat noch zeit, das kann noch warten. Du musst jetzt erstmal wieder einigermaßen zu Kräften kommen. Solange halte ich das schon noch aus.« Ihm wurde klar, wie sie das verstehen konnte, und die Ohren wurden noch röter.
    »Äh, wegen der Arbeit, mein ich.«

    Caius maß sie mit einem skeptischen Blick, schüttelte dann aber doch den Kopf.
    »Na, das ist schon in Ordnung so«, bemerkte er und nickte. Mit langen Haaren gefiel sie ihm besser als sie das mit kurzen Haaren tun würde, glaubte er. Dann sah sie ja aus wie ein Kerl!
    »Ja, da drüben«, antwortete er auf ihre Frage und deutete auf eine Kommode an der Längsseite des Zimemrs. Man konnte es Axilla nicht verübeln, dass sie die Schüssel nicht sah, denn auf dem Schränkchen türmten sich getragene Tuniken und ein Handtuch. Irgendwo fand sich auch ein Stück Seife, glaubte er. Nur wo, wusste Caius nicht. Irgendwo da halt.
    »Naja gut, dann wasch dich mal. Oh... Warte.« Caius hatte jetzt selbst hingesehen, stand auf und räumte die Dreckwäsche weg, wobei das Wegräumen darin bestand, dass er die Klamotten einen Meter weiter auf den Schreibtisch wuchtete, was einige der Dokumente verknitterte, die Axilla am gestrigen Abend noch sortiert hatte.
    »Bitte sehr. Wasser ist noch drin«, sagte er und deutete auf den Krug.
    »Ich hol dir mal dein Zeugs.« Sprach's und verschwand draußen.

    Caius sah sie einen Moment verwirrt an. Wieso sollte er denn ihr sauer sein? Das ergab ja gar keinen Sinn?
    »Nein«, sagte er deswegen recht schnell.
    »Ich bin nur etwas traurig, dass du mir nichts gesagt hast und einfach diesem Milchbubi alles erzählt hast. Ich mein... Ich hätte dir auch geholfen. Irgendwie, meine ich.« Caius wusste ja nicht, dass es eigentlich andersrum gewesen war und Crios Axilla erzählt hatte, was mit ihr los war. Er verstand auch den prüfenden Blick nicht so ganz, den Axilla ihm daraufhin zuwarf. Zweifelte sie an seiner Ehrlichkeit, dass er das nicht nur deswegen fragte, weil es ihm unendlich leid tat, dass sie seinetwegen so viel ertragen hatte?


    Caius drückte Axilla tröstend an sich.
    »Dieser blöde ianitor wollte mich einfach nicht zu dir lassen, sonst wär ich gekommen«, sagte er. Er hätte versucht, es irgendwie leichter zu machen für sie. Caius vermied dabei tunlichst, darüber nachzudenken was er gemacht hätte, wenn Axilla ihm vor der Abtreibung bescheid gesagt hätte. Das wusste er nämlich nicht auf Anhieb, und er wollte auch besser nicht darüber nachdenken. Machte ja eh keinen Sinn (mehr).
    »Also, nach dem was Katander erzählt hat, waren sie beide ziemlich besoffen. Er wollte es mir auch erst wohl nicht sagen. Also, Katander. Und dein Sklave hat es ihm eigentlich auch nicht sagen wollen. Hm... Sei nicht sauer auf ihn. Es ist doch nicht schlimm, dass ich das weiß. Ich erzähl es niemandem.« Caius küsste Axilla flüchtig auf die Stirn.
    »Kannst du schon wieder aufstehen? Warum haben die dich eigentlich hierher verbannt?« fragte er sie dann und sah sich argwöhnisch in der Bücherhölle um.

    Caius war erstmal beruhigt, auch wenn da ein kleiner Restzweifel blieb. Immerhin hätte er auch vorher schon vermutet, dass Axilla ihm sowas sagen würde. Hatte sie aber nicht. Aber Caius war nicht sonderlich nachtragend. Außerdem weinte Axilla schon fast wieder, da wollte er nicht noch mal was sagen deswegen. Er ließ sie nur an sich heran, drückte selber noch mal nach und seufzte tief. Warum sie aber immer noch Angst hatte und wovor, konnte er nicht erraten. Niedlich, wie zaghaft sie ihn drückte. Caius musste schmunzeln.


    »Mir tut das auch leid. Bist du mir denn gar nicht böse? Ich weiß nicht, ich glaub, ich wär's.« Er zuckte mit den Schultern und stellte sich vor, dass er an ihrer Stelle wäre (was an sich schon eine seltsame Vorstellung war). Ganz bestimmt hätte er sie erstmal angemault, nicht gedrückt und ihr gesagt, dass er sie lieb hatte und wollte, dass sie glücklich war. In dieser Hinsicht war Axilla schon eine seltsame Frau, fand er. Total chaotisch und absolut unvorhersehbar. Nicht einzuschätzen. Auf den Gedanke, sie wegzuschiebe, kam er übrigens gar nicht erst. Allerdings dachte er jetzt noch mal an diesen Crios.
    »Ich hab gehört, dass das sehr weh getan hat... Hat es doch, oder?« hakte er nach. Immerhin wollte er nun wissen, ob es sich gelohnt hatte, dem Kerl seine Faust in die Magengrube zu stecken.

    Caius saß da und wusste nicht, was er sagen sollte. Wie gerne hätte er sowas mal von Seiana gehört! Aber wenn überhaupt, bekam er von ihr mal einen Kuss. Zumindest hier in Rom. In Ägypten war sie so viel freier gewesen, um so vieles leichter. Und seit sie wieder zurück waren, war sie anders. Ich hab dich wirklich sehr lieb, hatte sie gesagt. Zuerst hatte er gedacht, dass er sich verhört hätte, aber als sie das noch mal wiederholt hatte...


    Caius sagte eine ganze Weile nichts und ließ auch Axilla in Ruhe den Boden anstarren. Ihm war, als hätte ihm jemand mit einer Kesselpauke an den Kopf gehauen. Irgendwie klingelte alles.
    »Ehm«, machte er schließlich unbestimmt. Dann wandte er den Kopf und sah Axilla an. Sie hatte ihn lieb?
    »Du brauchst keine Angst haben«, sagte er und strich ihr durchs Haar.
    »Du musst mit nur versprechen, dass du mir nie wieder sowas wichtiges nicht sagst.« Und sein Blick machte deutlich, dass er auf ein entsprechendes Versprechen wartete.

    AaaaaaHa! Crios hieß der Kerl also. Caius grummelte leise vor sich hin, was Axilla allerdings gar nicht zu bemerken schien. Sie war viel zu beschäftigt damit, Löcher in die Tür zu starren, glaubte er. Dann rückte sie näher und Caius sah sie mit leicht unglücklichem Gesichtsausdruck an, während sie sprach. Bis sie etwas sagte, dass seinen Ausdruck überrascht und sehr, sehr vorsichtig werden ließ.
    »Wie....meinst du denn das?« fragte er sie, nachdem sie gesagt hatte, ihn nicht ganz verlieren zu wollen. Irgendwie schwirrte ihm der Kopf. Er hatte sich schon nicht sonderlich wohl gefühlt, quasi eine Affäre zu haben. Aber jetzt dann von dieser Eskalation nichts zu sagen, würde ihn schon einiges an Kraft kosten, glaubte er. Das war nicht so leicht. Und es würde schwierig, sehr schwierig werden, wenn er es nicht schaffte, das wusste er.

    Caius war sich kurz unsicher, ob sie sitzen bleiben oder gleich zusammenklappen würde. Aber dann begann sie zu reden und irgendwie drehte sich dabei alles um Caius. Nicht, dass ihm schwindelig geworden wäre oder so, das nicht, aber er konnte nicht so schnell begreifen, was sie da alles losplapperte. Dementsprechend sah er sie auch an, um ja nichts zu verpassen, und ohne sie wirklich zu unterbrechen.
    »Ist es«, bemerkte er nur trocken, als sie fand, dass sie albern war. Gleichzeitig überlegte er, ob das vielleicht doch nicht so wenig albern war wie er dachte. Er konnte sich zwar nicht selbst sehen, wie er Axilla anschaute, aber etwas war definitiv anders als noch vor einer Woche. Vielleicht, weil er fand, dass sie es ihm hätte sagen müssen, statt die Sache alleine durchzuziehen. Irgendwie hätte er schon geholfen, auch wenn er nicht wusste, wie er das hätte anstellen können. Und wenn er nur dabei gesessen hätte und diesen Milchbubi beaufsichtigt hätte.


    Irgendwann war Axilla fertig und starrte Caius an. Der musste aber erstmal nachdenken. Nicht wegen der Frage, die beantwortete er nebenbei.
    »Katander hat deinen Sklaven getroffen«, murmelte er nämlich leicht abwesend. Sondern Caius dachte nach wegen Seiana. Dabei kratzte er sich dann abwesend am Kinn, ehe er Axilla wieder anschaute.
    »Weißt du, was das Kurioseste an der ganzen Geschichte ist?« fragte er sie.
    »Den Laden habe ich geerbt, von Pulcher. Und ich hab ihn Seiana geschenkt, weil ich nicht damit anfangen konnte. Das heißt, du warst in ihrer taberna medica. Selbst wenn wir beide nichts sagen, wird sie das doch rausfinden. Ich meine, wenn dieses Milchgesicht nicht die Klappe hält. Und ehrlich gesagt glaube ich, dass das so rum schlimmer wäre, als wenn ich zu ihr gehe und ihr alles erzähle.« Caius sah Axilla fest an und guckte dann wieder weg.
    »Ich weiß nicht, was ich machen soll.« Er zuckte mit den Schultern und warf ihr einen ratlosen Blick zu. Vielleicht sollte er mal mit Piso drüber reden.

    Axilla schaute ihn verwirrt an und Caius schaute verwirrt zurück.
    »Naja, wenn ich mich vielleicht ein wenig mehr beherrscht hätte, wärst du nicht schwanger geworden«, sagte er, fast ein wenig beschämt. Am Ende glaubte Axilla tatsächlich noch, dass es ihre eigene Schuld war. So blöd war Caius nun auch nicht, dass er ihr das abgenommen hätte. Wenigstens hatte sie aufgehört zu weinen. Dafür schien sie jetzt irgendwie sauer zu sein. Sicher auf ihn. Caius nahm seinen Arm wieder fort und seufzte. Irgendwas machte er immer falsch.
    »Was denkst du nun, das passiert wär?« bohrte er nach. Er wollte wissen, was sie glaubte, das er gemacht hätte. Er selbst hätte es in diesem Moment nicht gewusst.

    »Hmpf.« Caius zog eine Grimasse. Jetzt weinte sie. Er seufzte. Dann setzte er sich neben sie und legte ihr einen Arm um die Schultern.
    »Nicht weinen.«


    Eine ganze Weile sagte er nichts, sondern dachte nach. Er durfte nicht gleich im Anschluss noch mal zu diesem Scharlatan gehen, sonst würde das echt böse enden. Behauptet, er sei ein alter Freund! So wie er sich selbst einschätzte, würde er ihn aber eh nicht abmurksen können. Caius war nicht so jemand. Aber er würde ihn anzeigen. Nachdem er ihn verdroschen hatte. Vielleicht ging dabei ja wirklich der ein oder andere Knochen bei drauf. Diese Gedanken besänftigten ihn schon wieder ein bisschen. Axilla schluchzte neben ihm. Caius drückte sie noch ein wenig weiter an sich heran.
    »Hätte es nicht«, murmelte er und ließ wieder eine ganze Weile verstreichen.
    »Was denkst du denn, was ich gemacht hätte, wenn du mir das gleich gesagt hättest? Ich mein, ich bin ja nun mit schuld. Hauptschuldig, so gesehen« fragte er Axilla. Immerhin trug er ja die kleinen Archiasse mit sich herum. Eine kleine Frau war da nur sowas wie eine Ausbrütstation, das wusste doch jeder (zumindest in der Antike).

    Caius starrte Axilla entgeistert an. Langsam klappte ihm der Mund auf, und als er das merkte, presste er die Kiefer fest zusammen, sodass die Lippen einen blutleeren Strich bildeten.
    »Das hat er also gemacht, ja?« presste er hervor und wusste selbst nicht, warum ihn das so fuchsteufelswild machte.
    »Ich hätte diesem homo sceleratus doch was brechen sollen«, grollte er leiser vor sich hin. Dann musste er aufstehen. Er konnte nicht länger einfach so dasitzen, er musste sich bewegen, also begann er, vor Axilla vier Schritte hin und vier Schritte her zulaufen, immer wieder. Und dabei regte er sich gehörig auf.
    »Wie kann man das gegen den ausdrücklichen Willen tun! Und wieso hast du das einfach mit dir machen lassen? Ich meine, so betrunken kannst selbst du nicht gewesen sein... Sowas darf nicht weh tun!« Caius blieb stehen und sah Axilla an. Anklagend zeigte sein Finger auf sie.
    »Hah, hat er dich deswegen abgefüllt? Und wieso wusste er überhaupt, dass du...? Was hast du ihm denn erzählt? Und natürlich gibt das Komplikationen! Kannst du dir nicht vorstellen, wie schlecht ich mich deswegen fühle? Und dann lügst du mich auch noch an.« Caius ließ die Arme hängen und sah Axilla bedröppelt an.
    »Mensch.«