Beiträge von Caelyn

    Ich hörte Ursus aufmerksam zu und nickte wortlos. Meine Gedanken kreisten um das, was er gesagt hatte. Bisher hatte ich nicht im Traum daran gedacht, mit einem der männlichen Sklaven mehr als nur freundliche Worte auszutauschen. Die meisten waren ja ganz nett, aber mehr auch nicht. Gut der Neue, dieser Sertorio war ja wirklich ein guter Kumpel und manchmal hatte der mich auch so komisch angesehen. Ob der was von mir wollte? Der war wirklich ein netter Kerl!


    Dann nahm er meine Hände und sagte etwas, was mich total umhaute: er war stolz auf mich! Auf mich! So etwas hatte noch niemand zu mir gesagt!
    Ja, er hatte recht gehabt! Mensch, der Kerl war´n Römer! Einer von den Bösen!
    "Mir hat noch nie einer gesagt, dass er stolz auf mich ist! Danke, das ist wirklich nett. Und ich werd dich auch nicht mehr enttäuschen! Naja, ich versuch´s wenigstens!" Ich schmunzelte, als ich das sagte.
    Irgendwie kam ich mir jetzt etwas erleichterter vor, wenn man das so nennen konnte. Zum ersten Mal hatte ich offen mit einem anderen Menschen über meine Gefühle gesprochen und es hatte sogar etwas geholfen, auch wenn es nicht zum gewünschten Erfolg geführt hatte.

    Ich tat mir wirklich schwer mit dem Haar und die Frau tat mir echt leid, dass sie ausgerechnet an mich geraten war.
    "Öhm ja, ich komm aus Gallien. Bin noch nich so lange hier und vom Haare machen hab ich leider auch keine Ahnung. Tut mir echt leid, wenn ich dir weh getan hab. War wirklich keine Absicht!" Ich versuchte etwas zu lächeln, um damit meine Unsicherheit etwas zu übertünchen.
    Als dann ihre erlösenden Worte kamen, fiel ein ganzer Steinhaufen von meinem Herzen. Eigentlich wollte ich schon gehen, doch irgendetwas ließ mich inne halten und ich fragte noch mal sicherheitshalber nach. "Bist du wirklich sicher? Kommst du alleine zurecht?"

    "Aber was soll ich mit dem Gefühl da drinnen machen? Das geht nich einfachso weg!" sagte ich ihm und deutete auf mein Herz. Doch da konnte er mir sicher auch keine Antwort geben. Da konnte mir wahrscheinlich niemand eine Antwort geben und es war sinnlos, weiter darüber nachzudenken. Hätte ich doch nur jemanden gehabt, der mich auf all das vorereitet hätte. Aber jetzt war es dafür zu spät.
    "Es fällt mir schwer, über so was zu sprechen. Früher hab ich mich gegen so was gewehrt Denn die Kerle, die von mir was wollten, haben´s nie wirklich ernst gemeint. Die wollten nur...na du weißt schon."
    Es würde sicher eine lange Zeit brauchen, bis ich mir wirklich im klaren war, was ich tun könnte, um darüber hinweg zu kommen.
    Eine Familie zu haben, daran wollte ich jetzt noch gar nicht denken. Das konnte ich mir auch noch gar nicht vorstellen. Deswegen konnte das für mich auch kein Trost sein. Nicht jetzt!


    Schweigen folgte, das einen Weg zum innehalten bot. In der Ferne bellte ein Hund und von weitem erahnte man den Lärm der Stadt. Einige warme Strahlen der Wintersonne trafen den Park und sie wärmten uns. Es war eigentlich angenehm, hier zu sitzen. Eigentlich hatte heute alles gepaßt! Es wäre wirklich ein hervorragender Tag gewesen, wenn nur nicht dieses Gespräch so seinen Lauf genommen hätte!

    Ich folgte ihm wortlos und bald führte uns unser Weg heraus aus diesem Teil der Stadt. Nur einige Straßenzüge weiter befand sich ein kleiner Park, den er ansteuerte. Es war wirklich ein nettes, helles Plätzchen gewesen, geradezu prädestiniert, um sich von dem Lärm und dem Trubel der Stadt zu erholen und um für einen Moment inne zu halten.
    Er hatte sich auf einer Parkbank niedergelassen und wies mir den Platz neben sich zu. Zögerlich ließ ich mich nieder. Jetzt kam garantiert die nächste Gardinenpredigt. Aber auch diesmal hatte ich mich geirrt. Solcherlei Fragen, die er mir stellte, hatte ich keineswegs erwartet.
    Was erwartete ich denn eigentlich? Konnte ich denn überhaupt etwas erwarten?
    "Ich hab keine Erwartungen! Wie sollte ich die auch haben!" begann ich nieder geschlagen. Doch mir war klar, er würde eine Erklärung für das alles erwarten. "Ich weiß nich, was mit mir los is! So was hatt´ich noch nie! Du warst immer so nett zu mir und das war ich vorher nich gewohnt, dass einer so nett zu mir is. Das hat irgendwas in mir ausgelöst aber ich konnte nich genau sagen was. Es hat mich nur wütend gemacht, wenn du immer mit Cadhla zusammen warst. Was issn das? Is das so was wie Liebe?" Ich sprach so, als ob ich von einer gefährlichen und unbekannten Krankheit berichtete, denn es kostete mich sehr viel Überwindung.

    Ich hatte gar nicht seine Schritte gehört, denn ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Mein Gesicht war noch immer in meinen Handflächen vergraben und leise schluchzte ich vor mich hin.
    Doch plötzlich stand Ursus vor mir und sprach mich an. Ich erschrak und mit einem Ruck blickte ich zu ihm auf und sah ihn überrascht an. Wie hatte er mich hier nur finden können?
    Eigenartigerweise war er gar nicht wütend oder schrie mich an. Nein, im Gegenteil! Seine Stimme war gütig und sanft. Ich nickte nur und wischte mir eine Träne aus dem Gesicht.
    Dann stand ich auf und gälttete wieder meine Tunika. Meinen Blick hielt ich lieber gesenkt, denn ich wollte ihm nicht in die Augen blicken. Irgendwie schämte ich mich für das, was ich getan hatte. Das war eine der Situationen, die ich am meisten haßte! Dieses "Erwischt werden".
    Er wollte noch reden, mit mir? Na da war ich aber mal gespannt, was er mir jetzt noch auftischen würde!

    Ich lief immer weiter und Weiter. Meine Puste hätte noch für eine viel längere Strecke ausgereicht. Erst nach einer Weile sah ich mich um und schaute, ob ich verrfolgt wurde. Weit gefehlt! Nicht mal nachgerannt war er mir! Mein Gang verlangsamte sich etwas und ich rannte nicht mehr, sondern ging nur noch zügig. Wo ich mich mittlerweile befand, wußte ich nicht. Sicher war nur, den Markt hatte ich längst hinter mir gelassen. Dies hier war schon mehr eine Wohngegend. Auch die Masse an Passanten war hier viel geringer, als sie es auf dem Markt war. Über der Straße hingen mit Wäsche behangene Wäscheleinen. Hier wohnten bestimmt nicht die feinen Leute, so wie in der Villa Aurelia. Die Häuser waren viel kleiner und ärmlicher.
    Ich entdeckte ein enges dunkles Gäßchen. Da ging ich hinein. Es war mir egal, ob er mich finden würde oder auch nicht. Eigentlich wäre ja das auch die Chance gewesen, um zu türmen! Aber mir war nicht nach türmen! Ich war einfach nur wütend, traurig und völlig verwirrt wegen meiner Gefühle. Ich ging noch ein Stück weiter in das düstere Gäßchen hinein, setzte mich schließlich auf die erste Stufe einer Eingangstreppe und vergrub mein Gesicht in meine Hände.
    Der konnte mir echt gestohlen bleiben! Erst tat er so, als ob er mich mochte und dann sowas!

    Mann, der sah leicht angesäuert aus! "Also wie der hieß, mhhm, laß mich mal überlegen! Irgendwas mit Sta, Stro, nee, mhhm, ach ja Straton hieß der, ja genau! Naja, wir haben über alles mögliche geredet! Über das Fest und über die Leute und über das Essen und das Trinken!" Oh ja, der Wein. Es war sicher von Vorteil, wenn ich ihm nicht erzählte, dass ich mich im Laufe des Abends im Garten oral Erleichtert hatte! Gut, mußte ja auch keiner wissen! Über so was sprach man ja auch nicht!


    Mein Ablenkungsmanöver war kläglich gescheitert. Tja, der Schneider mußte wohl noch warten!
    Was jetzt kam, war die völlige Demontage meiner Gefühle, die ich mit Ach und Krach herausbekommen hatte und die mich jetzt noch mehr plagten. Worte, wie Liebe und Bett teilen, trieben mir die Schamesröte ins Gesicht. In dieser Beziehung war ich, wie eines dieser kleinen jungen Mädchen, noch jünger als Tilla, die zum ersten Mal etwas für einen Jungen ihres Alters empfanden aber noch überhaupt keine Ahnung hatten.
    Total eingeschüchtert stand ich da, wie ein begossener Pudel. Oh bitte, das war echt zu viel für mich! Warum konnte man sich nicht einfach unsichtbar machen? Am liebsten wäre ich weg gerannt! Aber wohin? Ich kannte mich hier doch nicht aus? Aber sollte das ein Hinderungsgrund für mich sein? Eigentlich nicht! Und so rannte ich los, irgendwohin, einfach die Straße runter, ohne mich nocheinmal umzusehen.

    Moment, das war definitiv zu viel! Mit einem Ohr hörte ich der jungen Frau zu und mit dem anderen Auge :P sah ich Tilla nach die sich einfach so aus dem Staub machen wollte. Aber hallo! so geht´s ja ma nich! "Mein Name ist Caelyn, domina." Die konnte mich doch jetzt nich alleine lassen. Doch konnte sie!
    So´n Mist! Völlig hilflos stand ich vor Duccia Clara und wußte nich so recht, was ich denn jetzt anfangen sollte. Ach ja, Haare hochstecken, ja! Ich nahm das rote Band und tat mein Bestes um die Haare nach oben zu bekommen. Naja, in solchen Dingen war ich eben noch lang kein Meister! Ob´s ihr wohl gefiel?

    Zitat

    Original von Straton


    Was sollt´n das heißen, die wenigsten Männer wissen eine Frau zu schätzen, die ohne Unterlass plappert?! Sollte das etwa ein Wink mit dem Zaunpfahl sein?
    "Na, das mit´m akzentfreien Latein, ey da könnt sogar klapp´n. Müßt mich halt ma´n bisschen dranhalten! Und das mit´n Klammotten krieg ich auch hin! Mensch die blöden Flecke sind bloß vom Ballspielen! Schweigen und lächeln? Du meinst ich soll gar nix mehr sagen? Ey, das is aber voll schwer! Weiß nich, ob ich das hinkrieg!"
    Das war ja echt viel, was da von einem abverlangt wurde! Ich grübelte ´ne Weile darüber nach und so nach und nach wurde ich das Gefühl nich los, dass ich vielleicht doch´n bisschen zu viel getrunken hatte. Mann, war mir auf einmal so schlecht!
    "Ey Kumpel, weißte was, ich glaub mir is schlecht!" Bloß keine Panik jetzt! Sicherheitshalber schaute ich mich mal um, wo ich mich denn hinretten könnte. Wäre sicher kein feiner Zug gewesen, wenn ich mich vor Ort erleichtert hätte!
    "Du, ich hau ma ab, innnen Garten! Danke für die Tipps ´ne. Ey, man sieht sich!"
    So und jetzt aber Tempo! Ab durch die Mitte, hinaus in die Botanik und würg! Geschafft, war gerade noch rechtzeitig! Na, dem Blumen beet hatte´s wahrscheinlich nich so gefallen, aber naja! Ey is alles Natur! Tun wir so, als hätten wir es nicht bemerkt! :P

    "Ey, was hast´n?" Fragte ich Sertorio ganz irritiert, als er ganz plötzlich verlegen zur Seite schaute. Ich hatte doch nur die Wurst auseinander gebrochen! Komischer Kauz! Aber als es dann was zu essen gibt, is er wieder voll da!
    "Ne, voll lecker das Zeuch!", schmatzte ich und biß nochmal in die Wurst. "Mhh, sowas gab´s früher nich!" Na, ganz so gesprächig is er ja nun wieder nich, muß man ´nem eben noch´nen Stoßer geben!
    "Sach ma, wat hast´n füher so gemacht und wie bist´n in die Scheiße hier hineingeraten?" So´n ordentliches Tischgespräch gehört ja eigentlich dazu, auch wenn´s gar keinen Tisch gibt!

    Das war gar nicht so einfach! Die Vergangenheit und diejenigen, die ihre hilfe verweigert hatten, aus welchem Grund auch immer, zu vergessen. Aber das, was er mir gesagt hatte, wollte ich mir zu Herzen nehmen. Was würde sich Mama wünschen?
    Auf jedenfalls würde sie es nicht wünschen, wie ich mich auf dem Fest benommen hatte. Seine Frage allerding verwunderte mich! Bei wem ich mich so schlecht benommen hatte? "Na, ich hab mich doch bei dir und den Anderen im Garten so schlecht benommen. Weißt du nicht mehr,ich hab dich belauscht,zumindest hab ich´s versucht und dann war ich doch so wütend und das, was ich gesagt hab? Naja, und dann hab ich mir auch noch ganz ordentlich die Kanne gegeben, öhm ich meine, ich habe mich anschließend in Rotwein ertränkt und habe so´nen Typen, einen Mann zugelabert." Hatte er das alles vergessen? Das konnte ich mir gar nicht vorstellen. Noch weniger vorstellen konnte ich mir, dass mein zweites Geständnis, mit dem ich ja soviel Probleme hatte, es überhaupt herauszubekommen, ihn dermaßen betroffen machen konnten. Das was er mir schließlich zu sagen hatte, ließ mich schon wieder bedauern, dass ich überhaupt etwas gesagt hatte. Er rechtfertigte sich nur doch er ging nicht darauf ein, was ich ihm eigentlich damit sagen wollte. Oder hatte er es vielleicht verstanden, wollte es aber nicht aussprechen? Ach, das war alles so schwierig und ich hatte doch gar keine Ahnung! Drum lächelte ich etwas schüchtern und meinte nur: "Ach, ist schon gut! Vergiß es einfach! Sollen wir weiter gehen? Wir müssen doch noch zum Schneider!"

    So einen auf Mitleid machen, hilft bei Niki immer!
    Ohne groß Worte zu machen, sah sie erst mich an und dann fiel ihr Blick auf Sertotio. Warum sie nur so grinste? Dann meine sie nur ganz trocken: "Für schwerarbeitende Seelnverwandte gib´s ein wenig Brot und einen etwas zu groß geratenen Wurstzipfel!" Was sie nur mit Seelenverwandte meinte? Wir war´n doch gar nich verwandt, der und ich! Aber was soll´s!
    Dankend nahm ich das Brot und den vermeindlichen Wurstzipfel, der doch eher ´ne ausgewachsene, geräucherte und äußerst gut riechende Wurst war und machte wieder kehrt, zu Sertorio hin. "Ey komm Alter, laß uns ´n ruhiges Plätzchen finden, wo wir in Ruhe essen können!"

    Irritiert guckte ich aus der Wäsche. Hatte er tatsächlich ein bisschen Ahnung von unserer Religion? Das hatte er bestimmt von Cadhla gehört! Von wem auch sonst? Hing er doch ständig mit ihr rum.
    "Ja sicher tun wir das! Wir geh´n sogar soweit und behaupten, wir wären unsterblich!" Das hatte jedenfalls Großvater immer gesagt. Ob das stimmte wußte ich nicht. Schließlich hatte ich´s ja noch nicht ausprobiert! "Na, das ist so, wenn du den Löffel abgibst, öhm ich meine, wenn man stirbt, dann lebt die Seele weiter in einem neuen Körper, allerdings nicht hier sondern irgendwo anders!" Ich hoffte, er hatte das jetzt so einigermaßen verstanden. Ich hatte es ihm ungefähr so weitergegeben, wie es mein Großvater einst getan hatte. "Na und bevor sie das ewige Leben antreten, soll sie Taranis´Donnerschlag treffen, diese miese Bagage! Die haben uns einfach im Stich gelassen! Die feinen Geschwister meiner Mutter, meine liebe Tante und mein lieber Onkel!" Mann, schon wieder war ich so richtig in Fahrt gekommen! Aber ich wollte mich doch wieder auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich das, was ich ihm sagen wollte. Hätte ich doch nur gewußt, wie man so was macht!
    Ursus dachte wohl, ich wolle ihm was beichten, irgendwas, was ich wieder in den Sand gesetzt hatte. So hörte es sich jedenfalls an. Wieso er eigentlich mal wieder auf diese Idee kam?
    "Ja weißt du, also, öhm ich.. ach Mensch, ich weiß nicht, wie ich´s sagen soll!"
    Es war doch echt wieder zum Mäuse melken! Wie sag ich´s meinem Kinde, öhm dominus?
    Um mir ein bisschen Mut zu machen, holte ich ganz weit aus und fiel nicht gleich mit der Tür ins Haus.
    "Ja also, an den Saturnalien, ´ne, als wir da bei den Flaviern waren, naja, da hab ich mich ja wirklich nicht so gut benommen. Ja, und das tut mir ja auch leid. Ehrlich! Aber weißte, ich war da total sauer, weil öhm, ich, öhm nee du, und Cadhla. Naja weil ich euch da so zusammensitzend gesehen hab. Deshalb war ich wütend, weil du nie so, ach Mensch, ich weiß nich, wie ichs ausdrücken soll!"
    Dass es mir heute gelungen war, mich selbstkeritisch über meine Vergangenheit zu äußern, war ja schon enorm viel, doch dass ich nun auch noch meine innersten Gefühle aussprechen sollte, sprengte einfach meine Grenzen. Zumal ich das vorher nie getan hatte und darin überhaupt keine Übung besessen hatte.

    Essen wär jetzt echt ´ne Alternative! "Jo Alter, laß uns was schabuliern gehn!" Klar! Niki rückt bestimmt was raus für halb totgefrorene Helden der Arbeit!
    Mann, echt! Sertorio is´n dufter Kumpel! Fast wie zu Haus, die Typen in meiner Bande, war´n auch echt dufte Kumpels!
    Also stiefelten wir los in Richtung Küche und mir stiegen die Düfte schon von Nikis vorbetreitetem Essen in die Nase. "Ey lecker!"
    Dann drehte ich mich wieder zu Sertorio, dem derzeit besten Kumpel der Welt, um und sagte ihm beschwichtigend: "Ey, laß mich ma machen! Weißte, es is noch´n bisschen früh! Jetzt gibt´s eigentlich noch nix zum knabbern. Ich frag Nikki ma ganz lieb, sonst schmeißt se uns vielleicht noch aus de Küche raus!"
    Ich ging auf Niki zu, mit ´nem eins A Lächeln im Gesicht. "Hallo Nikki, sach ma, haste was zu essen für meinen Kumpel Sertorio und mich? Wir sind total ausgefrorn und ha´m total viel gearbeitet!"

    Menschenskinder! Ich mußte doch echt meinen Göttern auf den Knien danken, dass sie mich heute Abend zu dem Typen hier geführt hatten. Hey, der sah zwar aus wie´n Lackaffe, aber wie´n Lackaffe, der echt was auf´m Kasten hatte!
    "Naja, wat heißt empfinden, weißte, ich hab´n halt irgendwie gern, auch wenn er manchma so´n bisschen langweilich rübber kommt! Ey, der kann manchma echt voll ne Schnarchnase sein, ´ne! Aber gut, der is trotzdem irgendwie .. süß. Ach du schei, öhm hab ich eben wirklich süß gesagt? Nee, isser natürlich nich. Er is lieb." Ich wußte ja, so richtigen Kerlen konnteste nich mit süß oder so´nem Scheiß kommen. Sowas sagten auch nur kleine Mädchen mit blonden Ringelllöckchen!
    "Ja aber weißte, das Problem is ja, erstens, ich trau mich nich, ihm das ma zu sagen und zweitens, was ja noch viel schlimmer is, öhm, ich hab ´s so mit Jungs noch nich gehabt, wenn de verstehst, was ich meine!" Tja, ich konnte mich doch immer wieder auf meine sexuelle Unerfahrenheit mit Kerlen verlassen, jedesmal wurde ich krebsrot im Gesicht!
    "Na weißte, prügeln will ich ihn ja gar nich! Un schon gar nich mit´nem Holzhammer, da kriegt er vielleicht noch was weg!" Wie war´n der drauf? Ich schlug doch keine Kerle! Mann, das war´n bestimmt ma wieder diese Vorurteile gegen gallische Frauen!
    "Aha, also ich soll was an mir ändern! Mhm! Wat denn? Ey komm, sach´s mir ehrlich, Kumpel, unter Freunden sacht man sich doch immer die Wahrheit!"
    So, jetzt war ich ja ma gespannt wie´n Flitzebogen!

    Es war wirklich ganz schön rührend, wie er mich an sich heranzog, um mich trösten zu wollen. Das war reinstes Balsam auf meine Seele!
    Ich nahm sein Tuch, trocknete meine Tränen damit und schneutzte einmal kräftig.
    Es war richtig nett, was er sagte, über das Glück und die Zukunft und so.
    "Von meiner Familie lebt nur noch mein Bruder, wenn überhaupt. Meine anderen, sogenannten Verwandten sind für mich gestorben! Taranis soll sie holen!" Kurz keimte der Zorn in mir auf, denn das war einThema, bei dem ich mich wahrscheinlich noch in hundert Jahren aufregen würde! Verdammte Bagage!
    Doch diese schlechte Gedanken wollte ich gleich wieder verbannen.
    "Da ist aber noch was, was ich dir, öhm, sagen will, muß.."
    Ich zögerte und wurde rot wie´n Krebs. Ob ich das denn jetzt wirklich vom Stapel lassen sollte? Naja, jetzt hatte ich gegackert, jetzt müßte ich auch legen!

    Mann, Mann, Mann! So wat, wie der sollte echt verboten werden. Der stürzte sich ja förmlich auf de Arbeit und konnt gar nich genug davon kriegen! Früher als gedacht war´n wir denn auch fertig. Wohin mit dem Gemüse? Gute Frage, diese Frage, nächste Frage!
    "Du ich hab echt kein blassen Schimmer! Vielleicht gibt´s hier irgendwo ´nen Komposthaufen oder so! Ey laß uns doch ma durch´n Garten latschen und gucken. Dat Zeuch is ja gar nich so schwer, wie dat aussieht, ´ne!"
    Ich stiefelte dann ma los. Ab in die Botanik! "Na los, komm schon! oder willste hier Wurzeln schlagen?"

    "Mensch, richt das gut! Da könnt ich mich ja echt ma dazulegen!" kommentierte ich den wohlduftenden Geruch, der von den Badeessenzen im balneum ausging. Doch mit dem dazulegen wurde es heute wohl nix! Drum seuftzte ich nur mal kurz und machte mich auf den Weg um diese Duccia Clara abzuholen, die ich bereits kurz nach ihrer Ankunft schon einmal gesehen hatte.
    An der Tür zu ihrem cubiculum angekommen klopfte ich einmal kräftig, öffnete dann die Tür und trat ein.
    "Öhm, domina, das Bad wär´dann so weit fertig. Wenn du mir bitte folgen würdest!"

    Es war ihm also doch nicht entgangen, was im Augenblick in mir vorging und wenn ich ehrlich war,war ich sogar froh darüber.
    Er legte seinen Arm um meine Schulter und führte mich weg von dem Trubel, so dass wir etwas ungestörter waren.
    Wieder war er mir auf einmal so nahe. Aber ich wehrte mich nicht dagegen. Ich empfand es sogar als angenehm. Tausend Sachen hätte ich ihm jetzt sagen können. Ich wußte gar nicht so recht, wo ich anfangen sollte. So bagann ich einfach drauf los zu sprechen.
    "Nein, nein ist schon gut! Es ist nur, ich habe an früher denken müssen, als es mir noch gut ging und meine Mutter noch lebte. Wäre sie nicht gestorben, wäre aus mir nie das geworden, was ich geworden bin. Warum hat sich damals niemand um uns gekümmert? Warum nicht? Sie haben uns von heute auf morgen einfach auf die Straße gesetzt. Ich wollte so nicht werden. Das wollte ich nicht. Ich wollte nicht klauen.
    Ach, ich wollte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Ich vermisse meine Familie so!
    Und dir, dir muß ich so dankbar sein! Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich vielleicht sonst wo gelandet! Und jetzt hast du mir auch noch das Pferchen geschenkt! Weißt du eigentlich was das für mich bedeutet?
    Und ich, ich hab mich manchmal so scheußlich benommen und mache immer alles falsch! Das tut mir so leid. Das wollt ich nicht. Aber ich will lernen und all das aufholen, was ich verpaßt hab. Die Hälfte meines Lebens ist verlorene Zeit!"
    Mittlerweile liefen mir nur so die Tränen über die Wange. Die alte Caelyn hätte wahrscheinlich gesagt hey Mädel, warum läßte dich denn so geh´n und vor ´nem Typen auch noch! Doch das interessierte mich nicht mehr. Ich wollte meinen Gefühlen freien Lauf lassen und wollte das ausdrücken, was mich bewegte.
    Schließlich lehnte ich mich wirklich an ihn und vergrub mein Gesicht in seiner Tunika.
    Nach einer Weile hatte ich mich wieder etwas gefangen und sah zu ihm auf. "Nein bitte, ich möchte nicht nach Hause gehen. Ich hab mich doch schon so lange auf diesen Tag gefreut!"

    "Das klingt schön. Sicher hast du eine sehr schöne Kindheit erleben dürfen", sagte ich dann nachdenklich. Sicher war es eine Kindheit, in der alles vorhanden war, was man so brauchte. Eine liebevolle Mutter und ein Vater, der vielleicht etwas streng war aber duchaus auf Verständnis zeigen konnte. Viele Spielsachen, ordentliche Kleidung und jeden Tag etwas ordentliches zu essen.
    Davon hätte ich nur träumen können, Solange meine Mutter und mein Großvater gelebt hatten, ging es mir ja auch einigermaßen gut. Meine Mutter hatte sich immer bemüht, meinem Bruder und mir ein gutes Zuhause zu bieten. Auch wenn das für eine alleinstehende Frau nicht so einfach war. Wie konnte es nur soweit kommen? Warum hatte man mir mein Leben nur so ruiniert? Diese beiden Fragen beschäftigten mich ständig auf´s neue und ich wandte mich ab von ihm, so dass er mein Gesicht nicht sehen konnte und vergrub es in meinen Händen, als wäre es mir soeben erst bewußt geworden, dass die letzten zehn Jahre meines Lebens, vergeudete Zeit gewesen war.
    Hätte es hier ein Versteck gegeben, ich wäre dort hingeflüchtet und hätte mich nicht mehr hinausgetraut. Die ganze Zeit über war ich stolz auf mein angeblich so freies Leben auf der Straße gewesen. Warum tat es jetzt auf einmal so weh, darüber nachzudenken? Und warum mußte mir das an diesem heutigen Tag passieren, auf den ich mich schon solange gefreut hatte?
    Auf einmal war alles so anders. Sollte ich jetzt auch noch dankbar sein, daß man mich zur Sklavin gemacht hatte? Es hätte mich auch weitaus härter treffen können. Das hatte ich zu bedenken.