Beiträge von Caius Aelius Archias

    »Na komm schon. Ich brauche noch etwas für Quarto. Und für den kleinen Lucius. Der wahrscheinlich gar nicht mehr so klein ist«, bemerkte Caius trocken und steuerte auf einen Pfeifenhändler zu.
    »Haha, Opium! Meinst du, das könnte Quarto gefallen? Eine neue Opiumpfeife? Hat er überhaupt eine?« Grübelnd kratzte er sich am Kopf.
    »Wozu sollte er unbedingt eine Opiumpfeife brauchen?« wandte Katander mürrisch ein, und Caius blieb unschlüssig stehen.
    »Hm. Weiß nicht? Damit er nicht immer so ernst dreinschaut?« Er seufzte und zuckte mit den Schultern.
    »Das ist fast so schwierig wie damals der Einkauf für Callidus! Was schenkt man denn einem erfolgreichen Politiker der schon alles hat?« Caius schüttelte frustriert den Kopf.
    »Und wenn du nach etwas anderem schaust? Nichts Materielles, meine ich. Alexandria hat eine große Bibliothek. Mach doch eine interessante Abschrift von irgendwas, das in Rom nur schwer zu haben ist.« Katander schaffte es, trotz der Päckchen und Pakete mit den Schultern zu zucken, aber Caius sah nicht gerade begeistert aus.
    »Hm. Ach, nee...« Katander rollte mit den Augen, hielt aber die Klappe.
    »Und solche Lammfellsandalen?« fragte Caius seinen Sklaven lustlos.
    »Wenn du meinst, Herr«, echote katander gelangweilt, woraufhin nun Caius mit den Augen kullerte.
    »Boooh, nu sei mal nicht so eingeschnappt! Bist ja schlimmer als eine Frau«, meckerte Caius.
    »Sicher nicht schlimmer als Seiana, wenn sie rauskriegt, was du angestellt hast«
    , murmelte Katander kaum hörbar. Caius hatte es trotzdem verstanden und sah Katander nun alarmiert an.

    Es war ein ziemlich angenehmer Morgen. Vom Meer her wehte eine leichte Brise und die Palmwedel raschelten sachte im Wind. Allerdings merkte man diesseits der Palmenwipfel rein gar nichts davon, was den Morgen dann doch ziemlich schwül und drückend machte. Nichtsdestotrotz hatte Caius Katander genötigt, mit ihm über den Markt zu ziehen und einzukaufen. Wenn er Ägypten bald verlassen würde, bräuchte er entsprechende Geschenke. Egal, ob er in Germanien dann noch einmal einkaufen gehen würde oder nicht.


    Vorbei an Catulus & Albius (kurz C & A), Dolcus und Gabbanus, einigen fehl am Platz wirkenden Ziegenhändlern und dem gallischen Frauenladen Douglasius, flanierten Herr uns Sklave die Märkte entlang. Katander zog ein langes Gesicht.
    »Nu guck doch nicht immer so. Du darfst deinem Herzilein ja auch was schenken«, sagte Caius zu Katander.
    »Zehn Sesterzen, in Ordnung?« Katander warf ihm einen grollenden Blick zu und schwieg. Seine Griesgrämigkeit mochte daran liegen, dass er bereits bepackt war wie ein hellenisches Maultier.
    »Du musst halt auch mal schauen, Katander!« echauffierte sich Caius gerade und deutete mit links hierhin, mit rechts dorthin.
    »Hier gibt es so viele Stände. Da wird auch für Elena was dabei sein. Nen neuer Kochlöffel oder sowas.«


    Katander hätte ja gern geschaut, wenn er denn die Hände frei gehabt hätte. So aber... Er warf einen leicht sehnsüchtigen Blick zu einem Schmuckstand, der viel zu teuer war für seine zehn Sesterzen, und schoss dann einen vernichtenden Blick Richtung Caius ab. Sein Herr hatte es ihm nicht erzählt, aber er wusste, dass irgend etwas bei den Iuniern vorgefallen sein musste. Etwas Wichtiges. Und Caius konnte ihm nichts vormachen, immerhin aren sie zusammen aufgewachsen! Caius bemerkte den Blick und sah weg. Das tat er die letzten beiden Tage ständig. Er hatte etwas zu verbergen, und es hatte mit den Iuniern zu tun. Und sicherlich auch mit Seiana. so sehr konnte man eine Frau gar nicht lieben, dass man ihr halb Ägypten kaufte. Denn beinahe alles, was Caius trug, war für Seiana.

    Caius war ein Lebemann. Einer, der stets optimistisch zu sein versuchte. Dass die Stimmung direkt nach dem Sex so kippte, war ihm eigentlich unangenehm, aber er konnte wohl nichts dagegen tun. Ihm selbst ging es ja auch nicht so sehr anders. Er hatte das Gefühl, dass Seiana es bereits jetzt wusste. Und er selbst wusste, dass er nicht die Klappe halten konnte. Nicht, wenn er sie wirklich liebte. Dann gab es mehrere Möglichkeiten. Vielleicht war es ihr egal, was am unwahrscheinlichsten war. Vielleicht nahm sie es hin und nichts änderte sich, was an sich die schlechteste Lösung war, da dann Wiederholungsgefahr bestand. Die traurigste Möglichkeit war, dass sie ihn nicht mehr wollte. Caius versuchte, nicht über die verbleibenden Möglichkeiten nachzudenken. Deswegen sah er Axilla an.


    »Ja. War es«, bestätigte er ihr. Dann musste er an Figula denken. Mit ihr hatte er vor ein paar Jahren in Germanien ein paar Mal im Bett gelegen. Für ihn war das nichts anderes gewesen als das heute mit Axilla. Sie hatte das etwas anders gesehen. Und nachdem er ihr das klar gemacht hatte, war irgendwann ihr großer Bruder vor der Tür gestanden und hatte ihn verprügeln wollen. Piso sei Dank war aber Caius kein Waisenknabe, so dass es eher andersherum gelaufen war. Hm, eigentlich hatte er keine große Lust, sich mit Merula zu prügeln, überlegte er. Das würde er noch früh genug mit Seianas Bruder tun.


    Er riskierte erneut einen Blick zu Axilla, die sich in genau diesem Moment selbst zu ihm drehte und sich an ihn kuschelte. Er legte ihr einen Arm um die Schultern, dann merkte er, dass seine Haut einen Tropfen abbekam. Bei Isis, nun weinte sie also doch! Caius fühlte sich gleich noch ein wenig schuldiger, noch ein wenig schlechter und ein wenig schäbiger. Umso wahnwitziger klangen ihre Worte. Erst wollte er sie eine Weile im Raum stehen lassen, um nachzudenken, ehe er antwortete, aber dann sah Axilla ihn mit wässrigen Augen an und verlangte damit sofort eine Antwort. Caius schwieg. In einer solchen Situation musste man die richtigen Worte finden. Solche, damit es einem selbst und der Frau in seinem Arm besser ging. Wer aber Caius kannte oder seine bisherige Karriere etwas mitverfolgt hatte, der wusste, dass er kein Fettnäpfchen auslassen konnte.


    »Naja, ich hätte doch nicht darauf eingehen müssen. Ich meine... Sieh mal, du bist meine beste Freundin. Die einzige noch dazu, hier in Ägypten. Wir werden wohl jetzt immer hieran denken müssen, wenn wir uns sehen.« Er runzelte nachdenklich die Stirn.
    »Es war gut, Axilla. Ziemlich sogar. Und ich mag dich wirklich sehr. Aber ich, äh... Ich liebe dich nicht.« So, jetzt war es raus. Und Caius rechnete damit, dass Axilla ihm eine watschen würde.


    »Wenn sie mich noch will«, beantwortete er ihre letzte Frage vorsichtig.

    Seiana. Caius dachte an sie und hatte ein ganz furchtbar schlechtes Gewissen. Andererseits waren sie noch nicht verheiratet. Caius wusste gar nicht, was er überhaupt denken sollte. Was hatte ihn nur geritten, Axilla zu vernaschen? Sie war so ziemlich die einzige Frau, mit der er prima befreundet war. Gewesen war, denn mit dieser kleinen Erfüllung der Begierde hatte er wohl alles kaputt gemacht. Es war ja nicht so, dass Caius um jedes Fettnäpfen herum lief. Viel eher war es so, dass er von einem zum nächsten stolperte. Aber das hier, das war.... Das war eine Fettwanne. Caius schielte zu Axilla hinüber. Grundgütige Iuno, hoffentlich dachte sie jetzt nicht, dass er sie heiraten würde. Bis alle Ewigkeit glücklich und so weiter. Ob er ihr sagen sollte, dass es nett gewesen war, aber mehr nicht? Besser, er ließ das bleiben. Sonst weinte sie am Ende noch.


    Mit ungutem Gefühl im Bauch (das andere war quasi soeben abrupt verebbt) wollte er sich eben auf die Seite drehen, um mit Axilla zu reden, als sie selbst etwas sagte. Was ihn vollkommen irritierte. Er drehte sich trotzdem auf die Seite und sah Axilla an, nun außerordentlich überrascht. Erst wollte er fragen, wie sie das meinte. Dann ging ihm auf, dass sie das wohl genauso meinte, wie sie es gesagt hatte. Sein Ausdruck wurde weich.
    »Blödsinn. Ich hätte ja nicht...« Er verstummte, ein wenig ratlos. Dann hob er die Hand und strich Axilla über die Wange.
    »Ich hoffe, ich bin dir nicht zu nahe getreten. Äh, wobei... Eigentlich war das doch ziemlich nahe.« Und da war es wieder, das Grinsen. Ein wenig schräg zwar, aber Caius wäre wohl nicht Caius gewesen, wenn er nicht mindestens einmal in einer halben Stunde gegrinst hätte.

    Was tat man nicht alles, wenn die Bezahlung stimmte. Caius ließ sich hinfallen, stand wieder auf, ließ sich schubsen und landete diesmal sanfter. Hier war die Aussicht genauso erquickend wie zuvor auf dem Boden, dachte er. Das war aber auch schon alles, was er zu denken im Stande war. Na gut, vielleicht gab es da noch etwas. Wobei... das war mehr Instinkt als Gedanke: Seine Hände passten prima zu den Hüften Axillas, und auch andere Dinge schienen wie für einander gemacht, wie sicher nicht nur Caius im Moment der Passgenauigkeit bemerkte.


    Nun, was soll man noch groß erzählen? Manchmal ist das Leben nun mal ein einziges Auf und Ab. Genau so war es auch während der nächsten Viertelstunde. Danach fand ein ziemlich erschöpfter Caius seine Stirn an der Halsbeuge Axillas wieder. Und da kündigte er dann auch schon seine triumphale Rückkehr an. Der Verstand. Erst war da nur wenig, das pochte. Doch es wurde immer mehr. Caius rappelte sich auf und starrte Axilla an. Dann stöhnte er. Ob es Frustration oder Behaglichkeit war, wusste er in dem Moment selbst nicht. Jedenfalls rollte er sich von Axilla herunter (wie sie sich umgedreht hatten, wusste er nicht mehr) und lag dann ziemlich durcheinander neben ihr, einen Unterarm auf die Stirn gelegt und ein Loch in die Decke starrend.

    Hätte er die Geschichte gekannt, hätte Caius Parallelen zu Hänsel und Gretel gezogen, die ihren Weg zum Ziel mittels Brotkrumen fanden. Caius hatte keine Ahnung, wo er sich gerade befand. Er folgte nur den verheißungsvollen Küssen Axillas. Eben diese schob mit ihrem Hintern die Tür zu ihren Gemächern auf und zog Caius mit sich hinein. Caius vollendet das Unsanfte Gebaren mit der Tür, indem er ihr einen Tritt mit der Außenkante seines rechten Fußes versetzte. Die Tür knarzte protestierend, schloss sich aber gehorsam.


    Als Caius sich einen Moment von den leidenschaftlichen Lippen losreißen konnte, die ihn hierher gelockt hatten, blickte er an sich hinunter und entdeckte Axillas ungeschickt herumfummelnde Hände an seiner Gürtellinie. Er beschloss, ihr auszuhelfen, und schob sie unterdessen weiter zu der Spielwiese, die soeben entdeckt hatte. Caius' Bekleidung war gefallen, noch ehe sie sie erreicht hatten, und Axilla war nicht viel besser dran. Irgendwo auf dem Weg zum Bett trat Caius in eine Fibel, die sich in dem Knäuel aus Stoff am Boden versteckt hatte. Er fluchte unschön und riss Axilla mit sich halb zu Boden, weil er auf einem Bein hüpfte und dabei blöd aufkam. Wenigstens landete sie weich (auf Caius), der diesen Umstand wiederum mit einem angenehmen Seufzer quittierte.

    Caius war eigentlich kein Mensch, der beabsichtigt einen anderen Menschen hinterging. Naja, zumindest keinen, den er mochte. Was er sich bei dieser Aktion hier dachte, war auch recht schnell erklärt: Nichts. Irgendwie wusste er auch gar nicht so recht, wie ihm geschah. Jedenfalls befand sich Axilla urplötzlich auf Caius' Schoß. Mitten im atrium. Irgendetwas klapperte und im Zuge dessen weichte etwas Nasses Caius' Tunika am rechten Bein ein wenig ein, aber das merkte er kaum. Sein Verstand hatte den Kampf gegen die tosenden Fluten inzwischen aufgegeben und war abgesoffen. Später (bei Ebbe) würde er sich dafür umso heftiger melden, aber erstmal war Flut angesagt.


    Er hielt Axilla inzwischen umklammert und hatte keine Kontrolle mehr über seine Hände. Es war, als würde er daneben stehen und zuschauen, wie er Axilla vernaschte. Dabei hatte er doch eigentlich nur Auf Wiedersehen sagen wollen... Jedenfalls war es ihm unmöglich, sein Hirn zu reaktivieren. Und ohne Blut ging das ohnehin nicht, und das wurde gerade anderenorts dringender gebraucht. Gerade, als er von Axillas Ohrläppchen wieder auftauchte und sie wie opiumverklärt anschaute, nuschelte er etwas von einem anderen Ort und davon, dass Axilla zum Anbeißen war. Caius (der kleine) tat dabei auf unmissverständliche Weise kund, was er damit meinte.


    8)

    Das war eine gute Antwort, entschied Caius, und so nickte er.
    »Sehr gut. Das war eigentlich auch schon alles, was ich wissen wollte. Dann werde ich das entsprechend schreiben, wenn ich einen Brief nach Rom schicke«, erwiderte er auf die doch recht knappe Antwort des Iuniers hin. Dann überlegte er nach weiteren Dingen, die er Merula fragen könnte. Er konnte mutmaßen, dass dieser auch einmal eques werden würde. Aber das erschien ihm etwas plump. Er konnte sich auch über das Privatleben erkundigen, aber das war doch etwas zu persönlich. Allerdings, nur über das Wetter zu reden, erschien ihm genauso unpassend. Also seufzte er tief und sagte nichts.
    »Hast du die Versandlisten da schon fertig?« fragte er daher in Ermangelung einer besseren Idee und deutete auf Merulas Schreibtisch.

    Caius hätte ja mit allem gerechnet. Damit, dass Axilla ihn regelrecht webschubsen würde, zum Beispiel. Oder damit, dass sie ihn anstarren und sonst nichts weiter tun würde. Dass sie ihn beleidigte oder sich wie eine Wildkatze aufführen würde. Erwartet hatte er, dass sie vielleicht lachen und es überspielen würde. Damit hätte er noch umgehen können. Aber damit, dass sie ihn zurückküsste hatte er werder gerechnet, noch konnte er damit umgehen.


    Also, zumindest hinterher. In besagtem Moment nämlich ging er aufs Ganze. Und jetzt rächte sich die Zurückhaltung wieder einmal, die er bei Seiana an den Tag hatte legen müssen. Ertrinkend und lauthals um Hilfe brüllend ging allmählich sein Verstand in einer Flutwelle von Testosteron unter. Das ging so weit, dass er Axilla sogar noch ein wenig näher an sich heran zog, sofern sie ihn lassen würde. Mit Liebe hatte das nichts zu tun. Aber die Sehnsucht, die Axilla empfand, die hielt jetzt auch Caius in ihrem Griff. Wäre Katander anwesend, wäre das wohl nicht passiert. Doch der saß gerade in der Küche und hielt ein Schwätzchen mit den iunischen Sklaven. Zumindest mit denen, die nicht gerade gaffend im atrium standen und Caius und Axilla beim Knutschen zusahen. Und es wirkte fast so, als wollte keiner von beiden mehr aufhören.


    :D

    Eine Truhe mit Kleidern und noch eine. Caius grinste. Warum konnte die Frau nicht einfach sagen, dass sie zwei Truhen Klamotten mitnahm. Musste wohl so ein Frauending sein. So zuckte er nur mit den Schultern, sagte aber nichts dazu. Würde er ja eh nicht verstehen, sagte er sich. Und wenn er ihr nicht auf den Wecker fiel, war das umso besser. Dann konnte er noch ein Weilchen bleiben.


    »Naja, das wird sich dann ja demnächst ändern, nehme ich an? Ich meine, wenn du schon in Rom bist, kannst du sie auch gleich besuchen. Sofern du ihr nicht eh über den Weg läufst«, stellte er fest und zuckte mit den Schultern. Täuschte er sich, oder überzog da allmählich eine zarte Rötung Axillas Gesicht? Ob ihr etwas peinlich war? Der Wein konnte es ja unmöglich sein, sie hatte ja nicht mal die Hälfte getrunken bisher. Ei, da sah sie irgendwie süß aus. Caius trank schnell einen Schluck und guckte danach in seinen Becher. Zumindest, bis Axilla seine Gedanken las. Ab da sah er sie nämlich an, wie ein Lamm bei Donner.


    Kurz darauf klopfte er sich grinsend seine Tunika ab. Dann machte er ein bedauerndes Gesicht.
    »Oh, nein. Tut mir leid. Den letzten hab ich eben auf dem Weg hierher gegessen, damit mein Magen nicht laut rumpelt, wenn ich schon eine Muse besuche«, gab er zurück und grinste.
    »Muss dann wohl der Kuss herhalten.« Er seufzte theatralisch und beugte sich zu Axilla. Und küsste sie ganz unverfroren und kurzerhand auf den Mund. 8)

    Errrrrrm...hatte er gerade tatsächlich Schätzchen gesagt? Tzäss, da hatte er doch einfach ein weh unterschlagen. Aber Merula verstand ihn auch so, und so konnte Caius den Freud'schen Versprecher ganz einfach unter den nicht vorhandenen Teppich kehren. :]


    »Da hast du natürlich vollkommen recht!« pflichtete der Aelius seinem Kollegen bei und nickte.
    »Das ist schon wichtig, dass die Alexandriner ihre Post versenden können. Sofern sie denn welche haben«, stellte er fest und blinzelte.
    »Tja weißt du... Also, ich bin ja vor einer Weile zum eques ernannt worden. Da ist es ein wenig schwierig, als PeVau weiterzukommen... Deswegen habe ich nach Rom geschrieben und Aelius Quarto befragt, ob er nicht ein Plätzchen für mich in Rom weiß. Bisher habe ich da noch keine Antwort, aber ich hoffe, bald bekomme ich einen positiven Brief. Und dann... Naja, du kannst es dir ja sicherlich schon denken. Ich wollte dich bei Germanicus Avarus als meinen Nachfolger vorschlagen. Und das hat ganz bestimmt nichts damit zu tun, dass du der Einzige bist, mit dem ich hier unten in Alexandrien zusammenarbeite. Von den tabellarii mal abgesehen, die alle Nase lang hier reinschneien. Äh, ja. Was sagst du dazu? Könntest du dir vorstellen, praefectus vehiculorum zu werden? Das müsste dann natürlich was Längerfristigeres sein«, fasste Caius zusammen und beobachtete Merula nun ganz genau.

    Caius grinste besiegt zurück und zuckte dann mit den Schultern.
    »Tja, also, im Grunde kannst du dir deine Pämie aussuchen, Sterbliche«, erwiderte er. Vielleicht würde sie ja einen Kuss haben wollen. An den konnte sie sich dann erinnern, wenn ihr Senator vom Stuhl kippte. Bei dem Gedanken musste er kichern. Er wurde gerade rechtzeitig wieder ernst, als Axilla den Sklaven auf die Suche nach etwas Wein geschickt hatte und sich ihm wieder zuwandte.


    »So früh schon«, stellte er fest.
    »Dann bist du ja sozusagen im Aufbruchsstress. Ich hoffe, ich störe dich nicht. Also bist du in rund zwei Wochen in Rom.« Caius nickte. Er wusste nicht, wie lange er brauchen würde, bis er wo anders sein würde als in Alexandrien. Er nahm Axilla den Becher ab und leerte ihn gleich mal zur Hälfte. Wenn er an etwas Geschmack gefunden hatte, dann war es der ägyptische Wein. Die würzten den hier ganz anders als in Italien. Und selbst in den römischen mischten die Ägypter Palmwein hinein. Wenn man richtig echten Italiener oder Spanier haben wollte, musste man den sich vom Händler seines Vertrauens importieren lassen. Dann war auch kein Palmwein drin. Aber gerade den mochte Caius inzwischen recht gern.


    »Kann ich nicht sagen. Ich hoffe, dass er mir baldestmöglich antwortet. Ich muss dann ja auch ein paar Dinge regeln.« Er dachte an diverse Briefe und die Überfahrt, wohin sie auch gehen mochte.
    »Quarto ist nicht mein Vetter. Er ist sowas wie... Wie ein Großonkelcousin. Nein, im Ernst, mein Vater ist über zig Ecken mit ihm verwandt. Ich sage einfach Quarto zu ihm. Das erleichtert vieles. Aber wo wir schon dabei sind, wie stehst denn du zu Merula?« Caius' Augen taxierten Axilla über den Becherrand hinweg.

    »Öh... Keine Ahnung? Wobei, warte mal, hieß der nicht Philippides oder so ähnlich?« Caius runzelte angestrengt die Stirn, zuckte dann aber mit den Schultern.
    »Wieso hast du dich denn so abgehetzt? Hier ist doch so gut wie eh nichts los«, stellte er dann nüchtern das fest, was Merula dachte.
    »Ahso, ja. Also, du bist ja nun schon eine Weile hier, da dachte ich, wir führen mal ein Personalgespräch.« Caius grinste kurz.
    »Ich will auch gar nicht lang herumreden. Ich finde, du machst deine Sache ganz gut. Bist du denn noch zufrieden mit der Arbeit hier? Ich gebe zu, es ist derzeit etwas...trist, wenn man es genau nehmen will. Irgendwie scheinen die Leute hier faul zu sein, was das Schreiben betrifft. Und sie schicken meistens ihre Sklaven vorbei, die dann ganz schnell wieder weg müssen und keine Zeit für ein Schätzchen haben. Naja.« Caius zuckte mit den Schultern und sah Merula fragend an.

    Caius nickte bloß. Er konnte seiner Freundin (im Freundinnensinne) ohnehin nicht vorschreiben, was sie tun und lassen sollte. Er konnte lediglich hoffen, dass sie keinen Blödsinn veranstaltete, und das war bei Axilla schon ein heiteres Unterfangen. Vielleicht waren die beiden auch deshalb so kompatibel miteinander, überlegte er.


    Viel Zeit zum Überlegen hatte er allerdings nicht, da Axilla kurzerhand zum Gegenangriff ansetzte und damit den überraschten Caius vollkommen unvorbereitet traf. Er gluckste irritiert. Und brach dann in schallendes Gelächter aus. Nicht aber, weil er kitzelig war.
    »Wohohohoaa, du willst mich kitzeln? Einen Titan? Da hat dir noch niemand die Leviten gelesen, was?« Er grinste breit und verstärkte seine Kitzelbemühungen noch ein wenig, um dann abrupt aufzuhören (ehe Axilla ins impluvium fiel). Abwehrend hob er die Hände.
    »Ah, nein, schon gut, ich gebe auf!« gab er lachend kleinbei. Als er wieder etwas zu Atem gekommen war, seufzte er tief.
    »Jetzt könnte ich einen Schluck Wein vertragen... Hör mal, das darfst du aber mit deinem Senator nicht machen. Der könnte vor Schreck einen Herzschlag bekommen.« Caius überlegte einen Moment.
    »Wann willst du eigentlich los?«

    Caius meinte fast, die kleinen Schräubchen und Rädchen hinter Axillas Stirn rattern zu sehen, während sie nachdachte. Allerdings schien sie nicht sonderlich davon überzeugt zu sein, dass sich überhaupt jemand für sie interessieren könnte.
    »Na nun aber«, tat Caius entrüstet und drückte den Rücken durch.
    »Wenn ich nicht schon fast unter der Haube wäre, könnte da selbst ich nicht nein sagen. Schau dich mal an! Und du bist humorvoll und, äh, kannst dichten und sowas. Wer würde ds nicht zuschlagen wollen? Und gerade so ein verkalkter Senator wie der Decimus ist sicher auch wild auf Frischfleisch. Ich meine, stell dir doch mal vor, der war eine halbe Ewigkeit bei den Parthern eingesperrt...« Caius schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern.
    »Du musst eben einfach vorsichtig sein. Ja?«
    Das Glück begünstigte die Mutigen? Ha, Caius dachte immer, dass der Spruch 'Das Glück is mit die Dummen' hieß. Vermutlich war das aber ein Fehlglaube, also sagte er besser nichts dazu. Und Axilla war ja auch eigentlich nicht dumm. Etwas voreilig vielleicht, aber das war ja an sich noch nicht schlimm.


    »Ach, gib es zu, insgeheim magst du das doch«, witzelte Caius nun, als Axilla sich halb im Ernst beschwerte. Dabei grinste er von Ohr zu Ohr.
    »Kann gut sein. Aber wenn er umkippt, hat er sicher einen Stall von Sklaven, die ihn und seine kostbare toga zurück auf den Stuhl schubsen.« Caius bleckte grinsend die Zähne, als er sich einen wild strampelnden Senator vorstellte, den zehn Sklaven vor dem Umkippen retteten.
    »Warte das einfach ab. Ich bin gespannt...«
    Vielleicht bedeutete das für Axilla ja einen Aufstieg sondergleichen. Dann wäre sie schneller als er, was ihn zwar nicht im Geringsten wurmte, sich aber doch irgendwie seltsam anfühlen würde. Nun ja, noch war es ja nicht so weit.


    »Ich? Angefallen?« Caius tat beleidigt.
    »Hör mal, ich kann vielleicht nicht so hochtrabend daherreden wie die Politiker, aber ich werde sicherlich mit einem germanischen Bären fertig.« Er schnaubte gespielt empört.
    »Siehst du, allein mein Stolz verlangt es nun eigentlich, dass ich doch nach Germanien fahre und dir ein Bärenfell besorge. Damit du mir glaubst.« Ein skeptischer Blick in Axillas Richtung folgte.
    »Hast du überhaupt schon mal so einen germanischen Bären gesehen? Die sind riesig. Stinken aus dem Maul. Und haben soooolche Zähne.« Er machte eine entsprechend übertrieben Größenangabe mit beiden Händen.
    »Und wenn man da nicht aufpasst..... fressen die dich Womit er Axilla eigentlich recht unschicklich in die Seite piekte und zu kitzeln begann.

    »Morgen«, brummte Caius, als Merula ins Büro hastete. Er hob erst dann den Blick und registrierte, dass der Iunius ziemlich abgekämpft wirkte. Seine Tunika hatte sich ein weig verdreht und rutschte nun, da er stand, erst wieder in Form. Caius zog die Augenbrauen hoch.
    »Frühsport?« fragte er seinen Kollegen und schaffte es tatsächlich, dabei zur Andeutung eines Lächelns einen Mundwinkel hochzuziehen.
    »Setz dich und komm erst mal zu Atem. Ich muss mit dire reden«, bemerkte er dann generös und deutete auf den kleinen Seitenschreibtisch, den sie für Merula angeschafft und irgendwie auch noch ins Postbüro gequetscht hatten. Dabei fiel ihm auf, dass er nicht sonderlich nett klang. Aber Merula konnte schließlich nichts für Seianas Abreise, also riss sich Caius um Riemen und stellte, im Versuch, freundlich zu sein, eine ganz normale Frage.
    »Gut geschlafen?«

    Es ist für die meisten Männer ohnehin so manches Mal schwer, einer Frau zu folgen, daher mag man es Caius nachsehen, dass er ein wenig verwirrt dreinschaute, während Axilla davon erzählte, wie es zu der Einladung gekommen war. Er gab sich jedoch große Mühe, und am Ende hatte er sogar verstanden, wie Axilla nun nach Rom kommen sollte. Allerdings war ihm schleierhaft, wieso ein Senator eine junge Dame einfach einlud, quasi nur so. Ob der Decimus explizit auf eine Anstandsdame hingewiesen hatte? Caius hatte da so seine Zweifel. Andererseits kannte er den ehemaligen Legaten gar nicht. Aber das Tamtam, das seine Rückkehr bedeutet hatte, und die Werbetrommel, die die Acta dabei gerührt hatte, waren schon irgendwie seltsam. Naja.


    »Klingt irgendwie, als hättest du da ein Pasch im Würfeln gehabt. Pass bloß auf, die meisten Senatoren sind ja nicht mehr die Jüngsten. Hinterher will der dich wegheiraten oder sowas, einfach weil ihm deine Kurven so gut gefallen und dein Verwandter sein Klient ist. Da kann er ja schlecht nein sagen, nicht? Am besten nimmst du eine ganze Horde Sklaven zum Aufpassen mit. Und sag Seiana mal hallo, wenn du in Rom bist und deinen Senator besuchst.« Caius machte kurz ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er vermisste Seiana ziemlich. Auf ihre Art war sie genauso verplant wie Axilla, und obendrein noch ziemlich schräg.


    »Aber weißt du, eigentlich schreibt man ja nicht einfach so einem Senator, oder?« überlegte Caius dann laut. Er selbst hatte zumindest nie einfach so einem geschrieben. Na gut, von Quarto einmal abgesehen. Hatte er sonst einem geschrieben? Nicht dass er wüsste. Und ihm hatte auch niemand geschrieben. Nicht einmal Quarto bisher. Caius seufzte.


    »Hm? Oh, tatsächlich? Dann scheint die Begabung und das Interesse dafür ja in der Familie zu liegen, was?« gab er zurück und grinste schelmisch. Eigentlich wollte er Axilla damit nur wieder etwas sticheln, damit sie rot werden würde.
    »Nein, dass er mal Priester war, wusste ich nicht. Aber ist sicher nicht schlecht. Nur für mich wär das nichts. Ich hab keine Lust, den ganzen Tag in so einer seltsamen Kutte herumzulaufen«, stellte er klar und zuckte mit den Schultern.


    »Versetzt?« Im ersten Moment wusste Caius gar nicht, was Axilla damit sagen wollte. Dann aber fiel es ihm ein und er schüttelte den Kopf.
    »Achso, nein. Also, ich werde höchstwahrscheinlich bei der Post aufhören. Ich hab den Legaten nicht um Versetzung gebeten. Weißt du, ich bin ja zum Ritter ernannt worden, und da möchte ich jetzt etwas weiterkommen. Deswegen habe ich Quarto geschrieben, du weißt ja, der Bruder des Kaisers, und ihn gebeten, nach einem geeigneten Amt für mich Ausschau zu halten. Mal sehen, ob und wann das klappt. Je nach dem wie schnell, wäre ich sonst erst nach Germanien gezogen. Ich wollte schon immer mal einen Bär jagen, weißt du? Macht sich bestimmt gut, so ein Fell unter nem Kohlebecken oder an der Wand. Aber Seiana st nicht so begeistert davon... Deswegen überlege ich, ob ich das nicht lasse und gleich nach Rom gehe. Nur wenn ich da nichts zu tun habe, wär das auch Mumpitz«, erklärte er ihr und zuckte mit den Schultern. Auf ihre Frage hin musste er grinsen.
    »Was? Natürlich kommst du mich dann besuchen. Uns«, verbesserte er sich.
    »Zur Hochzeit kommst du ja eh. Und dann bleibst du einfach etwas länger da. Deinen Senator wird das sicher auch freuen«, stichelte er und grinste breit.

    Verwirrung komplett. Caius grinste breit, als er sah, dass Axilla sich wohl ein wenig überfordert fühlte in diesem Moment.
    »Blödsinn. Natürlich bis du eine Muse, auch wenn du denkst, du wärst es nicht. Können Nymphen überhaupt dichten? Weil...Musen sind ja quasi der Inbegriff der Dichtkunst«, erwiderte er grübelnd. Natürlich stellte er das etwas überspitzt dar, aber das Gedicht war damals eben ein wirklicher Knüller gewesen.


    Axilla schien sich aber eh relativ schnell wieder zu fangen. Jedenfalls plapperte sie ganz plötzlich über die Maßen aufgeregt drauflos, so dass Caius Mühe hatte, ihr gescheit zu folgen. Dementsprechend angestrengt sah er sie daher an.
    »Äh, also... Du willst mit Decimus Livianus zu einem pompeischen Senator fahren und dich bei einem Gesandten verabschieden?« Caius blinzelte irritiert und ließ Axillas Worte noch einmal langsamer Revue passieren.
    »Moment. Zu Decimus Livianus? Mit einem Pompeius? nach Rom? Lustig«, fasste er dann richtiger zusammen und grinste.


    »Tja, also... Weißt du, warum ich hier bin? Ich wollte mich eigentlich auch schon mal verabschieden. Ich werde nämlich auch aus Alexandrien fortgehen, vorerst zumindest.« Caius grinste Axilla an.
    »Ich bin mir nur noch nicht sicher wohin. Und wann genau. Aber ich denke, dass es nicht mehr so lange dauern wird, ich warte eigentlich nur noch auf einen Brief von Quarto. Und je nach dem was er schreibt, wird es wohl Germanien oder Rom werden. Eh, Germanien zum Bärenjagen oder Rom zum Arbeiten. Sozusagen. Und deswegen bin ich hier, weil ich eben nicht in ein paar Wochen wiederkomme... Nicht dass du denkst, ich hätte dich vergessen. Aber sag mal, was hast du denn mit Decimus Livianus zu schaffen?« fragte Caius, dem in diesem Moment einfiel, dass das ja ein Verwandter von Seiana war. Puh, zum Glück unterstand sie keiner patria potestas mehr. Wenn er an das Gespräch damals mit ihrem Onkel Meridius dachte, wurde ihm heute nich ganz anders. Von dem hatte man auch nichts mehr gehört...


    »Och, sonst geht es mir ganz gut... Dein Verwandter Merula ist ein netter Kerl, mit dem lässt es sich gut arbeiten.«

    Caius war sich vollauf bewusst, dass er Axilla mit seinem Besuch überraschte. Es überraschte ihn ja selbst. Also, nicht dass er sie besuchte, sondern dass er sie erst jetzt besuchte. Und als er nun das Haus betrat und an den üblichen römisch-ägyptischen Einrichtungsgegenständen eines solchen Haushaltes entlang ging, schämte er sich schon ein wenig dafür. Er seufzte leise und steuerte auf Axilla zu, die sich ganz in der Nähe befand.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte er eingangs und hob die Hände abwehrend vor den Körper, grinste dabei aber.
    »Ist viel zu lange her, dass wir uns gesehen haben. Und das nehme ich vollkommen auf meine Kappe. Trotzdem schön, dich wiederzusehen!« Und da umarmte der Aelius die Iunia ganz unverfroren.
    »Wie geht es dir, meine Muse?« fragte er und setzte sich einfach so hin. Das nahm er sich raus, aber deswegen war er ja auch Caius Archias. 8)