Ach, stimmt, da war ja was. Caius fiel das nun auch ein, und er kam sich einen kurzen Moment ziemlich blöde vor, dass er das vergessen hatte. Seiana bewies eindeutig mehr Weitblick als er. Allein deswegen war sie schon eine Bereicherung! So gingen die beiden also zum Taksi-Stand.
»Hah, guck mal, der alte Halunke hat jetzt sogar Schilder mit seinem Namen an den Sänften...«, bemerkte Caius belustigt und wedelte mit der freien Hand (die andere trug ja das überlebenswichtige Päckchen mit den Restbroten drin) den Sänften entgegen. Noch war er gut gelaunt, aber was nun folgen sollte, bereitete ihm während der gesamten Wegstrecke Kopfzerbrechen. Sie griff nach seiner Hand. Klein und warm lag sie geborgen in seiner. Und er fragte sich, ob das kühne Absicht war oder tatsächlich einfach nur so geschah. Viel zu überrumpelt, ging er einfach mit ihr zu Taksis Verleih. Und da erlebte er (nachdem sie seine Hand wieder losgelassen hatte, wie er bedauernd feststellte) die zweite Überraschung Seiana betreffend.
Denn Seiana feilschte, als sei sie in einem anderen Leben einer dieser Halsabschneider gewesen, denen man seine eigene Seele freiwillig verkaufte, ohne es zu merken. Caius sagte nichts. Er hatte ohnehin das Gefühl, dass er dann nur Seiana beim Handeln gestört hätte. Stattdessen beobachete er. Seianas Mienenspiel war eine Maskerade, die ihresgleichen suchte. Mehrmals wies sie darauf hin, dass ein anderer Sänftenvertreiber zwei Straßen weiter deutlich bessere Preise hatte. Ebenso oft fluchte der andere auf Altägyptisch, und Caius hoffte, dass Seiana das nicht verstand (er konnte selbst nur ein ganz winzig kleines Bisschen verstehen). Sie zeigte Desinteresse, wählte Worte mit kühler Berechnung und machte mehr als einmal Anstalten, zu gehen. Und Caius stand nur da und gaffte.
Anschließend stiegen sie in die Sänfte, Seiana in Tragerichtung und Caius entgegen der Tragerichtung. So sprach es sich angenehmer, und den Sklaven fiel das Tragen dann auch leichter, wenn sie nicht beide mit den Körperschwerpunkten (auch Hintern genannt) auf einer Seite saßen. Caius hatte immer noch nicht seine Sprache wiedergefunden, sondern musterte Seiana nach wie vor und mit deutlich mehr Respekt als zuvor im Blick. Noch mehr verwirrte ihn, dass sie die Hand (DIE Hand) verstohlen streichelte.
»Öh«, machte er ziemlich gedankenfrei.
»Kann ich nachvollziehen«, brachte er dann noch heraus. Und schon wieder überraschte sie ihn.
»Also, du... Du kannst feilschen wie ein westgallischer Marktschreier und du gehst nicht gerne einkaufen? Irgendwie fällt es mir ziemlich schwer, dir das zu glauben. Aber... Also, Respekt.« Caius zog die Brauen nach oben.
»Und wann verrätst du mir, wo wir hingehen? Und wieso keiner der anderen dabei ist? Wissen die daheim denn bescheid? Nicht, dass sie zur cena eine Suchfahndung rausgeben. Und hinterher denken die von der Legion noch, ich hätte dich entführt. Andersrum glaubt das wohl keiner.«