Siv seufzte. "Oh ja… Met ist, Met zu süß." Etwas verblüfft beobachtete sie anschließend, wie der Römer aufstand, und überlegte für einen Moment, ob das hieß dass sie auch aufspringen sollte. Dann aber zuckte sie nur die Achseln und lehnte sich etwas zurück. Wenn er etwas von ihr wollte, würde er das schon sagen, also folgte sie ihm nur mit Blicken zur Tür. Als er sie öffnete, konnte sie einen Blick auf Matho erhaschen, und sie wusste im ersten Moment nicht, ob sie sauer sein sollte oder sich freuen. Für sie war klar, dass er dort gewartet hatte, weil er sich nicht entgehen lassen wollte, wie sich die schlechte Laune ihres Herrn auf sie entlud. Ob das wirklich so war, war dahin gestellt, aber zumindest Siv war überzeugt davon. Auf der anderen Seite hatte Corvinus sich nicht nur beruhigt, er schien inzwischen erstaunlich gut gelaunt zu sein, bedachte man, wie seine Stimmung noch vor kurzem gewesen war – der Zustand seines Zimmers sprach eine deutliche Sprache davon. Schließlich entschied sich die Germanin, Matho – hinter Corvinus’ Rücken – zuzuzwinkern und zu grinsen. Der andere Sklave tat so, als ob er sie nicht gesehen hatte, und verschwand, und als der Römer sich wieder zu ihr drehte, bemühte sich Siv schleunigst, ihr Grinsen verschwinden zu lassen. Ihre persönliche Fehde mit Matho ging niemanden etwas an, zumindest niemanden, der sich möglicherweise einbilden würde eingreifen zu müssen. Genauso wenig wie jemanden etwas anging, was sie hier tat – dass sie Zeit mit einem Römer verbrachte, freiwillig, und dass es ihr gefiel. Sie hatte bis jetzt niemandem erzählt, auch nicht davon, wie sie Corvinus kennen gelernt hatte, aber natürlich war aufgefallen, dass es bereits in der zweiten Nacht nicht ihr Bett gewesen war, in dem sie geschlafen hatte.
Siv zuckte innerlich mit den Achseln und vertrieb die Gedanken. Matho würde sich seinen eigenen Reim darauf machen, dass sie hier saß und sich unterhielt, anstatt sich eine Standpauke anhören oder wenigstens die Scherben wegräumen zu müssen. Sie konnte ihn nicht daran hindern – und wenn die anderen tratschten, würde sie einen Weg finden, damit umzugehen. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder vollends Corvinus zu und spielte weiter mit ihrer Strähne, während sie über Freundschaft nachdachte. Es mochte zwar ein paar Menschen geben, denen sie etwas schenken würde, aber davon abgesehen dass sie nicht wusste was, fühlte sie sich unwohl dabei, dass ihr das nur könnte, weil ihr Herr ihr das ermöglichte. Sie war noch nicht gern auf andere angewiesen gewesen, und gerade als Sklavin war sie so abhängig vom Willen eines anderen Menschen wie noch nie zuvor. Meistens schaffte sie es, diesen Umstand zu verdrängen, was bei den Aureliern zugegebenermaßen wohl leichter fiel als bei anderen Römern. Trotzdem versuchte sie, wann immer es ihr möglich war, so selbständig wie möglich zu sein und zu handeln. Und das schloss auch mit ein, dass sie keine Sachen kaufte, für sich oder für andere, von denen es ihr nicht befohlen worden war. Die Haarsträhne war inzwischen stark verzwirbelt, als Corvinus ihre Frage nach dem Dank mit einer versteckten Gegenfrage beantwortete, zumindest fasste sie es so auf. "Ich nicht weiß. Sklavin sein ist, ist… neu. Für mir, mich. Ich nicht weiß, was Sklavin… geben. Bekommen", verbesserte sie sich sofort. "Ich nicht… nicht denken, vorher, wenn, wenn… ich bin bei Soldaten, dass Römer… so sein. So vieles anders hier, anders wie ich denke. Ich nicht denke Römer danke sagen, bei Sklaven. Und dass sie es auch meinen." Siv musterte ihn kurz, dann fügte sie nachdenklich hinzu, was sie am meisten verwirrte, ausnahmsweise froh, dass er sie nicht verstehen würde: "Und du klingst, als ob du es meinst."