Beiträge von Hektor

    "Ja, ich sehe es...Delfine! .. und sie scheinen dich zu mögen ...", stellte ich tonlos auf Tillas Gebärden hin fest und konnte es dennoch nicht glauben, was ich da sah. Den Blick starr auf das Tier vor uns gerichtet, achtete ich zuerst gar nicht weiter darauf, was mit den beiden Patriziern geschah. Bist ja ein schöner Leibwächter!, dachte ich mir dann doch als ich mit einem kurzen Seitenblick bemerkte, wie der Flavier unsere Herrin eigenhändig an Land und in Sicherheit brachte. Jetzt sahen die beiden auch noch zu uns herüber. Na toll! Was mochten Tilla und ich jetzt für einen Anblick bieten. Egal! Die flavischen Sklaven waren ohnehin schon auf dem Weg, um uns aus dem Wasser zu helfen.


    Ich sah wieder zu Tilla die ihren Kopf an meine Schulter lehnte. Wenn ich nur gewusst hätte, dass ich sie schon bald ein weiteres Mal so tragen würde … ich hätte sie wohl gar nicht mehr los gelassen. "Das war eben ganz schön mutig von dir, Tilla!" ...dumm! …dumm wollte ich eigentlich sagen! Tilla hätte soviel passiern können, aber ich konnte sie einfach nur aufmunternd anlächeln. "Die Delfine waren dir wohlgesonnen, Tilla! … Du wirst doch nicht am Ende gar eine kleine Atlanterin sein?", stellte ich halb scherzend halb mit einem unbestimmten Gefühl in der Magengegend fest. Dieser Augenblick war schon etwas seltsam gewesen und erklären konnte ich mir nicht, warum dieser eine Delfin eben so zutraulich auf Tilla zu geschwommen war. Als hätte ihn irgendetwas magisch angezogen. Ob das an ihrem Amulett lag, das sie um ihren Hals trug? Unwillkürlich musste ich an Platons Erzählungen über Atlantis denken, der einstigen Seemacht und Insel zwischen Kreta und Griechenland. Sehr seltsam...


    "Jetzt gehen wir uns erst einmal umziehen! In den nassen Kleidern können wir nicht bleiben. Hmm, haben wir überhaupt passende Eratzkleidung dabei?", schickte ich schnell nach, um meine Gedanken wieder einigermaßen zu ordnen. Herrje! Ausgerechnet mich brachte diese Situation eben völlig aus der Fassung. "Du warst jedenfalls sehr tapfer,Tilla!", lobte ich die kleine Sklavin in meinen Armen ein weiteres Mal und trug sie zum Strand hin. Luna wartete schon auf uns und auch einige flavische Sklaven, die uns nur verdutzt und verständnislos musterten.

    Von der Sklavenunterkunft kommend hatte ich mir zunächst noch einmal die Abstellkammer angesehen, in der ich zuvor Tilla gefunden hatte. Immer noch war mir nicht klar, warum Tilla dort allein und fiebernd gelegen hatte. Hatte sie sich zurückgezogen, um allein zu sein? war sie traurig oder hatte sie Angst? Leider war Tilla im Augenblick nicht in der Lage, es selbst zu erklären aber es ließ mir auch keine Ruhe.


    Grübelnd schritt ich vor der Türe zur Abstellkammer auf und ab und mein Blick ging scheinbar zielleos umher. Von der Kammer zum cubiculum der Aurelia war es nicht weit und ich wusste, dass Tilla oft meiner Herrin zu Diensten war. Ob Tilla gar bei der Auriela gewesen war, bevor sie sich hier in die Kammer geschlichen hatte? War etwa gar die Herrin schuld daran weil sie mit Tilla geschimpft hatte? Ein klein wenig beschlich mich sogar Zorn. Ich wollte es zwar nicht glauben, aber ich konnte die Vermutung auch nicht auf sich beruhen lassen. Nach all dem. was Tilla für die Patrizierin am Meer getan hatte!


    Trotz der frühen Stunde schritt ich also entschlossen vor die Türe meiner Herrin und klopfte forsch an. "Herrin seid ihr wach?" Na ja, jetzt bestimmt so laut wie ich geklopft hatte. "Herrin, verzeiht die Störung ..." Natürlich tat es mir nicht leid. Auch dann nicht wenn das hier Konsequenzen für mich haben sollte,"...aber ich muss euch dringend etwas sagen!" Nämlich das Tilla ihr Leben für sie riskiert hatte." ... Tilla geht es sehr schlecht." das natürlich auch und nachdem ich darauf hin ein leises "Komm rein" vernommen hatte, öffnete ich auch schon die Tür und trat in das cubiculum ein.

    Ich stand noch immer bis zu den Knien im Wasser und blickte in Richtung der beiden Patrizier, da spürte ich wie mich etwas am Rücken traf. Ein Blick über die Schulter genügte, um zu sehen dass Tilla einen Hai gemeint hatte. Na prima! Ich sah schon die Schlagzeilen vor mir ' Flavier und Aurelia beim gemeinsamen Bad im Meer von Hai gefressen'; So hatte ich mir den Tag eigentlich nicht vorgestellt. "Dann bleib wo du bist!", rief ich Tilla sicherheitshalber zu und hoffte, dass sie an Land blieb.


    Blieb sie aber nicht! Zu meinem Entsetzen ritt Tilla nun mit ihrem Pferd auch noch ins Wasser hinein. Was sie damit bezweckte war mir klar, sie wollte den Hai ablenken. Na prima!! Das gäbe zwar keine Schlagzeilen, wenn eine Sklavin vom Hai gefressen wurde, aber ... ich hatte einfach Angst um sie. "TILLA! ... bist du verrückt?? ... komm sofort da raus, hörst du nicht!", schimpfend und fluchend hastete ich durch das knietiefe Wasser hinter Tilla und Luna her. Von dem was die flavischen Sklaven gerade machten bekam ich gar nichts mit. Mein Blick ging immer nur zwischen den Badenden, Tilla mit Luna und der Flosse hin und her, die in der bewegten See ständig an anderen Stellen wieder auftauchte. Wen sollte ich im Zweifelsfall retten? ... Die Entscheidung in dieser Sekunde fiel mir nicht besonders schwer. "TILLA!! ... pass auf!...verdammt ..."


    Immer schneller näherte sich das Tier unter Wasser der kleinen Tilla, die ihr Pferd mittlerweile so weit in das Meer gelenkt hatte, dass Luna nun den Boden unter den Hufen verlor. Mit einem leichten Aufbäumen drehte Luna abrupt im Wasser um und warf das Mädchen einfach ab. "TILLA!" Immer wieder konnte ich nur ihren Namen rufen, was auch nicht viel half, außer mich die letzten Meter zu der kleinen Slavin hin zu tragen. Ich griff ins Wasser, wo Tilla gerade eingetaucht war und zog das Mädchen zu mir in meine Arme. So leicht wie sie war, war das auch kein Problem ...


    ... das Problem war eher ... Da standen wir nun - also genau gesagt, ich stand hüfttief im Wasser und hatte Tilla auf meinen Armen - und die Flosse kam direkt auf uns zu geschwommen. Tilla hatte es also geschafft, die Aufmerksamkeit des Tieres auf sich zu lenken. Ich schluckte,"Tilla, ganz ruhig ...!" Was redete ich denn da? Gleich würde uns beide der Hai fressen und ich hatte keinen blassen Schimmer, was ich dagegen tun sollte. Weglaufen, beten, schwimmen? ... Nein, dazu blieb uns keine Zeit mehr.


    Nur noch wenige Meter trennten uns von dem Tier, dessen Schatten nun dicht unter der Wasseroberfläche immer größer und bedrohlicher wurde. Es tauchte auf! "Hab keine Angst und halt dich gut an mir fest!" Was auch immer uns das bringen sollte, aber instinktiv drückte ich Tilla noch fester an mich. Jetzt durchbrach ES die Wasseroberfläche! Seine Schnauze war so nah, dass Tilla nur eine Hand hätte ausstrecken müssen, um ES zu berühren... ich schloss die Augen. Ich konnte einfach nicht hinsehen, was auch immer ES war ... ES war direkt vor uns und ich konnte spüren, wie das unbekannte Tier uns beide ganz sanft berührte ... ich blinzelte leicht und sah ein Auge, welches genau auf Tilla und ihr funkelndes Amulett blickte und ein Maul, das leicht zu lächeln schien ........

    Ich hätte mir wohl die Finger im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt, wenn mir nicht die rothaarige Sklavin erklärt hätte, dass ich den heissen Stein in einLeder einwickeln solle. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie keine allzu hohe Meinung über Männer hatte. Oder lag es an mir, weil ich unangemeldet hier herein geplatzt war? Egal- ich nickte nur zu ihren Worten und lächelte freundlich, während sie an mir vorbei ging und das Zimmer verließ, um Matho zu wecken. Ich tat es ihr nach und beeilte mich in den hortus zu gelangen, um am Teich nach einem geeignteten Stein zu suchen. In der Dunkelheit war es nicht ganz einfach einen passenden Stein zu finden aber auf Licht wollte ich verzichten, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen. Tastend arbeitete ich mich am Ufer entlang und fand schließlich einen runden Stein, der groß genug war. Diesen brachte ich zur culina und schob ihn mit einem Brotschieber in das Feuer des Herdes. was brauchte ich jetzt noch? ... achso ein Leder!


    Auch dieses fand sich in der Küche und als der Stein lange genug im Feuer gewesen war holte ich ihn heraus,wickelte das Leder darum und trug den Stein zurück in die Sklavenunterkunft. "Hier ist der Stein! Vorsicht, er ist ganz heiss. Vielleicht solltet ihr eine Decke darum geben, damit sich Tilla nicht die Füsse daran verbrennt", kündigte ich mich beim Eintreten an und erteilte Ratschläge, die es nicht gebraucht hätte. Aber ich sorgte mich eben um das kleineStubsnäschen, das da fiebernd im Bett lag. "Das wird schon wieder", flüsterte ich ihr leise zu, nachdem ich den Stein neben dem Bett abgelegt hatte. Meine Arbeit hier war getan, um alles weitere sollten sich die Frauen kümmern.


    Ich strich Tilla einmal sanft über die Stirn und wollte mich gerade abwenden, als mich ihre Gesten stutzig machten. Ich erkannte die Worte Tod ... Angst ... Möwe... Prisca?... hmm, Abstellkammer ... cubiculum in der Nähe ... war Tilla am Ende zuvor bei der domina Prisca gewesen? ... das Beste wird sein ich gehe zu ihr und frage sie was Tilla da für Ängste plagen, dachte ich mir spontan. "Die Möwen sind am Meer Tilla, aber du wirst sie bald wieder sehen. Wenn du wieder ganz gesund bist, reiten wir beide ans Meer.", versprach ich Tilla ohne zu wissen, ob sie mich überhaupt hörte. Aber die Möwen schienen ihr viel zu bedeuten, also würde ich das Versprechen irgendwie möglich machen. Mit einem letzten Blick zu Tilla stand ich auf und verabschiedete mich mit einem Lächeln bei den anwesenden Sklavinnen. "Danke, dass ihr euch weiter um sie kümmert! Und entschuldigt bitte, dass ich so unangemeldet hier herein geplatzt bin. ... Ich bin übrigens Hektor ...", wenigstens vorstellen wollte ich mich noch kurz, dann schickte ich mich aber an das Zimmer endgültig zu verlassen....

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    Original von Tilla Romania
    ... Vorhin hab ich was schwarzes glänzendes gesehen. ... So.. und so ist die geschwommen. Auf und ab. Wieder unterm Wasser.Nein... das gefällt mir nicht. Ich mache keinen Spaß.


    Was ist schwarz und schwimmt im Meer? Ich blies die Backen auf und überlegte. Vergessen war alles was ich zum Thema Sandburgen wusste. Spontan hätte ich ja jetzt gesagt: Das ist Prisca … Unsere Herrin hatte doch wundervoll schwarzglänzendes Haar, oder? Nein, Tilla wirkte viel zu besorgt um ihr das zu sagen, also überlegte ich weiter und sah Tilla dabei skeptisch an Was ist schwarz und schwimmt im Meer?. Noch während ich darüber nach grübelte, lief Tilla mit Luna an der Leine plötzlich los und hinunter zum Wasser. Ich also mit Ikarus hinterher, dabei dem flavischen Wachposten kurz zunickend, um dann neben Tilla endlich wieder zum stehen zu kommen.


    "Schwarz und glänzend sagst du? … " schwarz und glänzend, schwarz und glänzend ???… was schwam im Mittelmeer rum und sah so aus? Pinguine vielleicht? … Nee, solche Viecher gab´s zu unserer Zeit ja noch nicht … Ein Orcinus orca? Der verirrte sich zumindest vereinzelt ins westliche Mittelmeer, aber dann könnten wir Prisca und den Flavier schon mal getrost abschreiben. "Tilla, meinst du einen cetus? … einen schwarzen Hai? Also ich kenne nur den Weißen … Halt mal Ikarus!", sagte ich zu Tilla und drückte ihr auch schon die Leine meines Pferdes in die Hand. Ich schritt etwas ins Wasser hinein und dachte mir … uhhh ist das kalt! …. Aber es half wohl nichts. Noch einmal suchte ich das Wasser nach der Flosse ab, die Tilla angeblich gesehen hatte. …Und siehe … "Daaa! Tilla! … dort draußen, war es das, was du eben gesehen hast?",rief ich ihr aufgeregt zu und deutete auf Etwas was parallel zum Strand und zu den beiden badenden Patriziern schwamm. Es war schwarz glänzend, hatte eine Flosse und schwamm ziemlich zügig … nur was ES war konnte ich nicht erkennen, da es gerade in dem Moment wieder abtauchte … Hmm, ob Priscas Onkel mich wohl freilassen oder eher töten ließe, wenn ich ihm die Nachricht überbringen würde, dass seine Nichte beim baden im Meer von einem ES gefressen wurde? Schoss es mir ungewollt durch den Kopf während ich reflexartig weiter ins Wasser hinein lief ...

    "…Sand lässt den Sand nicht alleine … hmm … joa, das könnte man so sagen ..." Angesichts der fast schon philosophischen Ansichten der Kleinen kratzte ich mich nachdenklich am Kopf und stocherte mit meinem Fuß ein wenig in dem weichen Sand herum. Es war schon seltsam, aber gleichzeitig auch so schön mit an zu sehen, wie fremd und faszinierend zugleich solche einfachen Dinge für Tilla waren. Ich konnte einfach nicht anders, als dieses Mädchen in mein Herz zu schließen. Ich folgte ihr also mit Ikarus an der Leine zur Sandburg hin und begutachtete erst einmal kritisch das Bauwerk aus Sand.


    Tilla wollte anscheinend wissen, wie man Sandburgen baut und wieder einmal verblüffte sie mich mit ihrer Unwissenheit. "Du weisst nicht, wie man eine Sandburg baut?", fragte ich sicherheitshalber nach und beäugte Tilla kritisch mit einer erhobene Augenbraue. Ob sie mir einen Bären aufbinden wollte? " … also du nimmst Sand, mischt etwas Wasser darunter und formst ihn mit deinen Händen oder einem Behälter … einem Becher zum Beispiel … bis du ein solches Gebilde wie das hier geschaffen hast.", versuchte ich zu erklären, indem ich die Arbeitsshritte mit meinen Händen in der Luft nach ahmte. So ging das doch, oder? Na ja, ich glaub ich war damals fünf oder sechs, als ich das letzte Mal eine Sandburg gebaut hatte. Noch während ich meinen Ausführungen folgend die Sandburg begutachtete, wurde Tillas Afmerksamkeit schon wieder auf etwas anders gelenkt. Was mach wer, sie, unsere Herrin? ...


    Ich folge ihrem Blick und mein Mund stand wohl etwas offen dabei. Unsere Herrin lief da so einfach quer über den Strand auf das Wasser zu, verfolgt von dem Flavier und mich fröstelte schon bei dem Gedanken, mich in diese eiskalten Fluten stürzen zu müssen. "hmm ... ich glaub die beiden gehen baden, Tilla!", stellte ich lapidar fest und zuckte nur mit den Schultern. Was sollte ich dagegen tun? Als ich wieder zu Tilla blickte gefiel mir ihr besorgter Gesichtsausdruck gar nicht. Ihr ausgestreckter Arm zeigte auf das Wasser, aber da konnte ich beim besten Willen nichts Sonderbares erkennen. Eine Haifischflosse? - Fehlanzeige. "Ja das ist Wasser! Aber wenn du mir jetzt auch noch weiß machen willst, dass du das auch nicht kennst werf ich dich eigenhändig da rein!", drohte ich ihr scherzhaft und deutete in Richtung Meer, denn so langsam beschlich mich das Gefühl Tilla wollte sich wirklich einen Spaß mit mir erlauben.

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    Original von Siv
    "Hey! Du… halt. Warte bitte, wir… Du bleiben, bitte. Wir… vielleicht wir brauchen du."


    Ich wollte gerade das Heiligtum der aurelischen Sklavinnen wieder verlassen, als mich die Stimme der Blonden noch einmal innehalten ließ. Ich drehte mich zu ihr um und nickte leicht. "In Ordnung, ich bleibe in der Nähe falls ihr etwas benötigt." Wenigstens schienen mir nicht alle der anwesenden Frauen mein unangekündigtes Eindringen zu verübeln und schließlich ging es ja darum Tilla zu helfen.Aber ob ich wirklich dabei helfen konnte, bezweifelte ich im Augenblick. Ich stellte mich also neben die Türe um nicht im Weg zu stehen und beobachtete weiter die Bemühungen der Frauen.


    Nachdem die Rothaarige … hm, vielleicht hätte ich schon längst mal nach den Namen der Damen fragen bzw. mich selbst vorstellen sollen. Eigentlich kannte ich bisher nur Tilla mit Namen …hmm? … also wie gesagt, nachdem die Rothaarige mit den Tüchern zurück gekehrt war und nun Matho wecken und einem Stein suchen gehen wollte, bot ich dann doch meine Hilfe an. "Den Stein kann auch ich holen. Ich glaube am Teich liegen ein paar passende Exemplare herum. Oder ich kümmere mich um Matho und die Medizin ... wenn du möchtest …" Ich unterstrich mein Angebot mit einem Schulterzucken, denn mir war es egal was ich tun sollte, wenn ich nur helfen konnte.


    Während ich auf eine Antwort wartete, schielte ich kurz zu Tilla hinüber und bemerkte mit einem Stirnrunzeln die vagen Gesten ihrer Hände. Was versuchte Tilla da nur in ihren Fieberträumen zu "sagen". "Hmm??...Mö … Möwe? …fliegen, Schleier …Tod? … Irgendwas phantasiert Tilla da vor sich hin…", überlegte ich laut für mich und dann fiel mir plötzlich ein, warum Tilla so krank sein könnte. "Möwe! …das Meer, der kühle Sand, das kalte Wasser und der ständige Wind. ... Tilla könnte sich ihre Krankheit auf dem gestrigen Ausflug ans Meer geholt haben! ..." Das half wahrscheinlich nicht viel weiter, um Tilla zu heilen aber wenigstens wusste ich ... wussten wir jetzt vielleicht, warum Tilla so krank war. ... hmm, andererseits käme das Fieber dafür viel zu plötzlich. Nein, es musste einen anderen Grund geben, warum Tilla ausgerechnet in dieser Abstellkammer lag ... hmm, ich käme sicher noch darauf. Nur im Moment nicht ...

    Was denn, Tilla kannte keine Möwen? Ebenso stirnrunzelnd sah ich zu ihr hinunter, wie sie gerade zu mir herauf. "Nein nicht Mü oder Mä ... M..Ö..W..E..N ... so heissen die Vögel da drüben!..." Ich deutete auf die paar Möwen, die gerade vorne am Wasser durch den Sand staksten und buchstabierte noch einmal ganz langsam den Namen. " ... Sag bloß du hast noch nie Möwen gesehen?" Das konnte ich ja fast nicht glauben, aber so wie Tilla sich verhielt und gerade auch noch fragte was es mit dem Sand auf sich hatte, schien das Mädchen wirklich nicht zu wissen, was es alles am Meer zu bestaunen gab. Ob sie wusste, dass man Meerwasser nicht trinken kann? … ich bezweifelte es ein wenig.


    Nachdenklich kratzte ich mich am Kopf und blies die Backen kurz auf, bevor ich zur Antwort ansetzen wollte. " hmm?… nun ja, warum ist Sand nicht bei den Fischen mit dabei? …", wiederholte ich die Frage laut für mich. Das wollte Tilla doch wissen, oder hatte ich jetzt schon die Gebärdensprache verlernt? "… öhm… weil man Sand nicht essen kann?! … der knirscht nämlich recht unangenehm zwischen den Zähnen, wenn man ihn in den Mund bekommt", gab ich dann etwas verunsichert zur Auskunft. "… na ja, ansonsten ist der Sand eben einfach da und ….", gerade fiel mein Blick auf eine Sandburg, welche die flavischen Sklaven anscheindend gebaut hatten. " … man kann damit Burgen bauen. Siehst du?! …so eine wie die dort drüben ...", erklärte ich weiter und deutete auf das Gebilde aus Sand in unserer Nähe.


    So das reichte jetzt eigentlich an Erklärungen! Schließlich waren wir ja hier, um unsere Herrin zu betreuen und nicht um uns zu vergnügen. Ich wollte schon mit Ikarus voraus stapfen, da hielt ich noch einmal inne … es war einfach zu schön mit an zusehen, wie sich Tilla gerade freute. Nein, nein! Rumtrödeln geht gar nicht! Sagte ich zu mir selbst und zu Tilla gewandt: "Hm, möchtest du vielleicht auch eine Burg bauen, Tilla?" Gedanklich klopfte ich mir zeitgleich an die Stirn. ... Bravo Hektor! Wenn das unsere Herrin mit bekommt, kannst du dir schon mal einen Platz bei der nächsten venatio reservieren lassen ...

    Erst als ich in die Gesichter der anwesenden Frauen blickte, wusste ich welchen Fehler ich begangen hatte. Ich war einfach in das Schlafzimmer der Sklavinnen gestürmt ... und noch dazu, ohne vorher an zuklopfen! Schwerer Fehler! Da stand ich also in jenem Hoheitsgebiet, welches man(n) unaufgefordet ebenso wenig ungestraft betreten durfte, wie die Gemächer der Herrinnen.


    Das wollte mir die Rothaarige mit ihrem durchdringenden Blick und dem fordernden Ton in ihrer Frage nach Tilla wohl gerade verdeutlichen. Schon gut! schon gut! Vielleicht hätte ich mich auch schon längst einmal persönlich vorstellen sollen. Ich hob beschwichtigend meine Hände und erhob mich mit einem letzten Blick zu Tilla.


    "Tilla ist krank! ...", erwiderte ich der Sklavin mit einem ebenso bestimmtenTonfall, der weniger Entschuldigung als mehr eine Rechtfertigung meiner Anwesenheit wiederspiegeln sollte. Dabei bedachte ich die anwesenden Frauen mit einem provozierenden Blick der Bände sprach: "Dann hängt das nächste Mal eben euer 'quaeso-non-turbare Schild' vor die Tür und ich lasse Tilla einfach vor der Tür liegen. Wär euch das lieber?" Das sprach ich natürlich nicht laut aus und mehr brauchte ich auch nicht zu sagen. Eine blonde Sklavin löste sich gerade aus ihrer Starre und kümmerte sich auch schon um Tilla.


    "Ich geh dann mal besser wieder!", fügte ich überflüssiger Weise hinzu und bedachte die anwesenden Damen mit einem kurzen Nicken. Länger wäre meine Anwesenheit wohl kaum erwünscht. Im Hinausgehen überholte mich die Rothaarige dann sogar noch und ein kurzer Blick auf ihren athletischen Körper mahnte mich zur Vorsicht, was ich ihr gegenüber sagte oder nicht sagte und dachte oder auch nicht ...

    Ich hatte mir schon gedacht, dass es Tilla gefallen hier würde und ihre überschwänglichen Gesten zeigten deutlich wie sehr sie sich freute. Ob ich ihr klar machen sollte, dass wir eigentlich nicht zu unserem Vergnügen hier waren? Mein Blick ging kurz hinüber du den beiden Patriziern. Nein! Die waren noch so mit sich beschäftigt, dass wir uns ruhig noch ein wenig Zeit lassen konnten. Wieder sah ich hoch zu Tilla und runzelte die Stirn: "Wie…was? blau, Meer, Pferd … weisser Boden und Vögel? … nicht so schnell! … meinst du etwa die Möwen? ..", weiter kam ich nicht mit dem Lesen ihrer Gesten die nur so aus Tilla heraussprudelten, denn schon rutschte mir die Kleine von Luna herab entgegen und in meine Arme.


    Sanft umfasste ich sie an ihren Hüften und bremste so den Fall, bevor ichTilla sicher auf dem Boden ab stellte. Ich musste schmunzeln, während sie sich an mir fest hielt, um erst einmal auf dem weichen Boden die Balance zu finden und freute mich, dass sie mich als nett bezeichnete. Ob ich ihr auch sagen soll, dass ich sie sss... "...ssjaaa, Das ist ungewohnt, nicht? Aber keine Sorge es ist sehr angenehm darauf zu laufen", Meinte ich schnell und deutete dabei etwas verlegen auf den Sand, auf dem Tilla gerade wieder etwas Neues entdeckte. "Ah, Muscheln. Davon wirst du hier viele finden. Vor allem dort vorn am Wasser …", versprach ich und machte mir im selben Augenblick Gedanken, ob wir nicht schon zu lange herum trödelten.

    Eigentlich hätte es mir gefallen müssen, eine Frau so auf Händen zu tragen wenn nur nicht die Sorge um Tilla, dieses schöne Gefühl überwogen hätte. Und immer noch wunderte ich mich darüber, was Tilla in der Abstellkammer zu suchen hatte. Ob sie bei der domina Prisca gewesen war und diese wusste, was passiert war? Vielleicht hätte ich einfach an ihre Türe klopfen und fragen sollen. Dann hätte mir die Herrin entweder den Kopf herunter gerissen oder aber ... ja ich glaube sogar, dass sie sich große Sorgen gemacht hätte ....


    Jetzt war ich jedenfalls hier in der Sklavenunterkunft und ohne mich um zu sehen, trug ich Tilla eilig zu ihrem Bett. Sachte legte ich sie darauf ab und deckte sie sorgfältig zu. Mit meiner Hand fühlte ich ein weiteres Mal ihre glühende Stirn und strich sanft eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. "Das wird schon wieder!...", munterte ich sie und mich auf, denn in Wirklichkeit kannte ich mich mit solchen Krankeiten nicht aus. Ich brauchte Hilfe und dementsprechend hilflos sah ich mich nach allen Seiten um.

    Zur späten Stunde war ich - bewaffnet mit einer kleinen Öllampe - in der villa unterwegs und schlich mich leise durch die verlassenen Gänge, um niemanden zu wecken. Ich fand keinen Schlaf, wie so oft und daher versuchte ich daraus eine Tugend zu machen, in dem ich den Nachtwächter spielte. Schaden konnte es jedenfalls nicht, wenn ich nach dem Rechten sehen würde und so führte mich mein Weg auch am cubiculum meiner Herrin vorbei. Ob sie schon schlief? Ich legte mein Ohr ganz indiskret an ihre Tür, weil es ohnhin nie jemand erfahren würde was ich hier tat und horchte ... Ein leises Rascheln war zu hören, wie wenn ein Tuch oder eine Decke zurecht gezupft wurde ... Welcher Anblick würde sich mir dort wohl bieten? Ein stummer Seufzer verlies meine Lippen und augenblicklich löste ich mich wieder von der Tür, nur um mich selbst der Vorstellung zu berauben und setzte leise meine Schritte fort.


    Aber was war das? Nur wenige Meter weiter entdeckte ich eine Tür, die halb offen stand. War das nicht die Abstellkammer? Diese Türe wurde doch so gut wie nie geöffnet. Sofort waren alle schönen Phantasien vergessen und mein Verstand wieder hellwach. Leise aber bestimmt trat ich an die Tür, denn ich erwartete nicht wirklich einen Eindringling und leuchtete mit der Lampe hinein. Allerlei unbenutzte Sachen und Möbel standen und lagen dort herum. Und schließlich fiel mein Blick auf das, was direkt vor mir auf dem Boden lag. Ein Laken? ... ja, nein ... das war doch... "Tilla?! ...", ganz leise ihren Namen flüsternd erkannte ich die Sklavin wieder, mit der zusammen ich die domina Prisca ans Meer begleitet hatte.


    Im Schein der Flamme, war deutlich zu erkennen wie ihre Stirn glänzte. Ich kniete mich neben sie, ohne dass sie mich bemerkte und legte meine Hand an ihre Stirn. "Du glühst ja Tilla ... was machst du denn nur hier um diese Zeit? ..." kopfschüttelnd murmelte ich leise diese Worte, denn ich wollte sie auf keinen Fall wecken. Ich nahm die Decke an mich und hob das Mädchen ganz behutsam hoch. Wie eine Feder glitt sie in meine Arme und ich achtete darauf, dass ihr Kopf nicht nach hinten fiel, sondern sicher an meiner Brust ruhte.


    Wie einen kostbaren Schatz trug ich sie so auf meinen Armen zur Sklavenunterkunft. Sie brauchte Hilfe und ich hoffte, dass sich einer der anderen Sklaven etwas in Heilkunde aus kannte.

    Endlich erreichten Tilla und ich die Reisegruppe. Obwohl wir nicht getrödelt hatten, verspäteten wir uns nun doch ein wenig. Die Schuld lag wohl bei mir, da mich ein nur allzu natürliches Bedürfnis geplagt hatte. Ob uns schon jemand vermisst hatte? …Ob man uns gar bemerkt hat? …. Weiß überhaupt jemand, dass wir auch mit von der Partie sind? - Ich zweifelte ein bisschen daran, gerade als ich und Tilla über die Sanddünen hinweg auf das Meer zu ritten und wir zum ersten Mal das Wasser sehen konnten. Wie das wohl auf Tilla wirken mochte? Ich zumindest war begeistert, aber mehr noch beeindruckte mich momentan das, was die Flavier dort aufgebaut hatten! "Beim Zeus …" Leise pfiff ich durch die Zähne. Entweder war ein derart überschwenglicher Luxus bei den Patriziern normal, oder aber hier wollte jemand einen besonders guten Eindruck hinter lassen.


    Mein Blick schweifte umher und fiel sogleich auf eine Gruppe Männer, die sich direkt vor uns befand. Einige unterhielten sich, andere schienen den Strand zu beobachten. Waren das die flavischen Leibwächter? Wir würden es sicher gleich wissen. Noch ein gutes Stück weiter voraus machte ich dann endlich meine Herrin aus. Sie saß noch auf dem Pferd, aber wie es aussah wollte sie gerade absteigen. … Direkt in die Arme des Flaviers! … "hmmmm…", brummte ich nur und machte mir so meine Gedanken über eine mögliche Hochzeit der beiden, obwohl es mich absolut nichts anging.


    Ein paar Meter weiter stoppte ich schließlich Ikarus, schwang das rechte Bein über den Hals meines Pferdes hinweg und ließ mich elegant an seiner Seite herunter rutschen. Sicher landete ich mit beiden Füssen in dem weichen Sand des Strandes und warf einen skeptischen Blick hinüber zu den flavischen Sklaven, die den gerade Strandabschnitt absicherten. Tilla und ich waren ja sozusagen die kleine Eskorte der Aurelia, also würden sie uns doch sicher durch lassen, oder? "hmm…", brummte ich wieder, aber zuerst einmal umrundete ich Luna, blieb neben dem Pferd stehen und blinzelte zu der kleinen Sklavin hoch. "So, da wären wir, wie ich es versprochen habe. Wir sind am Meer! Gefällt es dir hier? …", fragte ich galant und zwinkerte ihr zu. "Wenn ich der Dame dann mal beim absteigen behilflich sein darf? " Mein Angebot unterstreichend hob ich beide Arme hoch und hoffte, dass sie es auch annehmen würde.

    Ach, ich war schon ganz zufrieden, denn der Tag versprach wirklich angenehm zu werden. Da ritt ich nun gemütlich auch einem edlen Patrizierpferd und hatte eine Begleiterin bei mir, die zwar stumm, aber duch ihre nette Art zu bezaubern wusste. 'Tilla' hieß sie also und ich überlegte, woher sie wohl stammte. Eine Griechin? - Nein! Germanin? - das schon gar nicht! Am Ende gar eine Römerin? Woher sie kam, war eigentlich auch egal. Zumindest schien sie sehr aufgeweckt zu sein, denn ich wunderte mich nicht schlecht, woher sie soviel über mich wusste.


    "So so! Du spionierst mir also nach!"; stellte ich mit gespielt ernster Miene tadelnd fest, nur um sogleich wieder zu schmunzeln. Aber sie hatte schon irgendwie recht. Ich war noch nicht lange in diesem Haus und die meiste Zeit davon verbrachte ich an der Seite meiner Herrin. Und auch wenn ich nicht dort war, weilte ich doch unsichtbar aber stets gegenwärtig in ihrer Nähe, um die Aurelia zu schützen. "Ja stimmt, ich habe so meine Wege, um in und aus der Villa heraus zu kommen, aber ... öhm, wie sollte ich das mit der Tür zu domina Priscas Zimmer denn jetzt verstehen? " ... da gibt es keinen anderen Eingang, wirklich nicht!", beteuerte ich und sah Tilla dabei eindringlich an.


    Ja ja, ich überlegte ja schon, welche Namensgeste mir für Tilla einfallen würde, als sie mich eindringlich dazu aufforderte. Dazu musste ich sie mir natürlich erst einmal ausgiebig betrachten, was ihr sicher nicht entgehen würde. "Hmmmm....", musste ich wirklich nicht lange überlegen, während ich beide Pferde die Straße lang führte und Ausschau nach der übrigen Gefolgschaft hielt. Nein! Schon hob ich meine rechte Hand. Mit meinem Zeigefinger fuhr ich mir über meine Nasenspitze und grinste ddabei die kleine Sklavin an. " 'Stubsnäschen' Das wäre meine Namensgeste für dich!", gab ich ihr augenzwinkernd zur Antwort. Ob ihr das wohl gefallen würde?


    Ach ja, wir hatten ja auch noch einen Auftrag. Wieder deutete ich ihre Gesten richtig, denn aus meiner Vergangenheit als Soldat kannte ich noch gut so einige Handzeichen. "Also, das Beste wird sein, wenn wir weder zu früh noch zu spät da sind!", stellte ich sehr diplomatisch fest. Obwohl es auch nicht weiter auffallen würde, wenn wir uns ein wenig verspäten würden, oder? "Wohin es geht? …. Es geht ans Meer! ", erwiderte ich auf Tillas Frage und seufzte zufrieden, denn ich liebte die die See "… Warst du denn schon mal am Meer?", fragte ich und drehte mich mich zu ihr, um sie neugierig an zu sehen.

    Wie eine kleine Prinzessin saß sie da oben und blickte huldvoll zu mir herunter. Ich genoss es, denn sonst war ich es meist der, aufgrund meiner Körpergröße, auf andere herunter blickte. Sie konnte wirklich nicht sprechen!. Das bemerkte ich nun bei Tillas Versuch, sich gleichzeitig fest zu halten und irgend etwas mit ihren Händen in die Luft zu malen. Ein Kreis? das Pferd, der Name? ...Luna? .. und was für ein süßese Lächeln sie dabei zaubern konnte. Ich hingegen grinste nur als ich begriff, was sie fragen wollte." Luna steht für Mond. Hier, wegen ihrer grauweissen Flecken. So wie der Mond des Nachts am Himmel leuchtet!", erklärte ich ihr die Namensgebung, auch wenn nicht ich es war der sich diesen Namen für das Pferd ausgedacht hatte.


    Na, dieser Tag versprach sehr gut zu werden. Wenig Arbeit wartete auf mich und zudem war meine Begleiterin offensichtlich eine sehr nette kleine Person. Ich gab meinem Pferd, mit einem sanften Tritt in die Flanken, das Zeichen auf zu bechen. Um mich nicht immer nach Tilla umdrehen zu müssen, lenkte ich schließlich mein Pferd direkt neben das ihre. "Tilla, achso! .. TILLA, das ist also dein Name!", stellte ich mit einem Nicken fest und schmunzelte, während sie eilig ihre eigene Blöße wieder verdeckte.


    "So, du kennst also meinen Namen! Und woher kennst du den, wenn ich fragen darf?", stellte ich amüsiert fest und musterte sie skeptisch, während ich ihren Gesten folgte, mit denen sie meinen Bart und damit wohl meine Person zu beschreiben versuchte. "...Und welches Zeichen gilt für deinen Namen? ... Tilla? ...", fragte ich und hob einen Augenbraue, während ich mit Intereresse ihre Reaktion verfolgte. Mit meiner Hand übte ich dabei immer noch meinen Namen und überlegte mir bereits, welches Zeichen mir wohl spontan für Tilla eingefallen wäre.

    Jetzt staunte ich nicht schlecht. Wie ein kleiner Wirbelwind kam die Sklavin angehüpft blickte mich verwundert an, nickte und deutete mit ihren Händen in der Luft herum. Was war mit ihr los? Regungslos stand ich da und betrachtete die Kleine aufmerksam. Hübsch war sie an zu schauen und so lächelte ich nur, wenngleich mein Blick eher fragend war. Irgendwas wollte sie mir mit ihren Handzeichen sagen ... ich schluckte unmerklich und hielt die Luft sekundenlang an. Konnte sie am Ende gar nicht sprechen?


    Zeit, Aufregung, Pferde? ... was sollte das bedeuten? Achso! ... wie die Pfere hießen wollte sie anscheinend wissen. Ich deutete auf die Stute, welche das Mädchen gerade tätschelte. "Das hier ist für heute dein Pferd ... eine Stute und sie heisst Luna. gefällt sie dir?..." Eigentlich wollte ich noch fragen, wie sie denn da rauf kommen wollte, aber ... Ehe ich mich versah, griff die Kleine auch schon an die Mähne und schwang sich beherzt auf den Rücken des Pferdes. Ich stand erst einmal nur da und nickte anerkennend mit dem Kopf. Ihre Tunika war gefährlich weit nach oben gerutscht und deutlich waren ihre wunderschönen Schenkel zu erkennen. Wer hätte da nicht hingestarrt? Ich natürlich ...nicht ... ich starrte nur auf ihre funkelnden Augen und grinste sie dabei an. "Sehr gut!", lobte ich sie für den Aufstieg auf das Pferd. "Wie ich sehe, scheinst du reiten zu können. Bis du bereit? Die Zügel nehme trotzdem lieber ich!", erklärte ich und führte die Stute zu dem anderen Pferd hin. "Das ist übrigens ein Hengst und der heisst Ikarus ... ich denke wir sollten uns nun schleunigst auf den Weg machen!" Mit Anlauf und Schwung hievte ich mich ebenfalls auf mein Pferd und drehte mich noch einmal zu der Sklavin um. "Wie ist eigentlich dein Name?", fiel mir gerade ein noch ein zu fragen und so sah sie neugierig an.

    Da stand ich nun mit den Zügeln der beiden aurelischen Pferde in den Händen und fühlte mich irgendwie … überflüssig… Zum einen sah es nicht danach aus, als müsse und wolle die Herrin vor dem Flavier geschützt werden und zum anderen war der flavische Begleitschutz bereits so imposant, dass sich wohl nicht einmal eine ganze Räuberbande gegen sie stellen würde. Hmm, was solls … zuckte ich beiläufig zu meinen Gedanken mit den Schultern . Dann würde ich eben einen erholsamen Tag am Meer verbringen. So gesehen auch kein schlechtes Los … und so gut gelaunt wie die domina Prisca heute war, gab es Grund zur Hoffnung, dass diese gute Laune auch noch ein paar Tage länger anhalten würde.


    Was meine eigene Laune betraf, war ich mir jedoch im Augenblick nicht so sicher ob ich mich freuen oder ärgern sollte. Da stand ich nun da und musste mit ansehen, wie sich die Reisegesellschaft langsam in weiter Ferne verlor. Von der Sklavin, welche die Herrin und mich begleiten sollte, fehlte noch immer jede Spur. Ungeduldig sah ich zur porta hin, bis diese sich endlich öffnete und … hoppla?! …


    Ein Lächeln erschien augenblicklich auf meinem Gesicht. ...Warum? … Das konnte ich auch nicht so recht sagen. War das die Sklavin, auf die ich warten sollte? Jedenfalls hatte ich sie bisher noch nicht kennen gelernt. "Bist du die Sklavin, welche die domina Prisca heute begleiten soll?", fragte ich sicherheitshalber nach und besah mir ihre zierliche Gestalt ein wenig genauer. Ob sie reiten konnte? Hmm, vielleicht …sofern sie von alleine auf das große Pferd da käme. "Wenn ja, dann wird es Zeit auf zu brechen! Sonst begegnen wir unserer Herrin erst wieder, wenn sie sich schon wieder auf dem Heimweg befindet.", meinte ich mit einem Kopfnicken in die Richtung, in welche das Gefolge eben abgerückt war. Dann führte ich die Pferde zu der Sklavin hin und überlegte mir, wie die kleine Sklavin wohl von alleine auf das große Pferd da kommen wollte. Ich musste unwillkürlich schmunzeln, als ich mir ihre zierliche Gestalt neben dem großen Pferd so betrachtete. Ob ich ihr helfen sollte? …Nein, erst mal abwarten. Die Zügel würde jedenfalls ich führen, damit wir die Anderen möglichst bald einholt hätten.

    Wie lange diente ich nun schon Aurelia Prisca? … ganze vier Tage?! … Ich pfiff leise durch die Zähne, während ich so mit verschränkten Armen an der Wand lehnte, die sich gegenüber der Türe zu ihrem cubiculum befand. Keine sehr lange Zeit und doch lange genug um mir sicher zu sein, dass ich sie von nun an mit meinem Leben vor allem Leid beschützen wollte. Das hatte ich mir und ihr bei meiner Ehre geschworen. Ein Sklave, der von Ehre sprach? Ja! Denn ich fühlte mich nicht als solcher. Im Gegenteil fühlte ich mich immer noch als der stolze Soldat, der ich einst war. Dem Ehre alles bedeutete und der sich im Leben nichts sehnlicher wünschte, als irgendwann einmal kämpfend mit dem Schwert in der Hand sterben zu dürfen.


    Und ausgerechnet mir sollte das Schicksal einen so schrecklichen, weil unehrenhaften und demütigendenTod vorher bestimmt haben. Gefesselt und wehrlos sollte ich von einer Bestie zerfetzt werden. Zur kurzweiligen Belustigung des Pöbels und das nur, weil ich meinem Herrn versehentlich das Nasenbein gebrochen hatte. Das es anders letztendlich doch nicht soweit kam verdankte ich einzig der Person, die sich so nah und doch unerreichbar hinter dieser Tür befand! Sie hatte mit dem Händler solange gefeilscht und war dabei so hartnäckig geblieben, bis dieser mich schließlich an sie verkauft hatte. Das imponierte mir sehr. Für sie bedeutete es wahrscheinlich nichts, für mich jedoch bedeutete es alles. War es Schicksal oder Fügung? Wer konnte schon je die Gewissheit haben ... und darüber nach zu grübeln half ebenso wenig


    ... Und ich merkte, dass ich zu viel nachgrübelte! Das war nicht gut, denn ich sollte eigentlich wachsam sein! Gerade kam nämlich ein, für mich fremder, Sklavenjunge völlig außer Atem angerannt und ich musste ihn erst einmal sanft mit beiden Händen abbremsen, bevor er ganz in mich hineinrannte. Die Nachricht die er zu überbringen hatte, war mir jedoch nicht fremd. Von dem Ausflug hatte auch ich erfahren und so nickte ich zu den Worten des Kleinen und strich ihm dabei durchs Haar. „ Ich weiß Bescheid und werde die Herrin gleich in den Garten geleiten! Du geh und hole schnell die Sklavin herbei, nach der die Herrin verlangt hat, sobald die Nachricht von der Ankunft des Gastes da ist.“, flüsterte ich ihm zu und schickte ihn damit fort. Kurz holte ich Luft, schließlich kannte ich Aurelia Prisca noch nicht lange. Eigentlich wollte sie allein sein und nicht gestört werden. Zumindest bis eben jetzt! Auf diese Nachricht mochte sie wohl gehofft haben … Also klopfte ich an, um mich bemerkbar zu machen und rief durch die geschlossene Türe, ohne selbst ein zu treten. „Herrin?! … ihr werdet erwartet!“

    Theures Weib, geh, hol' die Todeslanze,
    Laß mich fort zum wilden Kriegestanze!
    Meine Schultern tragen Ilium.
    Über Astyanax unsre Götter!
    Hektor fällt, ein Vaterlands Erretter,
    Und wir sehn uns wider in Elysium.



    Ich bin Hektor der Grieche, mit Herz und Verstand,
    aber auch mit einem ordentlichen Schlag in meiner rechten Hand.


    Mein Schicksal als Sklave sollte nicht in einem Steinbruch enden,
    dann lieber kämpfend und mit dem Schwert in meinen Händen.


    Aber auch in der Arena würde ich nur sehr ungern sterben,
    darum möcht ich mich hier als Leibwächter bei Aurelia Prisca bewerben.


    Name: Hektor
    Herkunft: Griechenland
    Wohnort: Rom
    Beruf(ung): custos corporis


    :bildhauer: