Weil Vala noch eine Weile brauchte, war es Caius, der sich dem Mann zuwandte, der sie gerade von der Seite ansprach. Und wie! Caius hob erstaunt eine Augenbraue bei der Anrede. War er sein Freund? Das kaum, aber der Bürger schien von außerhalb zu kommen, da wollte er mal nicht so sein.
»Ehm. Salve... Die villa Tiberia schst du? Da bist du hier aber ganz falsch. Du musst zum Viellenviertel auf dem Esquiliun. Du gehst von hier aus zum forum romanum bis zum forum pacis, und da biegst du nach Osten ab und läufst bis zum porticus Liviae. Von da aus kannst du es gar nicht mehr verfehlen, die villa steht eine Querstraße weiter«, beschrieb Caius den Weg, als wäre er sihn selbst schon zigmal gelaufen. Da fiel ihm etwas auf: Der Fremde schien keine Sänfte dabei zu haben. Und einen Sklaven sah Caius auch nicht.
»Glaubst du, dass du es findest?« fragte er vorsichtshalber mal nach, denn irgendwie sah er nicht danach aus.
Beiträge von Caius Aelius Archias
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Caius war sich der Tatsache gar nicht bewusst gewesen, dass er unfreundlich auf den Neuankömmling gewirkt haben könnte. Er konnte nur eben nicht allzu viel dazu beitragen, wenn irgendwer von seiner fremdländischen Herkunft schwärmte, war er doch selber ein Römer und hatte neben Germanien nur noch Ägypten ein wenig kennen gelernt. Insofern war er regelrecht erstaunt, dass Vitale, der kaum einige Minuten bei ihnen gesessen hatte, so plötzlich flüchtete.
»Öhm... bis dann!« blieb ihm noch zu entgegnen, dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich den anderen wieder zu.»Was hatte er denn?« fragte er in die Runde und zuckte nochmal mit den Schultern.
»Meinst du echt, dass Kamelrennen hier ankommen würden? Ich denke eher nicht. Obwohl das mal interessant wäre, anzuschauen. Ich bin mir sicher, unser Tolimedes würde eine klasse Figur auf so einem Höckerviech machen!« Caius lachte keckernd. -
Caius hatte eindeutig zu viel Freizeit. Er brauchte dringend wieder eine Beschäftigung. Während der letzten fünf Tage war er dreimal in den Thermen gewesen. Katander hatte schon Bedenken geäußert, dass das ungesund sein könnte, gar die Haut aufzulösen vermochte. Aber Caius hatte nichts dazu gesagt, außer der Anweisung, dass Katander dann eben heute daheim bleiben oder sich mit Elena vergnügen sollte. Also badete er heute alleine.
Nach dem obligatorischen Aufenthalt im tepidarium ging Caius ohne Umschweife zum Warmbadebereich. Heute war es erstaunlich voll. Er vermutete, dass viele Leute während der Saturnalien nicht die Zeit gehabt hatten, herzukommen, und dass sie jetzt deswegen hierher strömten um zu baden. Wahllos strich er herum und suchte sich dann ein Plätzchen aus.
»Salve, hast du was daegegen?« fragte er vom Rand des Beckens aus und deutete auf das freie Eckchen der Steinbank unter Wasser. -
»Gleich drei Brüder«, wiederholte Caenis staunend. Insgeheim fragte sie sich, ob das nicht vielleicht als negativ zu werten war. Vielleicht war Seiana zu sehr Wildfang?
»Da hast du es sicherlich als Mädchen nicht leicht gehabt. Hast du denn keine Schwestern?« fragte sie, schüttelte aber den Kopf und sprach gleich weiter, sodass Seiana nicht in die verlegenheit kam, auf diese Frage antworten zu müssen.
»Deine Mutter muss sehr stolz sein, wenn du dich da behaupten konntest.« Caius sah zu Seiana. Er wusste ja von ihrer Mutter.Dann mischte sich Calvaster wieder ein.
»Na, ihr heiratet doch«, erklärte er, als wäre es ganz verständlich, dass man dann Unmengen von Präsenten bekam, selbst von Leuten, die nicht eingeladen waren. Und wo noch nicht einmal ein Termin stand. Was in diesem Moment auch Calvaster auffiel.
»Wann eigentlich?« -
»Dann werde ich sie dir gern vorstellen, wenn sie wieder gesellschaftsfähig ist«, versprach Caius, der nicht nur erleichtert war, sondern auch stolz drauf, dass er gegenüber Axilla recht behalten hatte mit seiner Vermutung, dass Quarto sicher nicht nein sagen würde. Ihn ehrte der Ausspruch, dass sein Haus auch nun das Caius' war, aber Caius hatte entschieden, dass es nicht nur des Hausrechtes wegen höflicher war, vorher zu fragen, sondern auch des Alters wegen. Erfreut lächelte er Quarto an, dann stand er wieder auf.
»Ich entschuldige mich nochmals für die kleine Störung. Aurelius«, sagte er verabschiedend und nickte dem Fremden noch einmal zu, der recht stumm geblieben war während des kurzen Intermezzos. Sein nächstes Ziel war nun die culina, um Axilla etwas zu essen zu beschaffen. -
»Nicht?« fragte Caenis sichtlich enttäuscht und warf Caius einen traurigen kurzen Blick zu, den dieser mit einem Augenrollen quittierte. Caenis warf dann ihrem Mann einen Blick zu und bedachte anschließend Seiana wieder.
»Jetzt setz den jungen Leuten doch nicht solche Flausen in den Kopf, Decimus! Meine liebe Seiana, ich kann dir sagen, dass du dich spätestens nach ein paar Monaten Ehe ziemlich nach etwas Romantik sehnen wirst«, prophezeite Caenis Seiana und nickte ihr wissend zu.
»Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.«
»Naaach, jetzt tut sie wieder so, als sei ich ein Eisklotz«, beschwerte sich Calvaster und seufzte laut. Bis eben hatte er Seiana noch anerkennend gemustert. Das Mädel hatte es erkannt! Er würde sicherlich prima mit ihr zurecht kommen.
»Du gibst auch allen Anlass dazu, Decimus!« konterte Caenis, und Calvaster wollte eben wieder etwas antworten, als Caius demonstrativ klackend seinen Becher hinstellte.
»Bitte. Was soll meine Verlobte denn von euch denken?« fragte er und schüttelte mit gerunzelter Stirn den Kopf. Schweigen breitete sich kurz aus und Caenis griff beherzt nach einer Olive (einer kleinen), die sie in den nächsten drei Minuten verzehrte.»Das hat sie«, nahm Calvaster zu Seiana gewandt den Faden wieder auf. Sein Gesicht schien in der Erinnerung amüsiert zu leuchten.
»Sie war die schönste Frau an diesem Abend, allein wegen ihres Lächelns. Leicht gemacht hat sie's mir trotzdem nicht.«
»Wenn man euch Männern gleich die ganze Hand reicht, ist man auch schnell uninteressant. Das wird Seiana auch wissen, nicht wahr?« sagte Caenis, nun wieder einigermaßen besänftigt, und zwinkerte Seiana zu. Caius hatte inzwischen seinen Teller halb geleert.
»Sagt mal. Was sind das eigentlich für Geschenke? Wir hatten doch mal vereinbart, dass wir uns zu den Saturnalien nichts mehr schenken wollen«, sagte er plötzlich und deutete mit dem Daumen zu dem Gabentisch hin.
»Oh, die haben die Nachbarn für euch abgegeben«, antwortete Calvaster in einem Ton, der diesen Umstand als die natürlichste Nebensache der Welt darstellte, und schob sich eine kandierte Zwiebel unter den Gaumen. Caius machte große Augen und sah zu Seiana. -
Wie immer war aus den kleinen Erfrischungen ein wahrer Traum von Essen geworden. Caius ging derzeit fest davon aus, dass es später dennoch ein Abendessen geben würde, das die Häppchen noch in den Schatten stellen würde. Immerhin war seine Mutter in ganz Ravenna bekannt dafür, gutes und genug Essen für saämtliche Veranstaltungen parat zu haben. Zumindest nach ihren eigenen Aussagen. Schon früher hatte sie Caius immer viel zu viel auf seine Streifzüge mitgegeben. Er hatte deswegen mit Piso teilen können, ohne dass es aufgefallen wäre. Eigentlich war es ein Wunder, dass er nicht dick wie ein Walfisch war.
Gerade steckte er sich ein gefülltes Ei in den Mund und erwiderte dann Seianas leicht verzweifelnden Blick. Caenis hingegen wusste natürlich bereits über die groben Geschehnisse bescheid, aber das hielt sie nicht davon ab, auch Seianas Version zu erfahren.
»In Rom, hach ja... Alexandrien, wie schön. Ach bei einem Ausflug...« kommentierte sie hin und wieder an den passenden Stellen. Und immer wieder huschte ihr Blick auch zu Caius hin, der Seianas Zwickmühle nicht mal im Ansatz bemerkte.
»Und wie hat er dich gefragt? So ganz traditionell? Oder eher geschäftig? Du musst wissen, dass Decimus mich damals einfach als seine zukünftige Frau vorgestellt hat, und zwar ohne vorher mit mir darüber zu reden!«, erzählte Caenis und schmunzelte ihrem Mann zu, der sich genötigt sah, darauf einzugehen.
»Immerhin hast du freudestrahlend an meiner Seite gestanden und keinen Einspruch erhoben. Ich hatte ja damals schon gesagt, dass Romantik bei Anträgen vollkommen überbewertet wird!«
Caius seufzte.
»Oh bitte, Paps.... Ich hab sie ganz anständig vorher gefragt«, mischte sich nun Caius ein wenig entnervt ein. -
Als Seiana ihn nach den Geschenken gefragt hatte, hatte Caius nur genauso ratlos geschaut und kurz mit den Schultern gezuckt. Als sie jetzt beisammen saßen und einander alle zugeprostet hatten, nippte er kurz an dem Becher (Wein pur!) und zwinkerte Seiana zu. Dann warf er einen Blick auf den Gabentisch und fragte sich, woher die vielen Geschenke kamen und warum sie überhaupt da waren.
Caenis hatte es sich inzwischen bequem gemacht und thronte auf einem Sessel mit unzähligen Kissen. Dabei ließ sie den Blick nicht von Seiana, sondern musterte sie in aller Ruhe und in allen Einzelheiten. Die Arme dachte so sicher, sie hätte etwas mit ihrem Toast falsch gemacht, aber in Wahrheit war Caenis nur neugierig. Calvaster hingegen betrachtete seinen Sohn und stellte kurz darauf den (leeren) Becher weg. Er gluckste.
»So so. Na immerhin schneit es nicht«, kommentierte er Seianas Erzählung.
»Aber jetzt erzääählt doch mal«, begann da Caenis und strahlte Seiana aus unzähligen Falten heraus an.
»Wie habt ihr euch kennen gelernt? Wie habt ihr euch verlobt? Was sagen die Decimas dazu, und wann ist die Hochzeit? Das muss natürlich alles geplant werden. Ach, wie freue ich mich darauf...« Caenis schloss verzückt die Augen und seufzte, dann sah sie Seiana wieder an. Caius' Blick hin inzwischen immer noch an dem Geschenketurm fest, und so bemerkte er erstmal nicht, wie fünf Sklaven hereinkamen und je eine Platte mit Kleinigkeiten abstellten. Erst als die Tabletts direkt vor seiner Nase standen, erkannte er am Geruch, was los war, und riss sich von den Präsenten los, um gleich erstmal seinen Teller vollzupacken. Der Sklave, dessen Aufgabe das eigentlich gewesen wäre, stand ein wenig hilflos daneben und versuchte erfolglos, Caius den Teller wieder abzunehmen. Caius aber winkte ihn nur weg. Er war ihm ein wenig lästig.In der Küche machte Katander derweil Elena mit seinen ehemaligen Mitsklaven bekannt. Darunter war auch ein Mädchen, das Katander schöne Augen machte. Er hatte mal was mit ihr gehabt, aber heute hatte er nur noch Augen für Elena. Und überhaupt war das ganz anders mit ihr.
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Caenis klatschte vor Freude in die Hände. Hinter ihr schleppten Sklaven die Dinge ins Haus, die Seiana und Caius aus Rom mitgebracht hatten.
»Ich bitte dich, du gehörst ja nun zur Familie, das ist doch selbstverständlich!« erwiderte Caenis und Calvaster grinste Caius kurz zu und hob ein wenig die Augenbrauen. Caius grinste zurück, bemühte sich aber bei dem leicht strafenden Blick seitens Caenis sichtlich um eine ernste und feierliche Miene.
»Kommt, Kinder, gehen wir ins Haus. Meine alten Knochen lechzen nach einer Kline, und wie ich meine Frau kenne, wartet drinnen ein Brigade Sklaven mit Erfrischungen...« löste Calvaster diplomatisch die Situation auf, legte seiner nicht protestierenden Frau die Hand auf eine Schulter und schob sie erst vor, dann neben sich her zum Haus. Er hinkte linksseitig ein wenig, wie Seiana jetzt feststellen konnte. Caius ergriff Seianas Hand und ging seinen Eltern langsam hinterher.
»Ich hoffe, du hast Hunger...« raunte Caius seiner Verlobten leise zu, während sie zum Haus gingen.Kurz hinter der Schwelle entwandt sich Caenis ihrem Mann und wies einige Sklaven an, irgendwas zu tun, dann wandte sie sich wieder zu den beiden um.
»Geht doch schon mal vor und packt eure Geschenke aus!« sagte sie freudestrahlend und verschwand, ehe noch jemand etwas sagen konnte. Calvaster krallte sich derweil Caius.
»So, mein Junge, wir wollen natürlich alles wissen. Du kennst ja deine Mutter... Aber erstmal sollt ihr euch stärken. Wie war denn die Reise? Eigentlich hatten wir euch schon vor zwei Tagen erwartet«, plauderte Calvaster, als sie ins triclinium gingen. Caius wunderte sich immer noch, welche Geschenke seine Mutter wohl meinte. So ein Mist, er hatte es total verschwitzt, zu den Saturnalien was herzuschicken. Seiana hatte ein schlichtes, aber schickes (wie er fand) Armband von ihm bekommen, und Elena hatte er eine Badekappe geschenkt, die wohl aber nicht so toll angekommen war. Daran, seinen Eltern etwas zu schicken, hatte er gar nicht gedacht. Darüber vergaß er ganz, seinem Vater auf die Frage nach der Reise zu antworten, so dass Seiana das übernehmen musste.Calvaster ließ sich ächzend auf einer Liege nieder, und Caius sah sich stirnrunzelnd im Raum um.
»Habt ihr gestrichen? Und wo ist der alte Ledersessel hin?« wunderte er sich. Calvaster lachte.
»Deine Mutter fand, dass es an der Zeit für eine neue Ära im Hause Aelia sei«, erklärte er, wobei er Caenis' Stimme recht gut nachmachte. Danach sah er sich kurz um, ob seine Frau in Hörweite war.
»Aber den Sessel hab ich retten können, der steht drüben bei Crassus im Gesindehaus«, erwiderte er verschwiegen.
»Sagt ihr das bloß nicht!«»Was sollen sie mir nicht sagen? Oh! Decimus, wie unhöflich, es hat ja noch niemand was zu trinken!« schalt Caenis da ihren Mann, der sie nur ansah, als könne er kein Wässerchen nie nicht trüben. Caenis klatschte zweimal in die Hände und setzte sich dann ebenfalls. Ein betagter Sklave reichte daraufhin jedem einen Becher, nachdem er sie gefüllt hatte.
»Auf unseren reizenden Besuch«, sagte Caenis.
»Auf die hübsche Braut«, sagte Calvaster.
»Auf zu Hause«, sagte Caius.
Und dann sahen sie alle zu Seiana hin. -
Dem Ex-Chef puste ich ins Bocks... äh, Posthorn! *TRÖT*
Alles Gute zum Jahrestag, Chief! -
Kaum hatten sie ihre Hintern aus der Sänfte gehievt, flog die Tür zum Haupthaus auch schon auf und eine Schar Sklaven schwappte hinaus, dicht gefolgt von Acilia Caenis. Mit ein klein wenig Verzögerung folgte (etwas gemächlicher) der alte Aelius Calvaster. Dennoch war seine Frau noch vor allen anderen an der Sänfte, und plötzlich hatte Caius sie sprichwörtlich am Hals.
»Caius, mein Lieber! Was freu ich mich, dass du mal wieder nach Hause kommst!« nuschelte Caenis in Caius' Tunika. Calvaster war inzwischen auch bei ihnen angekommen und beäugte das Spektakel amüsiert.
»Wir freuen uns, mein Sohn, wir freuen uns«, merkte er an und wartete, dass Caenis Caius freigab, was sie in diesem Moment tat. Calvaster umarmte Caius direkt im Anschluss. Nicht weniger herzlich, aber doch deutlich weniger feste.
»Äh, danke Paps. Mam...« ächzte Caius, der sich sichtlich überfordert fühlte. Caenis hatte sich inzwischen zu Seiana gesellt.
»Du musst Decima Seiana sein!« stellte sie folgerichtig fest. Das fehlender Verwandtschaftsverhältnis war für sie kein Grund zum Geizen mit Umarmungen.
»Herzlich willkommen in Ravenna, in unserem Haus und in der Familie, mein Kind«, sagte Caenis, während sie Seiana an sich drückte. Da sie viel kleiner als Seiana war, sah das etwas lustig aus. Calvaster hatte seinem Sohnemann inzwischen ein paarmal auf den Rücken geklopft und war zurückgetreten. Im Gegensatz zu seiner Frau reichte er Seiana erstmal nur die Hand, lächelte dafür aber warm.
»Salve meine Liebe. Caius hat es dir sicherlich schon gesagt, aber das hier ist meine bezaubernde Frau Caenis und ich bin Decimus Calvaster. Aber bitte, nenn mich doch Decimus«. sagte Caius' Paps und schüttelte unterdessen weiter Seianas Hand.
»Äh, ja, also: Das ist Seiana«, stellte Caius sie dann auch vollkommen überflüssigerweise vor. -
»Salve, freut mich«, entgegnete Caius höflich zu dem Aurelier gewandt und sah dann wiede rzu Quarto, der quasi direkt weiter sprach. Es ging um eine Kandidatur und die Aufwartung bei Senatoren. Also um ein Feld, was Caius selbst nicht betraf und wovon er (noch?) recht wenig Ahnung hatte. Ein klein wenig widerwillig nahm er Platz, denn eigentlich hatte er nur schnell etwas fragen wollen um dann gleich wieder bei Axilla zu sein. Aber es wäre zu unhöflich gewesen.
»Ehm. Wie wäre es mit dem amtierenden consul Tiberius? Soweit ich weiß gab es da doch kürzlich eine Heirat zwischen euren Familien? Wobei er da sicherlich eh nicht gegen dich stimmen würde«, dachte Caius laut und schüttelte den Kopf, als ein Sklave ihm auch Wein reichen wollte. Er war in solchen Dingen einfach noch zu unbeholfen. Fand er zumindest. Und da ehrte es Quarto umso mehr, dass er ihn zu sowas befragte statt ihn gleich wieder wegzuschicken.Er sah zu dem Aurelius hin.
»Entschuldige bitte.« Dann sah er zu Quarto.
»Lucius, ich würde wirklich gern noch bleiben, aber es gibt da etwas... Du kennst Iunia Axilla? Sie ist verwandt mit Iunius Silanus. Sie ist gerade hier und am Boden zerstört. Ihre enge Verwandte Iunia Urgulania wurde ermordet, sie war Pyrtane in Alexandrien. Nun weiß Axilla nicht wohin und ist aufgelöst. Sie ist eine enge Freundin von mir. Ob wir ihr wohl heute Nacht unsere Gastfreundschaft anbieten könnten?« schoss Caius einfach ins Blaue und sah Quarto dabei ernst an. -
Wir sind nicht mehr in Ägypten, Caius. Gnah! Wie oft hatte er diesen Satz während der letzten Tage gehört? Caius hatte beim dritten Mal schon nicht mehr mitgezählt. Bitte, dann waren sie eben nicht mehr in Ägypten. Wenn das bedeutete, dass Seiana sich lieber in einer Kutsche chauffieren ließ, statt den Wind im Haar zu spüren, dann war das eben so. Der Nachteil für sie lag dabei ja auf der Hand. Nur dummerweise war ihr Nachteil in dem Falle auch seiner gewesen, denn mit der (zugegeben) kleinen schnellen Kutsche hatten sie im Schnitt doch anderthalb Tage mindestens länger gebraucht, als wenn Seiana auch geritten wäre.
Caius hatte sich nicht streiten wollen. Deswegen hatte er auch nicht gestritten. Aber das komische Gehabt war ihm trotzdem gegen den Strich gegangen! Er hatte sich dabei ertappt, wie er mit Axilla verglichen hatte. Sie wäre sicherlich geritten. Bestimmt sogar vor ihm im Sattel. Aber Seiana war eben nicht Axilla und Axilla nicht Seiana, und eigentlich war das auch ganz gut so. Immerhin war es immer besser, eine Freundin und eine beste Freundin zu haben.
Nun ja, irgendwann waren sie allerdings in Ravenna angekommen und hatten das Stadttor relativ schnell passieren können. Caius altes Zuhause lag am Stadtrand, in unverbauter Sichtweite des Meeres. Dorthin hatte sie dann eine Sänfte gebracht. Wenigstens, so dachte Caius gerade, konnte sich Seianas Bruder nicht auch noch darüber beschweren, dass er sie auf dem Weg hatte übernachten lassen, wenn sie sich einmal trafen. Denn sie waren pünktlich bei Dämmerung an jedem Abend in einem Gasthof eingekehrt.
Gerade machte die Sänfte Halt, die sie durch Ravenna getragen hatte, und Caius sah zu Seiana neben sich. Er ergriff ihre Hand und lächelte sie aufmunternd an. Dass sie nervös war, sah man ihr an. Auch wenn es seiner Meinung nach keinen Grund dazu gab. Ihre Sänfte wurde abgesetzt.
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Als Seiana endlich auftauchte, zeigte sich ein Lächeln auf Caius' Gesicht. Er trat vor und küsste seine Verlobte auf die Wange.
»Salve schöne Frau«, sagte er.
»Alles fertig? Dann können wir wegen mir gleich los. Ich hab mal geschaut, wenn wir es bis Terni schaffen, könnten wir da bei einem alten Bekannten von mir unterkommen, ansonsten kehren wir bei einer mansio des cursus publicus auf dem Weg ein.«Caius führte Seiana zu den anderen, während Katander Elena wegen ihrer Müdigkeit aufzog.
»Holt ihr eure Tiere noch?« fragte Caius und winkte Elena gleichzeitig zum Gruß zu. Dann griff er sein Tier wieder selbst am Zügel. Wegen ihm konnten sie los. Das Bisschen bis aus der Stadt würden sie schon zu Fuß kommen. Und dann konnten sie ja reiten. -
Während der einen Woche vor dem Termin, den Archias seinen Eltern für den Besuch angekündigt hatte, war im Hause Aelius Calvaster zu Ravenna kaum noch ein ruhiges Leben möglich. Sklaven wuselten herum, trugen Dekoration, Stoff und Unmengen von Nahrungsmitteln. Zweimal schon hatten verwunderte Nachbarn vor der Tür gestanden und gefragt, welche Hochzeit denn gefeiert werden würde. Und zweimal hatte Calvaster voller Stolz geantwortet, dass ihr Sohn Archias demnächst heiraten würde. Nun dachte halb Ravenna, dass in Bälde eine Hochzeit stattfinden würde. Und zwar in Ravenna. Und in den nächsten zwei Wochen. Caenis wunderte sich unterdessen über die kleinen Präsente, die im Hause eingingen und an Archias und seine Braut adressiert waren. Gerade eben erst war eine unbeschreiblich hässliche Vase aus der Pling-Dynastie abgegeben worden. Mit eben dieser Vase kam sie nun ins Esszimmer, wo Calvaster lag und vor sich hin döste.
»Seltsam, seltsam... Decimus, eben wurde schon wieder ein Geschenk abgegeben. Sieh mal. Ist die nicht unglaublich hässlich?« Sie hielt die Vase hoch, schüttelte dann missbilligend den Kopf und stellte sie zu den anderen Dingen auf dem Tisch, die abgegeben worden waren. Calvaster schaute nur und grunzte amüsiert.
»Wann kommt Caius noch mal her?« fragte er im Liegen und ohne die Augen zu öffnen.
»Morgen!« kam es wie mit einem pilum geschossen. Es war nur allzu offensichtlich, dass sich Caenis unglaublich über diesen Besuch freute. Sie strahlte wie ein honigkuchenpferd mit extra Honig.
»Ach du je! Habe ich die Betten denn schon beziehen lassen?« Mit schreckgeweiteten Augen fuhr Caenis herum.
»Crania! Agneta!« nach zahllosen Sklaven rufend schoss Caenis aus dem Esszimmer und ließ Calvaster selig weiterschlummern... -
Römische Baumeister... Ach herrje. Hätte Caius dem Fremdenführer damals in seiner ersten Woche nur etwas besser zugehört! Er wusste noch, dass Alexander damals von seiner Stadt geträumt hatte und sie dann in Auftrag gegeben hatte. Wann war das gewesen? Caius hatte keine Ahnung. Er schob sich ein Ei in den Mund. Das verschaffte etwas mehr Bedenkzeit, während er kaute. Vor rund 140 Jahren war Alexandrien besetzt worden, soweit er wusste. Und wann war dieser blöde Turm erbaut worden? Vorher. Doch, das musste in jedem Falle vorher gewesen sein. Caius meinte, auf der Plakette irgendwas mit einer zwei vorn gelesen zu haben. Also schon Ewigkeiten her.
»Den Pharus Alexandrinus haben die Griechen erbaut. Ich erinnere mich leider nicht mehr an die genaue Zeitangabe, aber es muss irgendwann vor der Besetzung Ägyptens gewesen sein.«Tja, und was war mit dem Hafen? Caius nippte am Wein. Er hatte keine Ahnung. Zwar hatte ma hin und wieder Leute beim Ausbessern der Hafenanlage beobachten können, aber wann der Hafen erbaut wurde, das wusste er nicht.
»Was die Hafenanlage betrifft, muss ich leider passen. Bestimmt hat manVerbesserungen eingebaut, aber ich glaube nicht, dass wir den Hafen selbstständig erbaut haben. «
Wenn das jetzt nur man nicht zu dumm daherkam. Caius sah zum Kaiser, dann zu Quarto. -
Täuschte sich Caius oder schien der Decimus tatsächlich für die Nuance einer Sekunde erstaunt über seine vollkommen normale Begrüßung? Caius blieb kaum genug Zeit, skeptisch die Augen zu verengen. In der knappen Zeitspanne vor der Erwiderung seines Kontrahenten realisierte Caius vermutlich zum ersten Mal, dass hier ein klitzekleiner Irrtum vorlag. Und zwar auf seiner Seite.
Katander war inzwischen weiter hinten angekommen, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah in ihre Richtung. Und Caius sah Seianas Bruder mehr als erstaunt an, als dieser so unfreundlich reagierte. Fast war es Caius, als zöge eine (eis!)kalte Brise auf. Er wollte schon die Hand wieder sinken lassen und fragen, was Serapio für ein Problem hatte, da griff der Decimus doch zu. Caius, der ein Händeschütteln erwartete, war vollkommen überrascht, sein Gegner ihn nach vorn zog. Plötzlich hatte er nur noch ein Bein (Caius, nicht Serapio). In Zeitlupe rutschte er dem Decimus den Buckel herunter, zumindest kam es Caius so vor. Dann schlug er mit dem Geräusch eines nassen Sandsacks (»Wumpf!«) auf den hartweichen Untergrund. Caius blinzelte und starrte seine immer noch ausgestreckte Hand an. Ehe er realisieren konnte, dass Serapio ihn hereingelegt hatte, hockte der Decimus auch schon auf ihm drauf und holte aus. Irgendwo klatschte jemand, ein anderer pfiff beipflichtend. Katander hatte eine Hand vor die Stirn geschlagen und sah nun kopfschüttelnd dabei zu, wie Caius im Sand lag und Prügel einsteckte.
Nun war ja bekannt, dass Caius nur selten ein Schnellmerker war. Den ersten Hieb bekam er voll ab und er sah kurz Sternchen. Vor dem zweiten aber schaffte er es wenigstens, einen Arm vors Gesicht zu schieben, sodass Serapio statt seines Gesichts nur volle Granate den Ellbogen traf. Unterdessen gab Caius für sich Katander recht: Seianas Bruder schien tatsächlich eher weniger reden zu wollen. Womöglich hielt er ihn sogar noch für einen Feind? Die Prügel einzustecken, wäre noch irgendwie gegangen. Was aber so gar nicht ging, waren die Anschuldigungen, die in Caius' Ohren klingelten! Bei sich einquartiert? Und ohne Zustimmung verlobt? Caius biss die Zähne zusammen und wurde selbst allmählich auch sauer. Und wie! Er versuchte, nach Serapios Handgelenk zu angeln und kassierte dabei einen weiteren Schlag ins Gesicht. Kurz sah er Sternchen, dann bekam er Serapios Handgelenk (oder was auch immer, Caius sah ja Sternchen) zu fassen und konnte ihn halb von sich herunter ziehen. Die andere Hälfte besorgte eine Drehung seines Körpers, gepaart mit einem Ächzen, und Serapio ließ sich auch im Sand nieder. Allerdings sozusagen direkt neben ihm.
»Sie ist freiwillig gekommen. Außerdem hat sie gar nicht bei mir gewohnt, sondern über mir!« knurrte er, während er mit seinem rechten Fuß versuchte, einen Tritt zu landen, der Serapio ein wenig weiter wegschubsen würde. Caius wollte nämlich aufstehen.
»Ich würd mir mal überlegen, warum sie überhaupt nach Alexandrien gekommen ist!«
Hah! Er wusste von Seiana, dass ihr Bruder ein Hitzkopf war, und Seiana war ja selber auch einer. Iberisches Blut eben. Sicher würde Serapio einen Fehler machen, wenn Caius ihn stichelte. Inzwischen war er nämlich auch auf hundertachzig. Außerdem tat es gut, sich wegen seiner Freundin zu prügeln.Irgendwie schaffte es Caius, einem Manöver seitens Serapio auszuweichen. Er rollte sich zur Seite und stand in einer Wolke aus Sand auf. Überall rieselte es. Um sie herum gafften inzwischen einige Schaulustige, die Caius aber gar nicht sah. Er ging in Gefechtsstellung und hob die Fäuste vor den Körper, die Knie leicht gebeugt, sich selbst etwas nach vorn gelegt. Sobald Serapio stand, wollte er nach vorn stürmen und ihn in den Ringergriff nehmen.
»Was hast du eigentlich für ein Problem?« -
Auf seiner Suche nach Quarto kam Caius relativ bald ins atrium, wo er nicht nur Quartos Stimme hörte, sondern ihn auch fand. Er saß mit einem unbekannten Mann aus offensichtlich gutem Hause beisammen und unterhielt sich. caius zog kurz eine Grimasse, stören wollte er schließlich nicht, andererseits war sein Anliegen wichtig. Also gesellte er sich zu den beiden.
»Salvete!« grüßte er höflich und nickte erst seinem Vetter, dann dem Fremden zu.
»Lucius, könnte ich dich ganz kurz sprechen? Ich würde nicht stören, wenn es nicht wichtig wäre«, bat er Quarto um ein kurzes Gespräch. Dann nickte er dem Fremden noch einmal zu. -
Caius knuffte Axiilla kurz zusammen.
»Quarto ist schwer in Ordnung. Mach dir keine Gedanken. Aber ich werde ihn fragen, wenn es dir dann besser geht«, versprach er und hielt schon mal Ausschau nach seiner Tunika. Die würde er immerhin brauchen, wenn er gleich das Zimmer verlassen würde.Caius kannte keine Serrana und auch keinen Silanus, das hieß, letzteren nur vom Namen her. Trotzdem hörte er Axilla zu und machte ein bestürztes Gesicht, als sie von Liebe zu ihrem Verwandten sprach. Nun gut, das war unter Cousins vielleicht nicht unüblich, aber Caius hatte keine Ahnung, wie Axilla zu diesem Silanus stand. Fragen wollte er aber auch nicht. Axilla weinte ja schon, da würde eine Frage die Schleusen nur noch weiter öffnen, dachte er sich.
Die weiteren Enthüllungen riefen so etwas wie seinen Beschützerinstinkt in ihm wach. Er drückte Axilla ein bisschen mehr an sich heran, unterbrach sie aber nicht. Erst, als sie wieder richtig dolle weinte und er deswegen eine Schnute zog, sagte er dann doch was.
»Ich kenne diesen Silanus nicht. Aber weißt du was? Er ist ein Dummkopf, wenn er herzlos zu dir ist. Du bist so eine Liebe und Herzliche, da versteh ich nicht, wieso er dich schlecht behandelt«, sagte er.
»Er sollte sich glücklich schätzen, dass du so ehrlich zu ihm warst. Nicht dich dafür ignorieren, egal was er darüber denkt.«Caius dachte kurz an seine Eltern. Wenn einer von ihnen sterben würde, wäre er auch traurig und betroffen, aber vom Weg abkommen würde er wohl nicht. Sein Weg war ja aber ohnehin ein verschlungener, schlammiger Trampelpfad. Als Weg konnte man das wohl kaum bezeichnen. Aber Caius konnte sich schon vorstellen, was Axilla damit meinte.
»Weißt du, wenn deine Familie dir keinen Halt geben kann, kommst du eben zu mir. Ich bin für dich da. Und wir finden schon einen Weg für dich. « Er lächelte verschmitzt.
»Aber du musst mir dabei helfen, den passenden zu finden. Ich seh nämlich ziemlich viele Wege für dich.« Caius schmunzelte und piekste Axilla in die Seite.
»So. Und jetzt kümmere ich mich erstmal darum, dass du heute Nacht hierbleiben kannst. Ähm, reichst du mir mal die Tunika? Danke.«Wenig später stand Caius vollständig bekleidet zwischen den am Boden liegenden Muscheln vor seinem Bett und sah auf Axilla hinunter.
»Hast du Hunger? Ich könnte nämlich ein halbes Spanferkel verdrücken«, sagte er.
»Ach, ich bring einfach was mit.« Frauen sagten nämlich ständig, dass sie keinen Hunger hatten. Und dann aßen sie doch was.
»Ähm. Ziehst du dich an? Nur, falls Quarto zufällig...naja«, sagte er. Dann lächelte er kurz und verließ den Raum, um Quarto zu fragen, ob die Übernachtung klar ging. -
Caius hatte bei ihrem ersten Satz ein ganz und gar ungehöriges Bild von Axilla allein im Kopf, aber er besaß genug Geistesgegenwart, um das Bild nicht in Worte umzuformen und Axilla zu antworten. Lieber ließ er das Bild fallen und ging ernsthaft an die Sache heran.
»Dafür sind Freunde doch da«, sagte er. Dann sah er an ihnen beiden hinunter, grinste schief und fügte hinzu:
»Naja, vielleicht nicht dafür... Aber du kannst immer zu mir kommen, wenn es dir schlecht geht. Solange du nicht nur kommst, wenn es dir schlecht geht.«Caius lächelte Axilla zu. Ja, was würde Quarto sagen? Kurz grübelte Caius darüber nach. Er war sich aber sicher, dass Quarto nichts dagegen haben würde, solange man den Anstand wahrte und die Iunier über Axillas Verbleib informierte.
»Mach dir keine Gedanken. Quarto und ich sind momentan die einzigen Aelier hier in der domus. Und Quarto ist sicherlich damit einverstanden. Ich kann ihn aber fragen, wenn dir das lieber ist«, erwiderte Caius und drückte Axilla kurz.
»Möchtest du denn? Und was würden deine Verwandten sagen? Ich möchte ja nicht, dass du Ärger bekommst.«