Beiträge von Caius Aelius Archias

    Keine Liste. Caius sah ein wenig ratlos zu Katander, der aber weder etwas entgegnete, noch eine Geste machte. Hah, diesmal würde er ihn wirklich auflaufen lassen. Das Problem war, dass Caius zwar Betriebe besaß, aber Katander die Verwaltung überließ. Und nun fragte sich der Aelier natürlich, warum er die Farben hier kaufen sollte, wenn der Bantotakier selbst die Farben hier irgendwo in der Stadt kaufte. Da schlug der Halunke sicher noch etwas drauf. Caius musterte seinen potentiellen Geschäftspartner eindringlich.


    »Das klingt ganz gut... Wie viele Einheiten könntest du denn wöchentlich liefern? Momentan brummt der Laden ziemlich, also so siebzig bis neunzig Töpfe gehen da schon drauf, insgesamt, mein ich, nicht pro Farbe.« Caius grinste. Katander seufzte.
    »Und was würdest du für die ungemischten Farben haben wollen? Das Mischen würdest du mir extra berechnen?«

    »Verdammte Hacke.« Caius fluchte. In der Rechten hielt er ein rotes Teil. In der linken ein schwarzes. Ihm gefielen beide. Einig war er allerdings nicht mit sich selbst, und beide waren ihm zu teuer. Selbst im Set. Er seufzte gepeinigt. Die Dalmatier waren ja durchaus bekannt für diese Art Waren, auch wenn man sie im Normalfall nicht unbedingt öffentlich verkaufte. Zumindest nicht in Rom. Aber Alexandrien war anders, das hatte Caius schon viel früher festgestellt. Hier hatte der bärtige Dalmatier nicht nur seinen Stand inmitten des Fremdenmarktes aufgeschlagen, sondern bot seine Ware auch noch öffentlich an. Und Caius war bei weitem nicht der einzige, der sich die Auslage besah und befühlte. Und ganz hinten stand sogar einer, der daran schnüffelte... Ratlos sah er von links nach rechts. Dann entschloss er sich, einfach eine der umstehenden Damen anzusprechen.
    »Äh, entschuldige bitte. Ähm, welches würde dir besser gefallen? Ich bin nämlich unentschlossen...« sagte er leicht schüchtern, seine Ohren röteten sich bereits.
    Und dann hielt er der Frau die beiden Dessous zur Auswahl hin. 8)



    Sim-Off:

    Vielleicht möchte eine Dame helfen? :D

    Bald war auch Axilla zu der kleinen gruppe dazugestoßen. Sie wusste noch nichts über seinen verpatzten Versuch mit dem Gedicht, das wollte er ihr selbst sagen und nicht in einem Brief. Aber auch wenn er diese Sache versemmelt hatte, Seiana hatte trotzdem zugesagt. Insofern hatte sich die Sache natürlich gelohnt.


    »Sicher? Immerhin brauchen die auch mal neue Kamele und so. Die werden sicher irgendwann mal was einkaufen müssen«, mutmaßte Caius gerade, als Axilla ihr Pferd neben seinen Schecken lenkte.
    »Wieso weißt du eigentlich mehr als ich? Du bist doch später hergekommen...« wunderte er sich dann und zog die Augenbrauen in einem auf der Seite liegenden Doppel-S zusammen.
    »Naja. Äh, Katander, Osten, nech?« fragte Caius hinter sich, wo es kurz darauf knisterte und raschelte. Katander packte die Landkarte aus.
    »Ääh, ja. Also, in Saïs ist die nächste mansio. Von da aus geht es dann nach Süden. Vielleicht finden wir da jemanden, der uns ein Stück weit auf seinem Schiff mitnimmt«, sagte Katander nach kurzem Studium seiner Landkarte. Caius nickte.
    »Alles klar. Ich hoffe, du kannst es noch erwarten, Axilla. Die erste Pyramide wird es erst in ein paar Tagen zu sehen geben.« Plötzlich maulte Katander hinter ihm herum
    »Wieso haben wir eigentlich keine griechisch beschriftete Landkarte genommen? Statt Alexandria steht hier Al Iskandariyah. Ist doch totaler Blödsinn«, grummelte er und steckte die Karte wieder in eine seiner Satteltaschen. Sicher hatte Caius wieder mal sparen wollen.
    »Jedenfalls müssen wir erstmal bis nach Rashid, also Saïs. Wieso schreiben die das da nicht hin? Mann...« Caius wandte sich wieder zu seinen zwei Damen um.
    »Hört gar nicht drauf. Wir wissen natürlich genau, wo wir lang müssen. Ich lasse mich schließlich nicht auf so eine Expedition ein, wenn ich gar nicht weiß, wo ich bin.« Er grinste. Natürlich hatte er dafür gesorgt, dass Katander sich informierte. Jetzt durfte nur der Sklave nicht abhanden kommen, dann war alles bestens.
    »Dann lasst uns mal los. Alle bereit?«
    »Al Bayad, Al Buhayra, Al Labbani, Al Mahdiya... Alles mit Al! Wie albern...« murrte Katander hinter ihnen leise vor sich hin.

    Sie hatten die Tiere am Zügel bis vor die Stadttore geführt. Neben den Pferden, die sie zum Reiten nutzten, hatten sie noch vier Packpferde organisiert, die bis Oberkante Unterlippe beladen waren mit Wasser, Essen, Zelten und Decken. Caius freute sich auf die Reise. Monatelang hatte er mit Katander geplant, sowohl was die Router anging als auch was die Sehenswürdigkeiten betraf. Schließlich wollten hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Er wollte die mansiones besuchen und gleichzeitig Seiana ein bisschen Kultur bieten. Vielleicht waren drei stumme, vermummte Wächter zu wenig für sie, aber Caius war ein Optimist, und auch wenn er selbst nicht mit dem Schwert umgehen konnte, so würden sie doch nicht vom Weg abweichen und immer in besiedelten Gebieten bleiben.


    Caius tätschelte seinem schwarzweiß-gescheckten Pferd den Hals und zog sich dann in den Sattel. Erst oben fiel ihm auf, dass er Seiana nicht geholfen hatte.
    »Schaffst du's?« fragte er sie und lächelte. In der Ferne flimmerte der Sand über der Ebene, und das Meer erstreckte sich wie ein weites, glitzerndes Band aus tiefem Blau. Katander hatte Elena hochgeholfen und sah nun Seiana fragend an. Die anderen konnten sich allein helfen.
    »Ach, ich freu mich schon. Vielleicht treffen wir ja welche von diesen... Nomaden!« sagte Caius und strahlte in die Runde.

    Gerade knusperte er seinen Keks (den vierten an diesem Tag), als ihn einige Wassertropfen trafen. Caius machte eine abwehrende Bewegung mit den Händen, was dazu führte, dass die in der Dose befindlichen Kekse klapperten, und grinste Seiana frech an.
    »Wie, ich? Hm. Das hat so was Dunkles an sich. Sag Schuft zu mir...« Caius blinzelte verträumt und grinste noch breiter.
    »Wieso denn das? Du weißt doch, dass ich dich niemals auf die dunkle Seite der Macht ziehen würde, Hasi«, erwiderte er dann leicht spöttisch und stellte die Dose samt Deckel auf den Tisch. Dann schnappte er sich zwei Kekse und den Papyrus und wedelte kurz damit.
    »Ich geh nur mal schnell flüchten. Äääähm. Den wegbringen, ehe du es dir anders überlegst. Warte nicht auf mich mit den Keksen. ...du wolltest doch neue backen, oder?« Er streckte Seiana die Zunge heraus und war dann schneller aus der Tür, als sie die leere Keksdose erblicken UND ihn zurechtweisen konnte. Sein Selbsterhaltungstrieb funktionierte demnach tadellos wie eh und je. 8)

    Was Seiana auf seine Worte antwortete, ließ ihn dann doch stutzen. Meinte sie das etwa...so? Forschend betrachtete er ihr Gesicht. Sie fuhr sich eben mit der Zunge über die Lippen. Na wenn das nicht lasziv war! Sicher wollte sie ihn austesten. Oder ihm zeigen, dass sie alles andere als prüde war. Hah, aber er würde ihr nicht so in die Hände spielen! Mit ihr spielen ja, aber sie würde nicht triumphieren (wo sie doch die Auseinandersetzung von eben schon gewonnen hatte).


    Caius senkte den Kopf ein wenig und setzte nun ein hintergründiges Grinsen auf. Er schob sich noch ein wenig weiter nach vorn, hin zu Seiana. Ihre Körper berührten sich jetzt.
    »Vielleicht...« raunte er regelrecht, dann strich er betont langsam an ihrer Seite entlang, kam ihr mit dem Kopf noch ein wenig näher....


    ....und angelte an ihr vorbei nach der Keksdose. Im Nu hatte er sie geöffnet und sich einen weiteren Keks in den Backen geschoben. Ein krümeliges Grinsen in Richtung Seiana folgte, dann zog er sich einen halben Schritt zurück und brachte damit wieder einen anständigen Abstand zwischen sich und sie. Allerdings musste er dabei schon zugeben, dass ihm die Tuchfühlung gefallen hatte. Mit der Dose Kekse in der einen und dem Deckel in der anderen Hand grinste er sie unschuldig an.
    »Ich bin ganz arglos. Siehst du?« sagte er und leckte sich nun ebenfalls die Lippen, um sich dann mit der Hand, die den Deckel hielt, schon wieder einen neuen Keks zu schnappen. :D

    Mädchenhaft. Das war das Wort, dass Caius am ehesten in den Sinn kam, als Seiana verlegen in ihren Becher starrte. Nicht, dass er darauf stand, aber an ihr wirkte das sehr passend, wie er soeben wieder einmal feststellte. Und die Rötung ihres Gesichts war auch ganz offensichtlich erkennbar. Caius schmunzelte, sagte aber nichts weiter dazu und auch nicht zu der Bemerkung ihre Familie betreffend. Sie beide waren sui iuris, und man würde sehen, wie sich alles weitere fügte.


    »Wie? Glaubst du etwa nicht, dass ich das könnte? Na, du scheinst ja viel Vertrauen in meine Fähigkeiten zu haben. Aber ich kann dir das nicht verübeln, immerhin hast du mich noch nicht in Aktion erlebt«, gab er zurück und meinte es ganz neutral. Die Doppeldeutigkeit dahinter erschloss sich ihm selbst gar nicht, wie meistens, wenn er gerade auf ein Fettnäpfchen zu lief.
    »Vielleicht sollte ich dir hier und jetzt mal demonstrieren, wozu ein Aelier wirklich fähig ist!« Er verengte die Augen und stieß sich von der Tür ab. Allerdings war ihm noch nicht so ganz klar, was er nun eigentlich tun wollte, und so blieb er direkt vor Seiana und ihrem Wasserbecher stehen.
    »Und? Hast du schon Angst?«

    Also Seiana wollte warten, weil sie nicht wollte, dass man Caius was vorwarf? Er blinzelte. Das war doch irgendwie seltsam, fand er. Aber es waren schließlich immer die Frauen, die sich zierten oder Ausreden erfanden, von einem Kerl hatte er sowas noch nie gehört, wie er bemerkte, als er daraüber nachdachte. Er musterte die lächelnde Seiana und zog ebenfalls einen Mundwinkel nach oben, während der andere noch leicht mussmutig nach unten gebogen war. Das verschaffte ihm das typische Archiasgesicht, wie seine Mutter damals schon zu sagen gepflegt hatte. Von Seianas verwegenen Gedanken bekam Caius rein gar nichts mit. Er wunderte sich nur etwas über den prüfenden Blick ihrerseits und zog ein wenig den Bauch ein, als er darüber glitt.


    »Ist sie ja nicht, also müssen wir uns zumindest darüber keine Gedanken machen. Wär nur noch günstig zu erfahren, was dein Senator inzwischen über mich denkt. Bald bin ich Ritter, und dann bin ich hoffentlich gut genug. Ich warte quasi nur noch auf eine Antwort aus Rom, weißt du.« Caius' anderer Mundwinkel klappte nun ebenfalls nach oben und blieb dort, bis Seiana grinste. Das steckte nämlich an, und Caius grinste zurück, zumindest erstmal. Dann zog er die Brauen zusammen und schürzte die Lippen.
    »Warum glaub ich dir das nicht? Ich bin nicht nassforsch. Und gerade heraus bin ich auch nicht. Also, zumindest nicht immer.« Er überlegte. Nein. Manchmal konnte er sich Bemerkungen durchaus verkneifen.
    »Weißt du, dafür sollte man dich übers Knie legen. Mir sowas zu unterstellen....«

    Seiana riss sich förmlich los und ließ Caius allein stehen. Der wusste nicht so recht, was er nun mit sich anfangen sollte, und blieb daher erst mal, wo er war. Die Rötung der Ohren, die eben schon wieder verschwinden wollte, verstärkte sich noch einmal, als Seiana das unsichtbare Thema konkretisierte. Er zog eine Grimasse.
    »Wir wissen doch beide, dass das letztendlich darauf hinausläuft, dass es meine Schuld ist, wenn was....passiert, Seiana«, sagte er in beinahe unerträglichem Realismus und mit einem Ernst in der Stimme, den man sonst nicht von ihm kannte.
    »Und zwar nicht nur bei deinem Bruder«, fügte er hinzu. Natürlich war klar, was er damit meinte, nämlich eben genau die Wahrwerdung der Unterstellung aus Serapios Brief. Derweil schien Seiana sich ertränken zu wollen, so viel Wasser, wie sie in sich hinein kippte.


    »Jaah....« bemerkte er nur zu der konventionellen Sache und seufzte. Was sollte er auch noch groß dazu sagen? Und Seiana sprach kurz darauf eh weiter. Caius machte drei Schritte zurück und lehnte sich an die geschlossene Tür, sie dabei beobachtend.
    »Quarto hat geschrieben, dass er es gut findet«, warf Caius zwischendrin ein.
    »Das ist meine Entscheidung. Natürlich wär es nicht grad toll, wenn du nicht willkommen wärst, aber das wär dann eben etwas, das ich in Kauf nehmen würde. Eben weil es meine Entscheidung ist.« Caius hatte auch seinen Eltern geschrieben, und sein Vater hatte die Idee als überaus engenehm empfunden. Junge, hatte er geschrieben, du hast meine vollste Unterstützung - unter einer Bedingung: Du besuchst uns mit deiner Braut, sobald ihr in Italien seid und es einrichten könnt. Caius hatte Seiana bisher noch nichts von dieser halb scherzhaften Bedingung erzählt.


    »Was?« fragte er Seiana dann, als sie ihn angrinste, und blinzelte sie an.
    »Pfff. Wann bin denn ich bittesehr nassforsch...« murrte er, halb versöhnlich, halb gespielt pikiert. Er verschränkte die Arme wieder vor der Brust und sah Seiana missmutig an.
    »Bin ich gar nicht.«

    Herakles und Kerberos. Wirklich bewandert in der griechischen Mythologie war Caius nicht, auch nich, obwohl er schon eine ganze Weile hier lebte. Deswegen beschränkte er sich darauf, fachmännisch zu gucken, wissend zu nicken und dann zu sagen:
    »Aah. Sehr schön.« Katander blinzelte resigniert und zog es vor, zu schweigen.
    »Also, ich bräuchte in jedem Fall weiß und schwarz und möglichst viele Farbtöne, am besten schon vorgemischt. Ich betreibe nämlich einen Architekten, weißt du, drüben in der via Argentaria an der agora.« Caius lächelte kurz, nicht ohne ein wenig Stolz zu zeigen.
    »Die Menge richtet sich nach den vorhandenen Tönungen und natürlich nach deiner Lieferfähigkeit. Gegebenenfalls müssen wir einige Farbtöne selbst anmischen, dann bräuchten wir mehr von den einzelnen Farben. Du hast nicht zufällig eine Liste da?«

    Caius sagte nichts mehr zu der Wohnsache. Es brachte ohnehin nichts, gegen Seiana anzureden, denn wenn sie ihre Meinung verteidigte, zählten keine anderen Argumente (egal wie einleuchtend sie Caius auch erscheinen mochten). So seufzte er nur, und Seianas ruhiger Tonfall verkündete einerseits Gefahr, andererseits schürte er Caius' Gefühl des Unbehagens. Sein Mund klappte auf und wieder zu, und er fragte sich, ob es tatsächlich sein konnte, dass sie prüde mit frigide verwechselte. In jedem Falle aber war das ein Fettnapf, in den er getreten war, und aus dem er so leicht wohl nicht wieder herauskommen würde. Er setzte dazu an, den Kopf zu schütteln, als Seianas Hand plötzlich emporschnellte und seinen Nacken ergriff, um ihn nach unten zu ziehen. Caius war so überrascht, dass er nicht mal den Ansatz von Gegenwehr leistete, und kurz darauf küsste ihn Seiana. Caius fühlte sich, als sei das eine Strafe für seine Worte (obwohl es sich sehr viel anders anfühlte als eine Strafe).


    Eine Weile später stieß sie ihn ein wenig von sich (gerade, als er zu glauben begann, dass er doch keinen so schlimmen Fauxpas begangen hatte), und er blinzelte sie ratlos an. Ihre Worte machten ihn ein wenig verlegen und nahmen ihm zudem dermaßen den Wind aus den Segeln, dass er nicht wusste, was er darauf erwidern sollte.
    »Äh...« machte er und hob ein wenig hilflos die Schultern. Das Blut rauschte noch immer durch seinen Körper, und er hatte eindeutig keine Lust mehr auf diesen Schlagabtausch, bei dem er doch nur den Kürzeren ziehen konnte. Seine Augenbrauen zogen sich ein bisschen zusammen und rutschten innseitig einen digitus nach oben, was ihn ein wenig wie einen nach dem Wurstbrot seines Herrchens linsenden Dackel aussehen ließ. Solchermaßen gerüstet, erwiderte er dann doch was.
    »Ich hab keine Andeutungen gemacht, weil... Ich doch weiß, was dir der konventionelle Kram bedeutet«, brummte er, und im Anschluss zog er Seiana heran und legte seine Arme locker um ihre Hüfte.
    »Und ich bin eben nicht nassforsch«, bemerkte er und zog eine Grimasse.

    »Und wieso schicken sie dann deine Post nicht an die alte Schnepfe, sondern hierher, hm?« Nicht, dass es einen Unterschied machte, immerhin gingen die Briefe eh alle durch seine Hände. Und im Grunde war es ja auch egal. Viel wichtiger war, dass Caius glaubte, Seiana sei nun auch der Meinung, dass ihr Name in den Schmutz gezogen wurde. Sofort dachte er an den Ausflug in dieses Abenteuerland.
    »Ach, und du glaubst, es wär weniger schlimm, wenn du als F r a u mit mir in so ein...eine....ein...Dingbums gehst?!« Verdammt, er hatte sich den Namen nicht merken können. Caius winkte ab, und Seianas Hand patschte auf den Brief an das Eheregister. Schon klappte sein Mund auf, um entwas du erwidern, doch Seiana redete einfach weiter und überrollte Caius wie eine nasse Welle. Zweimal versuchte er noch, sie zu unterbrechen, doch er kam nicht gegen den geballten iberischen Redefluss an und gab es schließlich einfach auf. Erst, als Seiana verstummte, drang er bis zu ihr durch. Und das, was er sagte, klang so verblüfft, dass es sich anhörte, als sei Caius gar nicht mehr wütend (aber es hörte sich eben nur so an).


    »Wie, es spielt keine Rolle fragte er nämlich entgeistert und mit entsprechendem Blick. Da wusste er jetzt gar nicht, was er dazu sagen sollte. Vollkommene Verwirrung stand auf seinem Gesicht wie in rot leuchtenden Lettern. Sollte das nun heißen, dass sie das absichtlich machte, um ihn zu ärgern? Caius zog die Brauen nach oben. Klang ganz schön abwegig, aber seine Logik hatte sich schon viel früher zu Beginn des Streits weitestgehend verabschiedet.
    »Wie, auf mich beziehen? Natürlich bezieh ich das auf mich, sag bloß nicht, der hat es anders gemeint, das glaub ich nämlich nicht! Wenn er dich so gut kennt, wie du behauptest, dann weiß er auch, dass du prü..*hust*...eben nicht vor der Hochzeit...und so!« Caius lief nun ebenfalls rot an, auch wenn diese Färbung lediglich seine Ohren betraf. Die Worte standen eine geraume Weile im Raum. Währenddessen kehrte ein Teil der Logik wieder zurück und wies darauf hin, dass es da einige Fehler in der Denke gab.


    »Also...« sagte Caius und ließ die Hände jetzt sinken. Er wirkte vielleicht sogar ein klein wenig zerknirscht.
    »Ich mein, das wollt ich nicht so sagen«, meinte er und sah zu Seiana hinunter.
    »Ich weiß ja....und... Hmpf. ... ... ... ... ... ... ... Tut mir leid«, kam schließlich und Caius hob kurz die Schultern.

    »Ach komm, Seiana, ich bitte dich! Hast du mal auf deine Briefe geschaut? Da steht immer noch habitatio Aeliana drauf. Die denken doch eh alle, dass du noch bei mir wohnst. Verscheißern lassen die sich nicht, immerhin wär es auch so immer noch dasselbe Haus«, nörgelte Caius zurück und legte die Stirn in Falten.
    »Und überhaupt, seit wann macht es dir was aus, was die Leute reden? Das ist doch nur eine Ausrede, damit du nicht mit mir wohnen musst, so schaut's aus.« grollte Caius in einer Mischung aus Ärger und Resignation und hielt die vor der Brust verschränkten Arme immer noch aufrecht. Und dass sie gewisse andere Dinge auch nicht wollte, war damit mindestens ebenso klar wie Kloßbrühe (und die alexandrinische Kloßbrühe war beinahe Wasser).


    Plötzlich klackte ein Becher auf den Tisch und begrub einen Kekskrümel unter sich. Caius blinzelte ihn an. Und dann begann Seiana, loszuwettern. Einerseits war Caius nach wie vor stinkig wegen diesen Ungeheuerlichkeiten, die Seianas Bruder da an den Haaren herbei zog, andererseits fand er, dass Seiana ziemlich süß war, wenn sie sauer wurde. Eigentlich ein Widerspruch an sich, aber er konnte sie sich immer besser als betagte alte Matrone vorstellen, die ihrer kleinen Kinderschar später einmal die Trotzköpfe zurechtrücken würde. Kurz grinste er, dann starrte er sie wieder an, als sie begann, Serapio zu verteidigen-
    »Wie?« schnappte er nach Luft.
    »Meinst du das ernst? Ich würde....ich würde n i e so mit dir reden, nur weil mir was nicht passt, dass mich nichts angeht, selbst wenn ich nur sauer bin! Und wie kommst du darauf, dass es nicht aus der Luft gegriffen ist? Natürlich ist es das! Du weißt, dass ich...also...aber wegen dir eben nicht, so! Das kannst du deinem feinen Bruder mal schreiben!« Caius gestikulierte erneut, während er motzte. Und dann ging er die zwei Schritte zum Tisch und klaubte sich den Papyrus für das Eheregister vom Tisch, um es Seiana unter die Nase zu halten.
    »Wär's dir lieber, wenn wir das nicht abschicken?« fragte er sie wütend.
    »Immerhin hat dein Herr Bruder ja was dagegen!« Der Papyrus segelte auf den Tisch und verweilte dort.
    »Ich bin nämlich nassforsch, weißt du, und alles, woran ich je gedacht habe, ist wie ich dich ins Bett kriegen kann, weil man das eben so macht, wenn man nassforsch ist!« troff der Zynismus aus ihm heraus, was ganz sicherlich nicht nett war.
    »Wir Aelier machen das immer so«, setzte er etwas lahm nach und blickte Seiana finster an. Katander steckte plötzlich seinen Kopf zur Tür rein, grinsend, wobei ihm das Grinsen in sekundenbruchteilen aus dem Gesicht fiel, und schnell zog er den Kopf zurück, schloss die Tür und flüchtete wieder. Caius rührte sich nicht. Ein ganz arg bitterer Zug lag um seine Mundwinkel, und das ließ ihn ein wenig ausschauen wie Brutus aus der Metzgergasse (und vor dem hatte sogar Katander angst).

    Auf die Sache mit dem Wohnen ging er gar nicht weiter ein. Es gefiel ihm nicht, aber Seiana hatte ihren Standpunkt deutlich gemacht, was also sollte er dazu noch sagen, das sie nicht ohnehin schon wusste? Ändern würde sich nichts, solange sie nicht wahrhaftig verheiratet waren - und wie es jetzt aussah, konnte das noch dauern. Schließlich feierte man eine Hochzeit nicht ohne seinen Bruder, und Caius war felsenfest davon überzeugt, dass Serapio sich nach ihrem Aufeinandertreffen einige Wochen mit dem Stillliegen in einem valetudinarium begnügen musste. Und was die Sache (die andere) betraf, konnte er warten (Seiana zuliebe). Auch wenn er nicht unbedingt der geduldigste Mensch war.


    »Ach, pah, wir sind hier in Ägypten, niemanden interessiert, was hier abgeht«, motzte Caius grimmig und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Und es ist ja wohl fast kein Unterschied, dass du nicht hier, sondern über mir wohnst, das Haus bleibt dasselbe, und du bist eh die meiste Zeit hier.«


    Seiana schien selbst auch alles andere als begeistert über die Worte ihres Bruders zu sein. Caius schnaubte wie ein wütender Stier und funkelte die unschuldigen Krümel auf der Tischplatte an. Am liebsten wäre er tatsächlich postwendend nach Rom gefahren, um diesen aufgeblasenen Decimus zur Rede zu stellen. Sein Blick ruckte nach unten, als Seiena sich wie eine alte Matrone aufführte. Im Grunde hatte sie ja recht, das wusste er auch. Aber er konnte doch nicht einfach zulassen, dass jemand versuchte, ihm Seiana streitig zu machen! Oder noch schlimmer, sie zu verleumden! Erst recht nicht, wenn es der eigene Bruder war! Caius reckte das Kinn nach oben. Er würde sich deswegen mit Seiana in die Wolle kriegen, das roch er.
    »Und was soll ich deiner Meinung nach sonst tun?« fragte er maulig.
    »Wir werden heiraten, Seiana! Deinem Bruder passt das nicht, soviel ist klar. Aber weißt du, was mich das kümmert? Nichts! Aber wenn er solche Sachen über dich schreibt und auch nur von dir denkt, dann geht mich das wohl was an, findest du nicht? Er kann doch nicht einfach so einen Scheiß schreiben, das geht ja nicht mal nur gegen mich, sondern gegen dich! Gegen seine eigene Schwester Eine Hand fuchtelte untermalend vor Seianas Gesicht herum.
    »Nä! Pah!«

    »Hmh?!« machte Caius, und irgendwie brachte er es fertig, Ingrimm und Trotz in diesem gutturalen Laut zu integrieren. Vielleicht unsterstrich der missfallend zerknautschte Gesichtsausdruck die Botschaft hinter dem Grunzen noch.
    »Beschützen, hm?« Caius blickte finster drein und setzte sich wieder. Vielmehr: Er ließ sich auf den daraufhin ächzenden Stuhl fallen.
    »Und was will ich? Dich ans Messer liefern? Pft. Du weißt, dass es mir gar nicht gefällt, dass du immer noch bei dieser alten Schrapnelle da oben wohnst, aber du willst ja nicht anders. Ich würde dich viel lieber bei mir haben, aber ich sag nichts mehr dazu, weil ich weiß, dass es dir lieber ist, wenn wir bis zur Hochzeit...« Er hielt inne und blinzelte kurz.
    »Naja! Jedenfalls find ich es echt mistig, dass ich mir zum Dank auch noch durchlesen muss, dass ich deinem Ruf schade. Ich! Ein Verwandter des Kaisers! Vielleicht sollte ich meinem Kumpel Valerian mal davon erzählen, wie wenig sein Name zu sagen hat unter seinen Soldaten...da kannste nicht so schnell gucken, wie dein Herr Bruder weg ist vom Soldatenfenster«, grummelte Caius, der sich tatsächlich tierisch aufregte (so sehr, dass er sogar selbst die Macht des kaiserlichen Namens einbrachte, obwohl er sonst genau das zu vermeiden versuchte).


    Während Seiana seinen Brief las, starrte Caius finster einige Krümel an und begann, sie mit dem Daumen platt zu drücken. Das ließ den Kamm ein wenig abschwellen. Dann fiel ihm Seianas Brief auf, und wie sie angelte auch er sich ihren Papyrus und begann zu lesen. Es knackte, als seine Kinnlade hinunter fiel. Auf Seianas Frage hin antwortete er gekrächzt.
    »Schwanger?!?« Ein Moment des fassungslosen Schweigen folgte.
    »Nassforsch? Mo...mooooo.....MOOOOOOment mal!« polterte Caius los und war von einer auf die andere Minute auf dreihundertsechszig.
    »KATANDER! Geh, buch die nächste Überfahrt nach Rom, SOFORT! Diesem Lackaffen werd ich zeigen, wo sich Barthel den Most holt! Boah!" JETZT bin ich AUCH sauer!« brüllte er, als er hochschnellte und anklagend mit dem Papyrus wedelte.
    Und diesmal fiel der Stuhl um.

    »Meine schon«, hatte er noch grinsend erwidert, ehe sie sich am Keks verschluckt hatte.
    »Äh. Ja. Hab ich. Ich dachte, weil du ihm schon so viel über mich erzählt hast..und weil du gesagt hast, dass er mich sicher gut leiden kann... Ich meine, wenn nicht du, wer weiß das sonst einzuschätzen, immerhin bist du die einzige, die uns beide kennt. Ich mein, mich kenn ich natürlich auch, aber ihn eben nicht, und ihm geht es ja genauso, mit sich selber meine ich, und... Naja, ich dachte eben, es wäre eine gute Idee...« Caius verstummte kleinlaut und runzelte dann die Stirn.
    »Du hast ihm doch von mir erzählt, oder?« vergewisserte er sich. Anderenfalls...ouh...daran wollte er gar nicht denken. Also las er schnell weiter.


    Er starrtte immer noch auf die Stelle, an der ihm gebrochene Knochen prophezeiht wurden, als Seiana mit ihrem Brief durch war. Nach Freude, ihn kennenzulernen, klang das durchaus - allerdings war es nicht die Freude, die Caius damit hatte bezwecken wollen. Er ließ die Hand mit dem Brief auf den Tisch sinken und sah zu Seiana hinüber.
    »Dass er es kaum noch erwarten kann, mich zu treffen. Äh...im wahrsten Sinne des Wortes...« murmelte Caius und sah zur Sicherheit noch mal auf den Brief runter, aber er hatte ausnahmsweise mal richtig gelesen. Eine steile Falte bildete sich auf seiner Stirn. Serapio hatte seinen wunden Punkt mit der Andeutung auf seinen Familiennamen getroffen, und deswegen blubberte nun Missstimmung auf und verteilte Schaum über der Überraschung seiner geistigen Suppe.
    »Pah! Soll er's doch versuchen! Als ob ich mich drücken würde, nur wegen einem...einem....was ist er doch gleich, sagtest du? Optio? Zenturio? Hah, egal!« Caius klatschte mit der Hand auf den Brief, was dazu führte, dass sich ein paar Krümel von unten durchzudrücken versuchten und die Tinte ein paar Rückstände an seiner Hand hinterließ.
    »Der redet grad so, als ob er sich schämen müsste, dass ich gefragt hab! Von wegen niemanden gefragt, wohl hab ich gefragt, das hat er wohl vergessen, der Herr Superschlau, was?« Caius zog nun böse die Stirn kraus. Sorgen machte er sich trotzdem.
    »Weißt du, was er behauptet, dein feiner Herr Bruder? Ich hätte deinen Ruf in den Dreck gezogen! Ja ist das denn die Mög-lich-keit!« Mit dem letzten Wort donnerte die Hand dreimal auf den Tisch, was zur Folge hatte, dass sich drei der größeren Krümel mit Erfolg durch den Papyrus bohren konnten und nun auf der Androhung der Knochenbrüche ruhten. Caius stand auf, wobei der Stuhl kippelte. Er ging zur Tür und trat dagegen. Seiana hatte ihn sicher noch nie so wütend gesehen.
    »Arroganter Soldatenfutzi! Was glaubt der eigentlich!«

    Katander fand es glücklich, dass zumindest der Angestellte nicht genauso auf den Kopf gefallen war wie sein Herr, sonst hätten sie vermutlich zur cena noch hier gestanden und aneinander vorbeigeredet. Doch der Mann führte sie in einen Nebenraum, und Katander folgte Caius, der mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck hinter dem Griechen her steifelte, nicht ohne dabei rechts und links die Gemälde genauer anzuschauen.


    Geradewegs ging es auf den Maestro zu, der pinselschwingend und hochkonzentriert an seiner Staffelei stand und sich soeben in dunklem Rot erging. Caius versuchte zu erahnen, was das mal wurde, wenn es fertig war, aber es gelang ihm nicht, sodass er kurz die Schultern zuckte, gerade als der Maler sich herumdrehte und einige Worte mit seinem Angestellten wechselte. Als dieser den Raum verließ, sah Katander ihm ein wenig sehnsüchtig hinterher und seufzte leise.
    »Jepp, das ist richtig. Ich bin Aelius Archias«, sagte Caius und lächelte gewinnend.
    »Was wird denn das, wenn es fertig ist?« fragte er und deutete auf das Bild, und Katander seufzte erneut lautlos.

    »Die wollten sicher die Kekse für sich«, behauptete Caius misstrauisch und schnappte sich gleich noch einmal die Dose, um sich einen Keks herauszuholen und in den Mund zu stecken und dann auch Seiana wieder einen zu geben.
    »Scho. Nuschollnschemal meggan«, knusperte er. Die Frage nach dem Schleppen verstand er nicht, deswegen entschloss er sich, nicht weiter darauf einzugehen.
    »Und ja, du schaust so aus. Außerdem hast du doch diese gute Erziehung genossen, und da muss Frau doch auch backen können, oder nicht?« Er grinste und zog sich einen Stuhl zurück, um sich darauf zu setzen. Die Rolle für das Eheregister legte er erstmal wieder auf den Tisch, neben die Krümel, die er eben dort hinterlassen hatte. Dann setzte er dazu an, ein wenig betreten auf selbige zu schauen.


    »Ähm. Hrm. Äh, weißt du....ich hab gedacht, du erzählst es zumindest deinen Brüdern gleich...« begann er und sah Seiana dabei ein wenig zerknirscht an.
    »Denn....also..... Tja... ich dachte mir, es wär vielleicht nicht schlecht, wenn ich deinem Lieblingsbruder einen Brief schicke und mich mal vorstelle. Sozusagen. Und bei der Gelegenheit hab ich auch geschrieben, dass ich dich gefragt hab und du ja gesagt hast.« Caius zog einerseits eine mitleidheischende Grimasse, andererseits zwei Briefe aus der Tasche.
    »Ich nehme an, das ist die Antwort, und für dich hab ich auch einen dabei«, präsentierte er dann Seiana ihren Brief von Serapio.
    »Ist heut am nachmittag ganz frisch angekommen.« Seinen hatte er noch nicht aufgemacht, aber während er sprach, pulte er bereits am Siegel herum.
    »Sicher freut er sich für dich«, vermutete der optimistische Caius, dann brach er mit einem Krack das decimianische Siegel und entrollte den Papyrus. In hüpfendem Reigen sprang sein Blick von Wort zu Wort und von Zeilenende zu Zeilenanfang. Und während er zu Beginn des Briefs noch erwartungsvoll gegrinst hatte, wich dieser Ausdruck nach und nach einem Entsetzen, das sehr deutlich machte, dass Caius nicht eben davon angetan war, zu lesen, was er eben las.
    »Äh...« Er hustete trocken ein paar Krümel aus und las rasch weiter.