Beiträge von Gnaeus Iulius Labeo

    "Es ist und bleibt aber dabei, dass noch nicht klar ist was eigentlich dran ist. Nur weil ein betrunkener Veteran Schauermärchen erzählt und eine geheime Eildepesche aus Parthien über Ravenna ankommt. Das muss ja noch nicht viel heißen",


    sagte Labeo ohne besondere Überzeugung,


    "Obwohl - ein bisschen merkwürdig ist es schon, und dann ist wahrscheinlich zumindestens ein Samenkorn an Wahrheit dran."

    "Lach nich. Vere! Ich habe manchmal eine rhetorische Ader. Und wenn es hier immer nur, "jawohl Optio" heißt, dann muss ich sie hier mal herauslassen.


    Aber dabei fing Labeo selbst an zu lachen, nahm sich eine Hühnerbein und biss davon.


    "Hm, könnte etwas mehr Salz vertragen, oder was meint Ihr?",


    sagte Labeo weiter scherzend - da es eher etwas zuviel Salz abbekommen hatte - das Hühnchen.

    Also ging es nun endlich los. Der Optio der Gruppe um den Decimer und Labeo sagte ein paar letzte aufmunternde Worte, die sehr nach "Macht mir ja keine Schande! Wenn Ihr nicht als beste Gruppe wiederkommt, könnt Ihr Euch auf was gefasst machen!" klangen. Aber das war wohl die übliche Art "Viel Glück" zu sagen.


    Zuerst ging es zum Bogenschießen. So fasste Labeo Material, so nannte man das wohl, und wartete. Ausbildungsgruppe nach Ausbildungsgruppe wurde aufgerufen und Labeos war die letzte, Labeo stellte sich vorschriftsmäßig auf und wartete auf das Signal.

    Endlich kam der Präfekt mit seinem Gast. Dieser Gast wurde nicht vorgestellt, dennoch war sich Labeo sicher - soviel konnte er von ferne erkennen, oder meinte es zumindest - es war anscheinend der Senator Purgitius Macer, den er gestern erst am Tor hinein gelassen hatte. Seinen Con-Probatus Egnatius Pulpo hatte er ja beauftragt, ihn zum Praefekten zu bringen.


    Daher blickte er sich kurz um, ob er nicht den Egnatier sehen könnte, was nicht so schwierig war - es war derjenige der gerade erbleichte - und ein wenig torkelte und ein leises 'Fimum' von sich gab. Wahrscheinlich vor Nervosität, da ihn ja der Senator kennen lernen durfte. Labeo hatte nur mit dem Fahrer gesprochen, deswegen machte er sich keine Sorgen - im Gegenteil: dieser Senator sollte sehen, was die Marineinfanterie drauf hatte.


    Vielleicht war aber auch der gestrige Wein mit dem Quintier an Pulpos bleicher Pigmentierung schuld. Labeo wusste es nicht.


    Labeos eigene Nervosität pendelte sich auf einem guten Niveau ein: genau richtig für höhere Aufmerksamkeit, abr auch nicht mehr. So konnte es nun los gehn.

    "Diese Gedanken schwirren mir auch durch den Kopf - und vor allem: es ist fast egal, was wirklich an den Gerüchten dran ist. Die Lage wird brenzlig, dass jetzt dieser Bote gekommen ist, heißt wohl zumindest nicht nur gutes."


    Er setzte sich auf einen anderen Stuhl im Raum. Langsam sickerten die Worte des Decimers in seinen Verstand ein:


    "Du hast recht - außer der Flotte in Ravenna - soweit sie nicht die Versorgung des Feldzuges zu übernehmen hat, ist keine reguläre Einheit außer uns in Italia. Wenn sich jetzt im Illyricum oder in Germania.. Dii meliora!"


    Innerlich beunruhigt stand er wieder auf.

    Der Decimer kam gerade als Labeo und die anderen anfangen wollten und sprach:


    "Ja. warscheinlich riecht es besser als es schmeckt, aber dann hatten wir weingstens einen guten Vor-geschmack. Morgen wird unsere Prüfung sein, und da dachten die Kameraden und ich, dass wir uns mal ein wenig reinhängen und unseren hoffentlich letzten Abend in dieser Probati-Barracke begehen. Wer weiß wer morgen abend noch dabei ist!"


    Als Koch oblag es Labeo das Essen zu eröffnen. Weil es ein kleines Festmahll sein sollte - entsprechend der Umstände jedenfalls -, taten sie es recht förmlich, aber nur für den ersten Becher, indem Labeo sich erhob und ein paar Worte sagte:


    "Freunde, Gefährten, Con-Probati! Ereignisreiche Tage der Ausbildung liegen hinter uns - und spannende Zeiten im Dienst der Marineinfanterie der glorreichen Flotte Misenums liegen vor uns. Wir sind hier im hinteren Eck der Barracke zu einer kleinen Gemeinschaft zusammengewachsen - egal ob Bürger, Peregrinus, Schreiber oder Fischer! Eine Gemeinschaft mit einem Ziel: Rom und dem Kaiser zu dienen! Darum lasst uns den Becher erheben und auf das Wohl unseres geliebten Kaisers zu trinken! Classis Misensis vivat! Roma vivat! Imperator Lucius Ulpius Iulianus vivat!"


    Dann erhob er den Becher stieß mit den Kameraden, die sich ebenso erhoben hatten an, und trank.


    "So jetzt lasst uns die Förmlichkeiten zurückschrauben, sonst wird das Hähnchen kalt"

    Diese besondere Egegnung war für Labeo schon ereignisreich genug, so dass er versuchte sich auf nichts weiteres mehr einzulassen, nur ein paar Einkäufe zu machen und sich dann in die Barracke zu begeben, wo er heute mit dem Kochen dran war - es sollte ein Abschiedsmahl von der Barracke der Probati werden, da sie nun hoffentlich bald wechseln würden - zu den einfachen Dienstgrafen der Marineinfanterie. So kaufte er ein paar Hühner, Käse, Brot, Oliven und allerlei Kleinkram, damit es einigermaßen mundete.


    Als er schließlich bei einem Weinhändler - ihm kam dabei die Frage auf, wie es wohl mit den Lizenzen aussah, aber die verdrängte er sogleich - einige der Kameraden Probati traf. Sie stießen auf die Prüfung an, die sie bald ablegen würden - und zwar in Lautstäke und Menge, dass man denken konnte sie hätten sie schon hinter sich.


    Er wollte sich gerade in eine andere Richtung verdrücken, als ihn einer - es war der Probatus Egnatius Pulpo, mit dem Labeo zuletzt ein paar Mal an der Wache zusammen gewesen war - heran rief:


    Hey, Labeo, Schwernöter, wir müssen noch einen trinken.


    "Hast Recht, Alter, ich geb einen aus - schließlich habe ich Dich da einfach mit dem Senator mitgeschickt! Also, mal zwei Becher Wein für uns"


    Labeo stieß an. Trank und machte sich wieder auf den Weg, indem er sich entschuldigend sagte:


    "Hier Pulpo, ich muss los - ich bin in unserer Ecke in der Barracke heute für das Mahl zuständig - außerdem ist ja morgen auch die Probatio probandi probatos - und da will ich fit sein - solltest Du auch dran denken."


    Na gut, damm machs mal!,


    sagte Pulpo zum Abschied. Labeo ging und hörte noch im Hintergrund einen anderen Con-Probatus lallend lästern:


    Ach dieser Lippige LaLabeo - glaubt wohl er sei was besseres, oder? Will nicht mit uns trinken, sp-sp-spießer!


    "Hör doch auf, Crispine, der Iulier ist in Ordnung, der will halt nur ne gute Prüfung machen, nicht so wie Du!"


    Was meinst Du mit 'nicht so wie Du', meinst Du etwa mich DAMIT?


    Dies hörend blieb Labeo stehen und drehte sich langsam um, weil er schon ahnte, was jetzt passieren würde - eine Prügelei und das im Lager! Wenn das die Optiones mitkriegen würden, das wäre gelinde gesagt nicht so gut für diese Probati. Also ging er mutigen Schrittes auf die beiden Probati zu, die inzwischen schon ihre Becher weggeworfen hatten und sich in aggressiver Weise auf einander zu bewegten.


    Er baute sich vor - beziehungsweise zwischen ihnen auf, nahm alle Autorität zusammen und sagte schneidig:


    Probati Egnatius Pulpo et Quintius Crispinus! Beruhigt Euch verdammt noch mal! Ihr seid Teil der R Ö M I S C H E N Flotte und keine Raufbolde. Benehmt Euch gefälligst!


    Etwas überrascht blieben die beiden Kontrahenten stehen - unschlüssig was sie tun sollten - und wieder endstand diese Sekunde der Stille, in der sich alles ereignen konnte, diesmal beendete Labeo sie und fuhr im schneidigen Befehlston fort:


    "Und jetzt ab mit Euch in die Barracken! Ich zahle Eure zeche! Wir reden morgen!"


    Und wieder geschah das, was auch schon am Fischstand geschehen war. Sie parierten und zogen ab. Nicht aber ohne "Jawohl!" zu rufen und u grüßen. Labeo ging darauf hin zum Weinhändler und bezahlte mit dem Rest seines Soldes.


    Dann packte er seine Hühner und sonstigen Lebensmittel, die er zwischenzeitlich abgestellt hatte, und verließ das Forum des Castells in Richtung der Barracken.

    Genervt und beladen kam Labeo in die Barracken der Probati. Ein lautes Schnarchen gab Hinweise darauf, dass Pulpo und Crispinus angekommen waren und sich ins Bett gelegt hatten. Für die kleine Gruppe in der hinteren Ecke würde Labeo nun das Essen bereiten - und wenn der Decimer aus seiner Schreibstube kam, könnten sie leckere gebratene Hühner verspeisen.

    Die Sonne stand höher schon - und langsam wurde sich Labeo bewusst, dass es sich wahrscheinlich nicht um eine ungeplante Verzögerung handelte, sondern um eine geplante. Daher versuchte er die Anspannung zwar nicht ganz loszulassen, aber auch nicht das Warten zu einer Quelle von Nervosität werden zu lassen. Er stand da wie bei seinen inzwischen schon häufigen Wachen - aufmerksam, aber nicht überspannt. - und wartete.

    "Herrlich", sagte Labeo und ließ sich die Wintersonne auf die Tunika scheinen. Über den Markt schlendernd wunderte er sich zunächst, dass diese Woche so viele Händler den Weg in das Lager gefunden hatten, doch dann schwante ihm, dass es die Gerüchte und Nachrichten waren, von denen sie sich erhofften, dass sie den Umsatz steigern würden - gerade haltbare Waren konnte man sehr gut verkaufen, wenn sich eine Krise andeutete.


    So waren auch die Preise erheblich gestiegen seit der letzten Woche. Und trotzdem kauften die Zivilisten und auch die Soldaten ein - viele sogar deutlich mehr als sonst.


    Als Labeo an einem Stand mit eingelegten Fischen stehen blieb, konnte er das Gespräch einiger Kunden mitbekommen:


    "Ich habe gehört, dass die Parther uns ganz schön eingeheizt haben. Fast so schlimm wie damals beim ollen Varus soll es gewesen sein."


    Ja und ich habe gehört, dass auch der Kaiser verletzt sei. der ganze Feldzug ist zum Erliegen gekommen.


    Na dann wird es wohl mehr als nur ein Kratzer sein.


    "Ich habe sogar gehört, dass der Kaiser schwer verwundet sei und nur noch in einer Sänfte getragen wird, die noch dazu niemals geöffnet wird.", mischte sich der Verkäufer ein.


    "Vielleicht ist er sogar tot! Und die Feldherrn verbergen es so lange bis klar ist, wer von ihnen Imperator werden soll?"


    Da entschied sich Labeo dazwischen zu gehen:


    "Bürger, was redet Ihr für ein Gewäsch! Das sind doch alles nur unbestätigte Gerüchte, die irgendein Betrunkener hierher gebracht hat. Beruhigt Euch. Die Götter, die Rom groß gemacht haben werden es beschützen und MARS wird seinen Legionen beistehen."


    Ein kurzes Murren entstand. Labeo fuhr fort:


    "Es besteht kein Grund zur Unruhe. Sobald bestätigte Nachrichten aus Parthien eintreffen wird der Präfectus der Classis sich sicherlich öffentlich dazu äußern wie die Lage der Res Publica ist und was für Auswirkungen das auf unser schönes Misenum hat. Und bis dahin - solltet Ihr darauf achten, die Gerüchte nicht immer weiter zu verbreiten oder gar noch weiter zu treiben. Was natürlich auch für die Preisgestaltung gilt. Dass wir hier in Misenum mal nicht mehr genügend Fische haben, so dass sich die Preise verdoppeln müssten, wie es hier zu sein scheint, dafür müsste schon einiges passieren."


    Der Fischverkäufer schaute Labeo an, überlegte kurz - das konnte man sehen, ob er aufbegehren sollte. Labeo fixierte daher seinen Blick und legte alle Autorität, die ihm seine Flottentunika verschaffte, in seine Körperhaltung. Es gab eine kurze Pause die Augen vieler Umstehender waren auf Labeo und den Fischmann gerichtet. Schließlich gab der Verkäufer klein bei und sagte etwas kleinlaut:


    "Oh, Soldat - da habe ich mich wohl verschrieben der Preis gilt natürlich für 2 Librae und nicht für eine."


    "Na dann nichts für ungut, Bürger! Heil dem Kaiser! Valete!",


    sagte Labeo und schlenderte weiter vom Fischmann und seinen Kunden hörte er noch ein leises Vale. Innerlich fiel ihm ein Stein vom Herzen, das hätte kritisch werden können. Der Moment der Stille hatte fast zu lange gedauert.

    Am anderen tag stand Labeo wieder da. Ein gewisser Eindruck verfestigte sich, dass es immer er war, der hier die Torwache hatte. Aber, er musste hier nicht alles verstehen. Er musste es nur tun, schließlich war er ja in der Flotte und nicht bei einem Rennen im Circus.

    Als Labeo den Peregrinus abgeliefert hatte kam er zurück an seinen Wachposten. Die Wachablösung stand schon bereit und Labeo und Pulpo erstatteten ihnen Bericht.


    Labeo musste noch die Liste der eingelassenen Personen vervollständigen, er tat dies und übergab sie der Ablösung.



    Dann ging er kurz in die Barracken, aber nur um sie bald wieder zu verlassen und die kurze freie Zeit in einer Taverna in der Stadt zu verbringen.

    Salve, amice! Hübsch has Du's hier, nicht so kühl und nass wie bei der Wache...,


    sagte Labeo etwas stichelnd, fuhr aber sofort in aufgeregtem Ton fort:


    "Ähm aber deswegen bin ich eigentlich nicht hier - ich komme gerade aus der Stadt, aus einer Taverne genauer gesagt. Ich trinke so ein wenig verdünnten Weines,"


    Labeo machte eine kleine Staupause - die zumindest zweideutig war,


    ".., da stürmt ein , ich denk mal, Veteran herein und fängt dramatisch zu erzählen, dass er gerade aus Rom kommt, dass er schlimme Neuigkeiten aus Rom hat, dass es eine Schlacht in Parthien gab, die die unsrigen verloren haben, dass die XXII. aufgerieben sei, die Prima auch fast und - was das brisanteste ist - dass unser Kaiser verwundet ist"


    Labeo hatte sich nun etwas heiß geredet, so dass er kurz durchatmete,


    Nun weiß ich nicht, was stimmt und was nicht. Ich weiß nur, dass sich diese Nachrichten hier verbreiten werden und dass schelchte Gerüchte die Tendenz haben sich zu verstärken. Morgen werden wir wahrscheinlich schon hören, dass der Kaiser tot ist, und was dann passiert - ich weiß es nicht."


    Labeo begann auf und ab zu gehen und fuhr dabei fort:


    "Vielleicht sollte der Präfekt wissen, welche Gerüchte umgehen - und nur nebenbei, würde ich natürlich allzugern wissen, was davon schon bestätigt würde, ich meine, was wahr ist, schließlich sind einige aus meiner gens in der Prima."


    Jetzt blieb Labeo stehen und schaute Verus an.

    Der Optio ermahnte sie, machte ihnen Mut, meinte, dass seine Probati immer die besten wären und wehe uns ihnen würden das nicht werden - und wer durchfiele, könnte gleich gehen. Dann wurde er wieder ruhiger und machte wirklich Mut.


    Labeo hörte dies an und lachte innerlich sogar ein wenig, freute sich über die Sonne und erwartete den Anfang.

    Labeo war auf der Suche nach dem Decimer, die Gerüchte besorgten ihn, so dass er mal hören wollte, was so offiziell passiert war.


    Er ging zum zum Officium des Präfekten in dessen Vorzimmer er Verus zu finden hoffte. Er klopfte an.

    Labeo marschierte durchs Lager - nach der langen Wache tat es gut sich die beine zu vertreten und führte den Peregrinus zum Rekrutierungsbüro:


    "So da wären wir. Wir sind eine gute Einheit hier - wenn sie dich nehmen müssen wir mal einen Wein trinken gehen. Ich wünsche Dir einen guten Einstieg!"

    "Gut, Marcus Albus, Peregrinus aus Mantua!",


    sagte Labeo in einem fast offiziellen Ton,


    "Dort entlang zum Rekrutierungsbüro!",


    sagte er und versuchte den Weg zu zeigen. Glücklicherwiese kam just in diesem Moment sein Kamerad Pulpo zurück, der mit ihm die Wache schob, also sagte er:


    "Hier, Pulpo, ich zeige mal den vielleicht bald Probatus den Weg zum Rekrutierungsoffizier, und Du hälst mal die Stellung, in Ordnung?"


    Pulpo nickte nur, so dass sich Labeo mit Albus zum Rekrutierungsbüro aufmachen konnte.