Beiträge von Hektor


    Von Ostia aus erreichte das Schiff nach etwa acht Tagen den schwarzen Kontinent und fuhr, in Sichtweite der Küste, noch etwa einen halben Tag ostwärts. Dann war die Stelle erreicht, an der Marduk und seine Männer an Land gehen wollten. Weit und breit gab es keinen Hafen, keine Siedlung und keine Menschenseele außer ihnen, doch das Ziel ihrer Reise war damit noch nicht erreicht. Vor ihnen lag noch ein Tagesmarsch hinein in ein Land welches sich, mit seiner von Sand und Felsen geprägten Schönheit, vor ihnen ausbreitete. Doch es blieb nicht viel Zeit um den Anblick dieser kargen Idylle zu genießen. Schließlich musste noch die ganze Ladung und der Proviant von Bord geholt werden, bevor sie ins Landesinnere aufbrechen konnten. So wurden eben auch Tilla, Pumilio und Hektor irgendwann an Land gebracht und erst einmal zwischen den Kisten und Säcken stehen gelassen, wobei Hektor als Einziger von den Dreien - rein vorsorglich - in Eisen gelegt worden war. Aber was hätte der Grieche schon großartig ausrichten können, hier in dieser Einöde und … wohin hätten die Drei schon fliehen sollen -oder wollen? Zumindest was Tilla betraf und das wusste Marduk natürlich.


    Und um das Mädchen nicht weiter zu ängstigen, hatte der Hüne - widerwillig zwar aber dennoch - darauf verzichtet, den kleinen Jungen und den Fremden über Bord zu werfen. Obwohl die Beiden nur ein lästiges Anhängsel waren, aber sollte doch Neith entscheiden, was mit Ihnen geschah. Marduk wollte jedenfalls so schnell wie möglich zu ihr und deshalb wandte er sich nur kurz an Tilla, bevor er sich wieder ganz seinen Männern zuwenden wollte:


    "Wir sind fast am Ziel kleine Träne! … Nur noch ein Tagesmarsch, dann werden wir den Tempel der Neith erreichen. Deine Heimat! … Freust du dich denn gar nicht?" Die Euphorie in Marduks Stimme war kaum zu überhören ...


    Ob das ein gutes Zeichen war?

    Ohne sichtliche Regung nahm ich die Belehrung und die hämisch klingenden Worte der Aurelia hin. Vielleicht war es so ihre Art mit Sklaven umzugehen, zumindest kannte ich es von meiner Herrin her so. Wahrscheinlich war sie aber immer noch über meinen ungehobelten Auftritt von vorhin erzürnt. Egal - ändern konnte ich sowieso nicht (mehr). Viel wichtiger war es im Augenblick Tilla zu finden und da überraschte sie mich wiederum, mit ihrer prompten und positiven Entscheidung.


    Schon verschwand die Herrin in ihrem Zimmer, um kurz darauf mit dem Familiensiegel zurück zu kehren. Klar, dass sie alles abstreiten und mir allein die Schuld geben würde, falls etwas schief gehen sollte. Ebenso logisch war, dass man ihr mehr Glauben schenken würde, wie einem 'entflohenen' Sklaven. "Ich bin mir dessen voll und ganz bewusst, Herrin. … ", erwiderte ich deshalb nüchtern aber sichtlich erleichtert über ihre Entscheidung, mir zu helfen.


    Vorsichtig nahm ich das Siegel, aus ihren kleinen zarten Händen entgegen und fühlte dabei, einen weiteren Gegenstand in meine Finger gleiten. Ich blickte kurz nach unten und erkannte ein kleines, kunstvoll gestaltetes Messer, welches sie mir eben zugesteckt hatte. Es sah fast so aus wie das Messer, welches Tilla einmal von dominus Ursus geschenkt bekommen hatte. War es gar ihres? Nein sicher nicht, da Tilla es stets wie ihren Augapfel hütete.


    "Das …", ist wirklich nett, vielen Dank, wollte ich gerade zum sprechen ansetzen, aber da fiel mir die Aurelia, mit ihren eindeutigen Zeichen, regelrecht ins Wort. Ich soll sofort verschwinden?! Das war unmissverständlich. Ob sie sich gar fürchtete, vor dem Messer und vor mir -der ich stets mein Leben für die Aurelier eingesetzt habe? Ich blickte sie kurz noch an, dann folgte ich ihrem Wunsch und entfernte mich rasch, um mich auf den Weg nach Ostia zu machen.

    "Sie ist nicht viel Lösegeld wert .. Für die Entführer ist sie nicht viel wert?!" Als ich diese direkten Worte hörte, verfinsterte sich mein Blick leicht. Die Herrin klang so überzeugt, dass ich es direkt abwertend Tilla gegenüber empfand. Vielleicht tat ich der Aurelia damit unrecht, aber in diesem Moment wurde mir wieder bewusst, dass wir Sklaven - in den Augen vieler Römer - nurersetzbare Ware waren. "Nun für manche mag Tilla nicht viel wert sein, … für mich ist sie es schon!", erwiderte ich deshalb etwas schroff, ohne die Aurelia jedoch mit diesen Leuten in eine Schublade stecken zu wollen.


    Zumal sie meine Bitte nicht von vorne herein mit einem eindeutigen "Nein" ab tat. Sie würde mir sogar gern helfen, wenn, ja wenn ich ihr eine Garantie geben würde, dass ich nicht abhaue. Gutes Argument! Welche Garantie hätte das sein können?


    Dementsprechend ratlos sah ich kurz zu Boden, während ich an Tilla denken musste und dann wieder der Aurelia direkt in die Augen. Auch auf die Gefahr hin, dass sie mich gleich auslachen würde meinte ich schließlich im vollen Ernst: "Keine Herrin… nur … mein Wort" Ich atmete tief durch. Tja, ob ihr mein Wort genügen würde? Wohl kaum. Andererseits, was hätte sie, die Nichte des Hausherrn schon groß zu befürchten außer: Eine Strafpredigt, Hausarrest, Taschengeldentzug ...? Den Kopf würde man ihr deswegen nicht gleich herunter reißen ....


    Mir dagegen schon! Bevor oder nachdem man mich ans Kreuz geschlagen hätte - Mit oder ohne Erlaubnis. Wie herum ich es auch drehte, im Endergebnis wäre ich immer tot. "Also? … ", drängte ich die Aurelia sanft, aber bestimmt klingend zu einer Entscheidung ...

    Die Aurelia schien sich wieder ein wenig zu beruhigen, sie ließ mich ausreden und schenkte meinen Ausführungen offensichtlich Glauben. Zumindest tat sie die Geschichte nicht von vorne herein als Unsinn ab, was ich ihr nicht einmal verübelt hätte. Ich konnte und wollte das Gehörte ja auch kaum glauben und so kratzte ich mich nachdenklich am Hinterkopf, da die Herrin von mir wissen wollte welches Interesse dieser Mammut an Tilla haben könnte. "Tja also … Ich kann mir ehrlich gesagt auch keinen rechten Reim darauf machen Herrin ...", gab ich offen zu und musste wieder an Leones Vermutung denken, die durchaus plausibel hätte sein können. "… ich hoffe nur, dass man Tilla nicht, … also, dass man sie nicht, … ehm … andererseits kann ich mir nicht vorstellen, dass die Entführer Lösegeld für sie fordern werden", druckste ich mit meinen Gedanken ein wenig herum und fluchte innerlich, so eine Möglichkeit überhaupt in Betracht ziehen zu müssen.


    Schließlich sah ich der Herrin direkt in die Augen, was sich grundsätzlich nicht ziemte, aber mein Blick vermochte ihr vielleicht meine stillen Befürchtungen zu vermitteln. Auf ihre nächsten Fragen zuckte ich etwas unsicher mit den Schultern. Was durfte ein Sklave wie ich, schon von alleine aus tun?! Grundsätzlich nichts. Was mir in Tillas Fall zwar egal gewesen wäre, aber trotzdem - war ich froh, dass die Worte der Herrin wie eine Aufforderung an mich klangen.


    "Wir … also ich hatte vor, umgehend nach Ostia zu reiten. Wenn Tilla wirklich dort ist, dann …. werde ich sie finden! Nur …. " , begann ich zuerst sehr überzeugt und dann etwas unsicherer klingend. "Leider ist die domina Prisca, meine Herrin, noch nicht von ihrem Einkauf zurück. Wer weiß, wie lange sie noch unterwegs ist. Ich kann sie also nicht um Erlaubnis bitten und … dominus Corvinus wollte ich eigentlich mit dieser Angelegenheit nicht behelligen, " denn irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass er mich nicht ganz für voll nahm, seit der Geschichte mit dem Teppich. Sicher hätte er sich diese Geschichte nicht angehört geschweige denn, mir die Legitimation für eine Suche nach Tilla erteilt.


    Also hatte ich nur zwei Möglichkeiten: Auf eigene Faust losziehen und riskieren, dass man mich bald schon wieder einfängt, oder ... "Bitte Herrin, könntest du mir nicht offiziell die Erlaubnis erteilen, nach Tilla zu suchen?", blickte ich nun die Herrin eindringlich an. Schließlich drängte die Zeit und mit dem aurelischen Siegel in der Tasche, würde ich mich sicher freier bewegen können - dachte ich mir zumindest. Ob es mir allerdings weiter helfen würde? Das stand auf einem anderen Blatt.

    "So so , sie sagen also die Wahrheit! ..hmmm….naaa, hoffentlich sagen sie dir auch die ganze Wahrheit. …", brummelte ich auf Tillas beharrliche Worte vor mich hin, da ich mich gerade mehr auf das Öffnen des Käfigs konzentrierte. Wenn wir nicht rechtzeitig von Bord kämen, würden wir wohl zweifellos die Wahrheit erfahren und Tilla legte es anscheinend sogar darauf an. Dem Jungen hörte ich ebenfalls nur mit halben Ohr zu, wobei ich seine Bemerkung über das Schwimmen mit einem leisen. "Na toll … ", kommentierte. Was im übrigen auch auf meine Versuche zutraf das Schloss mit einem einfachen Löffel, den ich zufällig in der Nähe des Käfigs gefunden hatte, öffnen zu wollen.


    Das klappt so nicht! Ich seufzte leise und versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Wenigstens hatte sich der Junge irgendwie aus dem Käfig befreien können und er plumpste mir regelrecht in die Arme. "Gut, sehr gut Pumililo! Und jetzt müssen wir irgendwie Tilla hier herausholen", meinte ich schnell und schob den Jungen etwas von mich. Nur wie sollte ich das Mädchen da heraus holen? Tillas Plan klang ziemlich abenteuerlich, durchaus praktikabel nur, wären wir bis dahin vielleicht schon viel zu weit draußen auf See. "Nein Tilla, warte! … Lass mich muss kurz überlegen ...", erwiderte ich bestimmend, um kurz nachzudenken und ...


    … eventuell hätte ich sogar eine Erleuchtung gehabt, wenn nicht plötzlich überall die Lichter ausgegangen wären.


    Seltsam, seit wann können Schiffe denn fliegen? Oder warum dreht sich hier alles um mich ... ins Nichts?

    Endlich schien Tilla aus ihrer Trance zu erwachen. Ich blickte sie an und erkannte, wie verwirrt und aufgewühlt Tilla war. Zögernd rutschte sie zurück an das Käfiggitter, worauf ich vorsichtig durch die Stäbe hindurch langte und ihr sanft eine vergessene Träne von der Wange strich. "Schon gut Tilla, schon gut! … Ich weiß ja, dass du es nicht so gemeint hast. Das Ganze ist ziemlich verwirrend, stimmt's?! ", versuchte ich sie mit einem aufmunternden Lächeln zu beruhigen. Wie könnte ich ihr böse sein, noch dazu in einer solchen Situation? … Nur eine Erklärung für das Ganze hier, die hätte ich schon gern gehabt.


    Und diese wollte mir der kleine Junge anscheinend geben, doch das verwirrte mich nur noch mehr. Ungläubig starrte ich zwischen dem Jungen und Tilla hin und her. Was für eine Mutter wäre das denn, die ihr Kind auf diese Weise suchen ließe? Die Suche wär ja in Ordnung und ich würde es Tilla wirklich vergönnen, wenn ihre Mutter eine echte Königin wäre, aber … ihre Gefolgsleute gingen bei dieser Suche absolut nicht sehr vertrauenserweckend vor. Ich musste an Leones Worte von den 'Kinderliebhabern' denken und konnte auf Tillas Bitte, sie zu ihrer Mutter zu begleiten, nur hilflos mit den Kopf schütteln.


    "Tilla ich kann ja verstehen, dass du wissen möchtest woher du kommst. … Nur halte ich es für keine gute Idee, diesen Männern blind zu vertrauen. Woher willst du wissen, dass sie die Wahrheit sagen?… ",versuchte ich Tilla vorsichtig zu überzeugen, ohne sie gleich wieder zu verwirren oder gar zu ängstigen. Nein, auf so etwas konnte und wollte ich mich nicht einlassen. Das Riskio war einfach zu groß, da gefiel mir der Vorschlag des kleinen Jungen schon viel besser …. "Wie ist eigentlich dein Name? …", wollte ich ihn gerade fragen, da ertönte plötzlich eine Stimme oben an Deck.


    "… Heeeeerhören Leute, …. Wir legen sofort ab. ... Lasst die restlichen Kisten an Land stehen. ... Jeder, der nicht in fünf Minuten auf dem Schiff ist … bleibt hier zurück!!…Also los los, Beeilung! ..."


    Oh nein, die da oben machten bereits die Leinen los! Ich zuckte kurz zusammen und sah gleich darauf flehentlich zu den Beiden Kindern. "Wir … haben keine Zeit mehr! … Junge probier einfach mal, ob du dich durchzwängen kannst. … Ich versuche derweil das Schloss auf zu bekommen …", meinte ich wenig überzeugt da ich berechtigte Zweifel hatte, dass er und ich das schaffen würden.


    Dazu war die Zeit einfach zu kurz und sobald das Schiff abgelegt hätte, gäbe es keinen Ausweg mehr - oder? ... "Könnt ihr eigentlich schwimmen? …"

    Was für eine Frechheit! … Kein Zweifel, so wie sich die Herrin vor mir aufbaute und mich mit vernichtenden Blicken strafte, hielt sie mich sicher für einen Barbar. Tja, der erste Eindruck wog bekanntlich viel und diesbezüglich hatte ich gerade keinen Blumenstrauß gewonnen. Vom Temperament her war die Aurelia jedenfalls meiner Herrin sehr ähnlich, was mich schon ein wenig beeindruckte, aber ich war eben kein normaler Haushalts-Sklave sondern Leibwächter und die benahmen sich nun mal rüpelhaft. Naja ab und zu und nicht unbedingt der eigenen Herrschaft gegenüber, was ich in ihren Fall auch nicht absichtlich getan hatte. Ich kannte diese Aurelia ja gar nicht und wie sie so vor mir stand, aufgebracht und mit verschränkten Armen, kam ich nicht umhin sie ein wenig zu bewundern. Ob da noch was zu retten war?


    In der Kürze der Zeit wohl kaum. Wobei ich - auch unter normalen Umständen - eine Einladung in ihr cubiculum nicht erwartet hätte. Ich atmete tief durch. Es wäre für mich sicher besser, ohne weitere Umschweife die Fragen der Herrin zu beantworten und ihr den Grund meines ungehobelten Auftritts zu erklären.


    "Ich bin Hektor und ich hatte eigentlich gehofft ,Tilla hier zu finden …", begann ich mit einem tiefen Seufzer. "Gerade eben war eine Frau hier, offensichtlich eine Bekannte von ihr. Und diese Frau erzählte allen Ernstes, dass Tilla von einigen Männern entführt worden sei. Ma … Ma - Margot, Mardruck oder so ähnlich heißt der Anführer und sie wollen Tilla nach Ostia auf ein Schiff bringen …" Ich machte eine kurze Pause und sah der Aurelia eindringlich in die Augen. Wie würde sie wohl auf so eine Nachricht reagieren? "Ich weiß auch nicht, ob an dieser Geschichte etwas dran ist, aber ich mache mir trotzdem große Sorgen ...", gab ich schließlich zu, warum ich mit der Tür ins cubiculum fiel und überlegte kurz, ob ich die Herrin in meinen Plan einweihen sollte.

    Ich kniff die Augen zusammen und musterte Tilla und den Jungen einen Moment lang im schummrigen Licht der Öllampen. Sie schienen beide unversehrt sein - zum Glück - wenngleich ich mir immer noch nicht erklären konnte, warum man sie in einem Käfig auf dieses Schiff gebracht hatte.


    Bevor ich allerdings Tilla danach fragen konnte, stellte sie mir schon viele Fragen. "Ja ich bin es, hör zu, das erzähle ich dir alles, sobald wir von hier … ", begann ich zu antworten und stutzte dann mitten im Satz. Wie meinte Tilla da jetzt mit dem 'Du weisst alles … zusammen mit Prisca hätte ich sie auf die Straße gelockt und wie viele Münzen ich dafür bekommen würde' Das klang ja fast so, als würde ich mit diesen Halunken unter einer Decke stecken. Ich und die Aurelia? Das war ja völlig absurd!


    "Häh?? … Tilla, von was redest du da gerade?",fragte ich so ruhig wie möglich nach und sah Tilla dabei eindringlich an. Da meldete sich plötzlich auch noch der kleine Junge zu Wort und faselte was von Tillas Mutter. Hatte man die beiden unter Drogen gesetzt? Ich hielt kurz den Atem an und stieß die Luft zischend wieder aus."Psssst, nicht so laut! … Ich bin hier um euch in Sicherheit zu bringen und … wir müssen so schnell wie möglich von hier verschwinden, verstanden?!", versuchte ich schnell zu erklären, was ich eigentlich hier wollte.


    Doch die Zeit drängte und die Geräusche vom Oberdeck her verhießen nichts gutes. Das Schiff war kurz vor dem Auslaufen und wir saßen immer noch hier unten wie die Mäuse in der sprichwörtlichen Falle.

    Mein Klopfen wurde zum Glück erhört und die Türe öffnete sich rasch. Erwartungsvoll hielt ich die Luft an . "Tilla?! …" Eine Sekunde später stieß ich die Luft enttäuscht klingend wieder aus . "Oh, …hmm … du bist es nur Herrin ...", stellte ich mit nüchterner Stimme fest, wer mir da höchstpersönlich geöffnet hatte. Weswegen mich die Herrin auch ziemlich unwirsch anfuhr oder war es deshalb, weil ich so ungestüm angeklopft hatte? Es war jedenfalls keine Absicht von mir gewese, aber im Gedanken versuchte ich mir gerade einen Reim darauf zu machen, was Tilla zugestoßen sein könnte.


    Was gibt´s … Nur zu verständlich, dass die Aurelia das von mir wissen wollte. Ich blickte jedoch zuerst noch ganz dreist an der Herrin vorbei, sah mich suchend in ihrem Zimmer um und erst dann sah ich ihr direkt in die Augen. Ich atmete tief durch und mein ganzer Körper spannte sich, als ich endlich Haltung vor ihr an nahm.


    Meine Herrin hätte mir wahrscheinlich schon längst eine herunter gehauen, wenn ich das eben bei ihr getan hätte. Naja vielleicht würde das die Herrin Laevina auch gleich nachholen - wie auch immer: "Entschuldige bitte Herrin! … Ich wollte nicht unhöflich sein. Es ist nur so … hm …weißt du zufällig, wo Tilla sein könnte? Sie … scheint nämlich verschwunden zu sein", begann ich vorsichtig eine plausible Erklärung für alles zu finden ...

    Die wenige Öllampen erhellten den engen und stickigen Laderaum zum Glück nur mäßig. Oben vom Deck drang dumpf das geschäftige Treiben der Männer herunter und immer wieder duckte mich schnell zwischen die herumstehenden Kisten und Säcke, wenn ich ein verdächtiges Geräusch in meiner Nähe hörte. Ich wollte eben nichts riskieren! Welch absurder Wunschgedanke, angesichts der Lage in der ich mich augenblicklich befand. Was wenn einer der Matrosen, oder gar dieser Marduk hier plötzlich auftauchen würden? Der Wahnsinn meines Handelns wurde mir immer mehr bewusst, aber ein Zurück gab es ebenso wenig.


    Hinten im Heck des Schiffes hatte ich einen Käfig ausgemacht und darin schien sich etwas zu bewegen. Beim Näherkommen wuchs die Gewissheit, dass es sich nur um Tilla handeln konnte -obwohl - wer ist denn die zweite Person bei ihr?, rätselte ich noch während ich mich vorsichtig bis zu den Gitterstäben vorarbeitete. An den Rückweg wollte ich gar nicht erst denken, denn ich wusste beim besten Willen nicht, wie wir hier ungesehen wieder von diesem Schiff herunter kommen sollten. Soweit waren wir noch lange nicht, aber … soweit so gut


    "Mutter was?? … Tilla! …Ich bin es, Hektor. Erkennst du mich denn nicht?", flüsterte ich ganz leise, als Tilla mir stimmlos etwas entgegen rief. Das Mädchen schien mich gar nicht zu erkennen, so abweisend wie sie drein blickte. "Tilla?! … ", setzte ich erneut an und blickte dann hastig über meine Schulter. War da nicht ein Geräusch gewesen? Nach ein paar Sekunden atmete ich keuchend wieder aus. … Ich hatte mich anscheinend getäuscht. "…geht es dir gut, hat man dir etwas angetan? … Wie ist das denn passiert und wer ist der Junge da bei dir? …", widmete ich meine ganze Aufmerksamkeit wieder dem gefangenen Mädchen und dem Schloss an der Käfigtüre, welches es nun zu knacken galt ...

    ~ Die Nachricht von Tillas Entführung ~


    Nachdem ich im atrium von Tillas plötzlichem Verschwinden erfahren hatte lief ich zuerst natürlich zu meiner Herrin. Allerdings war sie nicht auf ihrem Zimmer. Ach verdammt! Ich vergaß, die ist ja beim einkaufen in der Stadt Und bis sie von da wieder zurück wäre, konnte es noch eine Ewigkeit dauern. Nein so viel Zeit hatte ich nicht.


    Also lief weiter zum cubiculum der domina Laevina.Schließlich war Tilla ihre Sklavin und vielleicht war sie ja dort und alles würde sich aufklären.


    Kaum an der Türe angekommen, hämmerte meine Faust auch schon dagegen. Vielleicht etwas ungestüm, doch darauf achtete ich im Moment nicht so wirklich während ich ungeduldig auf Einlass hoffte.


    *klopf klopf klopf ... *

    Leone rief mir etwas nach und so drehte mich noch einmal kurz zu ihm um. Was der Nubier da sagte machte durchaus Sinn und so nickte ich ihm nachdenklich zu. "Du hast recht. Besser ich gehe zuerst zu den Herrschaften. Vielleicht ist Tilla ja auch schon längst wieder hier … aber wenn nicht, muss ich sie suchen!", meinte ich mit einem eher unsicheren Schulterzucken und einem flauen Gefühl im Magen. Vor allem da der Ianitor gerade auf etwas angesprochen hatte, was ich überhaupt nicht wahr haben wollte. Jetzt musste ich mich erst recht beeilen - ob nun mit oder ohne Erlaubnis der Herrschaften.


    Auch wenn meine Reaktion nicht für jeden nachvollziehbar sein mochte, bedeutete mir das Mädchen eben sehr viel und ich selbst hatte in meinen Leben schon zu vieles verloren, um mich von den möglichen Konsequenzen wirklich abschrecken zu lassen. "Bis dann Leone! … Und gute Besserung Dir … und danke für deine Hilfe", verabschiedete ich mich damit von Leone und der hübschen Frau, deren Namen ich nicht einmal kannte und ließ die beiden im atrium zurück.

    … Na ich zum Beispiel! ... ;)


    … und ich war mir durchaus bewusst, dass ich wohl etwas unüberlegt und überstürzt gehandelt hatte, als ich mir einfach ein Pferd aus dem Stall der Aurelier "ausgeborgt" hatte und alleine Ostia geritten war. Wohlgemerkt: Ohne die Erlaubnis meiner Herrin, einfach auf die wagen Worte einer betrunkenen Frau hin, die ich nicht einmal kannte. Aber es ging um Tilla und ich wollte nicht riskieren, dass dem Mädchen etwas ernstes zustoßen könnte. Viel wusste ich ja nicht über das, was vorgefallen war und so reimte ich mir eben das Meiste zusammen. Wobei ich immer noch hoffte, dass sich alles als völlig harmlos herausstellen würde.


    Also … Tilla war angeblich entführt worden - warum auch immer. Von einem gewissen Marduk - wer auch immer das war. Nach Ostia - was die Vermutung nahe legte, dass sie auf ein Schiff gebracht worden sein könnte.


    Nachdem ich das Pferd an einem sicheren Ort angebunden hatte, machte ich mich direkt auf den Weg zu den Stegen. Um diese Zeit war nicht mehr viel los, aber trotzdem achtete ich darauf, dass ich niemandem über den Weg lief. Schiff um Schiff arbeitete ich mich vor und mit jedem wurde meine Hoffnung geringer, Tilla hier wirklich zu finden. Und wenn doch? - Ich hatte eigentlich nicht vor den Held zu spielen und im Alleingang das Mädchen zu retten. Wovor auch immer, aber sobald ich wüsste wo sie war, würde ich bei den römischen Wachen Alarm schlagen. Nur - ich fand einfach nichts verdächtiges was die Vermutung bestätigt hätte, dass Tilla hier wäre.


    Moment mal! … was war denn das?


    Ich hörte Stimmen und auf einem der Schiffe herrschte - erstaunlicher Weise - zu so später Stunde noch reger Betrieb. Vorsichtig pirschte ich mich näher heran und erkannte schließlich ein Schiff, welches noch eifrig beladen wurde. Im Schutze der herumstehenden Kisten und Fässer pirschte ich mich langsam näher, lauschte auf Stimmen und hielt nach einem Zeichen von Tilla Ausschau.


    "… Noch vor Tagesanbruch werden wir ablegen und alles und jeder, der bis dahin nicht an Bord ist bleibt hier zurück!..." - "Ja wir haben ja verstanden, … aber wir können die Waren doch nicht einfach hier zurück lassen. Das fällt doch auf, oder nicht …. He, Marduk, wohin sollen eigentlich die Fässer mit Wein? ..."


    Marduk? Den Kerl gibt es wirklich?!Als ich den Namen hörte, zuckte ich unwillkürlich zusammen. Ich kauerte mich keuchend hinter eine Kiste und lugte vorsichtig in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Meine Kehle war augenblicklich wie ausgetrocknet und nur ein Gedanke schoss mir durch den Kopf Ich muss zur nächten römischen Kommandantur und Alarm schlagen Aber was sollte ich denen sagen?


    "He du! Was faulenzt du hier rum, hast du nicht gehört was Marduk gesagt hat? …!", ertönte direkt hinter mir die Stimme eines Matrosen und vor Schreck setzte mein Herz für ein paar Sekunden aus. Im schummrigen Licht der Fackeln hatte er zum Glück wohl nicht erkannt, wer da in Wirklicklichkeit herum lungerte.


    "Was? … Ach halts Maul! Ich mach ja schon …", keifte ich mechanisch zurück, packte mir hastig ein herumstehendes Fass und hievte es einfach auf meine Schultern. Na toll, jetzt gab es eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Wegrennen, oder so tun als ob … was ich dann auch tat …


    Und so versuchte ich - so unauffällig wie möglich - das Fass auf das Schiff zu tragen und dabei nicht erkannt zu werden.

    "Was machst du hier? … Das Fass gehört in den Laderaum!",
    blaffte mich ein weiterer Matrose von der Seite an und wie in Trance torkelte ich einfach weiter vorwärts.


    Ein Zurück gab es schon längst nicht mehr und so stieg ich die Leiter hinab in den Bauch des Schiffes, wo ich mich in dem Halbdunkel halbwegs zu orientieren versuchte. Ist das dort drüben nicht ein Käfig? … … "Tilla? … bist du hier irgendwo? …", hauchte ich vorsichtig vor mich hin und stellte das Fass achtlos beiseite … Was mach ich hier eigentlich? Ist das denn die Möglichkeit? … Das ist doch Tilla, die da im Käfig sitzt. … Nein, oder doch? …

    Die Überraschung war groß über das, was ich nun hören und auch sehen musste. Entsprechend ungläubig starrte ich unseren Ianitor und die Frau an, die anscheinend etwas zu viel getrunken hatte- So wie die lallte ... Aber wer war Marduk und was wollten er und seine bösen Kerle von Tilla? … Das klang so abwegig, dass es kaum ausgedacht sein konnte, oder doch?


    "Marduk … wer ist Marduk? … ", weiter kam ich nicht, da sich Fiona in dem Moment übergeben musste. "Uh, … Puh! ... " Und ausgerechnet auf den kostbaren Marmorboden, wenn das der Hausherr sähe! Ich blickte mich kurz um, doch glücklicherweise war niemand sonst zu sehen. Bis jetzt zumindest - die Zeit drängte dennoch . Nicht nur was die Beseitigung dieses kleinen Malheurs auf dem Boden betraf, sondern auch die Klärung von Tillas plötzlichem Verschwinden.


    Ich sah zu Leone, der sich gerade entschuldigte und beim Anblick seiner Flasche wurde mir endlich klar, warum die Frau so drauf war. "Du hast ihr doch nicht etwa von? …Na dann wundert es mich nicht … ", stellte ich mit einem mitleidsvollen Blick zu Fiona fest. Mir war schon immer ein Rätsel woher der Nubier dieses Gebräu hatte. Andererseits wollte ich das auch nicht mehr so genau wissen, seit ich selbst einmal einen Schluck davon gekostet hatte. Aber sei´s drum ...


    "Hör mal Leone, die Sache gefällt mir irgendwie nicht." , meinte ich schließlich. Tilla sollte eigentlich zusammen mit meiner Herrin beim einkaufen sein. "Ist meine Herrin denn schon zurück?", fehlte nur noch, dass man auch sie verschleppt hätte - obwohl - wer wäre so verrückt das zu tun? " Und domina Laevina, ist sie da?" Tilla gehörte schließlich ihr, vielleicht wusste sie ja was. "Ach ich … ich … ich werde am besten nach Ostia reiten und nachsehen, ob Tilla dort ist … " Halb zu Ende denkend sprach ich die Hälfte von dem aus, was mir gerade im Kopf herum ging.


    Ich sah Leone fragend an und beschloss, einfach zu handeln. Erst handeln, dann denken - So wie ich es auch als Soldat oft gemacht hatte. Was manchmal von Vorteil sein konnte, aber nicht unbedingt musste (Was aus mir geworden ist sieht man ja). Trotzdem drehte ich mich auf dem Absatz einfach um ....

    Drei Tage und Nächte ohne Schlaf! … Mann war ich fertig! … Und dabei hatte ich noch nicht einmal die Saturnalien durchgefeiert. Vielmehr hatte ich fast die ganze Zeit bei den Pferden im Stall verbracht. Bei Candace, einer schönen braunen Stute, die ihr erstes Fohlen erwartet hatte. Daraus wurde allerdings eine ziemlich schwere Geburt. Aber nun war es da, das Fohlen, noch etwas wackelig auf den Beinen, aber gesund und munter. Entsprechend wackelig war auch ich auf den Beinen, als ich mich nun endlich auf den Weg ins Bett machen konnte, um meinen wohlverdienten Schlaf nach zu holen.


    Zuvor wollte ich aber noch in der villa Bescheid geben, dass beide Pferde wohlauf wären. Und natürlich wollte ich auch Tilla davon erzählen. Vielleicht munterte es sie ja ein wenig auf, wenn sie erfuhr, dass da ein kleines Fohlen im Stall stand. Die Sache mit den drei Hasenbabys, Kein-, Ein- und Zweiohr war ihr ja ziemlich nah gegangen. Sie hatte wohl nicht wirklich damit gerechnet, dass die Hasen hier nur zum Verzehr gezüchtet wurden. Mein Fehler, ich hätte ihr das schon viel früher und schonend beibringen sollen.


    Dem Fohlen würde mit Sicherheit ein solches Schicksal erspart bleiben. Dazu sah es viel zu gesund und stark aus und bestimmt würde daraus einmal ein gutes Reitpferd werden.


    Ich nahm also den Weg durchs atrium und traf dort auf Leone, der sich gerade mit einer Frau unterhielt. Beim Näherkommen bemerkte ich wie erschöpft sie aussah und die paar Wortfetzen, die ich zufällig mit bekam, ließen meine Stirn sorgenvoll runzeln. "Salvete … was ist mit Tilla? Wer bringt sie nach Ostia … zum Hafen? … Wieso?", fragte ich neugierig aber auch besorgt nach, schließlich war mir das Mädchen irgendwie ans Herz gewachsen. Und mein erster Gedanke war eben, dass die Aurelier sie vielleicht verkauft hätten … aber es sollte wohl noch viel schlimmer kommen ...

    Oh ja! Das sah durchaus lustig aus wie die Herrin ihrem Onkel direkt vor die Füße purzelte. So lustig, dass ich angestrengt die Lippen zusammenpressen musste um nicht los zu lachen. Tillas plötzliches Verschwinden bemerkte ich daher erst als die Kleine bereits, mit wehenden Laken hinter einer der vielen Säulen verschwand. Wahrscheinlich lief sie in das cubiculum meiner domina, um dort das Bett für sie herzurichten. Nur - dorthin würde ich mit Sicherheit jetzt nicht gehen. Aber 'Verschwinden' war schon mal das richtige Stichwort.


    Auf die rührende Wiedersehens-Szene der Herrschaften konnte ich jedenfalls gut verzichten und wie es schien, war ich für die beiden augenblicklich sowieso wie Luft. … Gut, sehr gut! Hoffentlich vergessen die beiden dann auch, dass ich es war der den Teppich hat fallen lassen.


    So leise wie möglich schlich ich mich, über den kostbaren Mosaikboden davon und machte mich auf den Weg zu den Unterkünften. Vielleicht treffe ich dort ja Tilla, dann kann ihr in Ruhe das Geschenk überreichen …

    "Ja, gar- so ähnlich wie eine Dirn- ehm huh? … Gardine heißt das doch oder?! ", entgegnete ich etwas verdutzt auf Tillas Frage hin. Wie genau herum man den Teppich aufhängte, wusste ich freilich nicht und so versuchte ich mit den Schultern zu zucken. Was aber nicht ging, wegen des blöden Teppichs auf meinen Schultern … pardon! .. Wegen meiner geliebten und verehrten Dirn- …ehm Herrin natürlich!


    Weiter konnte ich mich aber nicht mit Tilla beschäftigen, da ja der Hausherr direkt vor mir stand und schon ganz ungeduldig mit den Füssen tippelte. 8)


    Du meine Güte ja! … Ja! Natürlich deine Nichte, wen denn sonst? Hielt er mich für etwas beschränkt? Womöglich - So wie ich gerade herum druckste auch kein Wunder. Andererseits - Hallo!?!? Für solche extremen Situationen war ich eindeutig nicht ausgebildet worden! ... Betrunkene oder pöbelnden plebs meiner Herrin vom Leib halten-, Bewaffnete entwaffnen und anschließend niederstrecken-, anstürmende Horden Wilder zurückschlagen … Ja, für so was war ich da! Aber eindeutig nicht dafür, eine junge Patrizierin - noch dazu eingewickelt in einem Teppich - an ihrem geliebten Onkel vorbei zu schmuggeln. Ach, warum veranstalteten wir gleich nochmal den ganzen Aufstand? Ganz genau! Wegen dem blöden 'Aua' an ihrem Fuß. "pfff..."


    Während ich immer noch da stand und nach einem Ausweg für mich und der Aurelia suchte, hatte der Römer bereits selbst mit der Suche begonnen. Kalt! Ganz kalt … Nein, nein im Arbeitszimmer ist sie nicht! wollte ich schon rufen, doch das ließ ich besser mal bleiben. Die Geduld des Hausherrn schien ohnehin schon überstrapaziert zu sein und sein schneidendes 'NA' brachte mich dann endlich in Bewegung. Das war schließlich die Gelegenheit, mich von hier zu verdrücken.


    "Ja Herr, natürlich. … Ich werde sie schleunigst suchen gehen und zu euch bringen! … Bis später dann Tilla!", entgegnete ich hastig, machte schleunigst einen Schritt rückwärts und wollte mich eben umdrehen, da ….


    … stieß ich mit der Ferse an diese verflixte Kiste, welche die Sklavin gerade vorhin über das kostbare Fussboden-Mosaik geschleift hatte.


    Und ausgerechnet hinter mir musste diese ungeschickte Sklavin die Kiste stehen lassen! "Argh … beim Hintern des Zeus!", fluchte ich und konnte mein Straucheln gerade noch abfangen, in dem ich mich mit meinem Hintern auf die Kiste setzte. Ein beherzter Griff an den Hintern meiner Herrin sollte verhindern, dass sie mitsamt dem Teppich nach hinten über kippte. Was mir kurzzeitig auch gelang, doch durch das Gewicht (wobei meine domina natürlich leicht wie eine Feder war) … also allein durch das Gewicht des Teppichs zog es den selbigen nun unweigerlich gen Erde.


    Und so konnte ich es leider nicht mehr verhindern, dass die Teppichrolle über meine Oberschenkel hinweg auf den Boden plumste und sich dort immer weiter entrollte … "ups" Wen haben wir denn da? … Ich erstarrte und konnte mein Grinsen gerade so verbergen.


    Es sah zumindest lustig aus …

    "Ja der Teppich gehört der ganzen Familie", bestätige ich nickend und wunderte mich etwas über Tillas Frage wie ich denn das hinbekommen hätte. "Wieso ich? Das war die domina Prisca und der Teppich hier gehört an die Wand. … Der ist nämlich zum anschauen gedacht", erklärte ich weiter und hoffte, dass ich die Gelegenheit hätte, die Aurelia vorab unbemerkt wieder auszuwickeln. … Mist! Tilla wollte also auch in das cubiculum meiner Herrin. "Oh? Du willst also das Bett machen? ... hmm.." Das war natürlich ungünstig. … ebenso wie DAS!



    Zitat

    "Was!" .... "Und ... sagt mir ... keiner?"


    Ach herrje … Das hatte mir gerade noch gefehlt. Die Stimme kannte ich doch. "pfff …"ich bließ kurz die Backen auf und sah mich hilfesuchend nach einem Versteck um. Natürlich fand ich auf die Schnelle keines und so blieb ich einfach ergeben neben Tilla stehen. Meinen Plan, unbemerkt bis zum cubiculum meiner Herrin zu gelangen, konnte ich jedenfalls gänzlich begraben und Tilla könnte mir nun auch nicht viel helfen.


    Und da kam auch schon der Onkel und Hausherr persönlich um die Ecke gebogen "Salve Herr! Wie geht es dir?", begrüßte ich ihn mit einem angestrengten Lächeln auf den Lippen und hob gleichzeitig fragend die Augenbrauen. Was völlig überflüssig war, denn ich wusste genau, was mir der Aurelier mit seinem Mienenspiel vermitteln wollte. "ehm…" wo sie ist? Ja das war eine gute Frage. Ich spürte, wie ich immer unsicherer wurde, je sorgenvoller der Hausherr mich an sah. "Du meinst domina Prisca? …nun die ..." wer sonst blöde Frage. Ich dribbelte leicht hektisch mit den Fingern auf dem teppich-ummantelten Hintern meiner Herrin herum, dort wo meine Hand immer noch den Teppich hielt, während ich verzweifelt nach einer logischen Ausrede suchte. … "Nimm sofort deine Finger von meinem Po! … Was machst du da überhaupt so lange?" klang es dumpf und leise und hoffentlich auch nur an mein Ohr - ich ignorierte das Geräusch jedenfalls so gut ich konnte ...


    "Ja sie ist hier Herr, … hast du sie denn noch nicht gesehen? Sie wollte, hm … dir … entgegen laufen", stammelte ich so überzeugend wie ich nur konnte vor mich hin und sah dabei immer wieder links und rechts in alle Richtungen. "Sicher ist sie hier ganz … in … der, hm Nähe und will dich überraschen. Soll ich sie suchen gehen?" Oder soll ich einfach den Teppich ausrollen. Das wäre doch sicher auch eine Überraschung, oder?


    Ich war nahe dran es zu tun. Es hatte ja auch keinen Sinn, dem Hausherrn etwas vorspielen zu wollen. Trotzdem blieb ich erst einmal stehen und hoffte das Beste ...

    "… ich hab dich auch sehr vermisst.", erwiderte ich lächelnd auf Tillas neuerliche Umarmung hin und strich ihr dabei mit der freien Hand sanft durch das Haar. Mit der andern Hand hielt ich den Teppich fest und hoffte immer noch, dass ich meine wertvolle 'Fracht' sicher und unbemerkt in ihr cubiculum schaffen könnte. Oder sollte ich Tilla davon erzählen, was ich da auf der Schulter trug? Nein besser nicht. Obwohl ich eigentlich gute Lust dazu gehabt hätte, meine Herrin zu verraten. Sollten doch alle wissen, welches Theater die Gute wegen ihrem 'Aua' am Fuß veranstaltete. Wäre mir doch egal … oder auch nicht, na ja ich dürfte es ohnehin wieder aus baden … ach was soll´s.


    Zunächst einmal überschüttete mich Tilla regelrecht mit Fragen und ich hatte Mühe ihren flinken Fingern mit den Augen zu folgen. "…Also wir sind gerade angekommen … ja … Der Teppich? Ja das ist ein Geschenk - so kann man es nennen … aber nicht für uns, sondern für die Familie der Aurelia … wie´s so war? … Nun … schön war es schon auf der Reise. Allerdings hätten wir auf dem Rückweg beinah die falsche Abzweigung genommen … und dann… huh? "; warf ich immer wieder dazwischen ein und - Bartträger? Hatte sie mich gerade so genannt, oder hab ich mich da verhört? - etwas verwundert blickte ich zu Tilla, die gerade die Laken wieder zusammen sammelte .



    "… ja ich dir etwas mitgebracht. Ich zeig es dir gleich nach her, wenn ich alles ausgepackt habe … in Ordnung?", erwähnte ich schnell das Geschenk das ich Tilla mitgebracht hatte und von dem ich hoffte, es wird ihr gefallen. Zumindest ging ich davon aus, dass ein schöner Kamm einer jeden Frau gefallen würde und dieser Kamm hatte eine ganz besondere Form, nämlich die eines Delfines. Im Augenblick jedoch irritierte mich was anderes. Tilla wollte offensichtlich auch gerade zum cubiculum meiner Herrin und das war nun gar nicht so günstig. "Ehm … wo … wo willst du eigentlich gerade hin, Tilla? Ich halte ich doch hoffentlich nicht auf? … Du … kannst gerne zuerst deine Arbeit erledigen ja? ", fragte ich deshalb leicht unsicher und scheinheilig nach, während wir nebeneinander her gingen ...

    Dieser erschrockene Blick aus Tillas wunderschönen kindlichen Augen, als sie die Frage nach dem "warum" stellte - Ich fühlte unwillkürlich eine leichte Gänsehaut auf meinem Rücken. Ja warum? Ich warf einen kurzen Blick hinüber zu dem Zelt und sah dann wieder zu Tilla. Was sollte ich darauf antworten? Ich war selbst nicht gerade glücklich bei dem Gedanken daran mein Zuhause - sofern man die einfache Pritsche in der Sklavenunterkunft der villa Aurelia überhaupt als solches bezeichnen konnte - schon bald verlassen zu müssen. Schließlich waren mir die übrigen Sklaven und allen voran Tilla doch sehr ans Herz gewachsen.


    "Warum sie heiraten will?...", wiederholte ich tonlos die Frage und rückte dabei gedankenverloren die Decke um Tillas Schultern zurecht. "Weil sie den Flavier liebt … und er … sie", meinte ich ein wenig unsicher aber durchaus mit der Hoffnung, dass dem so wäre. Meines Wissens nach wurden reine Zweck-Ehen zumindest ohne solch romantische Ausflüge ans Meer geschlossen. Und das hier war schon ein enormer Aufwand, den der Flavier betrieben hatte um meiner Herrin zu gefallen. "… also wird die Aurelia wahrscheinlich bald zu ihm ziehen ... und ich mit ihr. ", beantwortete ich Tillas Frage nach meinem Verbleib und versuchte ein aufmunterndes Lächeln zu zeigen. "Aber das heißt ja nicht, dass wir uns nicht wieder sehenTilla. Ich denke mal, durch diesen Bund werden die beiden Familien noch näher zusammen rücken und mit ihnen auch wir Sklaven."


    Ob Tilla mit dieser Antwort meine Hoffnungen teilen könnte? Ich war mir nicht sicher, aber Tilla lenkte nun schon auf ein anderes Thema. Zuerst schüttelte ich den Kopf, da ich Severus nicht näher kannte und nickte dann zu Tillas Einsicht mit dem Geld. Über ihren Spitznamen musste ich dann schmunzeln, denn wie es schien hatte das Mädchen so einige Spitznamen und auch Geheimnisse. Zum Beispiel woher sie diese diebische Ader hatte , aber ich wollte das heute nicht näher ergründen. Nein nicht heute … "Kleiner Irrwisch … ein netter Spitzname, den werde ich mir merken.", erwiderte ich deshalb nur und stupste Tilla sanft an das Näschen.


    Der Tag war so schön und viel zu kurz, auch wenn schon so viel passiert war. Zu viel vielleicht für die junge Tilla, die sich plötzlich an mich ankuschelte und gegen die Müdigkeit ankämpfte. Kurze Zeit später war sie schon eingeschlafen und ich hielt sie einfach in meinem Arm, während ich neben ihr im Sand lag und gedankenveroren auf das Meer hinaus blickte. Trotz der Ruhe hier beschlich mich ein seltsames Gefühl. Ob nun im positiven oder negativen Sinne konnte ich nicht so recht sagen. Vielleicht lag es an den anstehenden Veränderungen oder an etwas anderem? … Mein Blick fiel unbewusst auf das Amulett, welches Tilla um ihren Hals trug und das ein wenig unter der Decke hervor lugte. Der Stein schillerte so geheimnisvoll, wie die Wogen des Meeres im Licht der tiefer stehenden Sonne. Ob das etwas zu bedeuten hatte? … vielleicht sollten wir es schon bald erfahren ...