Beiträge von Caelyn

    Nee, er war gar nich sauer! Wahnsinn, der Mann konnte einem ja tatsächlich noch überrasch´n! Er nörgelte auch gar nich rum! Gar nix! Es erstaunt mich nur´n bisschen, als er meinte, wir´könnt´n wahrscheinlich aus den gleichen Gründen nich schlafen. Komisch, vermisste der auch seinen Bruder? Nee, klar wusste ich, was er meinte und ja, das konnte man so sag´n. Ich nahm sein Tuch und wischte mir damit die letzt´n Tränen weg.
    "Ja, ich konnt´auch nich schlafen. Is jedes ma das gleiche, wenn ich irgendwo neu bin. Die erste Nacht is echt furchtbar!" Klar, das stimmte zwar, das war allerdings nich der Grund, weswegen ich geheult hatte. Er konnte sich aber auch sicher vorstell´n, warum ich geheult hatte.
    Sein Vorschlag, sich die Füße zu vertret´n, fand ich gut. Ich fackelte auch nich lange und antwortete ihm. "Nee, ich will nich allein sein. Ich würd auch gern ´n bisschen laufen."
    Vielleicht konnt´s ja wieder´n bisschen so werd´n, wie früher, bevor ich...

    Treffer! Versenkt! Konnte man nich ma in Ruhe schluchzen? Musste jedes mal einer auftauchen und einem die miese Stimmung noch mieser mach´n? Und außerdem, wer hatte den denn jetzt schon wieder auf´n Plan geruf´n?
    Eben noch saß ich heulend auf der Treppe und musste an meinen kleinen Bruder denken, schon trat mir einer ins Kreuz. Erschrocken wär ich beinahe die zwei, drei Stufen runtergefall´n, ich konnt mich aber grad noch so halten. Zum Glück konnte man bei der Dunkelheit nich mein dummes Gesicht seh´n, das ich gemacht hatte als ich das Gefluche hörte. Mist! Ursus! Garantiert würde der gleich wieder rumnörgeln. Das war derzeit sowieso seine Lieblingsbeschäftigung, zumindest wenn´s um mich ging. Aber ich hatt´ nich gegen seine Anordnung verstoßen,nee, denn ich war ja noch da. Die Treppe, die zum Haus führte, gehörte ja schließlich auch noch zum Haus, so sah ich jedenfalls die Sache. Also konnt´er mir jetzt nich noch vorwerfen, abhau´n zu woll´n und wenn er´s doch täte, war´s mit mittlerweile auch egal! Sollte er nur noch mehr Salz in meine Wund´n reiben, klar, Caelyn verträgt das, Caelyn macht das nix aus. Aber´s machte mir doch was aus, denn ich konnt nich mehr! Nich nur, dass ich mit nach Germanien musste und jetzt in diesem Scheißkastell wohn´n musste, nee, ich saß auch hier fest, wahrscheinlich ´n ganzen verdammtes Jahr! Dass Sertorio mich jemals freiwillig mitnehmen würd´, konnt ich mir abschminken.
    "Was machst du´n hier?", fragte ich schluchzend und wischte mir mit mein´m Handrücken die Tränen und den Rotz von der Nase.

    Ich stand immer noch angewurzelt da und auf mich prasselte Ursus Strafpredigt. Ich konnt´ jetzt gar nix mehr sag´n. Ich hatt´ ja schon genug gesülzt. Das mit´m Kreuz, wär´echt nich notwendig gewes´n! Ursus hatt´sich schon hingesetzt und fing zu essen an, als er dann endlich fertig war. Ich kam erst nach ´ner Weile total niedergeschlagen zu´m Tisch und setzte mich. Vor mir stand´n Teller mit lecker duftenden Teigtaschen und´n Salat. Sah eigentlich auch nett aus. So, als wollt ich in´nen Boden vom Teller ´n Loch bohr´n, starrte ich nur auf´s Essen. Essen konnt ich nich. Der Appetit war mir gründlich vergang´n.
    Während Sertorio so richtig rein haute, begann Ursus zu uns beiden zu sprechen. Was er zu sag´n hatte, war nich gerade erfreulich. Nur mit Sertorio durft ich´s Haus verlass´n! Na toll, das hieß, dass ich hier nie raus komm´n würd! Verdammt, ich saß hier fest und hatte niemand hier! ´Ne Träne tropfte in meine Brühe. Damit´s nich noch mehr Worte gab, zwang ich mich, die Teigtaschen zu essen. Ich kaute drauf rum, als hätt ich Holzspäne zwisch´n ´nen Zähn´n. Genießen konnt ich´s nich, obwohl die Dinger ganz gut geschmeckt hatt´n!
    Nee, ich wollt nix mehr sag´n. Ich wollt nur endlich weg.

    Nach dem ersten Tag im Castellum hätt ich eigentlich todmüde sein sollen. Im Prinzip war ich das ja auch. Eigenlich hätt ich in mein Bett fall´n müssen und in süße Träume gleiten sollen. Eigentlich! Aber´s war wie so oft, ganz anders. Jedesma, wenn ich an ´nem neuen Ort schlafen sollte, konnte ich die erste Nacht vergessen, ganz egal, wie müd ich war. Das war damals in Rom so und das war auch heute wieder so. Außerdem geisterten mir immer noch Ursus Worte im Kopf rum. Das, was er zu mir gesagt hatte, war wahrscheinlich sogar gut gemeint, aber wie er´s gesagt hatte, war alles and´re als freundlich. Du wirst mir dienen, Caelyn! Je besser, umso mehr wirst Du belohnt und umso früher kannst Du daran denken, Freiheit zu erlangen. Das hatte wie ´ne Drohung geklungen! Eins war klar, wenn er jemals was für mich empfunden haben sollte, war das garantiert jetzt flöten gegangen. Selbst als ich vor ihm gestanden hatte und in Tränen ausgebrochen war, hatte er die Distanz gewart, so als hätt ich ´ne ansteckende Krankheit. Ich war eben nur ´ne Sache, mehr nich.


    Barfüßig schlich ich durchs dunkle Haus. Sertorio und Ursus schliefen schon lange. Ob´s hier ´nen Garten gab, so wie in Rom? An die Casa schloß sich zumindes ma keiner an und draußen hatte ich bei der Ankunft auch keinen entdecken können. Ob ich einfach ma draußen rumspazier´n konnte? Sicher würd´mich dann gleich einer festhalten und mir vorhalten , ich wollt abhau´n, oder so. Nee, das war keine so gute Idee! Schwierigkeiten hatt ich schon zur Genüge. Da brauchte ich nich noch mehr!
    Aber vor die Tür geh´n, war sicher kein Verbrechen! Wenigsten ma raus aus der Bude!
    Draußen war´s stockdunkel. Niergendwo in den Häusern rundherum brannte Licht. Nur von weitem sah man ´nen Feuerschein, wahrscheinlich von den Wachen. Ich setzte mich auf die Stufen der Casa und zog meine Beine an mich. Scheiße Mann! Nich ma ´nen Garten gab´s hier! Hier gab´s genaugenommen gar nix, nur Arbeit, Arbeit und noch ma Arbeit. Keiner, mit dem man ma erzählen konnte. Niemand, dem man ma was anvertrauen konnte. Ich dachte an die Mädels, drüben in der Villa und wie´s Merit nun ging. Verdammt, die Villa war unerreichbar für mich geword´n, obwohl sie nur hinter diesen Scheißmauern lag. Mann, hatten die´s gut! Ich konnt´s nich glauben, dass so was von mir kam!
    Lieber an´nem verdammten Kreuz verrecken, als so´n Leb´n! Das hatt ich auch Ursus an ´nen Kopf geworfen und danach hatt´s mir eigentlich auch gleich wieder leid getan. Nee, an ´nem Kreuz zu verrecken, war so das schlimmste, was einem passier´n konnte. Wenn´s dumm lief konnteste drei, vier Tage da hängen, bis du endlich ´n Löffel abgeben konntest.
    In letzter Zeit hatt ich auch oft an mein´n Bruder gedacht und an meine Freunde, mit denen ich immer auf Raubzug gegangen war. Zum ersten Mal, seit ich von zu Haus weg war, hatt ich so was wie Heimweh. Ich sehnte mich nach mein´m kleinen Bruder und dem kleinen Verschla, in dem wir gelegentlich übernachtet hatten. Auch wenn wir im Dreck lebten, so hatt ich doch da meine Familie!
    So´n Mist, jetzt musst ich schon wieder heulen! Ich vergrub mein Gesicht in mein´n Händ´n und schluchzte leise, damit mich auch ja niemand hörte. "Louan! Louan!" sagte ich leise. Aber Louan war zu weit weg, als dass er mich hätte hören konnen. Ob mein Bruder überhaupt noch lebte?


    Sim-Off:

    Wer mag?

    Selbstmitleid? Das konnte doch jetzt nich sein ernst sein! Ich schwelge also in der Vergangenheit! Na gut ,dass ich´s jetzt wusste! Aha, und Ahnung vom Leben in Freiheit hatt ich also auch nicht! Na dann!
    Es kochte in mir und deswegen kriegte ich nich seine letzte Bemerkung mit. Dass Sertorio mittlerweile in der Tür stand hatte ich auch nich mitbekommen.
    "Lieber an´nem verdammten Kreuz verrecken, als so´n Leb´n! Woher willst du eigentlich wissen, wo ich wieder landen werd? Und wenn mich tatsächlich einer vergewaltigen wollte, dann ist das...." Endlich raffte ich ,dass wir mittlerweile nich mehr alleine war´n. Den Rest meiner Rede schenkte ich mir einfach. Meine Wut musste ich runter schlucken, ob´s mir passte oder nich. Verdammt nochmal! Wieviel hatte Sertorio denn mitgekriegt? Na war auch egal! Ich kam mir mal wieder vor wie´n Idiot! Wie so oft schon! Jetzt wegzurennen, wäre noch dümmer gewes´n. Ich beobachtete wie Ursus zu der einen Kline ging. Er hatte noch ne Handbewegung in meine richtung gemacht. Aber ich blieb einfach nur belämmert stehn und sah zu, wie Sertorio das Essen rein brachte, unfähig auch nur einen Schritt zu machen. Das war´s also! So sah also meine verkorkste Zukunft aus. Tolle Aussichten, wirklich!

    Was wusste der denn schon über´s Leben? Er, der in ´mem reichen Haus geboren wurde,dort aufgewachsen war und warscheinlich auch ´ne glückliche Kindheit genossen hatte. Er der niemals hungern musste und nachts das Wimmern des kleinen Bruders mit anhör´n musste, weil der hungrig zu Bett gehen musste. Er der nicht wirklich wusste, was Verlust bedeuten konnte. Er erzählte mir jetzt was über´s Stehlen und warum es so schlecht war. Natürlich wusste ich, dass es Unrecht war. So bescheuert war ich jetzt nun auch wieder nicht.
    Nachdem er fertig war, wollte er mir´n Tuch reichen. Aber ich nahm´s nich. Stattdessen schleuderte ich ihm meine Antwort ins Gesicht und es war mir sowas von egal, was daraufhin passiern würde.
    "Nee, ich möcht auch nich bestohlen werden. Aber trotzdem haben sie´s gemacht! Sie hab´n mir meine Zukunft geklaut. Meine Existenz. Sie haben seelnruhig dabei zugeseh´n, wie meine mutter krepiert is. Sie hab´n mir mein Heim gestohl´n und mich und mein´n kleinen Bruder auf die Straße gesetzt. Sie hab´n mir die Chance genommen, jemals was besseres als ´ne Diebin zu werd´n! Glaub mir, ich bin nich stolz, auf das, was ich getan hab. Ich hass mich dafür sogar, was ich getan hab und tun musste, damit mein Bruder und ich überleb´n konnt´n. Du hast doch überhaupt keine Ahnung vom wahren Leben auf der Straße! Du mit deiner feinen Familie, die stets darauf bedacht ist, nur nix auf sich kommen zu lassen. Ihr lebt in ´ner ganz andern Welt. Weit weg von meiner, aus der ich komme. Zu so´ner Welt werde ich nie dazu gehör´n und das will ich auch gar nich. Ich musste früh lern´n, für mich selbst zu sorg´n. Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand. Das is mein Leben, so sieht´s aus!
    Und wie kannst du nur so was frag´n? Für wie blöd hälst du mich denn eigentlich? Willst du nur mit mir spiel´n oder dich über mich lustig mach´n? Natürlich weiß ich was ich gern hätte. Jeder normale Mensch wünscht sich frei zu sein und was eigenes zu haben."
    Jetzt nahm ich doch sein Taschentuch. Aber die Weinerei wollte nich aufhör´n. All das, was sich seit ewigen Zeiten in mir angestaut hatte, wollte auf einma raus. Und ich ließ es einfach raus. Aber wie ich erwartet hatte, stand ich alleine da. Niemand war da, der mich hätte in ´nen Arm nehmen können. Für Ursus war ich eben nur ´ne Sache, die zur Zeit nich richtig funktionieren wollte. Mehr nich!
    Als dann irgendwann die Tränen nachließen, schnäutzte ich mich nochma. "Ich hatt mir immer gewünscht, mal jemanden zu haben, der mich einfach nur lieb hat. Der mit mir leben will und der mich aus dieser ganzen verdammten Scheiße rausholt. Ich wollt immer Kinder hab´n. N´besseres Leben halt, aber in Freiheit. So was wünscht sich doch jder, oder?", sagte ich schluchzend.

    Langsam schlürfte ich hinter ihm her, als er zum triclinium ging. Ja, ich war auch ma gespannt auf Teigtaschen á la Sertorio und ausserdem hätt ich´n ganzen Bären essen können. Bei dem Gedanken daran, musste ich dann auch gleich ma grinsen. Doch das Grinsen war schlagartig aus mein´m Gesicht verschwundn, als er plötzlich mit mir zu sprechen begann. Das hatte er schon ´ne Ewigkeit nich mehr gemacht. Klar, er sagte mir immer Caelyn tu dies, Caelyn mach das. Aber richtig geredet hatte er das letzte ma mit mir in Rom. Nachdem diese zwei Knalltüten, die ich beklaut hatte, weg warn. Das war damals ´ne Strafpredigt, weit entfernt von ´ner Unterhaltung, bei der jeder was sagen darf, was er will. Er hatte mich nich ma richtig zu Wort kommen lassen. Aber ja, es war ja offensichtlich was ich getan hatte, da bedurfte es keinerlei Erklärungen mehr!
    Ich sah mich im Esszimmer um. Naja er hatte Recht! Der Knaller war´s gerade nich! Drei Klinen standen in der Gegend rum, mehr nich. Deswegen hieß das Ding ja auch tri-clinium. Die Wände war´n total kahl und die Ecken sahen ganz schön nackt aus. Ich nickte nur.
    Aber dann kam er endlich mit der Sprache raus. Logisch, dass er sich mit mir nich über innenarchitektonische Maßnahmen unterhalten wollte.
    Ich zuckte zusammen und Mist, dann kullerten auch noch´n Paar Tränen die Backen runter. "Nee, werd ich nich mehr! Versprochen!" Ich hoffte ja nur, dass ich das Versprechen auch halten konnte. Mit Sertorio in die Stadt zu gehen, naja, das war´n ja tolle Aussichten! Der würde sein Glück auch kaum fassen können!
    Ich wischte mir die Tränen ab und nach ´ner Weile überkam´s mich einfach. Ich redete drauf los. Das, was ich schon seit Wochen los werden wollte, das wollte jetzt alles auf einma raus!
    "Ja, ´s tut mir echt leid! Ich wollt das doch gar nich! Und wenn ich gewusst hätte, dass der Typ nur´n paar Kröten dabei hat, hätt ich das sowieso nich gemacht. Aber ey, ich kann nich so lange warten ! Nich so lange! Zehn oder fünfzehn Jahre is einfach zuviel. Bis dahin bin ich ´ne alte Frau, wenn ich dann überhaupt noch lebe. Dsnn is mein Leben vorbei! Nein, das kann ich nich! Das kann ich nich!" Und dann war´n sie wieder da, meine nassen Freunde und sie wollten diesmal gar nich mehr aufhör´n. So sehr hatte ich mich in Rage geredet. Und es tat auf einma so weh, dass ich beinahe darüber meinen Hunger vergessen hätte. Aber endlich hatte ich´s ausgespuckt, was ich all die Wochen schon sagen wollte.

    Echt! So ´n verdammter Mist! Ich hatte doch fest damit gerechnet, solange die andern hier war´n , auch hier zu sein! Wenn wir, Sertorio und ich auch noch im Castellum wohn´n müssten, säße ich total fest! Kacke nochmal! Ich hasste dieses Scheißleben! Ich wollte nich dahin! Aber das hatte Ursus wahrscheinlich ja auch so beabsichtigt.

    Missmutig half ich Ursus, seine blöde Rüstung zuzukriegen.Er sollte ruhig merken, dass ich nich damit einverstanden war, in dieses Scheißkastell zu ziehen!
    Endlich war das Ding zu. Wer so was erfunden hatte, musste auch ´ne Macke gehabt haben! Traurig sah ich mich zu den andern um, die geschäftig hin und her liefen. Wer sollte sich denn jetzt um sie Ägypterin kümmern? Klar doch, Siv und diese neue, die so gut wie gar nix sagte. Fhionn hieß sie. Mit wem sollte ich denn im Castellum reden? Sertorio war ich inzwischen auch Schnuppe geworden, darin stand er Ursus in nichts nach. Das würde´n ödes Jahr werden!

    Na das is doch schon ma was! Die armen Häschen hatten zwar schon dran glauben müssen, aber wenigstens musste ich se jetzt nich auch noch essen. Teigtaschen mit irgendwas hörte sich zwar nich so vertrauensbildend an, war aber besser als gar nix.
    Während ich Ursus frisch gewaschene Klamotten besorgte, begann´s schon richtig lecker in der Küche zu duften. Egal, auch wenn Sertorio gelegentlich ´n Blödmann war, eines musste man ihm schon lassen! Kochen konnte der, besser als ich jedenfalls. :D
    Ich lugte mit einem Auge mal in ´ne Küche rein und beobachtete den Meister der Kochtöpfe so beim werkeln. Echt krass der Typ. Das traute man dem gar nich zu, wenn man ihn so sah. Anscheinend war er jetzt auch schon fast fertig. Mit wem redete er denn da? Tschüss Leute,he?? Naja, das musste man nich versteh´n. Das war eben Sertorio!
    Ich huschte wieder zu Ursus und reichte ihm die frische Tunika. "Sertorio is gleich fertig. Es riecht schon richtig gut!" Jetzt lächelte ich sogar ein bisschen. Aber wahrscheinlich nur, weil ich mich wie´n Schnitzel auf´s Essen freute. Mein Magen hing bereits zwischen den Kniekehlen.

    Das konnte ja noch echt heiter werden! Seit Wochen beachtete er mich gar nich mehr. Ich war nur noch Luft. Na kar, nach allem, was war! Aber wie lange sollte das noch so weiter geh´n? Ewig konnte er mich doch nich ignoriern.
    Missmutig kramte ich aus Ursus Gepäck ´ne frische Tunika heraus und brachte sie ihm. Als er mit dem waschen fertig war, reichte ich sie ihm. "Hier bitte!" Ich vermied´s ihn dabei anzuschauen. Wär ja eh umsonst gewesen.

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus


    Ursus kehrte in das atrium zurück und wurde gleich von Caelyn gefragt, wo sie mit seinem Gepäck hinsollte. "Du und Sertorio, ihr bleibt erst einmal hier. Ich muß mich erst einmal melden und schauen, wo wir wohnen werden. Das dauert sicher eine ganze Weile. In der Zeit packt ihr meine und eure Sachen auf eines der Pferde. Dann richtet euch manierlich her, eßt etwas, ruht euch aus. Arbeit werdet ihr dann später noch genug haben, gönnt euch also hier eine Pause, bis ein Bote euch holen kommt. - Und jetzt für den Moment: Bring mir eine Schale Wasser, Seife und ein Handtuch, ich möchte mich wenigstens eni wenig säubern, bevor ich mich vorstelle."


    Ach was? Wir blieben gar nich hier? Aber wieso denn nich? Hier war´s doch schön! Zwar´n bisschen dreckig aber schön! Mit ´n paar Handgriffen wär der gröbste Dreck erst ma weg! Boa nee! Wir mussten doch nich in dem blöden Castellum wohnen? Na, das konnte ja noch heiter werden. Als ich das hörte klappte mir erst ma die Kinnlade runter! Dann würd ich den ganzen lieben langen Tag dort fest sitzen! Klar, Sertorio würde dann die Einkäufe machen, weil mir konnte man ja nich mehr vertrauen, nach allem was ich mir geleistet hatte. Das war´n ja ganz entzückende Aussichten!
    Ich schluckte meinen Ärger runter und versuchte, was zum Waschen aufzutreiben. Die andern kümmerten sich derweil um Merrit oder räumten ihr Gepäck ins Haus.
    Irgendwann kam ich dann mit ´ner säuerlichen Miene, ´ner Schüssel Wasser, Seife und ´nem Handtuch über´m Arm wieder.
    "Brauchst du auch was frisches zum anzieh´n, dominus?"fragte ich fast schon gelangweilt, denn ich hatte echt n´Hals!

    Na klar! Caelyn tut dies, Caelyn tut das, Caelyn räumt das elend schwere Zeugs weg und wenn sein muss, putzt Caelyn dann auch noch die Latrine. Mann, das ging mit tierisch auf die Nerven! Mir taten sämtliche Knochen im Leib weh und ich konnt echt nich mehr. Aber ja, ich macht´s trotzdem. Zuerst schleppte ich das schwere Ding weg und fragte mich dabei, wie man sowas den ganzen Tag am Körper tragen konnte. Dann sputete ich mich und holte auch noch n´ Wein, Wasser und Waschzeug. Was´n Glück, das Kochen musste Sertorio übernehm´n aber irgendwie hatt´ich ´n Eindruck, er hatte damit noch gar nich angefangen! So´n Mist! Scheiße Mann, war das etwa ´n Leben! Ich fand´s echt doof, in Germanjen zu sein! Nich wegen dem Klima, nee! Das war, so wie in Gallien. Naja fast so. Nee, die Typen hier war´n irgendwie alle so komisch drauf! Sprachen so ´ne komische Sprache, wie´s Siv manchma tat und dann die vielen blöden Legionäre! Diese blöden Kerle hatten auch nix bessres zu tun, als dem Weibsvolk auf die Pelle zu rück´n. Aber die sollten nur kommen! Blödmänner alle!


    Na wenigstens Ursus war ma versorgt. Er hatte sicher am meisten von uns geschufftet. Aber mit ´m Essen dauerte es noch n´bisschen. Sertorio kam eben erst mit n´paar Hasen, die dran glauben mussten. Arme Viecher! Ich hatte zwar Hunger, aber essen konnt ich doch so niedliche Häschen nich!
    So blieb ich erst ma dumm in der Ecke stehn. Vielleicht kam der Herr ja noch auf ganz andere Ideen. Ich hatte jedenfalls die Schnauze gestrichen voll!

    Mann, Mann! War das ein Tag! Mich hätte ja echt ma interessiert, wer hier vorher gewohnt hatte! So´n Dreck überall! Hier sah´s echt aus, als wär´schon ´ne Ewigkeit nich mehr geputzt worden! Naja, was putzen anging, war ich da ja mittlerweile so was wie´n Experte, so oft wie ich in letzter Zeit die Böden schruppen und die Latrinen reinigen durfte.
    Auf jeden Fall war ich am Abend ganz schön gebeutelt und wollte eigentlich nur noch meine Ruhe hab´n.
    Aber als ich Ursus´ Stimme hörte und er mich rief, wusste ich, dass ich mir das mit der Ruhe erst ma steck´n konnte.
    Was blieb mir da and´res übrig , als ihm entgegen zu kommen. Naja, ´ne Augenweide war ich ja heute gerade nich! Ich hatte immer noch die Klamotten von gestern an, die mittlerweile auch schon etwas gelitten hatten. Meine anderen hatte ich aber schon gewaschen. Die war´n bloß noch nich trocken. Außerdem war ich todmüde! Die lange Reise hatte eben doch ihre Spuren hinterlassen.
    "N´Abend, dominus! Sertorio is noch draussen und hackt Holz solange es noch ´n bisschen hell is, damit wir morgen früh Feuer machen können."

    Stunden später war einer aus´m Castellum in der Villa Aurelis aufgetaucht und faselte irgendwas von mitkomm´n. Der Typ musste dann logischerweise der angekündigte Bote sein, der uns abhol´n sollte. Also packten wir unser ganzes Zeug auf eines der Pferde und Setorio und ich ritten mit dem Boten fort. War ganz interessant, denn so bekam man auch´n bisschen was von der Stadt mit. Naja, war hier ja ganz nett! Nich so groß, wie Rom aber etwas größer als Augustodunum. ´Nen richtig großen Fluß hatten die hier auch, Rhenus hieß er. Ewig viel Lastkähne tummelten sich darauf rum.
    Irgendwann hatten wir das Castellum erreicht. Der Bote brachte uns zu dem Haus, dass man Ursus zugeteilt hatte. Naja, war nich gerade der riesen Bunker! Musste es aber auch nich, denn hier sollten von nun an ja nur drei Leute wohnen.
    Ich sprang von mein´m Pferd ab und begann damit, das ganze Gepäck ins Haus zu bringen. Ursus hatte ich noch nich geseh´n. Vielleicht war er ja auch gar nich da.
    Zum Schuß holte ich noch mein Zeug. Von meinen Klamotten war nich mehr viel übrig geblieben. War fast alles für Merit drauf gegangen. Also war als erstes ma waschen angesagt!

    Nach dem Zwischenstopp in dem Gasthaus, in dem wir eigentlich für Merit ´nen Medicus besorgen wollten, was allerdings letztlich dann doch in die Hose gegangen war, hatte´s noch ´ne Ewigkeit gedauert, bis wir dann doch noch im Mogontiacum ankam´n. Völlig fertig und verdreckt, von der langen Reise, versorgt´n wir erst ma Merit, denn sie hatte´s am Nötigsten. Matho und Alexandros hatten sich erst ma verpisst. Klar, die schwere Arbeit konnten ja die Frau´n machen. Gemeinsam schafft´n wir sie vom Wag´n runter. Oh Mann, ihr ging´s noch dreckiger als noch vor´n paar Tagen! Die Wechselklammotten, die wir für sie organisiert hatten, war´n alle aufgebraucht. Sie brauchte jetzt dringend ´nen Medicus! Aber wir konnten sie ja hier draussen jetzt nich liegen lassen. Wohin jetzt mit ihr? Naja, das war´ne römische Villa. Da gab´s logischerweise auch´n Platz für die Sklaven, auch wenn die Herrn außer Ursus nich da war´n. Also in die Sklavenunterkunft mit ihr!
    Aber auch Ursus, Sertorio und ich, wir würd´n uns nich lange hier aufhalt´n. So wie Ursus gesagt hatte, würden wir mit ihm im Castell wohnen. Na super! Tolle Vorstellung! Ich war ganz hin und weg, mich tagtäglich mit dämlichen Legionären rumärgern zu müssen. Seit der Sache in Rom, war bei mir jeder Soldat, egal ob zu Wasser oder zu Lande unten durch!
    Trotzdem mussten wir jetzt erst ma den ganzen Krempel ins Haus schaff´n. Ich hatte die Nase so gestrich´n voll! Ich wollt nich in Germanjen sein, schon gar nich in ´nem Castell wohnen und Ursus sah ich am liebsten nur von hinten! Leider war´s nich zu vermeiden, gelegentlich doch das eine oder andre Wort mit ihm zu wechseln. "Wo soll ich deine Sach´n hinbringen, dominus?"

    Als Fhionn, die Neue zu uns auf´n Wag´n stieg, ging die Fahrt endlich weiter. Ich fand, sie war irgendwie´n bisschen eigenartig. Ganz selten, dass sie mal was sagte und wenn sie mal was sagte, war´s nich viel. Vielleicht lag´s ja einfach dran, dass sie nich so gut Latein konnte. Ich fand auch, sie konnte´n Römern so gar nichts abgewinn´n, was ja auch nich so verwunderlich war, denn so wie ich gehört hatte, hatten die ihr ganzes Dorf platt gemacht. Na ja, jetzt saß sie erst ma bei uns.
    "Ja, Merit geht´s recht gut, sie zittert wenigstens nich mehr so", beruhigte ich sie.
    ´Ne ganze Weile saß´n wir auf´m Wag´n und schwieg´n uns an. Na, viel zu erzähl´n hatten wir eh nich. Ich half Fhionn dann noch , als sie Merit was zu trink´n geb´n wollt. Zum Glück musst´n wir sie nich nochma umziehn.
    Als Fhionn schließlich rief, wir sei´n endlich da, war ich richtig erleichtert. Nachdem sie vom Wag´n gesprung´n war, wollt ich Merit helf´n, auch vom Wag´n runter zu komm´n. Aber das war leichter gesagt, als getan.
    "Fhionn, komm hilf mir ma, wir müss´n Merit vom Wagen holen!"
    Wo war´n jetzt Siv und Hektor? Hatt´n die schon ´n Zimmer für Merrit fertig gemacht. "Hey, wart ma hier mit Merit, ich geh und such ma Siv!" Mit den Worten ließ ich die beiden stehn und machte mich auf die Suche nach Siv und Hektor.
    "Siv, Hektor, wo seid ihr?" rief ich.

    Zitat

    Original Von titus Aurelius Ursus
    "Caelyn, such noch ein oder zwei Tuniken aus dem Gepäck. Wenn Merit wieder durchschwitzt, wechselst Du ihr die Tunika. Ansonsten halte sie warm und trocken. Und jetzt los. Wir sollten sehen, daß wir so bald wie möglich weiterkommen. Umso schneller wird Merit die notwendige Pflege erhalten."


    Ich nickte nur und stieg sofort auf´n Wagen, um in meiner Tasche rum zu wühlen. Ich hatt´mir ja so die besten Klamotten mitgenomm´n, die ich in meiner Kiste hatte. Darunter war auch die ganz neue Tunika, die mir Ursus beim Schneider hatte mache´n lass´n. Die brauchte ich ja eh nich! Zum Böden schrupp´n und Latrine putz´n war die viel zu schade! Mehr hatte ich ja in ´ner letzten Zeit eh nich zu tun.
    Nach mein´m "glorreichen" Beutezug hatte Ursus mich ja gerade zu diesen wahnsinnig aufregenden und inspirierenden Tätigkeiten verdonnert. Wie lange das noch so geh´n sollte, wußte ich auch nich. Wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit! War mir auch egal. Dafür war ich mir nich zu fein. Vielleicht war´s sogar gut. Ich kam dann nich auf dumme Gedanken.
    Mit meinen Klamotten in der Hand hockte ich mich zu Merit und sorgte dafür, daß sie´s warm hatte. Ab und zu überprüfte ich, ob sie wieder durchgeschwitzt war.
    In der ganzen Aufregung vergaß ich völlig die Kälte um mich. Erst als Merit einigermaßen versorgt war und ich ´n Moment für mich hatte, begannen meine Zähne vor Kälte zu klappern.
    Kurzum kauerte ich mich neben Merit unter die Decke. Ganz nah an ihr konnte ich sie warm halten und auch mir wurd´s langsam wieder wärmer.
    "Ey, keine Sorge. S´wird schon wieder! Wirste schon seh´n!", sagte ich aufmunternd zu ihr, ohne zu wissen, ob sie mich überhaupt verstand.

    Zitat

    Original vin Titus Aurelius Ursus
    Ursus faßte Caelyn bei den Schultern und schüttelte sie leicht. "Vor allem: Mäßige Deinen Ton, Caelyn! Und dann... schau Dich um! Wo sollen wir hier Hilfe bekommen? Es ist nicht einmal ein Hof in der Nähe. Es kann nicht mehr weit sein bis zum nächsten Gasthof. Dort wird sie Wärme und Hilfe erhalten. Aber wenn Du so scharf darauf bist, ihr jetzt sofort zu helfen: Geh mit auf den Wagen und wickel euch beide zusammen dick in Decken und Felle, sobald sie die nassen Sachen los ist. Es gibt nichts, was sie besser wärmen könnte und Dir kann ein bißchen schwitzen nicht schaden. Bis zum Gasthaus können wir nicht viel mehr tun, schätze ich. - - Siv, was hältst Du davon? Könnte das Merit helfen?"


    Nachdem Ursus mich so richtig durchgeschüttelt hatte, war´s so, als wär ich erst wieder richtig zu mir gekomm´n. Echt, ich weiß nich, was in mich gefahrn war. Alle guckten mich nur ganz verständnislos an. Das das Mädel, als es da so im Dreck lag, mich auf einma ganz stark an meine Mutter erinnerte, konnte wahrscheinlich keiner von den andern ahnen. Sie war damals auch elendig verreckt, weil keiner es für nötig gehalten hatte, sich um sie zu kümmern. "Tschuldigung!", sagte ich dann leise zu Ursus und kam mir wieder saublöd vor. Ich hatte so das Gefühl, als würd ich allen im Weg steh´n. Desweg´n lief´n mir auch ´n paar Tränen über die Backen. Ich schiefte kurz und wischte sie mir wieder weg. Ansonsten beobachtete ich einfach nur, was sonst noch so geschah.
    Das Mädchen versuchte anscheinend aufzustehn und machte dabei so komische Bewegungen. Sie faselte auch so wirres Zeug, was ich nich verstand. Ich wartete einfach nur noch bis man sie auf´n Wagen gepackt hatte. Dann würd ich mich zu ihr setzen und sie wärm´n, so wie´s Ursus gesagt hatte. Wenigsten wär ich dafür zu gebrauch´n.