Beiträge von Aureliana Siv

    Siv seufzte. "Oh ja… Met ist, Met zu süß." Etwas verblüfft beobachtete sie anschließend, wie der Römer aufstand, und überlegte für einen Moment, ob das hieß dass sie auch aufspringen sollte. Dann aber zuckte sie nur die Achseln und lehnte sich etwas zurück. Wenn er etwas von ihr wollte, würde er das schon sagen, also folgte sie ihm nur mit Blicken zur Tür. Als er sie öffnete, konnte sie einen Blick auf Matho erhaschen, und sie wusste im ersten Moment nicht, ob sie sauer sein sollte oder sich freuen. Für sie war klar, dass er dort gewartet hatte, weil er sich nicht entgehen lassen wollte, wie sich die schlechte Laune ihres Herrn auf sie entlud. Ob das wirklich so war, war dahin gestellt, aber zumindest Siv war überzeugt davon. Auf der anderen Seite hatte Corvinus sich nicht nur beruhigt, er schien inzwischen erstaunlich gut gelaunt zu sein, bedachte man, wie seine Stimmung noch vor kurzem gewesen war – der Zustand seines Zimmers sprach eine deutliche Sprache davon. Schließlich entschied sich die Germanin, Matho – hinter Corvinus’ Rücken – zuzuzwinkern und zu grinsen. Der andere Sklave tat so, als ob er sie nicht gesehen hatte, und verschwand, und als der Römer sich wieder zu ihr drehte, bemühte sich Siv schleunigst, ihr Grinsen verschwinden zu lassen. Ihre persönliche Fehde mit Matho ging niemanden etwas an, zumindest niemanden, der sich möglicherweise einbilden würde eingreifen zu müssen. Genauso wenig wie jemanden etwas anging, was sie hier tat – dass sie Zeit mit einem Römer verbrachte, freiwillig, und dass es ihr gefiel. Sie hatte bis jetzt niemandem erzählt, auch nicht davon, wie sie Corvinus kennen gelernt hatte, aber natürlich war aufgefallen, dass es bereits in der zweiten Nacht nicht ihr Bett gewesen war, in dem sie geschlafen hatte.


    Siv zuckte innerlich mit den Achseln und vertrieb die Gedanken. Matho würde sich seinen eigenen Reim darauf machen, dass sie hier saß und sich unterhielt, anstatt sich eine Standpauke anhören oder wenigstens die Scherben wegräumen zu müssen. Sie konnte ihn nicht daran hindern – und wenn die anderen tratschten, würde sie einen Weg finden, damit umzugehen. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder vollends Corvinus zu und spielte weiter mit ihrer Strähne, während sie über Freundschaft nachdachte. Es mochte zwar ein paar Menschen geben, denen sie etwas schenken würde, aber davon abgesehen dass sie nicht wusste was, fühlte sie sich unwohl dabei, dass ihr das nur könnte, weil ihr Herr ihr das ermöglichte. Sie war noch nicht gern auf andere angewiesen gewesen, und gerade als Sklavin war sie so abhängig vom Willen eines anderen Menschen wie noch nie zuvor. Meistens schaffte sie es, diesen Umstand zu verdrängen, was bei den Aureliern zugegebenermaßen wohl leichter fiel als bei anderen Römern. Trotzdem versuchte sie, wann immer es ihr möglich war, so selbständig wie möglich zu sein und zu handeln. Und das schloss auch mit ein, dass sie keine Sachen kaufte, für sich oder für andere, von denen es ihr nicht befohlen worden war. Die Haarsträhne war inzwischen stark verzwirbelt, als Corvinus ihre Frage nach dem Dank mit einer versteckten Gegenfrage beantwortete, zumindest fasste sie es so auf. "Ich nicht weiß. Sklavin sein ist, ist… neu. Für mir, mich. Ich nicht weiß, was Sklavin… geben. Bekommen", verbesserte sie sich sofort. "Ich nicht… nicht denken, vorher, wenn, wenn… ich bin bei Soldaten, dass Römer… so sein. So vieles anders hier, anders wie ich denke. Ich nicht denke Römer danke sagen, bei Sklaven. Und dass sie es auch meinen." Siv musterte ihn kurz, dann fügte sie nachdenklich hinzu, was sie am meisten verwirrte, ausnahmsweise froh, dass er sie nicht verstehen würde: "Und du klingst, als ob du es meinst."

    Siv gab sich noch ein wenig weiter ihren Träumereien hin, gestaltete in ihren Gedanken das Land weiter, das längst schon nicht mehr Achaia war, jedenfalls nicht das Achaia, von dem Straton erzählt hatte. Als ihr Begleiter schließlich antwortete, ahnte sie nicht, dass er ihr damit mehr von sich offenbarte als er es sonst für gewöhnlich tat. Vielleicht hätte sein Verhalten darauf hindeuten können, aber Siv kam überhaupt nicht auf den Gedanken, dass es so sein könnte. Ihre Gefühle gingen zwar tief, lebten aber dennoch dicht an der Oberfläche, und sie konnte gar nicht anders als sie zeigen – sie gaben sich von selbst preis, selbst dann, wenn sie es nicht wollte. Was Siv neben einem leidenschaftlichen Menschen auch sehr schlecht darin machte, anderen etwas zu verheimlichen oder vorzuspielen. Ihre Emotionen verrieten sie meistens. In Germanien war das selten ein Problem gewesen, aber hier in Rom konnte sie das eher in Schwierigkeiten bringen, wo auf den Anschein so viel Wert gelegt wurde… Sogar unter den Sklaven gab es Ränkespiele und Intrigen, und das war etwas, was Siv völlig fremd war. Also sah sie Straton nicht überrascht an, sondern lächelte ihm nur offen und etwas wehmütig zu.


    "Ich kann verstehen. Ich vermisse Heimat auch… Ich glaube, alle vermissen Heimat, wenn fort. Oder viele. Ich gern will Heimat von dir sehen. Ich würde gerne." Ihr Lächeln änderte sich etwas, als sie Stratons nächste Worte hörte, wurde fröhlicher, und sie probierte endlich auch das zweite Stück Käse. "Was Dichter? Ich, ich will Worte verstehen, alle Worte…" Um die Wahrheit zu sagen, Siv war fasziniert davon. Sie war fasziniert davon, dass andere Menschen aus anderen Gegenden eine andere Sprache sprachen als sie. Und sie war fasziniert von der Möglichkeit, mit diesen Menschen in dieser ihr eigentlich fremden Sprache zu sprechen und sie zu verstehen. Chaire. Es klang fremdartig. Und schön. Und es war eine fremde Sprache, wie Latein, nur war es nicht die Sprache der Römer, was es für Siv noch viel anziehender machte… In diesem Moment beschloss sie, Griechisch zu lernen. Dass sie überhaupt niemanden hatte, der ihr das beibringen konnte, daran dachte sie gar nicht, ebenso wenig wie daran, dass sie möglicherweise gar keine vernünftige Gelegenheit bekommen würde – selbst wenn sich beispielsweise Straton bereit erklärte. Sie dachte im Moment weder daran, dass sie Sklavin war, noch daran, was das für sie bedeutete. Dieser Moment war einfach zu locker, zu schön, um ihn mit solchen Gedanken zu verderben. Sie wollte Griechisch lernen, und das tat sie auch gleich kund. "Worte von Achaia auch. Chaire. Merk ich mir. Chaire sein salve. Übrigens, der Käse ist lecker. Käse… ist gut." Sie steckte sich das letzte Stück des würzigen Käses in den Mund und genoss den Geschmack ausgiebig, bevor sie Straton wieder ansah. Sie hätte zu gerne mehr von Achaia erfahren, oder etwas über Hispania… Aber sie hatten eine Abmachung. "In Germanien, wir haben Wald… Viel Wald. Meine Heimat, viel Wald. Und alles, alles… ist grün, so dunkelgrün. Irgendwie sieht man allem an, dass es viel Wasser hat. Du kannst das Leben sehen, überall." Siv überlegte einen Moment, während sie nach den richtigen Worten suchte. "Wasser. Viel Wasser, in Germanien. Im Winter kommt Schnee, und, und… Frühling, Sommer, Herbst kommt Regen. Und du können sehen, dass viel Wasser kommt, weil, weil Wald, und andere Pflanzen, alles ist… frisch. Ist wie haben viel Wasser."

    Siv lief durch den Wald voran, bis sie die kleine Lichtung erreichten, und so leichtfüßig wie ihre Füße über den Boden sprangen, so leicht war ihr ums Herz. Sie sog tief die Luft in ihre Lungen, während sie das Bündel festhielt, in dem sich zwar ab und zu etwas regte, es aber im Großen und Ganzen ruhig war. Als sie beim Feuer angekommen waren, sah sie erfreut den grauen Wallach, der in der Nähe stand. Zusammen mit Minna ging sie zu ihm und begrüßte ihn, und für einen Moment war sie versucht, Severus zu bitten, sie reiten zu lassen, wenigstens eine kleine Runde – sie hatte so lange auf keinem Pferd mehr gesessen… Aber so schwer es ihr auch fiel, sie sagte nichts. Sie war nicht dafür hierher gekommen. Mit einem unhörbaren Seufzer löste sie sich schließlich von dem Grauen und setzte sich zu den anderen ans Feuer. "Danke." Sie lächelte Fiona zu, nahm den Becher entgegen und trank einen Schluck des Mets, ignorierte die Tatsache, dass er ihr eigentlich zu süß war, und genoss einfach den bekannten Geschmack, der ihren Mund füllte. Versonnen betrachtete sie die Flammen, während Minna Fiona erklärte, worum es bei Jul ging. Die Sonne… Sivs Gedanken schweiften erneut zu Odins Jagd. Die Tage nach Jul, so hatte ihr Vater es immer erzählt, als sie und ihre Brüder noch klein waren, standen die Tore zum Reich der Geister offen, und sie begleiteten Odin auf seiner Jagd, zogen am Himmel entlang und blickten auf die Lebenden. Diese Zeit war magisch, und die Tatsache, dass die Römer in eben dieser Zeit die Saturnalien feierten, bewies für Siv nur, dass sie noch magischer sein musste als sie bisher angenommen hatte, wenn sich auch die Götter anderer Völker diese Zeit aussuchten, um verehrt zu werden.


    Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Severus den Blót ansprach. Im Gegensatz zu ihren beiden Stammesgenossen hatte sie aber ein Selbstbewusstsein, das man als mehr als gesund bezeichnen konnte. Für sie war die Verschleppung durch die Römer kein Zeichen dafür, dass die Götter ihr womöglich nicht wohlgesonnen waren. Und es hätte viel passieren müssen, damit sie überhaupt auf diesen Gedanken kam. Sie hatte das Julopfer noch nie selbst vollzogen, immerhin blieb das in der Regel dem Goden vorbehalten, aber darüber machte sie sich keine Sorgen. Selbst wenn Severus und Minna nicht gezögert hätten, hätte Siv sich angeboten, und ihre Hand sank auf den Beutel, der auf ihrem Schoß lag. "Ich kann das Julopfer gerne durchführen." Mit einem Lächeln öffnete sie den Beutel, und neben einem zweiten, in dem sie etwas Essen mitgebracht hatte, war darin ein Kaninchen zu sehen, dass sie zuvor mit einer Kräutermixtur, die unter anderem Mohn enthielt, wirkungsvoll zum Schlafen gebracht hatte. Es zuckte gelegentlich mit einer Hinterpfote, aber ansonsten rührte es sich nicht. Siv sah Severus und Minna an. " Ich wusste nicht, ob einer von euch für ein Opfertier sorgen kann, und da ich die Gelegenheit hatte… Ich wollte einfach sicher gehen. Eigentlich wäre ein Eber angebracht, aber ich denke, die Götter werden uns verzeihen, dass wir damit nicht dienen können. Hat denn einer von euch noch ein Tier?" Sie ging nicht davon aus, dass Severus den Grauen dafür mitgenommen hatte – auch wenn sie schon einigen Blóts beigewohnt hatte, bei denen den Göttern Pferde geopfert worden waren. Aber sie wollte auch kein Pferd opfern. Ein Eber, ja, ein Eber wäre perfekt, für das Julfest… Aber ein Kaninchen würde es auch tun. Hauptsache sie hatten ein lebendes Opfer. Dann lächelte sie Fiona entschuldigend zu. "Entschuldigung. Mein Latein sein, ist schlecht. Wir… wir reden, wir wollen… Es geht um das Opfer… Wir…" Etwas hilflos sah sie zu den beiden anderen, deren Latein bei weitem besser war als ihres.

    Siv fuhr noch einmal abschließend mit dem Zipfel des Tuchs über die Wange des Römers, dann ließ sie ihre Hand sinken. "Du meinst Thing." Siv nickte langsam, konnte sie sich nun doch wenigstens einigermaßen vorstellen, was er mit Politik meinte. Trotzdem grübelte sie immer noch darüber nach, wie jemand dabei sterben konnte. Oder hatte er damit irgendetwas anderes gemeint? Sie runzelte leicht die Stirn. Er hatte 'politischer Tod' gesagt. Wenn zu Hause ein Mann falsche Entscheidungen traf, für sich, für seine Familie, für die Sippe… dann hörte auf Dauer keiner mehr auf ihn und seine Worte. Meinte Corvinus das damit? Dass die Römer hier nichts mehr zu sagen hatten, dass andere nicht mehr auf sie hörten, wenn sie einen schweren Fehler machten? Dann war… Polli… Politik in Rom aber tatsächlich ganz anders als das, was bei einem Thing ablief. Sie zog nachdenklich die Unterlippe zwischen die Zähne. "Ich glauben wie du. Glaube dass Thing… anders. Anders wie Politik hier. Thing… reden. Alle reden, wer wollen. Wer will. Und reden, reden… frei. Am Anfang trinken sie Met, damit sie lockerer werden und wirklich alles sagen, was sie wollen. Sie… trinken. Nicht Wein, aber Alkohol. Met. Für reden frei. Und… und… Entscheidungen… sagen was tun, was machen, das sein später. Tag später. Das wichtig. Reden frei, reden alle Worte, die wollen, auch Fehler. Sagen was machen sein wichtig, sein wo nicht ein Fehler… sein… darf."


    Sie legte den Kopf schief. "Reparieren?" Wieder ein neues Wort. Ein erfreutes Lächeln flog über ihr Gesicht, als ihr bewusst wurde, dass er es tatsächlich tat, dass er sie wirklich verbesserte. Die Freude darüber führte auch dazu, dass sie nicht weiter widersprach, als er darauf bestand, dass sie neue Sachen zum Anziehen brauchte. Die Tunika die sie trug war zwar noch wunderbar, und sie hatte etwas dagegen, etwas so Gutes wegzuschmeißen – aber das musste sie ja schließlich auch nicht. Für Arbeiten im Garten konnte sie sicher noch anziehen, oder zum Schlafen beispielsweise. Sie zog erneut die Nase kraus, als der Römer über den Markt und die Stadt sprach, und darüber, dass sie sie kennen sollte. Sie mochte weder die Stadt noch den Markt kennen oder sie kennen lernen. Auf Dauer würde sie sich auch in diesem großen Haus eingesperrt vorkommen, wenn sie die ganze Zeit hier blieb, aber sie sehnte sich nach der Natur, nach Wäldern, Bergen, nach der Weite und der Einsamkeit dort. In Rom würde sie sich schneller verirren als sie ihren Namen sagen konnte. Aber sie sagte es nicht laut, wollte sie vor dem Römer doch nicht zugeben, dass ihr die Straßen, Gassen und Plätze mit den vielen Menschen Angst machten.


    Stattdessen hörte sie ihm nur weiter zu und runzelte erneut die Stirn. "Geld? Münzen?" Etwas verwirrt musterte sie die Geste, die er machte. "Das sein… Essen? Irgendwelche kleinen Früchte, oder Nüsse? Oder… Steine?" Für Siv tauschten die Römer im Grunde auch – die kleinen glänzenden Gegenstände gegen alles Mögliche. Unter anderem gegen Menschen – Sklaven. Allerdings wusste sie den lateinischen Begriff nicht. Und auch sonst hatte sie diesmal nicht genug verstanden, um den Sinn zu begreifen. Aber als er ihr versprach, ihr welche zu zeigen, zuckte sie leicht die Achseln und nickte gleichzeitig, nur um gleich darauf wieder die Stirn zu runzeln. Es machte Sinn, dass er für seine Sklaven sorgte, dafür dass sie Kleidung bekamen und Essen, aber das hatte sie mit ihrer Frage auch nicht gemeint. Schweigend hörte sie sich den Rest an, den er zu sagen hatte. Wieder zog sie die Unterlippe zwischen die Zähne, bevor sie sie langsam wieder losließ, und sie griff nach einer ihrer Strähnen und drehte sie nachdenklich zwischen zwei Fingern. "Ich nicht weiß… Ich… Anfang von Freund… Freundschaft? sein anders. Ich, ich nicht glaube, dass… dass ich, wenn ich geben Sache für andere, dass andere dann Freunde sein, für mir. Freunde sein, weil… weil mögen Mensch, das ich bin. Nicht wegen ich geben Sache." Die Germanin schwieg einen Moment lang und musterte ihn. Ihr war nicht entgangen, dass er nicht auf alle ihrer Fragen geantwortet bisher, und zwar genau auf die, deren Antwort sie unbedingt hatte haben wollen. Siv überlegte nicht lange. Sie stellte die Fragen noch einmal. "Warum du… geben, warum du wollen geben… möglich… ich kann geben Sache für Freunde? Ich sein Sklavin, von dir. Du…" Sie zuckte fast ein wenig hilflos mit den Achseln. Sie wurde nicht schlau aus ihm. "Warum danke?"

    Es dauerte nicht lange, bis Cadhla mit einem Krug zurückkehrte. Sivs Nasenflügel weiteten sich, als sie den bekannten Geruch wahrnahm. Weidenrindentee. Das Zeug war grässlich, aber es half gegen Fieber wie sonst kaum etwas. Auf Cadhlas Geheiß hin hob Siv Tillas Oberkörper leicht an und stützte ihren Rücken und Kopf, damit die Keltin ihr vorsichtig den Tee einflößen konnte, bis diese entschied, dass es vorerst genug war, und den Krug absetzte. Die Germanin ließ das Mädchen vorsichtig wieder auf das Bett zurücksinken, als der Mann mit dem erhitzten Stein auftauchte. Siv strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht und lächelte ihm dankbar zu. Sie überließ es Cadhla, den Stein entgegen zu nehmen, und nahm Tilla inzwischen die Wadenwickel ab. Sie durften nicht zu lange angelegt sein, und auch nicht zu oft gemacht werden, daher erneuerte Siv sie nicht. Stattdessen sorgten sie und die Keltin nur dafür, dass Tilla fest in Decken eingepackt war und der Stein dicht an ihrem Körper lag, damit sie das Fieber herausschwitzen in der Nacht konnte.


    Siv nickte Hektor, wie sich der Mann inzwischen vorgestellt hatte, zu und lächelte erneut, inzwischen etwas erschöpft. "Ich Siv." Mit einer müde wirkenden Geste wandte sie sich Cadhla zu. "Ich denken… gut sein, wenn Tilla schlafen. Und ich auch… ich sein… wollen schlafen. Sein… müde." Der Tag war lang gewesen. Heute morgen noch war sie beim Sklavenhändler gewesen, mit einem ungewissen Schicksal vor sich. Sie hatte nur gewusst, dass sie an diesem Tag verkauft werden würde. Danach der Markt, die Warterei, bis sie an der Reihe war, die Auktion. Und danach wieder warten, bis Brix sie abgeholt hatte… Und die vielen neuen Dinge, die heute auf sie eingestürmt waren, hatten ihr Übriges getan, um sie müde werden zu lassen. Für Tilla konnten sie heute nicht mehr viel tun, außer sie schlafen zu lassen, und sollte irgendetwas sein – sowohl sie als auch Cadhla schliefen im selben Raum, Siv sogar direkt über Tilla. Sollte es dem Mädchen schlechter gehen, würden sie es mit Sicherheit merken.

    Sim-Off:

    Sorry, Fiona, hab dich beim letzten Mal übersehen...


    Inzwischen war eine Siv unbekannte Frau zu ihnen getreten, die Minna als Fiona begrüßte; allerdings hatte die Germanin gerade nicht wirklich die Möglichkeit, deren Gruß zu erwidern, da sie sich auf Tillas Gesten konzentrierte. "Naja, wenn du müde bist, solltest du vielleicht heimgehen… Du… wenn du schlafen wollen, dann du gehst zuhause besser. Oder?" Siv lächelte dem Mädchen zu und löste dann deren Hand aus ihrer eigenen, um nach ihrem Weinbecher zu greifen und etwas zu trinken. Dann musterte sie Tilla wieder, als diese nach verschiedenen Dingen auf dem Büffet griff und in ihr Brot drückte, und sie musste grinsen, als sie begriff, dass Tilla damit die Gesten für Farben erläutern wollte. "Ich glaube, langsam kann ich mir die merken, Tilla."


    Als Severus wieder auftauchte, lächelte Siv ihm zu. "Kein Problem. Ich freue mich schon auf unser Julfest." Die Germanin verfolgte ihren Landsmann noch einen Moment mit Blicken und wandte sich dann ab und wieder Minna, Fiona und Tilla zu. "Salve… Fiona? Ich bin Siv. Ich… ich bin, ich komme von Germanien, wie Minna." Die Germanin lächelte der anderen Frau zu, ohne zu ahnen, was sich noch kurz zuvor zwischen ihr und Tilla abgespielt hatte. Sie nahm sich ebenfalls etwas von dem Fladenbrot und füllte es mit Gemüse und dem Fleisch, das sie noch in der Hand hielt, dann ließ sie ihren Blick über die Menge schweifen. Sie konnte Cadhla nirgends entdecken, aber sie hatte sie zuvor gesehen, und sie wollte unbedingt heute noch zu ihr, war die Keltin doch überhaupt erst wegen ihr auf diesem Fest aufgetaucht. Siv hoffte, dass Cadhla ebenfalls ihren Spaß hatte, auch wenn sie sich da nicht ganz so sicher war. Es wäre nicht fair, wenn sich dieses Fest für sie dank ihrer Stammesgenossen recht positiv entwickelte, und Cadhla hier war und sich wünschte, woanders zu sein… Sie hätte ein schlechtes Gewissen, wäre es wirklich so, und es wäre ein schlechter Freundschaftsdienst von ihr.

    Wie sie schon vermutet hatte, war sie hier noch nicht fertig. Noch während sie die verschiedenen Stoffstreifen und Laken einsammelte, kamen Cadhla und der Medicus, die schon fast zur Tür hinaus waren, doch noch einmal zurück, und auch wenn Siv nur Wortfetzen von dem folgenden Gespräch verstand, ahnte sie doch, dass es für sie eigentlich nur mehr Arbeit bedeuten konnte. Mit einem lautlosen Seufzen verabschiedete sich die Germanin innerlich schon von jeglichem Gedanken an noch etwas Schlaf diese Nacht, bevor der Römer sich Cadhla und ihr zuwandte. Was sagte er? Siv stellte fest, dass es ihr zunehmend schwer fiel, sich zu konzentrieren, aber sie verstand genug, um zu ahnen, was der Römer wollte – oder zumindest hoffte sie das. Mit einem Nicken legte sie die Sachen beiseite, die sie angefangen hatte aufzuräumen, und ging zur Tür. "Du folgen, bitte," meinte sie zu dem Medicus. Etwas höflicheres brachte sie nicht zustande, selbst wenn sie gewollt hätte. Im Gang wartete sie auf ihn, um ihm dann den Weg zu zeigen.


    Wieder in den Räumen der Römerin zurück stellte Siv mit einem leichten Stirnrunzeln fest, dass die Streifen, die diese am Bett gehalten hatten, gelöst waren. Sie wusste nicht so recht, ob das klug war, aber auf der anderen Seite machte die Römerin inzwischen zumindest den Eindruck, als ob sie zu erschöpft war, um noch einmal so etwas Dummes wie zuvor anzustellen. Die Germanin zuckte also nur mit den Achseln und hob die Laken auf, die auf den Boden geworfen worden waren, um sie auf den Stapel zu häufen, den sie bereits begonnen hatte.

    Siv führte ihn durch die Gänge zunächst in das Gemach des Römers – mehr geraten als wirklich gewusst, denn so lange war sie noch nicht hier. Aber als sie die Tür öffnete, wusste sie, dass sie das richtige erwischt hatte, und während der Medicus sich wusch, nahm sie sich eines der Tücher, wischte sich die blutigen Hände ab und holte dann eine frische Tunika aus einer der Truhen. "Die Tunika sein hier, auf Bett. Bald kommen, kommt Sklavin, für dich. Für… machen Zimmer, und geben Essen." Einen Moment überlegte sie noch, ob sie auf Caelyn warten sollte, aber Ulsus hatte auch gemeint, dass sie zurück kommen sollte… Also entschied sie sich, den Medicus allein zu lassen. Er würde in der Zwischenzeit wohl kaum in die Wasserschüssel fallen oder sonst etwas tun, wofür er sie brauchen würde. "Gute Nacht." Die Germanin nickte ihm noch einmal zu und verließ dann den Raum, um zurückzugehen.

    Die Germanin beobachtete, wie Straton bezahlte, und sie hatte das deutliche Gefühl, dass der Händler sehr zufrieden war. Mit einem letzten, etwas bedauernden Blick zu dem Stand und den Oliven folgte sie ihrem Begleiter in die Menge hinein, versuchte angestrengt, den Menschen auszuweichen und nicht angerempelt zu werden – was ihr weniger gut gelang. Sie fragte sich, wie die anderen – namentlich Straton neben ihr – es schafften, sich so hindurch zu schlängeln, dass sie gegen niemanden stießen, während sie selbst, so schien es ihr, ständig von der einen Seite auf die andere hüpfte und trotzdem laufend irgendwem im Weg war oder sich jemand ihr in den Weg schob. Gleichzeitig versuchte sie, ihm zuzuhören. "In Ordnung… das ist gut. Wunderbar. Du… wenn du erzählen." Siv machte einen Schritt zurück und hinter Straton, um einem Mann auszuweichen, der ihr entgegen kam, danach kam sie wieder an seine Seite, nur um ihn etwas verständnislos anzusehen und sofort gegen den nächsten Mann zu prallen, der auf einmal vor ihr war. "Äääh… Begnügen? Vorge… Tut mir leid, aber… Ich…" Immerhin hatte sie den Anfang verstanden. "Ich lernen gerne. Neues, neues Dinge sind interessant. Ich nicht weiß, warum andere nicht denken das." Siv hatte immer schon gern gefragt, war immer neugierig gewesen, hatte mehr wissen wollen. Aber zuhause war sie damit eher auf Unverständnis gestoßen, jedenfalls bei den meisten. Manche hatten ihr das auch einfach ins Gesicht gesagt – woraufhin Siv dann beleidigt war. Sie musste nicht unbedingt selbst etwas mit Holz herstellen wollen, nur weil sie wissen wollte, wie es funktionierte. Aber viele hatten dennoch versucht ihr so gut wie möglich zu antworten, und einer von denen, bei dem sie am liebsten gewesen war, war der Schmied gewesen. Abgesehen davon, dass sie sein Handwerk mit am interessantesten fand – zusammen mit dem der Heiler und dem des Tischlers; sie fand eigentlich alles interessant, wo man irgendetwas, sei es nun Metall, Holz oder ein Mensch, irgendwie verändern konnte –, konnte man bei ihm mit Abstand die blumigsten Schimpfwörter und Flüche hören, mehr als bei den Kriegern, und das war etwas, was Siv nicht im Ansatz lernen musste. Es prägte sich ihr ein ohne dass sie etwas dafür tun musste.


    Während Straton beim nächsten Stand Halt machte – Käse, wie Siv mit einem genießerischen Seufzen feststellte –, hörte sie ihm gleichzeitig zu, wie er über Achaia erzählte. Als er begann, war sie noch fest entschlossen, sich den Namen diesmal zu merken, aber der Gedanke war bald weg, ebenso vergessen wie der Käse in ihrer Hand. Sie verstand lange nicht alles, was er sagte, aber das musste sie auch gar nicht. Im Gegenteil, die Teile die fehlten wurden von ihr irgendwie ergänzt, und wie von selbst entstand in ihrem Kopf ein Bild der Landschaften, die er beschrieb, vom Wetter, von den Städten… Ein Land mit Bergen, mit Bäumen, die in ihren Gedanken ähnlich wie Eichen aussahen, an denen Oliven wuchsen, die zwar nicht zahlreich, dafür aber umso ausladender und höher waren; Gras, das weich und grün war – nicht so dunkel und gesättigt vom Regen wie in ihrer Heimat, aber auch nicht hell, fast gelb und trocken wie hier, sondern ein saftiges Grün; und Tiere mit dem seltsamen Namen Ziegen, die offenbar Milch gaben – oder meinte Straton wörtlich, dass sie Käse gaben? Diese Vorstellung brachte Siv zum Schmunzeln. Sie vermutete auch, dass sie Ziegen wahrscheinlich kannte, aber das Wort klang so fremdartig, dass sie sich lieber etwas anderes darunter vorstellte, solange sie noch die Gelegenheit dazu hatte. Und weiter erzählte Straton, von Athen, von den Menschen in dieser Stadt. Siv wusste nicht was Philosophen waren, aber sie verstand die Worte Ideen hören, Gedanken, streiten und wieder hören, und in ihrer Vorstellung wurden diese Philosophen zu wundersamen Menschen, die mitten in der Stadt auf und ab gingen, Ideen dachten und sich gegenseitig verstehen konnten, ohne ein Wort zu sagen. Sie wusste selbst, dass ihre Fantasien kaum der Wahrheit entsprachen. Aber es war einfach zu schön, sich ein solches Land vorzustellen, und sie beschloss, die Vorstellung im Kopf zu behalten und dieses Land, ihr Land, weiter auszubauen, immer ein Stückchen hinzuzufügen, wenn sie von fremden Ländern hörte. Das Stück Käse wanderte endlich in ihren Mund, und nach einer kurzen Pause auch ein Stück von der zweiten Sorte, auf die Straton gedeutet hatte. Gleichzeitig sah sie ihn aufmerksam an. Er klang traurig, fast sehnsüchtig, und obwohl er zuvor gesagt hatte, dass er in Hispania aufgewachsen war, fand Siv das nicht eigenartig. Spätestens seit sie mit Cadhla über ihre Mutter gesprochen hatte, wusste sie, dass man sogar etwas vermissen konnte was man noch nie hatte kennen lernen dürfen. "Deine Heimat klingt schön. Viel schön. Du, du vermissen sie." Das war eine Feststellung, keine Frage. "Ich kann verstehe das." Dann lachte sie plötzlich leise. "Aber ich denke wohl viel anders, viel verschieden von Achaia, wie sein. Ich nicht verstehe, nicht verstehe alle… alle Worte du sagst. Also ich denke selbst, und denke neue Dinge. Ich stell mir einfach was vor. … Was sein Chaire?"

    Verwirrt sah Siv den Römer an. Ein Fehler in Rom bedeutete doch nicht den Tod – vielleicht für die Armen, aber doch nicht für jemanden wie ihn, der in einer derart sicheren und behüteten Umgebung lebte. "Tod? Aber… du, hier, nicht sein gefährlich. Leben nicht gefährlich ist. Wie kann jemand wie du hier schnell den Tod finden. Wie du haben Tod?" Nach einer kurzen Überlegung fügte sie an: "Ich nicht verstehe, ich… Was gravierender, vorerst, politischen?" Seine Zusage, sie nicht nur verbessern zu wollen, sondern sogar mit ihr zu lernen – selbst Germanisch zu lernen –, hatte dazu geführt, dass sie etwas offener wurde. Es war nicht so, dass sie sich normalerweise nicht traute, solche Fragen zu stellen. Aber sie wollte sie meistens nicht stellen, vor allem einem Römer nicht. Siv fragte oder bat in der Regel nur dann, wenn sie sich einigermaßen sicher sein konnte, dass sie keine ablehnende Antwort bekam. Sie mochte es nicht, zurückgewiesen zu werden, und wenn diese Gefahr bestand, ließ sie es lieber – es sei denn sie war in einer Position, trotzdem zu bekommen was sie wollte, sei es weil sie sich einfach so lange trotzig benahm, bis ihr Gegenüber nachgab, oder sei es weil sie sonst in irgendeiner Form überzeugen konnte. Bei Römern hatte sie keinerlei Handhabe, sie zu irgendetwas zu bringen, wenn diese nicht wollten, und selbst wenn sie wollten, war die Situation doch immer die, dass sie – weil sie Sklavin war – um etwas bat, das allein in der Gnade der Römer lag zu gewähren. Gerade bei diesem Volk aber wollte sie sich am allerwenigsten die Blöße geben, in der Position des Bittstellers zu sein – je simpler die Bitte oder Frage war, desto mehr. Dazu kam, wurde die Bitte nicht gewährt, geriet man zu schnell in die Lage wie jemand zu wirken, der bettelte. Und das war etwas, was Sivs Stolz nicht zuließ.


    Corvinus aber schien im Moment nicht wie ein Römer auf sie zu wirken. Wie er mit ihr sprach, wie er auf sie einging… Die Atmosphäre war entspannt, und Siv merkte, wie sie darauf beinahe unbewusst reagierte, von Anfang an reagiert hatte, und sich mehr so gab wie sie wirklich war. Eine falsche Antwort von ihm konnte wieder ihre übliche, trotzig-ablehnende Art hervorrufen, so wie es in dem Moment geschehen war, als sie dachte, er würde ihr Bitte nach Verbesserung ablehnen, aber für den Augenblick war sie gelöster als normalerweise. Als der Blick des Römers zu ihren Beinen und der misshandelten Tunika wanderte und er einen dementsprechenden Kommentar abgab, zog Siv kurz die Nase kraus. "Verband? Nein, ich nicht weiß wo. Nicht sicher. Aber so", sie deutete auf ihre Tunika, "ist schneller. Und ich kann… Ich kann sie wieder flicken. Ich kann sie… Kann machen… wieder gut. Bei arbeiten ist nicht, nicht wichtig wie Tunika sein."


    Die Germanin stand immer noch etwas unschlüssig vor ihm, unsicher was sie tun sollte – ganz offensichtlich wollte er von ihr im Moment nicht, dass sie aufräumte, sondern sich weiter mit ihr unterhalten, aber er tat oder sagte nichts, was ihr zeigte dass sie sich hinsetzen sollte. Er konnte aber doch nicht tatsächlich gemeint haben, dass sie sich auf seine Beine setzen sollte… Innerlich zuckte sie schließlich die Achseln. Es war ja nicht so, dass sie ein Problem damit hatte, sich in Gegenwart eines Römers einfach zu setzen, selbst wenn er ihr nichts dergleichen erlaubte. Und sie hatte zwar nichts dagegen einzuwenden, sich weiter mit ihm zu unterhalten, aber sie sah nicht ein, das im Stehen zu tun, vor allem nicht wenn er währenddessen saß. Also zog sie sich schließlich den zweiten Sessel näher heran und setzte sich ebenfalls, nur um schon wieder etwas Überraschendes zu hören. Wenn sie ihn richtig verstand, dann interessierte er sich offenbar tatsächlich dafür, wie es ihr ging, ob sie sich mit den übrigen Sklaven verstand, ob sie Freunde hatte… So sehr, dass er ihr anbot, für sie etwas kaufen zu können? Siv starrte ihn an. "Du… Ich nicht weiß, ich… verstehe? Du sagen ich kann… kaufen… Sachen für andere? Einfach so?" Falls sie das richtig verstanden hatte, wusste sie beim besten Willen nicht, was sie davon halten sollte. Mal davon abgesehen, dass sie nicht gewusst hätte, wem sie etwas schenken sollte, oder was, jedenfalls nichts was sich kaufen ließ, fühlte sie sich, wieder mal, verwirrt. Was bezweckte er damit? Warum tat er so etwas? Ihre Gedanken wirbelten durcheinander, zu sehr, als dass sie darauf im Moment weiter eingehen konnte. Stattdessen säuberte sie seine Wange und erstarrte, als sie seine Hand auf der ihren spürte. Danke. Der Römer verwirrte sie mit jedem Moment mehr. Einen Moment sah sie ihn einfach nur an, rührte sich nicht, bis seine Hand wieder hinunter sank, und jetzt hielt sie es auch nicht mehr aus. "Warum? Warum ich kann kaufen Sachen, Sachen für andere Sklaven? Ich hab selber nichts, weder zum Kaufen noch zum Tauschen. Ich hab auch nichts, was ich dir dafür geben könnte – selbst wenn ich dir nicht gehören würde." Ein leiser Anflug von Bitterkeit war in ihrer Stimme zu hören, aber die Verwirrung und Neugier, die Corvinus in ihr auslöste, war größer. "Ich nicht haben was ich kann geben. Also, was du wollen? Warum du das tun? Und warum danke?" Darauf, dass sie eine neue Tunika brauchte – mehrere eigentlich, denn bis jetzt war sie noch nicht auf dem Markt gewesen und hatte eigene bekommen –, ging sie nicht ein. Es erschien ihr einfach unwichtig im Vergleich zu dem, was sie ihn gefragt hatte, und sie brannte auf seine Antworten, wollte wissen, was er zu sagen hatte – wenn er sich denn erklärte.

    Siv stockte für einen Moment und starrte die Keltin an, als diese voller Überzeugung erklärte, dass ihre Mutter sie einfach geliebt haben musste. Das war etwas, worüber sie so bisher noch nicht nachgedacht hatte. Sie wusste, aus Erzählungen, dass ihre Mutter eine liebe und gutherzige Frau gewesen sein musste, die sie mit Sicherheit geliebt hätte, hätte sie die Gelegenheit dazu gehabt. Aber Tatsache war, dass sie gestorben war, bevor sie sich wirklich hatten kennen lernen können, und für Siv war es, zumindest bisher, ebenfalls eine Tatsache gewesen, dass ihre Mutter nicht großartig die Wahl gehabt hatte. Jetzt erzählte Cadhla ihr etwas anderes, zumindest verstand sie sie so. Einen Moment zögerte sie, bevor sie schließlich leise antwortete. "Das… So ich nicht denken, über Mutter. Bis, bis heute ich meine. Ich möge denken, dass Mutter lieben mich…" Langsam breitete sich ein leichtes Lächeln auf Sivs Gesicht aus, als die Keltin ihr ebenfalls zulächelte. Sie mochte den Gedanken tatsächlich, und auch wenn sich jetzt so etwas wie leise Wehmut in ihr breit zu machen begann, darüber, dass sie ihre Mutter nie hatte kennen lernen können, hielt sie den Gedanken fest. Sie hatte bisher nie viel über ihre Mutter nachgedacht, aber vielleicht war das deshalb, weil ihr nie das in den Sinn gekommen war, was Cadhla eben gesagt hatte. Und zum Glück fiel ihr zumindest im Moment nicht auf, wie sehr das Leben eigentlich mit ihr spielte – sie begann zum ersten Mal ernsthaft über ihre Mutter nachzudenken, sich für sie zu interessieren. Und das zu einem Zeitpunkt in ihrem Leben, wo sie keinen mehr um sich hatte, den sie nach der Frau, die sie geboren hatte, hätte fragen können.


    Ihr Korb war inzwischen voll, aber die Germanin wollte ihn noch nicht wegschleppen, also begann sie zunächst damit, weitere Blätter zu größeren Haufen zusammen zu rechen, die später leicht in den Korb geworfen werden konnten. Sie wurde etwas verlegen, als Cadhla darauf bestand, dass sie eine gute Mutter wäre, und noch verlegener, als sie ihr sagte, dass sie ihr viel Liebe wünschte. Sie kratzte sich am Kopf, ohne aufzusehen. "Ich nicht viel weiß bei, bei… von Liebe. Ich liebe Vater, und Bruder. Ich möge andere Menschen, möge… meine Freunde zuhause. Und Ragin mochte ich auch. Aber ihn hab ich nicht geliebt, und das ist wohl auch gut so… Wie würds mir denn jetzt sonst gehen…" Sie seufzte leise. "Ich nicht weiß, Liebe wichtig ist. Wie wichtig. Freiheit wichtig, und stark sein… Menschen wichtig, manche." Liebe war so etwas ungreifbares für Siv. Sicher liebte sie ihren Vater und ihre Brüder, aber die waren auch immer für sie da gewesen, sie kannte nichts anderes als sie zu lieben. Aber darüber hinaus? Bei Cadhlas anschließenden Worten sah sie sie wieder an, mit einem Lächeln, aber immer noch verlegen. "Was du sagst klingen wie ich stark sein. Wie… wie… es sein richtig. Aber ich nicht weiß, ich… ich wollen sein Kriegerin. Immer wollen. Aber nicht sein machen, in Heimat. Mein Vater nicht wollen, und Mädchen nicht sein Kriegerinnen. Aber ich immer wollen…"

    Siv sah dem Medicus zu bei dem, was er tat, beobachtete wie die Nadel in winzigen Abständen durch die Haut stach und die Wunde immer weiter geschlossen wurde, bis der Mann sich schließlich aufrichtete und die Nadel verstaute. Anschließend verband er das Handgelenk erneut, diesmal ohne Sivs zusammengerollten Gurt, der den Druck auf die Wunde hatte aufrecht erhalten sollen. Die Germanin kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe und grübelte darüber nach, ob sie das auch so hinbekommen hätte. Wenn man die Werkzeuge dafür hatte, konnte es doch eigentlich nicht so schwer sein… oder? Von seinen Worten abgelenkt hob sie den Kopf und sah ihn an, als er weitere Anweisungen gab, die Siv nur mit Mühe verstand. Aber der andere Römer war ja da und würde sich sicher merken, was weiter getan werden musste – und Siv hoffte, dass sie nicht sie es sein musste, die weiter damit betraut werden würde. Sie hatte nicht wirklich Lust, eine Römerin gesund zu pflegen, zum einen einfach deshalb, weil es eine Römerin war, zum anderen aber auch, weil Siv wusste, dass das nicht gut gehen konnte. Sie hatte ihre Art, mit Verletzten und Kranken umzugehen, und besonders sanft, zuvorkommend oder voller Mitleid war sie dabei nicht, jedenfalls nicht wenn sie es nicht für nötig hielt. Und bei dieser Römerin kam dazu, dass sie nicht einfach nur krank war, oder einen Unfall hatte, für den sie nichts konnte… Sie hatte versucht sich selbst umzubringen. Wenn sie das wirklich wollte, würde sie es wieder tun, und dann war alle Mühe ohnehin umsonst. Und wenn sie es nicht wirklich wollte, nun… Dann hätte sie erreicht, was sie wollte, wenn sie jede Menge Aufmerksamkeit bekam. Siv kannte sich damit aus, hatte sie doch selbst immer gern im Mittelpunkt gestanden – auch wenn sie niemals so etwas dafür getan hätte.


    Die Germanin hob den Kopf und sah Unsus an, als dieser ihr den Tiegel reichte, sich dann zunächst beim Arzt und darauf auch bei ihr und Cadhla bedankte. Sie verzog keine Miene, sondern nickte nur. Für sie war es selbstverständlich gewesen, was sie getan hatte, ob sie nun Sklavin war oder nicht; sie hatte die meiste Zeit gar nicht darüber nachgedacht, wem sie da gerade half. Aber er schien es nicht für selbstverständlich zu halten, und insgeheim wunderte sie sich darüber, dass er seinen Dank aussprach. Noch ein Römer, der Sklaven anders behandelte als sie es in ihrer Weltanschauung erwartete. Aber das kümmerte sie im Moment nicht weiter. Sie begann müde zu werden, jetzt, wo die Anspannung von ihr abfiel, und auf einmal wurde ihr unangenehm bewusst, wie blutbesudelt sie eigentlich war. Am Teich draußen, als sie den ersten Druckverband angelegt hatte, war sie über und über vollgespritzt worden, und sie sehnte sich danach, die Tunika loszuwerden und sich zu waschen, und danach, endlich, zu schlafen. Sie folgte Cadhla und dem Medicus mit Blicken, wie sie den Raum verließen, und wäre ihnen gerne nachgegangen, aber noch hatte sie den Tiegel, und noch hatte sie das Messer. Außerdem war sie sich sehr sicher, dass sie hier noch nicht fertig war. Es gab bestimmt irgendetwas, was die Römerin noch brauchte oder wollte, bevor sie endlich schlief. Davon abgesehen musste aufgeräumt werden. Also ging Siv zu der Kommode neben dem Bett und stellte den Tiegel darauf, und danach machte sie sich daran, die blutigen Stoffstreifen, den inzwischen wieder halb aufgerollten Gurt und die überzähligen Laken einzusammeln, die herumlagen. Dass die Römerin immer noch, wenn auch recht locker, festgebunden war, ignorierte sie für den Moment.

    Siv grinste kurz, als sich ihre Einschätzung, dass es Fisch war, als richtig erwies – mit dem Rest hatte sie eher Probleme. Was war Sardelle? Oder Aroma? Aber sie ließ diese Fragen für den Moment. Sie wollte Straton nicht mit Fragen löchern – er hatte sich nicht nur bereit erklärt ihr zu helfen, sondern erwies sich als interessanter und aufmerksamer Begleiter. Tatsächlich achtete sie kaum noch auf die Menschen um sich herum, die über den Markt liefen, und das war Stratons Verdienst, sah man mal von ihrer eigenen Neugier ab und der Tatsache, wie leicht sie sich selbst von einfachen Dingen wie Oliven fesseln lassen konnte – und diese Eigenschaften waren keine, die ihr selbst wirklich bewusst gewesen wären. Als Straton dann nicht nur einwilligte, ihr von den beiden Ländern zu erzählen, sondern noch von mehr, fingen Sivs Augen an zu leuchten, und auf ihrem Gesicht breitete sich ein strahlendes Lächeln aus. "Ehrlich? Das wär großartig, das- Das, das gut ist. Das…" 'Gut' war definitiv nicht aussagekräftig genug. Die Germanin gestikulierte mit einer Olive in der Hand. "Was, was anderes Wort für gut? Mehr gut, viel viel mehr gut? Sowas wie großartig, toll, fantastisch… Ich freue, ich gerne wisse, weiß Dinge. Gerne lernen, und alles Verschieden so, so… interessant."


    Als Straton erneut das Wort ergriff, war Siv für einen kurzen Augenblick irritiert. Nicht umsonst? Was meinte er damit? Oder hatte sie ihn vielleicht falsch verstanden? Aber nein, nicht und umsonst, das war deutlich… Straton sprach indes schon weiter, und Sivs kurze Verwirrung löste sich in Nichts auf, als sie ihn übermütig angrinste. "Du wollen wissen von Germanien? Ich kann viel erzählen, sehr viel. Du mehr sein, sein… vorsichtig. Aufpassen. Nicht ich erzählen zu viel, und du… du bekommen… langweilig. Traurig? Nein… Du bist kein interessant, du nicht findest interessant." Sie lächelte. "Ich erzählen… ich würde gerne dir erzählen von Heimat." Was nicht unbedingt normal war. Bis jetzt hatte sie kaum über ihre Heimat gesprochen, zu tief saß der Schmerz und zu groß war die Sehnsucht, die damit einher ging. Aber es war nur fair, wenn sie Straton auch etwas dafür gab, dass er sich mit ihr beschäftigte und ihr Dinge erzählte, von fernen Ländern… Wieder schillerten bunte Bilder vor ihrem inneren Auge, als ihre Fantasie sich auf den Weg machte in diese Länder, und was sie sah, verdrängte zumindest für den Moment jeden Schmerz und jede Sehnsucht. "In Ordnung, ich nehm dich beim Wort. Acha… wasauchimmer. Das ist Heimat von dir, ja? Wie ist da? Wie… was sein Stadt, große Stadt, wie Rom? Wie sein Menschen?" Nach einem kurzen Augenblick fügte sie hinzu: "Und was du willst wissen von Germanien?"

    Straton ließ von den milden Oliven einen kleinen Tonkrug füllen, danach musterte er weiter die Auslage und deutete auf die nächsten, die er zum Kosten haben wollte. Dabei legte er eine Art an den Tag, die Siv für einen Moment zweifeln ließ, ob er tatsächlich ein Sklave war. Er sprach mit dem Händler in einem eher kommandierenden Ton, und dieser dachte auch gar nicht daran, zu widersprechen. Die Germanin sah Straton kurz von der Seite an und grübelte, aber auch wenn seine Kleidung eine gewisse Qualität hatte, war sie doch die Kleidung eines Sklaven, und sie meinte sich zu erinnern, dass er von seinem Herrn gesprochen hatte. Aber sie konnte sein Verhalten nicht ganz mit seinem Stand als Sklave vereinbaren. Wie konnte ein Unfreier mit einem Freien so reden? Sie hatte inzwischen nicht nur gemerkt, sondern sich auch selbst eingestanden, dass wohl nicht alles so lief wie sie es zuvor erwartet hätte, aber Straton bewegte und benahm sich mit einer Sicherheit und Selbstverständlichkeit, um die sie ihn zu beneiden begann. Nicht dass sie Sklavin bleiben wollte, aber sie war es nun mal und sie wusste nicht, wann – und ob – sich das jemals ändern würde. Unweigerlich drängte sich ihr daher die Frage auf, was sie tun musste, um wenigstens soweit zu kommen, dass sie zumindest keine einfache Sklavin mehr war, die von jedem herumgeschubst werden konnte.


    Sie nahm von den nächsten Oliven, die Straton ihr anbot, welche, nichtsahnend, dass diese um ein Gutteil teurer waren als die vorigen, und musterte sie kurz. Sie sahen schon wieder anders aus als die vorigen, abgesehen von der Form, und diese hatten auch eine Füllung, von der Siv aber nur raten konnte, was es war. Sie steckte die Olive zwischen die Lippen und kaute, während ihre linke Augenbraue leicht nach oben wanderte. Der Geschmack, der in ihrem Mundraum regelrecht zu explodieren schien, war nicht gänzlich anders als der vorige, aber es war doch ein deutlicher Unterschied festzustellen – vor allem waren diese Oliven weit davon entfernt, als mild bezeichnet werden zu können. Der eigentümliche Geschmack der Oliven wurde durch die Füllung – die Siv als Fisch einschätzte – dezent unterstützt, und auch wenn sie von dieser Sorte nicht viel hätte essen können, nicht ohne ein Brot dazu jedenfalls, stellte sie fest, dass sie auch diese köstlich fand. Ihre Augen schlossen sich für einen Moment. Warum nur haben die hier so gutes Essen… Ein lautloser Seufzer, dann öffnete sie ihre Augen wieder und nickte Straton zu. "Sehr gut. Das, das in Mitte… das ist Fisch? Ja?"


    Bei Stratons nächsten Worten hatte Siv wieder Mühe, wenigstens die Kernaussage zu verstehen, und sie runzelte leicht die Stirn, während sie sich konzentrierte und die Sätze gedanklich in einzelne Teile zerpflückte. "Platz auf Boden? Boden…" Sie wusste, dass sie das Wort schon mal gehört hatte, und forschte in ihrem Gehirn nach, kam aber im Moment nicht drauf. Aber wenn sie den Rest richtig verstanden hatte, dann war dieser Teil auch nicht so wichtig für die Bedeutung der Sätze. "Du kann sagen, wo ist meine Heimat? Und andere Land, Hispania und Acha… Ach… Achirgendwas? Ich wolle…" Siv stockte für einen Moment und verbesserte sich dann. Straton hatte etwas an sich, dass sie dazu brachte, richtig reden zu wollen, oder zumindest richtiger als bisher – er schien so viel zu wissen. Er wirkte nicht überheblich, aber ihr wurde dennoch deutlich bewusst, dass ihr Wissen um die Welt eher spärlich war, jedenfalls um diese Welt, in der sie jetzt lebte. Ihr Ehrgeiz wurde nicht geweckt, das musste er gar nicht, aber er wurde im Moment definitiv angestachelt. Sie sprach etwas langsamer weiter als bisher, zögernd, weil sie neue Formen ausprobierte. "Ich… würden… würde… gern mehr, mehr wissen. Mehr neu. Mehr von andere, von fremde Land. Du kann erzählen mir?"

    Cadhla reagierte schneller als Siv und verschwand, um das warme Wasser zu holen, das der Medicus brauchte, und die Germanin blieb und sah dem Mann weiter zu, obwohl sie versuchte, sich doch weitgehend im Hintergrund zu halten. Sie hatte sich in diese Sache schon viel zu sehr reinziehen lassen. Wer garantierte ihr denn, dass man nicht ihr die Schuld gaben, wenn die Römerin doch starb? Sie konnten alles mögliche behaupten, dass sie nicht schnell genug gewesen war mit den Steinen, dass sie die Kräuter nicht hätte auf die Wunde auftragen sollen, dass sie die Römerin zu grob behandelt hatte. Aber was hätte sie schon anderes tun sollen? Die Kräuter waren das, was am leichtesten zu finden gewesen war und zu Hause bei praktisch jeder Wunde verwendet wurde, die stärker blutete; und was die Römerin anging: so wie sie sich in der letzten halben Stunde verhalten hatte, konnte sie im Moment einfach nicht alle Blätter am Baum haben, wie einer ihrer Brüder immer so schön sagte. Und davon ganz abgesehen war Siv schon immer ziemlich pragmatisch gewesen, was solche Dinge anging. Sie war recht gut im Wunden versorgen, jedenfalls was die erste Hilfe betraf, die man einem Verletzten geben konnte, aber sie hatte noch nie viel davon gehalten, zu vorsichtig zu sein oder zu viel Mitleid zu haben. In ihren Augen war das Zeit- und Energieverschwendung. Entweder die Verletzungen waren so schlimm, dass ohnehin erst mal nur gehandelt werden konnte, werden musste, oder sie waren eben nicht schlimm – und dann brauchte der Betreffende kein Mitleid. Mit fünf Brüdern aufzuwachsen härtete nicht nur ab, es führte auch dazu, dass sich solche Einstellungen formten.


    Die Germanin beobachtete weiter, was der Mann tat, wie er die Römerin mit der Phiole wach bekam, der ein so intensiver Geruch entströmte, dass sogar Siv ihn noch wahrnahm, wie er Verbände vorbereitete und schließlich zu nähen begann. Etwas verwundert fragte sie sich, warum er die Nadel in die Fackel gehalten hatte, aber sie schob den Gedanken weg und beschloss, später darüber zu grübeln. Fasziniert sah sie zu, wie der Medicus mit ruhigen Bewegungen die Nadel führte und die Wunde sich langsam schloss. So etwas kannte sie auch von zu Hause, aber sie hatte diese Prozedur noch nie selbst durchgeführt, hatte immer nur geholfen. Noch wäre sie nicht so weit, hatten die Heiler ihrer Sippe immer gesagt. Ihr fehlten die Ruhe, die Geduld, hatten sie gemeint, und gerade bei Wunden, bei denen es nötig war zu nähen, war das wichtiger als alles andere. Siv hatte bei sich immer nur gedacht, dass sie zwar nicht schön, aber doch ruhig nähen konnte, aber sie hatte nicht widersprochen. Immerhin durfte sie seit einiger Zeit Gelenke einrenken und gebrochene Knochen wieder gerade richten und schienen, jedenfalls wenn es ein glatter Bruch war. Die meisten in ihrer Heimat wussten wenigstens um die grundlegenden Handgriffe, wenn es ums Versorgen von Verletzten ging, vor allem die Frauen, aber Siv war eine der wenigen, der es nicht nur nichts ausmachte, bei so etwas dabei zu sein oder es gar selbst zu tun, sondern der es – bis zu einem gewissen Grad wenigstens – gefiel. Nicht dass sie Freude daran hatte, wenn andere Menschen Schmerzen litten; aber es faszinierte sie einfach zu sehen, wie der menschliche Körper funktionierte, was alles kaputt gehen konnte, und wie sehr man eingreifen konnte, zum Guten oder zum Schlechten.

    Siv nickte nur, als Minna Rom als unheimlich bezeichnete. Sie konnte dem nur zustimmen – wie konnten so viele Menschen an einem Ort leben, so aufeinander gedrängt? Sie begriff es nicht, und das würde sie wohl auch nie. "Bisher habe ich mich noch davor drücken können, mit auf den Markt oder sonst wohin zu müssen. Ich weiß nur nicht wie lange mir das noch gelingt. Eigentlich wäre es vermutlich ganz gut, wenn ich lernen würde, mich wenigstens etwas hier zurecht zu finden, aber ich bezweifle dass mir das gelingen wird." Als Siv etwas zögernd mit ihrer Frage herausrückte, wirkte Minna für einen Moment etwas seltsam, was aber sofort wieder verging, so dass Siv nicht wusste, ob sie sich das eingebildet hatte oder nicht. Sie war auch bereit, das Thema zu wechseln, ohne eine Antwort zu bekommen, als Minna auch schon sprach. Zu den Claudiern gehörte sie also… Von den Claudiern hatte Siv ebenfalls schon gehört. Auch eine der reichen Römerfamilien, so wie die Flavier und die Aurelier… denen sie gehörte. Sie hatte den feinen Unterschied gehört, den Minna gemacht hatte, ebenso wie sie selbst ihre Frage so formuliert hatte, dass daraus nicht deutlich wurde, dass sie im Grunde Sklavinnen waren. Und sie würde auch weiterhin versuchen, es nicht direkt auszusprechen. Aber was brachte es schon, sich selbst etwas vorzumachen? Sie gehörte den Aureliern, zumindest was die Römer betraf. Was sie selbst dachte oder wollte, zählte nicht. "Ich bin erst ein paar Wochen hier. Aber meine Heimat habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen, der Weg hierher hat lang gedauert." Siv seufzte lautlos. "Da sind wir schon zwei. Wenn ich könnte, würde ich sofort zurückgehen…" Die Sehnsucht, die sie auf einmal in sich spürte, sah Siv gespiegelt in den Augen der Germanin ihr gegenüber, und so kurz dieser Moment auch dauerte, seltsamerweise schöpfte sie Kraft aus dem Wissen, dass sie damit nicht alleine war. Als Minna dann wieder lächelte, fiel es Siv zu ihrer eigenen Überraschung leicht, es zu erwidern.


    Mit einem Nicken folgte Siv Minna zu den Männern, die den Gästen auf ihren Tabletts die unterschiedlichsten Speisen anboten. Die Germanin holte sich zuerst einen Becher Wein, an dem sie zuerst schnupperte, um sich zu überzeugen, dass er auch wirklich herb war und nicht etwa irgendein süßer Fruchtwein – wieder hatte sie für einen Moment fast so etwas wie Gewissensbisse, als eine feine, aber unüberhörbare Stimme in ihr meckerte, dass sie eigentlich auf Met bestehen sollte. Aber sie versuchte die Stimme zum Schweigen zu bringen mit dem ihrer Meinung nach unschlagbaren Argument, dass Met ihr nun mal schlicht zu süß war – sie hatte den Honigwein vor ein paar Jahren noch gemocht, aber inzwischen hatte sich ihr Geschmack geändert. Trotzdem, beharrte die Stimme in einer Art störrisch-kindischem Trotz, und Siv beschloss sie einfach zu ignorieren. Stattdessen musterte sie die verschiedenen Gerichte und schwankte für einen Moment, bevor sie sich für das Hammelfleisch entschied, zusammen mit einer etwas seltsam, weil ziemlich bunt aussehenden Sauce entschied und dazu etwas Käse nahm – Käse war auch so etwas, von dem sie hier nicht genug bekommen konnte. Sie hätte nie gedacht, dass es so viele unterschiedliche Sorten davon gab, und sie schien jede einzelne davon zu mögen. Sie ignorierte die Stimme in sich genauso wie die kleinen, ovalen, grünen und schwarzen Dinger, die ebenfalls angeboten wurden. Sie hatte keine Ahnung, was das war, und so weit ging ihre Experimentierfreudigkeit im Moment dann doch nicht. Stattdessen wandte sie sich wieder Minna zu, deren Aufmerksamkeit für einen Moment abgelenkt gewesen war, was Siv allerdings nicht mitbekommen hatte. Ihr Blick schweifte kurz über Caelyn, die sich mit einem ihr fremden Mann unterhielt, dann wurde sie auch schon abgelenkt von einer Hand, die plötzlich in ihre freie geschoben wurde. Überrascht sah Siv zur Seite und erblickte Tilla neben sich, die irgendwie verschüchtert und traurig aussah. "Tilla? Was ist denn? Was, was sein? Du… haben schlecht?" Sie deutete auf das Essen. "Du bist Hunger vielleicht?"

    Sivs Kinnlinie nahm einen festen, fast störrischen Zug an, als die Spannung in ihren Kiefermuskeln größer wurde mit jedem Mal, das sie zu den Römern gehen und ihnen etwas bringen musste. Sie hasste es. Sie hasste es. Sie hatte es noch nie leiden können, hatte sich immer mit ihren Brüdern gezankt, wenn diese versucht hatten ihr das Auftragen des Essens aufzubürden, und dass sie sich hier nicht wehren, nicht einmal wirklich ihrem Unmut Luft machen konnte, und es noch dazu Römer waren, machte das Ganze für sie nur noch schlimmer. Die Unterhaltung der Menschen auf den Liegen rauschte an ihr vorbei, ohne dass sie sich großartig darauf konzentrierte. Es interessierte sie einfach nicht. Sie schaffte es elegant, den Wunsch nach mehr Wein zu ignorieren, den einer der Römer offenbarte, ohne allerdings sich die Mühe zu geben, etwas zu tun, was ihr den Anschein von Beschäftigung und damit eine Entschuldigung gegeben hätte. Tilla jedoch sprang sofort dazu und füllte den Becher auf, also war ihr Lapsus mit etwas Glück nicht aufgefallen – nicht dass es sie selbst sonderlich interessiert hätte, in der Stimmung in der sie gerade war. Gemeinsam mit Tilla begann sie anschließend, die Hauptspeisen aufzutragen, und wie schon zuvor ließ ihr Verhalten zu wünschen übrig – nicht wirklich viel, möglicherweise gerade noch an der Grenze zu dem, was für die Römer duldbar sein mochte, aber doch so, dass es zu merken war, jedenfalls für jemanden der darauf achtete. Sie setzte die Teller eine Spur zu heftig ab, 'übersah' Zeichen, wenn sie nicht gerade am Tisch war oder direkt angesehen wurde, sie ließ sich meistens eine winzige Spanne Zeit mehr als nötig war, und ihr Gesichtsausdruck war nicht unbedingt der freundlichste, auch wenn sie sich immerhin bemühte, ihn einigermaßen neutral zu halten. Die Arbeit war nicht schwer, aber Siv hätte in diesem Moment alles dafür gegeben, in der Küche oder sonst wo schuften zu können, irgendwelche schweren Sachen zu schleppen oder den Garten umzugraben. Sie hasste es, Römer bedienen zu müssen.

    "Kennt… kennen… Ja, ich denke bei du… wie du", verbesserte sie sich selbst sofort. Ihr Latein war zwar immer noch schlecht, hatte sich aber doch deutlich gebessert in den wenigen Wochen, die sie jetzt bei den Aureliern war. Ihr Wortschatz war größer geworden, und sie kannte zumindest mehr grammatikalische Formen als noch vor kurzem. Siv hatte inzwischen deutlich gemerkt, dass nicht alle Römer gleich waren, und es konnte einen deutlichen Unterschied machen, wo man landete – es machte einen deutlichen Unterschied bei ihr, verglich sie die Römer in der Villa Aurelia mit den Soldaten. Wie gut sie ihre Sprache sprach, war eines der letzten Dinge, für das sich die römischen Soldaten bei ihr interessiert hatten. Sie hatten es auch selten wirklich für nötig gehalten, mit ihr oder den anderen Gefangenen zu reden, jedenfalls was über irgendwelche Anweisungen, Befehle oder Strafen hinausging. Hier hingegen sprach man normal ihr, langsamer und mit einfachen Worten, wenn es nötig war, und verbesserte sie gelegentlich, auch wenn das eher selten vorkam, jedenfalls wenn man sie verstand. Aber Siv war aufmerksam und schnell von Begriff, und sie war gut darin geworden, aus wenigen Worten auf den Sinn des Satzes zu schließen, zumal wenn sie das Gesprächsthema an sich schon kannte. Und sie hatte inzwischen genug von den Grundprinzipien der lateinischen Sprache verstanden, dass sie in der Lage war, bei ihr fremden Worten den Wortstamm zu erkennen und daraus Rückschlüsse zu ziehen, genauso wie sie mittlerweile die meisten grammatikalischen Formen kannte und einordnen konnte. Noch war sie nicht soweit, diese selbst wirklich anwenden zu können – selbst die einfache Vergangenheits- oder Zukunftsform der Verben machte ihr noch Schwierigkeiten. Und es war seltsam, aber sie sprach lieber in ihrem bisherigen fehlerhaften Latein, als Formen zu verwenden, bei denen sie sich nicht sicher war, ob sie falsch waren oder nicht. Sie wusste, dass ihr dadurch einiges an Übung verloren ging, aber so wie sie jetzt sprach, wusste sie einfach bei dem meisten, dass es falsch war, und was. Siv hatte ihren Stolz. Bevor sie anfing ihr neues Wissen anzuwenden, bevor sie versuchte, es richtig zu sagen, wollte sie sich sicher sein, dass es wirklich richtig war. Solange das nicht der Fall war, ließ sie es lieber.


    An den Wald zu denken deprimierte Siv im Moment eher, und jetzt kam tatsächlich der Moment, in dem sie fast – aber auch nur fast – dankbar war für die Menge um sie herum, die sie ablenkte. Sie musterte die Auslage des Händlers, ließ ihren Blick über die Oliven schweifen, und schmunzelte verschmitzt, als Straton auf ihr Hilfsangebot einging. "Händler dich betrügen?" Siv grinste dem Händler hinter dem Stand kurz zu, der ihnen beiden einen halb verdutzten, halb empörten Blick zuwarf, und ignorierte ihn dann. "Händler gleich – egal, egal wo… wo du sein. Bist. Händler versuchen, mehr gut zu… zu haben. Zu bekommen." Stratons Erklärung zu den nächsten Oliven begriff sie nicht wirklich, aber sie probierte sie einfach und kam, ohne seine Worte zu verstehen, zu demselben Schluss wie er – jedenfalls dazu, dass diese Oliven milder waren als die anderen. Diesmal konnte sie nicht anders einen, wenn auch leisen Laut des Genusses von sich zu geben. "Mmh… Die gut sind." Sie sah Straton kurz an, musterte sein Profil, als er gerade die Auslage in Augenschein nahm, bevor sie sich noch eine Olive schnappte. "Ich sein aus Germanien, von den Chatten. Ich nicht… sagen kann, nicht genau, wo sein meine Heimat von hier. Nur Norden." Seltsamerweise störte sie es plötzlich, dass sie darüber so wenig wusste – bisher hatte sie das eher wenig interessiert. Sie hatte es einfach nicht gebraucht, und im Grunde brauchte sie es auch jetzt nicht. Aber dass sie nur wusste, dass ihre Heimat von hier aus irgendwo nördlich war, nagte an ihrem Stolz. Siv hob die Olive zum Mund und knabberte daran, Straton zum Teil verlegen, zum Teil trotzig, zum Teil erwartungsvoll ansehend. Seine Erwähnung dieser Länder hatte ihr Interesse geweckt, und allein der Klang der Namen ließ in ihrem Kopf Bilder von fremdartigen Dingen erscheinen, noch fremdartiger als das, was sie hier in Rom bisher gesehen hatte. Auch wenn von dem Zauber vermutlich etwas verloren gehen würde, wenn Straton von den Ländern erzählen würde, wollte sie doch mehr darüber wissen.

    Der Sklave, der Tilla hereingebracht hatte, hatte noch gewartet und meldete sich wieder zu Wort, bevor Cadhla sich auf den Weg machte, um sich um den Stein zu kümmern und Matho zu wecken. Siv achtete nicht weiter darauf, ob und wie sie es unter sich aufteilten, und sie hörte auch nur mit halbem Ohr hin, was der Mann über Tilla zu sagen hatte. Die Germanin interessierte sich im Moment herzlich wenig für das, was das Mädchen zu 'sagen' hatte – es waren Fieberphantasien, sicherlich Bilder, die sie offenbar beschäftigten, aber eben doch nichts weiter als Träume, die durch das Fieber forciert wurden. Wenn Tilla wieder gesund war und es sie in wachem Zustand immer noch beschäftigte, war es etwas anderes, aber im Moment war das für Siv nicht wichtig. Es konnte ihr nicht helfen dafür zu sorgen, dass das Fieber sank.


    Die Germanin merkte nur für einen Moment auf, als der Sklave konkret von Tillas Krankheit sprach, aber ihr Latein war zu schlecht, um wirklich zu begreifen was er sagte. Irgendetwas mit kalt, und Wind… Vermutlich hatte er eine Idee, wie Tilla krank geworden war. Aber auch das brachte sie alle nicht sonderlich weiter – wenn das Fieber nicht besser wurde oder sogar noch anstieg, konnte es vielleicht helfen zu wissen, was es ausgelöst hatte, aber noch ging Siv davon aus, dass das Mädchen einfach eine der üblichen Winterkrankheiten hatte, die vor allem die Kinder und die Älteren in der kalten Jahreszeit bekamen – auch wenn man den Winter hier in Rom nicht wirklich als kalt bezeichnen konnte, jedenfalls nicht das, was sie bis jetzt hier erlebt hatte. Und scheinbar war es auch genau das, jedenfalls wurde Tilla langsam ruhiger. Siv flößte ihr erneut etwas Flüssigkeit ein, erneuerte abermals das Tuch auf ihrer Stirn und sprach dabei beruhigend auf das Mädchen ein – Tilla verstand zwar kein Germanisch, aber es kam ohnehin mehr auf den Tonfall an.

    Siv beruhigte sich tatsächlich zunehmend – sie fühlte sich immer noch unwohl, aber allein schon das Wissen, nicht mehr alleine zu sein, half ihr. Und Straton war noch dazu jemand, der sich hier auskannte und ihr helfen würde. "Kleine, eh… Orte? Ich von Germanien, von… Platz mit wenig Hausen. Wenn das kleine Orte, dann ja. Und viel Wald…" Beim letzten Satz nahm ihre Stimme einen leicht sehnsüchtigen Tonfall an. "Weit. Viel mehr weit wie hier. Und klein… wenig Menschen. Mehr wenig wie hier." Sie zuckte die Achseln und beäugte erneut halb misstrauisch, halb unwohl die Menge, in die sie bald eintauchen würden. Als sie sein Lächeln sah, fragte sie sich für einen Moment irritiert, ob er sich nicht vielleicht doch lustig über sie machte – aber dann kam sie zu dem Schluss, dass es einfach seine Art war zu lächeln. Jedenfalls hatte sie das Gefühl, dass es ehrlich gemeint war, und Siv war ein Mensch, der auf sein Gefühl vertraute – davon abgesehen grübelte sie ungern lange, erst recht nicht darüber, wie ihr Gegenüber dieses oder jenes wohl gemeint haben könnte… Und dafür, dass sie es nicht mochte, hatte sie in letzter Zeit wahrlich genug Stoff zum Grübeln. Dieses ganze Sklavensein ließ sich so anders an, als sie gedacht hätte. Die übrigen Sklaven und die Freundschaften, die sie zu knüpfen begann, mit Cadhla vor allem, die Römer, denen sie hier inzwischen begegnet war – was zugegebenermaßen nicht viele waren, aber von diesen wenigen verhielten sich doch einige anders als die Soldaten, behandelten Sklaven, nun ja, fast normal… Das alles führte dazu, dass sie eigentlich fast so etwas wie ein normales Leben führte, wenn man davon absah, dass sie Sklavin war. Corvinus und sein seltsames Benehmen schob sie im Moment, wie meistens, einfach weg. Siv war wirklich kein Fan von allzu langem Grübeln.


    "Binden fest… vielleicht das gute Idee ist." Ihr Tonfall war ebenso trocken wie Stratons, und sie rümpfte kurz die Nase bei dem Gedanken daran, wie schnell es gegangen war, Brix und Dina zu verlieren. Dann verzog sie ihre Lippen erneut zu einem aufrichtigen Lächeln. "Wenn ich helfen kann dir, ich helfen." Und Siv meinte, was sie sagte. Sie mochte ihre Fehler haben, aber Unaufrichtigkeit gehörte nicht dazu, nicht einmal höfliches Geplänkel, das nicht wirklich ernst gemeint war. Und wenn es darauf ankam, half sie, ungeachtet dessen, wem es zugute kam oder was es sie kosten würde – ohne groß darüber zu grübeln. Was sie durchaus schon in Schwierigkeiten gebracht hatte. Sie folgte Straton über den Markt und hörte, ziemlich verständnislos diesmal, seine Erklärung, woher er kam. Hispania sagte ihr etwas, aber Achaier? "Eh… Achaier? Was… was das sein? Und wie sein? Hispania und Acha… Achaia?" Auch seine Beschreibungen, wo diese – ja, was waren es? Städte? Länder? eigentlich lagen, konnte sie nicht ganz nachvollziehen. Sicher wusste sie nun, in welcher Richtung die Orte ungefähr lagen, aber sie konnte ja noch nicht einmal Rom wirklich einordnen in der Karte vor ihrem inneren Auge, die sie von der Welt hatte. Sie wusste nur, dass Rom sehr weit im Süden lag, von ihrer Heimat aus gesehen. Als Straton ihr Oliven anbot, zögerte sie für einen Moment, nahm dann aber welche – sowohl von den grünen, die Straton kurz darauf ablehnte, als auch von den schwarzen. Ihre Augenbrauen wanderten in einer Mischung aus Verblüffung und Anerkennung ein Stück nach oben, als sie den zu Anfangs etwas gewöhnungsbedürftigen Geschmack auf der Zunge spürte, der sich langsam in ihrem Mund zu entfalten schien. "Hmm. Das Oliven, ja?" Sie mochte Oliven. Warum nur mochte sie die Dinge, die sie hier bekam? Wein, Oliven… sie sollte sich auf die Sachen aus ihrer Heimat konzentrieren, aber Siv konnte sich nicht helfen – sie mochte Oliven. Allerdings hielt sie sich etwas zurück – Straton schien bei dem Händler etwas kaufen zu wollen, und im Gegensatz zu ihr war er nicht so begeistert von dem, was er angeboten bekam. Sie wusste nicht, ob er mit den bisher angebotenen Oliven tatsächlich nicht zufrieden, oder ob es Kalkül war, um dem Händler etwas von seinen besseren Vorräten zu entlocken. In beiden Fällen hielt sie sich besser zurück, um ihrem Begleiter das Geschäft nicht zu verderben.