Beiträge von Gnaeus Iulius Labeo

    Dies war ganz eindeutig einer dieser Momente. Man ahnte nichts böses, meinte alles richtig gemacht zu haben und von hinten näherte sich der Vorgesetzte, in diesem Fall der Centurio. Es war ein ziemlicher Unsinn, den dieser ihm zu erzählen versuchte. Trotz der guten und gemeinten Hilfe seiner Männer würde dieses Lager erst kurz vor dem Mogengrauen fertig werden und dann hieß es schon bald wieder einpacken. Daher lief im Kopf des Optios eine ganze Kette von Gedanken und möglichen Reaktionen ab: Zuerst wäre er beinahe erschrocken, dann ging mit ihm beinahe die Wut durch über diesen Centurio, dann wollte er einfach nur erwidern, dass man ihnen ja den Befehl hätte geben können unkameradschaftlich zu handeln, dann stieg die innere Wut, dann sagte er allerdings entgegen seinen Gedanken: "Hm. Entschuldige Centurio. Ich wollte Deine Übung nicht durcheinanderbringen."


    Der Centurio beließ es aber bei seiner kleinen Ansprache, so dass sie weiterarbeiten konnten. Wenn man es genau nahm, war auch kein Befehl drin vorgekommen, so dass Labeo und seine Mannen einfach weitermachten und weitermachten und weitermachten - bis schließlich das Lager fertig war. Wachen wurden eingeteilt (aus den Probati) und man legte sich schlafen. Wenn man es denn konnte. Sturm und Regen (war das nicht auch Hagel?) störten den ruhigen Schlaf, jedenfalls all derjenigen, die es nicht gewohnt waren. Am nächsten Morgen zeigte sich wieder die Sonne. Müde räkelte sich Labeo, aber es blieb keine Zeit zum langsam wach-werden. Es ging weiter. Das Lager musste rück-gebaut werden und es wurde abgelegt. Richtung Meerenge. Richtung Skylla uns Charybdis. Er hoffte, dass die nautische Abteilung gut geschlafen hatte, sonst könnte es ein Debakel geben, wenn sie die Enge passierten.

    Labeo wäre fast in die Versuchung gekommen, wieder zu gehen, denn es hätte ja auch sein können, dass der neue Tribun um diese Zeit noch nicht im officium ist. Da des Iuliers erster Eindruck aber ein anderer war, nämlich dass der Tribun ein handfester Soldat war, wartete er lieber noch einen Moment. Als er dann das Herein hörte, öffnete er die Tür und ging hinein.


    Nach dem Schließen der Tür salutierte er. "Salve Tribun Hadrianus! Falls Du Dich erinnerst, ich bin Optio Iulius Labeo und Du hattest mir befohlen einen Wachplan aufzustellen. Ich habe einen Vorschlag ausgearbeitet, der den Wachdienst ziemlich breit in der Truppe verteilt. Die Idee ist dabei, dass, wenn jeder oder fast jeder selten Wache schiebt, alle einigermaßen fit bleiben, was die Einsatzfähigkeit anbelangt. Ich habe meine Idee mal hier auf der Wachstafel skizziert.", sagte er und nahm die Tafel unter seinem Arm hervor, um sie dem Tribun zu übergeben, wenn er sie sehen wollte.


    Er machte einen Schritt auf den Tribun zu, legte die Tafel aber noch nicht auf dem Tisch ab, vielleicht wollte der Tribun sie ja auch gar nicht selbst studieren, sondern hatte auch dieses delegiert (es schien dem Iulier nämlich so, als ob ein anderer Wind wehen würde).

    Die Dame, die - wie Labeo vom decimischen Prätor gehört hatte, nachdem die Situation sich plötzlich (wie aus dem nichts) aufgelöst hatte (also in selbiges nichts zurückkehrte) - hieß also Iunia Serrana und war dem Prätor bekannt, dies war nicht weiter schwer zu schließen, da er sie mit Namen angesprochen hatte.


    Lächelnd und ruhig war der Prätor zu Labeo und der Iunierin herangetreten. Zu ruhig für Labeos Geschmack. Aus seiner eigenen Erfahrung mit Gefahrensituation wusste er: so ruhig war auch der abgebrühteste Soldat nicht - es wäre auch nicht gut. Die Aufmerksamkeit ist dann - so schien es dem jungen Iulier - am besten, wenn der Atem leicht schneller ist als normal, nicht zu schnell natürlich, aber trotzdem: etwas Aufregung tut gut, die Sinne sind schärfer, man ist ganz da. Wahrscheinlich, dachte sich Labeo, während sich seine Anspannung langsam löste, war der erfahrene Prätor (der ja auch mal Soldat war) einfach sehr schnell im Umschalten, oder spielte die Ruhe, um der Iunierin die letzten Reste der Angst zu nehmen, was ja nicht schlecht wäre, sondern nur edel und angemessen.


    Nach der Antwort an den Prätor, dass es ihr gut gehe, drehte sich die Iunierin leicht in seine Richtung, als wollte sie etwas sagen oder andeuten. Labeo nahm dies wahr, sprach aber zuerst zum Prätor, wobei er sich, als er auf die Iunierin zu sprechen kam, ihr ebenso leicht zuwandte, wie sie zuvor ihm, so dass die drei Personen nun alle miteinander reden konnten, ohne unhöflich zu sein.


    "Auch ich habe zu danken, ehrenwerter Prätor! Als ich vor einigen Minuten sah, dass die Situation eskalierte, habe ich mich hier auf die Treppe bewegt, um Iunia Serrana - die kennenzulernen mir eine Freude ist - im Falle eines Falles durch mein Eingreifen wenigstens die Möglichkeit zu geben in den Tempel zurück zu flüchten, während ich mich in den zweifelsfrei hoffnungslosen Kampf mit den Kerlen stürze. Dass es nicht zu solch unschönen Szenen kommen musste, dafür danke ich Dir natürlich. " Er setzte ab, nur um gleich noch etwas nachzuschieben: "Beinahe hätte ich vergessen mich vorzustellen: Gnaeus Iulius Labeo, Optio der Classis Misenensis."


    Das Leben in der Classis machte ihn manchmal fast vergessen, dass er sich ja auch gewählt und höflich ausdrücken konnte. Dieser Moment erinnerte ihn wieder daran.

    Nachdem Gn. Iulius Labeo aufgestanden war und einen ersten Blick auf die Wache am Tor geworfen hatte (die hatten ihn schon etwas merkwürdig angeschaut - sie waren doch sonst niemals kontrolliert worden), und auch einige verwarnt hatte, da sie nicht ordnungsgemäß gekleidet waren (nichts war peinlicher als wenn der Nauta am Tor schlampig gekleidet war), war er mit seiner Wachstafel, die er noch einmal geringfügig überarbeitet hatte, zum Büro des Tribuns gegangen. Er klopfte und hielt dabei die Wachstafel unter den linken Arm geklemmt.

    "Titus Anteius Lento", sagte Labeo, als er diesen Namen eingriffelte. Als der Nauta, der ihn kontrolliert hatte ihm zu nickte, fuhr er fort: "Bene, Dein Pferd kannst Du hier lassen, wir haben hier eine Tränke. Zwei Nautae werden Dich zum Tribunus Classis geleiten. Der Präfektus ist nicht im Lager."


    Er hätte sich auf die Zunge beißen wollen, da er eigentlich hatte sagen wollen, dass der Präfekt nicht zu sprechen sei. Schließlich mussten nicht alle wissen, dass der Präfekt abweste. Dennoch deutete er zwei Nautae, dass sie den Scriba zum Officium des Tribuns bringen sollten.

    Richtig, es war einer der Mitarbeiter in der Verwaltung, Labeo musste ihn gesehen haben als er vor langer Zeit einmal dort gewesen war und er hatte ein berechtigtes Anliegen. Dennoch mussten weitere Formalien erfüllt werden.


    "Persönlich nehme ich an?", sagte er, da das Wort überreichen dies implizierte. "Führst Du irgendwelche Waffen mit Dir?", fragte er mit dem Tonfall andeutend, dass dies eine Standardfrage war. "Außerdem bräuchte ich noch Deinen Namen, damit alles seine Ordnung hat."


    Dann nickte er seinem Nautae zu, der den Scriba schnell, aber vorschriftsmäßig durchsuchen sollte. Er selbst nahm ein Wachstäfelchen zur Hand, wo er die Namen derjenigen eintrug, die ins Lager gelassen wurden. Es wunderte ihn nicht, dass seit einigen Tagen nichts mehr eingetragen war.

    Sim-Off:

    Du meinst sicherlich das Tor des Stützpunktes und nicht der Stadt, oder?


    Labeo war es im Wachhaus ein wenig zu warm geworden, außerdem hatte er keine Lust nur herumzusitzen, also stellte er sich gegen Ende ihrer Schicht auch mal wieder selbst an das Tor, seine Leute sollten sehen, dass er sich nicht zu schade dafür war. Als jemand angeritten kam, meinte er ihn schon einmal gesehen zu haben, hier in Misenum. Vielleicht ein Händler oder ein Scriba der Verwaltung mutmaßte er. Aber selbst wenn es der Duumvir gewesen wäre, der folgende Satz war Standard:


    "So. Anhalten und Absteigen!"

    Oh, nein welch ein Chaos. Labeos Mannen waren mit als letzte an Land gegangen und sahen das ganze Übel in den letzten wärmenden Sonnenstrahlen in voller Pracht glänzen. Das Problem war offensichtlich, dass einige der Probati mit sehr großem Eifer an die Sache gegangen waren und einige Unaufmerksamkeiten dazu führten, dass der umlaufende Graben schon jetzt als nicht gerade und gleichmäßig verlaufend sichtbar wurde. Der Centurio war ein harter Hund, der würde das nicht durch gehen lassen.


    Labeos Hopliten hielten sich dezent die Hand vor den Mund, um nicht laut loszulachen. Nur einer sagte: "Ähm, was machen wir denn jetzt, der alte Schinder wird das so nicht lassen." Nach kurzem Überlegen sagte der Iulier: "Männer wir teilen uns auf. Wenn wir den Graben einfach links etwas breiter machen und ihn dann rechts anpassen, können wir das vielleicht noch begradigen. Also ihr da, nach links, ich und der Rest nach rechts. Und: vergesst nicht die runden Ecken!"


    Gesagt getan. Auch Labeo fasste mit an. Sie als Infanteristen hatten ja schließlich einen ruhigen Tag gehabt. Im Gegensatz zu den Nautikern oder gar den Rojern.

    Beim nächsten Wachwechsel war es soweit. Labeo übernahm den neuen Dienst als Leiter der Torwache. Seine kleine Truppe freute sich eigentlich darüber, so würden sie schließlich meistens hier am Tor eingesetzt werden und nur selten auf der Mauer oder im Hafen. Hier hatte man zwar am meisten zu tun, war aber auch bei Wind und Wetter am besten geschützt.


    Iuninus war in Rom, die anderen sieben Mann waren mit-erschienen. Das traf sich gut weil er so mit einer Contubernie den Wachdienst am Tor besetzen konnte. Er hatte es manchmal gesehen, dass es nur zwei Mann waren, das schien ihm für das Haupttor zu wenig. Schließlich bräuchte man ja immer jemanden, der mal Ankömmlinge durchs Lager führen müsste, außerdem schien es auch nicht falsch zu sein, gewappnet zu sein, wenn tatsächlich mal eine brenzlige Lage eintrat (er erinnerte sich an das kleine Gemetzel hier, als der vergöttlichte Kaiser gestorben war und es beinahe einen Aufstand gegeben hätte).


    Seine Leute wussten was sie zu tun hatten, so dass sich Labeo an einen kleinen Tisch im Wachhäuschen setzen konnte und auf einer Wachstafel notieren konnte, wie er sich den Dienstplan vorstellen könnte, den zu schreiben ihm aufgetragen wurde.



    Wachdienst
    Woche I-II




    Woche III-IV


    idem nur Coh. II


    * 3 Schichten à 8 Stunden
    ** 2 Schichten à 12 Stunden - Bereitschaftsdienst
    Alle anderen 2 Schichten à 9 Stunden


    Er schaute noch einmal drüber. Gut: die ersten zehn "Centurien" jeder Cohorte waren ausgenommen, diese machten die allfälligen Patrouillenfahrten. Centurie XXI - XXV waren ausgenommen, weil sie die Ausbildungscenturien waren. Das war auch sinnvoll. Von diesen konnten je nach Ausbildungsplan einzelne in die Gruppen integriert werden. Der Plan war großzügig ausgestattet. Zwei Wochen Wachdienst, dann zwei Wochen anderen Dienst. Nach zwei, drei Monaten würde man die Stellen wechseln müssen, am besten in einem Rotationsverfahren. Auch der Wechsel zwischen Ausfahrten und Innendienst müsste noch bedacht werden, aber das wäre der nächste Schritt. Er würde noch ein wenig daran herumkritzeln und es morgen dem Tribun vorstellen.

    Nauta Titus Iuninus:


    Der Nauta hatte nicht lange suchen müssen, um nach seiner Ankunft in Roma das Haus der Germanicer zu finden. Dort angelangt sah er, dass es eine Möglichkeit gab, die Post einfach abzugeben ohne irgendwie mit irgendjemandem sprechen müsse. Das kam ihm gelegen, so würde er auch nicht nach einer möglichen Antwort fragen können und warten müssen. So gab er den Brief ab und machte sich zu seiner Familie und einer bestimmten anderen Person auf.


    An den Senator
    M. Germanicus Avarus
    Casa Germanica - Rom


    Salve Patron, es grüßt Dich dein Klient Hadrianus Subdolus.


    Leider mußte ich aus Rom rasch aufbrechen. Keine Zeit blieb, um Dich zu informieren. Trotz das ich das Fest in Deinem Haus verpasst habe, schreibe ich Dir mit Stolz geschwellter Brust. Zurück im Exercitus Romanus diene ich an der Seite meines Freundes Decimus Magnus, der zum Praefectus Classis Misenensis befördert wurde, als Tribun. Ich möchte mich für mein Nichterscheinen zum Fest der Fontinalia entschuldigen. Uns rief der Kaiser und dies duldete keinen Aufschub.
    Für weitere Korrespondenz stehe ich Dir im Castellum der Classis Misenensis in Misenum zur Verfügung.


    Herius Hadrianus Subdolus


    Tribun Classis Misenensis


    Misenum, ANTE DIEM V ID NOV DCCCLIX A.U.C.



    Der Nauta Iuninus war tatsächlich in direktem Wege zum Stall gegangen und hatte sich ein Pferd geben lassen. Das ging mit dem Passierschein recht einfach, ob man das nicht auch fälschen konnte, fragte er sich. Zumal er noch eine weitere Motivation hatte nach Roma zu kommen: sie hieß Fortunina und wartete auf ihn. Andererseits: wenn er diesen Botenritt gut oder sogar sehr gut durchführte, würde man ihn vielleicht wieder schicken. Aber erst einmal hieß es das Lager verlassen.


    So stieg er am Tor ab und zeigte seinen Passierschein vor. Der wachhabende schaute ihn genau an.


    Passierschein und Reiseanweisung


    N. Titus Iuninus ist für einen Botenritt in die Urbs ein Pferd auszuhändigen. Darauf darf er das Kastell verlassen, um einen Brief in die Hauptstadt zu bringen.
    gez. Optio Iulius Labeo


    Dann nickte er aber und winkte ihn durch. Titus Iuninus setzte sich wieder in den Sattel und gab seinem Pferd die Sporen, er wollte schließlich bald bei Fortunina, äh in Roma sein.


    Labeo ging mit der Schriftrolle des Tribuns gleich nach dem Gespräch über die neuen Aufgaben in die Barracke. Er überlegte, wer seiner Leute denn reiten könnte, und wer sich vielleicht diese Sonderaufgabe (und die Möglichkeit etwa Sold in der Hauptstadt zu lassen) verdient habe. Vercorix vielleicht, sein alter Freund aus der Probatio, der hatte sich bei der Fitnessübung vom Vormittag hervorgetan. Aber dann würden die Männer denken er bevorzuge ihn. Dann war da noch Titus Iuninus der Sohn eines Freigelassenen der Iunier, der guten Dienst machte und mit Sicherheit das Bürgerrecht verliehen bekommen würde. Ja, der hatte es sich verdient.


    "Iuninus. Komm mal her. Ich habe eine Sonderaufgabe für Dich. Mit diesem Passierschein und dieser Reiseanweisung, gehst Du Dir ein Pferd aus dem Stal holen und reitest blitzgeschwind nach Rom, gehst an die Adresse gibst den Brief ab und ehrst am nächsten Tag zurück! Klar?"


    "Aber natürlich Optio Iulius. Darf ich am Abend meine Familie besuchen, von denen einige in Roma wohnen?"


    "Ja. Das ist in Ordnung. Aber am Morgen nach Deiner Ankunft in Roma machst Du Dich wieder auf den Rückweg. Du kannst vielleicht beim Empfänger fragen, ob er eine Antwort mitgeben möchte. Das ist mir zwar nicht aufgetragen worden, aber es ist höflich. Also, Du reist sofort ab.", sagte er und gab dem Nauta die versiegelte Rolle und den Passierschein, den er allerdings erst in diesem Moment ausfertigte, indem er sich an einen Tisch setzte und die mitgebrachten Schreibutensilien nutzte.



    An den Senator
    M. Germanicus Avarus
    Casa Germanica - Rom


    Salve Patron, es grüßt Dich dein Klient Hadrianus Subdolus.


    Leider mußte ich aus Rom rasch aufbrechen. Keine Zeit blieb, um Dich zu informieren. Trotz das ich das Fest in Deinem Haus verpasst habe, schreibe ich Dir mit Stolz geschwellter Brust. Zurück im Exercitus Romanus diene ich an der Seite meines Freundes Decimus Magnus, der zum Praefectus Classis Misenensis befördert wurde, als Tribun. Ich möchte mich für mein Nichterscheinen zum Fest der Fontinalia entschuldigen. Uns rief der Kaiser und dies duldete keinen Aufschub.
    Für weitere Korrespondenz stehe ich Dir im Castellum der Classis Misenensis in Misenum zur Verfügung.


    Herius Hadrianus Subdolus


    Tribun Classis Misenensis


    Misenum, ANTE DIEM V ID NOV DCCCLIX A.U.C.



    Passierschein und Reiseanweisung


    N. Titus Iuninus ist für einen Botenritt in die Urbs ein Pferd auszuhändigen. Darauf darf er das Kastell verlassen, um einen Brief in die Hauptstadt zu bringen.
    gez. Optio Iulius Labeo


    "Jawohl, Optio.", sagte der Nauta, nahm sich ein Bündel Sachen sowie die Dokumente und ging los. Er würde sich beeilen soviel stand fest.

    Spätestens jetzt, als er hörte, dass es nicht nur eine Kontrollfahrt war, sondern dass auch ein Nachtlager aufgeschlagen werden sollte, war Labeo froh, dass er es mit "alten Hasen" zu tun hatte. Seine Leute wussten genau, dass es schwierig werden würde in der Dunkelheit alles nötige zu finden und aufzubauen.


    Auch unter den Ruderern waren allerdings Probati, deren Fähigkeit mehr Tempo zu machen noch etwas gering war. Die Glocke wurde geschlagen und die Rojer wurden ausgewechselt, jetzt kamen die erfahrenen Ruderer ans Ruder. Und deutlich spürbar nahm die Galatea mehr Fahrt auf. Labeo ging zu seinen Leuten. Hoplites wie sie im Buche standen. "Ihr habt es ja gehört, heute müssen wir ein Lager bauen und so wie der Trierarch die Rojer schindet werden wir die harten Aufgaben übernehmen müssen. Also ruht Euch besser aus.", sagte er zu ihnen und setzte sich neben sie.

    Optio Iulius Labeo hörte zu und nickte. Das war nicht unbedingt schlecht. Der neue Tribun gab ihm die Möglichkeit sich zu beweisen. Das war gut. Worin er sich beweisen sollte, gefiel ihm zwar nicht zu sehr, aber dennoch sagte. "Wird gemacht, Tribun! Ich reiche den Plan herein, wenn er fertig ist.", auch zum Auftrag den Brief nach Roma bringen zu lassen nickte er. Dann war das Gespräch auch schon zu Ende. Er salutierte wieder und verließ das officium, um sich an die Arbeit zu machen.

    Die junge Frau, die bis vor kurzem noch hinter ihm gestanden hatte - was Labeo als sinnvoll erachtet hatte - ging ein paar Schritte nach unten, gerade so weit, dass sie wieder vor ihm stand - was Labeo nicht sinnvoll fand, da sie schließlich nun, falls der Gauner mit Namen Bularchus den Prätor angriff und die Liktoren ihre Aufgabe taten und den Prätor verteidigten, einer möglichen Attacke eines anderen Bandenmitgliedes ungeschützt ausgesetzt war. Gleichzeitig musste es ja auch einen Grund haben, warum sie jetzt vorgegangen war, so dass es durchaus auch als unhöflich hätte aufgefasst werden können, wenn er sich - schützend - einfach wieder vor sie gestellt hätte. Außerdem wäre er den Gaunern dann auch unweigerlich zu nahe gekommen, was wiederum als Provokation hätte aufgefasst werden können.


    So machte sich Labeo eindeutig zu viele Gedanken, entschied dann aber doch sich wenigstens neben sie zu stellen. Also ging er die zwei Schritte weiter runter, die ihm fehlten damit er neben der jungen, wahrscheinlich verängstigten Frau stand."Keine Angst die Liktoren, werden den Prätor schon zu schützen wissen. Und der Prätor kann sich sicherlich gegen so ein Messer verteidigen. Und auch Dir wird nichts passieren.", flüsterte er ihr zu.

    "Jawohl, Tribunus!", sagte Labeo schneidig und rührte sich. “Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ich bin gerade erst vor kurzem von der Classis Britannica hierher zurückversetzt worden und habe eine Contubernie von Marineinfanteristen übertragen bekommen, deren Optio wegen einer längeren Verletzung für einige Zeit ausfällt. In der Britannica war ebenso das Führen einer Contubernie mein Aufgabenbereich, zumeist auf Patrouillenfahrten durch das Kalte Meer des Nordens."


    Er machte eine kurze Pause, weil er nicht wusste wie viel er erzählen sollte, schließlich gab es eine Menge Optiones. Er entschloss sich aber noch etwas über die Zeit hier in Misenum zu erzählen: "In meiner ersten Zeit in Misenum war ich hauptsächlich in Ausbildung und Wachdienst eingesetzt." Dann schaute er den Tribun an, um zu zeigen, dass er alles gesagt hatte, was er sagen wollte.

    Ein gutes Gefühl wieder mit der guten alten Galatea unterwegs zu sein. Labeo war zwar nicht an diesem Ausbildungskurs beteiligt, aber seine Contubernie und er waren trotzdem mit dabei. Entweder um bei dieser Fahrt wenigstens auch ein paar ausgebildete Infanteristen (neben den Optionen und dem Centurio, versteht sich) dabei zu haben, oder weil man sehen wollte, wie sich Labeo in der britannischen Zeit entwickelt hatte. Er schaute sich um, alles war wie früher. Seine neue Contubernie war guter Dinge, auch wenn sie ihn noch kritisch beäugten.


    Trotz des herbstlichen Wetters fühlte sich der Wind auf Labeos Haut verhältnismäßig warm an - schließlich war er anderes gewöhnt. Diese Ausbildungs- und Kontrollfahrt wollte er nutzen, um seine Männer richtig kennenzulernen, schließlich würden sie sich aufeinander verlassen müssen, wenn es ernst würde (nicht, dass er es sich vorstellen konnte, dass irgend etwas aufregendes passieren könnte, aber man wusste es ja nie). "Männer, kommt mal einen Moment zusammen.", rief er den Nautae seiner Gruppe zu. "Wir werden ja nun eine Zeit in dieser Kombination zusammen sein. Da dachte ich, dass wir uns mal kurz besprechen könnten, während die Probati den Dienst schieben, so weit ich weiß, sind wir hier nur als Absicherung dabei, falls irgendetwas passiert. Aber: was soll schon passieren?"


    Einige lachten darauf, andere nicht. Sie erinnerten sich an die Piratengeschichte und anderes. Es passierte nicht oft etwas auf solchen Fahrten, wenn, dann aber zumeist richtig. Außerdem: Es war Herbst. Stürme konnten wie aus dem Nichts hereinbrechen und ihr Schiff tief in Neptuns Reich hinabziehen, wenn sie es nicht rechtzeitig an Land oder wenigstens in Richtung Küste schafften.


    "Ihr seid ja schon eine Weile zusammen, ich bin neu bei Euch, und auch wieder neu in Misenum. In der Britannica war es genauso wichtig wie bei uns, dass die Contubernien zusammenhielten. Was muss ich von Euch wissen, damit wir das hinbekommen? Wo sind Eure Stärken, wo Eure Schwächen?", begann er die Besprechung. Die meisten schauten verdutzt - waren sie hier zum Schwätzen oder zum Kämpfen. Einer, aber wollte den Optio nicht enttäuschen und fing an zu erzählen, dass er immer dann gut kämpfe, wenn er in der Mitte stehe und nicht am Rand. Ein anderer fuhr fort. Und dann war das Eis gebrochen (und Labeo wusste was Eisbrechen bedeutet).


    Natürlich war es kein munteres Plauderstündchen, sondern jeder sagte nur das nötigste, aber Labeo hörte sich die Sachen an und nickte immer wieder. "Gut, danke, Männer, das hilft mir sehr. Das hilft UNS sehr, besser gesagt, eine noch bessere Formation zu bilden. Vielleicht können wir das ja später ausprobieren. Bene. Ihr habt dann bis zum 3er Schlagen frei. Die Grünschnäbel machen ja die Arbeit für uns...", sagte er und entließ seine Mannen.


    Dann ging er an die Reling und schaute aufs Meer.

    Zitat

    Original von Gnaeus Iulius Labeo
    Leider nur heute und morgen einigermaßen vollständig, danach bis zum Wochenende sporadisch und ab Montag wieder mit mehr Zeit und Ruhe anwesend...


    (das gleiche gilt für Manius Aurelius Orestes)


    eccoci. Wieder da.

    Natürlich war Labeo froh, als der Prätor erschien, auch dass dieser die Raufbolde erkannte und es so wenigstens zunächst so schien, als ob die Situation sich entspannte. Die Liktoren würden ihr übriges tun. Er war sich bewusst gewesen, dass selbst ein beherztes Eingreifen seinerseits nicht vielmehr hätte ausrichten können, als der jungen Frau die nötigen Sekunden zu geben, um sich zu retten. Diese einstweilige Situationsaufhellung quittierte der Iulier auch mit einem leichten, aber hörbaren Aufatmen.


    Dann verfolgte er das weitere Geschehen. Dieser Gauner, der vom Prätor Bularchus genannt wurde, schien sich nicht einschüchtern zu lassen, während die offensichtlich mit ihm verfeindete Bande sich zurückzog. Das veränderte die Situation auf der Tempeltruppe allerdings nur unwesentlich, vor allem waren Labeos Handlungsmöglichkeiten nicht wirklich verändert, er konnte warten - oder warten.


    Die junge Frau war ein paar Schritte weiter hoch gegangen, Labeo stand weiterhin an der selben Stelle, die Frau quasi beschützend; der wahre Schutz waren natürlich die Liktoren und der Prätor, seine Position würde nur verhindern können, dass sich einer dieser barbarischen Gauner der Frau bemächtigen könnte.


    Er hätte gerne etwas beruhigendes gesagt oder getan, aber es war die Sache des Prätors zu handeln - oder auch nicht zu handeln.

    "Salve, Tribun!", sagte Labeo schon beim Eintreten. Nachdem er das Officium betreten hatte, salutierte er ordnungsgemäß. "Du hast mich rufen lassen, Tribun.", sagte er nicht etwa als Frage, sondern als Aussage - denn schließlich wussten beide, dass es so war, so dass kein Nachfragen nötig war.


    Er nickte auch dem Scriba zu und schaute sich dabei einen Augenblick um, dann schaute er wieder zum Tribun, der das Gespräch nun eröffnen und führen würde.