Wie vom Ianitor angeordnet brachte der Sklave die Neuankömmlinge ins Atrium, wo er ihnen zunächst etwas zu trinken anbot, bevor er sich entschuldigte, um den anwesenden Decimi Bescheid zu geben.
Beiträge von Decima Seiana
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http://img16.imageshack.us/img16/1551/ephialtesianitor.jpg So ostentativ, wie die Ankömmlinge vor der Porta die Siegel und Zeichen schwenkten, konnte Ephialtes gar nicht übersehen, dass es sich hier um einen Decimus handeln musste. Wenn er nicht gerade irgendwen beklaut hatte, hieß das, aber wer wollte schon in Zeiten wie diesen sich freiwillig ausgerechnet in diese Familie irgendwie einschleichen? Zu holen war im Moment ja nach wie vor noch nichts bei ihnen, ersetzt worden war zunächst nur das, was zum Leben wirklich nötig war. Davon abgesehen waren sie nur wenige... und es sah nicht so aus, als könnte irgendwo noch wer hervor springen.
Als Ephialtes merkte, wie paranoid er sich gerade aufführte, rief er sich in Gedanken selbst zur Ordnung und hielt mit einer einladenden Geste die Tür ganz auf. „Willkommen in der Casa Decima Mercator, Dominus.“ Er winkte einen Sklaven herbei, der die Besucher ins Atrium bringen und anschließend jemanden von der Familie holen würde – auch wenn es da im Moment nicht viele zur Auswahl gab.
IANITOR - GENS DECIMA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Raghnall, den Rotz gekonnt ignorierend, wollte schon antworten, als der Soldat es sich doch noch mal anders überlegte und beschloss, dass ihm das egal war. Auch gut, damit konnte der Gallier sicher leben, dass das einfach ging. „Schönen Tag noch.“ Mit diesem Worten und einem kurzen Winken, das mehr aus einer erhobenen Hand bestand als einer tatsächlichen Bewegung, ging Raghnall an dem Mann vorbei und ins Lager hinein, in die Richtung, die ihm gewiesen worden war. Den Teil der Schwarzröcke fand er problemlos, da wurde es dann etwas schwieriger – selbst wenn er gewusst hätte, wo er genau suchen sollte: er wusste ja nicht, wo der Iunius genau war. Aber auch hier half ein bisschen herumlaufen, hier und da noch wen fragen, und schon war er bei der richtigen Einheit gelandet – wo er einfach mal wieder irgendeinen Soldaten ansprach: „Centurio Iunius bräucht ich. Wo find ich den?“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Bitte lass mich nicht alleine. Ach du liebe Güte... Raghnall warf einen kurzen Blick auf seine Hand, die Mira nun festhielt, und schwankte zwischen Belustigung und nun doch tatsächlich aufflackerndem Beschützerinstinkt. Die Kleine ließ einem ja fast keine andere Wahl. Und gleichzeitig musste er wieder daran denken, wie Bran darauf wohl reagiert hätte – und kam so langsam selbst in Versuchung, das ein bisschen auszunutzen. Hey, warum auch nicht? Den Beschützer zu spielen machte auf viele Weiber entsprechenden Eindruck, und am Ende hatten ja beide was davon... aber er rief sich innerlich selbst zur Ordnung. Das hier war weder die Zeit noch der Ort dafür, zu sehen ob er Mira rumkriegen konnte, und davon abgesehen: er war nicht Bran. Bei seinen Mitsklavinnen der Casa Decima hielt er sich in aller Regel zurück, vor allem wenn da erst Überredungskunst vonnöten war – das Leben war schlicht einfacher so. „Keine Sorge“, brummte er also nur mit einem Schmunzeln, anstatt sich darüber auszulassen, dass sie sich auf ihn verlassen könnte oder ähnliches Geschwafel, um sie zu beeindrucken. Was ihn allerdings nicht davon abhielt, ausgiebig ihr Hinterteil zu mustern, als sie erst mal an ihm vorbei war und durch die Tür in den Gang hinausging. Mit einer schwungvollen Bewegung schloss er die Tür dann hinter sich und folgte ihr. „Sicher. Die können uns kaum verhungern lassen... und hey, wir haben ne harte Zeit hinter uns.“ Jetzt grinste er sie wieder unbekümmert an. „Wir schauen einfach mal.“ Er kam an ihre Seite und ging einfach mal los, in irgendeine Richtung. „Was hatten die gerade noch beschrieben, wo die Küche ist...?“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Die anderen, die dabei gewesen waren am Tag der Verhaftung, waren logischerweise die erste Anlaufstelle gewesen... und nach dem, was Raghnall von Bran erfahren hatte, war der Iunius ebenso logischerweise zu seiner nächsten Station geworden. Was aber nicht hieß, dass der Gallier es dabei bewenden ließ. Abgesehen davon, dass der Iunius ihm nicht alles hatte erzählen können was er wissen wollte, war es sowieso nie gut sich nur auf eine Quelle zu verlassen. Also hatte er sich weiter umgehört, hatte mit ein paar seiner Kontakte gesprochen, und schließlich jemanden aufgetrieben, der jemanden kannte, der jemanden kannte, der jemanden kannte... der in der VIII diente, und gegen eine entsprechende Entschädigung womöglich bereit war, ihm ein bisschen was zu erzählen, was innerhalb der Mauern der Castra so vor sich ging. Und so saß Raghnall nun hier, bei sich einen Beutel voller Münzen, den er aus einem der Verstecke für das Vermögen der Decimi geholt hatte – dass die Decima da nichts dagegen haben würde, darüber war er sich sicher, und selbst wenn er es nicht gewesen wäre, hätte ihn das kaum gestört –, und wartete geduldig darauf, dass der Mann auftauchte.
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Den Iunius zu finden – oder besser gesagt: den Ort zu finden, wo der Iunius sein könnte –, hatte sich als nicht allzu schwer entpuppt. Keiner machte ein Geheimnis daraus, wo die meisten der Prätorianertruppen lagerten, und dank Bran wusste er auch, nach welcher Cohorte er suchen musste. Und dass die wiederum im Bereich der II. Legion zu finden war, hatte Raghnall recht schnell herausfinden können. Also schlug er nun genau dort auf: bei der Secunda. Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen näherte er sich den Wachposten am Lagereingang. „Salvte. Ich würd gern mit Centurio Iunius sprechen, von der 2. Cohorte der Prätorianergarde.“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img16.imageshack.us/img16/1551/ephialtesianitor.jpg Ein wenig hatten sich die Zustände in der Casa Decima inzwischen gebessert. Immerhin: sie hatten ja nun einige Zeit gehabt, aufzuräumen und zumindest die gröbsten Sachen zu ersetzen. Trotzdem waren die Spuren der Soldaten und des Mobs immer noch zu sehen im Haus, denn natürlich hatte nicht alles sofort ersetzt werden können – schon gar nicht, so lange noch in den Sternen stand, was mit den gefangenen Decimi passierte. Und die Veteranen schwirrten auch immer noch rum, man konnte ja nie wissen, was manchen Leuten so einfiel... Genau deshalb war Ephialtes auch nach wie vor vorsichtiger als gewöhnlich, wenn es klopfte. Die Tür öffnete sich also nur einen Spalt breit, in dem der Ianitor sich zeigte: „Salvete. Wie kann ich euch behilflich sein?“
IANITOR - GENS DECIMA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Von der Villa Flavia kommend betrat Raghnall mit lockeren Schritten die Insula und lief leichtfüßig die Treppe hinauf bis zu den zwei Wohnungen, die die Decima für sie beansprucht hatte. Er war noch nicht wieder hier gewesen seit jenem Tag von Seianas Gefangennahme, hatte er doch dafür bisher keine Gelegenheit gehabt, aber als er nun die Wohnung wieder betrat, war im Grunde alles wie davor: Bran, die Amme, die junge Sklavin. Und das Mädchen. Schon gewachsen, aber im Grunde immer noch so klein... aber es schien alles in Ordnung zu sein mit dem Kind, die Amme wirkte jedenfalls völlig entspannt, und da er der Decima geholfen hatte sie auszusuchen, da er zudem Gelegenheit gehabt hatte, sie in der letzten Zeit ein bisschen kennen zu lernen, vertraute er darauf, dass sie schon richtig liegen würde. Und so wie sie das Mädchen ansah, wenn sie es im Arm hatte, war das Kind gut aufgehoben bei ihr... was daran liegen mochte, dass ihr eigenes gestorben, noch bevor Seianas geboren worden war. So oder so: dem Kind ging es scheinbar gut.
Mit knappen Worten erzählte er den anderen, was passiert war – seine Ankunft in der Casa Decima, der Mob auf den Straßen, der Durchbruch, ihre Flucht. Wie Álvaro und er vorübergehend in der Villa untergekommen waren, während der Rest der decimischen Sklavenschaft versuchte, Stück für Stück die Casa Decima aufzuräumen. Sogar Bran wirkte davon ein wenig beeindruckt, hatte Raghnall den Eindruck, allerdings zeigte sich davon nicht mehr viel, als er ihn noch mal danach fragte, was passiert war an dem Tag, als Seiana gefangen genommen wurde.http://img209.imageshack.us/img209/2221/bran.png Er konnte ihm auch nicht viel mehr erzählen als Álvaro, und schien nun eher desinteressiert. „Gab nen bisschen Krach, aber die ham sich viel schneller verzogen als ich gedacht hätt. Die wollten die Decima wohl einfach nur schnell in den Carcer schaffen.“
Raghnall kratzte sich an seinen Bartstoppeln. „Was in der andern Wohnung noch gefunden?“
„Nö“, machte Bran nur und zog sich die junge Sklavin auf den Schoss, die sich das kichernd gefallen ließ. Raghnall verdrehte die Augen. „Hey, nen bisschen aufpassen hier, ja? Noch irgendwas interessantes?“
„Nö“, kam es erneut von dem Leibwächter, der Raghnall gar nicht mehr ansah, sondern sich grinsend mit der Haut der Sklavin beschäftigte. Der Gallier schnaubte unwillig, griff kurzerhand zu und zog das Mädel mit einem Ruck von Brans Schoss herunter, so dass sie auf dem Boden landete. Bran fuhr auf und holte aus, um ihm eine Ohrfeige zu verpassen, aber damit hatte Raghnall gerechnet und machte einen schnellen Schritt zurück – bevor allerdings einer von beiden noch etwas anderes tun konnte, stand plötzlich die Amme bei ihnen und starrte sie finster an. Sie legte die flach ausgestreckte Hand an ihre Kehle, den Zeigefinger an der Haut, und zog sie einmal rasch von links nach rechts, und die Geste, so knapp sie auch war, erinnerte zumindest Raghnall wieder daran, warum er eigentlich hier war – und das war ganz sicher nicht, um sich mit Bran anzulegen. „In Ordnung, vergiss es einfach. Ich verschwind wieder und seh zu, was ich noch rauskriegen kann.“ Mit diesen Worten wollte er eigentlich gehen, aber wieder war es die Amme, die ihm zuvor kam. Sie deutete zur Tür, machte eine hereinwinkende Geste, deutete auf Bran und dann auf die Wiege, in der das Kind lag. Mit einem auffordernden Blick sah sie dann Bran an, und tatsächlich: dessen Gesichtsausdruck schien sich plötzlich ein wenig aufzuhellen. „Ah stimmt ja. Da war noch nen Besuch da. Nen Kerl. Der mit dem sie sich im letzten Jahr immer wieder mal getroffen hat.“
„Der Iunius?“
„Jap, der. Hat aber jedenfalls gewusst, dass sie net hier ist. Meinte er hätt mit ihr sogar gesprochen, dass sie gesund wär und so. Dann hat er sich das Balg angeschaut.“ Bran hatte mittlerweile der Sklavin vom Boden hoch geholfen und sie mit einem Klapps auf dem Hintern davon geschickt. „Wenn was wär, könnt man ihn bei den Truppen finden, die vor Rom lagern. 2. Cohorte irgendwas... Oder ne Nachricht für ihn in seiner Casa hinterlassen.“
„Hu“, machte Raghnall, aber es klang mehr erfreut als nachdenklich. War er vorhin noch frustriert gewesen, hatte er nun fast mehr in der Hand als er erwartet hätte. Dass der Iunius die Gelegenheit genutzt hatte hierher zu kommen, überraschte ihn nicht allzu sehr, aber dass er offenbar bei Seiana gewesen war und mit ihr hatte sprechen können, dann doch etwas mehr... umso besser. Musste er den Kerl nur noch finden, aber selbst das sollte sich als nicht allzu schwierig gestalten – hoffte er.
„Sonst noch was?“ Diesmal schüttelten Bran und die Amme einhellig den Kopf. „In Ordnung... wenn ihr was braucht, wisst ihr ja, wo ihr mich finden könnt.“ Mit diesen Worten verschwand Raghnall nun tatsächlich – sah kurz noch in der benachbarten Wohnung vorbei, musste allerdings feststellen, dass sie dort schon aufgeräumt hatten und außer dem Loch in der Wand nichts mehr zu sehen war... aber gut: da hätte er wohl so oder so nichts gefunden, was ihm weiter geholfen hätte. Also verließ er die Insula endgültig.
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Raghnalls erstes Ziel, als der Flavius ihn los schickte mit dem Auftrag, lag recht nah: Álvaro. Von dem hatte er sich noch mal genau beschreiben lassen, was er mitgekriegt hatte, während Raghnall selbst von den Soldaten fortgeschickt worden war – was er auch befolgt hatte, immerhin waren da auch im Treppenhaus welche gewesen... einfach in die Nachbarwohnung spazieren war da nicht in Frage gekommen. Aber Álvaro war da ja drin gewesen, gemeinsam mit Bran und der Amme, und obwohl er ihn natürlich schon gefragt hatte, was noch vorgefallen war, fragte er ihn jetzt erneut, auch wenn der Iberer ihm nicht wirklich was neues erzählen konnte: es hatte Lärm gegeben, die Soldaten hatten sich offenbar für ein paar Momente noch einen Spaß daraus gemacht, der Decima Angst einzujagen – aber passiert war zumindest in der Insula dann offenbar nichts mehr, jedenfalls waren sie recht bald verschwunden. In der Wohnung war laut Álvaro auch nichts gewesen, was sonderlich auffällig gewesen wäre... ein bisschen Unordnung, ein Loch in der Wand, das wohl von einem Fausthieb stammte, und die Sandalen der Decima, die mitten im Raum lagen. Da war noch am hilfreichsten, woran er selbst sich erinnern konnte, als sie sie geholt hatten: dass der Centurio ein Helvetier gewesen war, dass er bei der Secunda war, dass sie die Decima zur Castra hatten bringen wollen. Obwohl Raghnall also vermutete, dass ihm auch keiner von denen würde helfen können, die in der Wohnung geblieben waren, beschloss er, dass er ihnen trotzdem einen Besuch abstatten sollte... vielleicht war Bran ja doch noch etwas anderes aufgefallen. Und davon abgesehen: Raghnall wollte doch irgendwie wissen, wie es dem Mädchen ging. Zur Casa Decima hingegen würde er nicht gehen – da hatte er so ungefähr jedes Mal vorbei geschaut, wenn er es geschafft hatte für ein paar Stunden Freigang aus der Villa zu bekommen. Die konnten ihm nicht viel sagen über den Verbleib der Decimi, nicht mehr als er sowieso schon wusste.
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img853.imageshack.us/img853/2552/rheavilica.jpg Rhea wusste nicht so recht, was sie mit dem ersten Kommentar anfangen sollte, aber so lange der Decimus nicht auf einer Antwort bestand, war es wohl das beste auf solcherlei Äußerungen nicht zu reagieren. Man lebte als Sklave besser damit, auch wenn sie als Vilica freilich sogar die Pflicht hatte, mit ihren Herren anders zu reden, um ihrer Arbeit vernünftig nachzukommen. Sie konnte beispielsweise nicht einfach den Kopf in den Sand stecken, wenn ihr Fehler auffielen. Aber das hier gehörte ganz sicher nicht in diese Kategorie, und man musste ja nicht unnötig das Risiko eingehen Ärger zu kriegen. Zumal auch das zu einem guten Sklaven gehörte: professionell alles zu überhören, was der Sache nicht dienlich war.
Ebenso wortlos half sie dann mit, den Tisch umzudrehen, als der Dexter diesen unbedingt jetzt ansehen wollte und dafür sogar zwei andere Sklaven aus deren Arbeit riss, um das zu tun. Sie hatte zwar gefunden, dass das etwas war was Zeit hatte, dass es wichtiger war erst mal den gröbsten Unrat und Schmutz zu beseitigen, vor allem in den Cubicula, damit dort wieder geschlafen werden konnte – aber auch das war eine Sache, bei der es sich nicht lohnte sich mit einem der Herrschaften anzulegen. Sie packte also einfach mit an, begutachtete dann gemeinsam mit dem Decimus den Tisch und nickte anschließend, als er ihr seine Einschätzung mitteilte. Mit einem schnellen Griff nahm sie wieder die Tabulae auf, die sie vorhin beiseite gelegt hatte, zog diejenige für das Triclinium hervor und machte sich beim Tisch eine Notiz. „Die Kratzer können vielleicht abgeschliffen werden“, erwiderte sie. „Falls nicht, oder falls das Ergebnis nicht zufriedenstellend ist, kannst du mit deinen Verwandten immer noch entscheiden, was hier zu tun ist.“ Vielleicht würde es sich dann auch lohnen, gleich ganz einen neuen Tisch zu kaufen – die Platte dürfte ohnehin mit Abstand das teuerste sein. Aber wie Dexter schon richtig gesagt hatte: das war ganz sicher nicht oberste Priorität im Moment. „Zum Essen für die kommenden Wochen dürfte es so ganz sicher reichen. Sollen wir weiter gehen, Dominus?“
VILICA - GENS DECIMA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Mira schien arg verängstigt zu sein, fand Raghnall, jedenfalls wirkte sie so. Jemand musste auf sie aufpassen, wurde ihm bewusst... nicht dass er so etwas wie einen ausgeprägten Beschützerinstinkt besaß, das überließ er mal schön Álvaro, aber sie war eine Sklavin der Decima, weswegen Raghnall durchaus wollte, dass sie heil wieder nach Hause kam. Und so wie sie gerade wirkte, würde sie in anderen vielleicht Raubtierinstinkte wecken... Bran, beispielsweise, was ein Glück dass Álvaro hier war und nicht der – Bran hätte vermutlich sein Möglichstes gegeben, die Unsicherheit Miras auszunutzen. Machte er mit jeder Frau, die ihm über den Weg lief. Bran allerdings auch ein decimischer Sklave und wusste, welche Grenzen er überschreiten durfte, weswegen er sich bei seinen Mitsklavinnen im Haus der Decimi zurückhielt. Die flavischen Sklaven allerdings... Raghnall war sich nicht so sicher, ob die das tun würden bei fremden Sklaven, die plötzlich auch hier waren, ganz abgesehen davon, dass er schon hin und wieder Geschichten gehört hatte über die Flavier und ihre Sklaven, mit ihrer Zucht, auf deren Reinheit und Erzeugnisse sie so stolz waren – manche der Sklaven genauso wie die Herren! –, und wie sie miteinander umgingen... und auch wenn manches davon sicher ins Reich der Legenden zu verbannen war, hatte der Gallier trotzdem genug gehört um zu glauben, dass hier auf jeden Fall eine deutlich andere Sprache gesprochen wurde als im Haus der Decimi. Jemanden wie Mira hier dann allein zu lassen kam ja wohl in etwa gleich damit, ein Kaninchen den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen. Oder eher Schlangen? Egal, jedenfalls beschloss Raghnall, Mira vorerst mal nicht allein zu lassen. Er konnte sich auch später noch hier umsehen.
„Klar glaub ich das“, grinste er unverhohlen zurück, und zwinkerte ihr dann zu. „Wenn nicht, holen wir uns einfach was. Komm, lass uns mal nach der Küche suchen.“ Raghnall ging die paar Schritte bis zur Tür und hielt sie für Mira auf.
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Flavische Familienmitglieder. Von denen hatte er bisher noch gar nichts gehört, und er wagte zu bezweifeln, ob er groß was würde herausfinden können... aber mal sehen. „Wie du wünschst, Dominus“, erwiderte er nur, bevor er sich umdrehte und aus dem Officium verschwand, als der Flavier ihn entließ.
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Die Soldaten erwiesen sich als recht einsilbig, während einer von ihnen verschwand, um nachzufragen ob er rein durfte ins Lager, und Raghnall gab es schließlich auf, sie zu einer Unterhaltung bewegen zu wollen. Allerdings musste er auch nicht sonderlich lange warten, bis der Kerl wieder da war, ihn mit sich winkte und ihm auf dem Weg in kurzen Worten zu verstehen gab, dass der Centurio beim Praefectus sei, Raghnall aber nicht warten müsse, weil der Praefectus erlaubt hatte, dass er dazu stoßen konnte. Der Gallier grübelte kurz darüber, ob das nun eher gut oder schlecht war... aber naja, der Praefectus war ja ein Bekannter der Familie, unter ihm hatte auch schon Serapio gedient, war also vermutlich unkritisch. Ändern konnte er daran ohnehin nichts, dass er Massa nun nicht allein treffen würde. Und da er sowieso keine genaue Vorstellung davon hatte, wie das Gespräch laufen würde – da er einfach nur gekommen war, um die durch den Bürgerkrieg losen Familienbande der Decimi wieder ein wenig mehr zu verknüpfen, damit wenigstens jeder Bescheid wusste, was mit den anderen los war – da das also so war, machte es vielleicht sowieso keinen großen Unterschied, ob er jetzt allein mit Massa war oder nicht.
Er folgte dem Soldaten also durch das Lager bis zum Zelt des Praefecten, wartete geduldig, bis er angekündigt worden war, und trat dann selbst ein, wo er erst mal einfach nur grüßte: „Salvete, die Herren. Praefectus.“ Er nickte erst ihm zu, dann Massa. „Dominus.“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Der Cornelier war endlich eingetroffen... und Raghnall erhoffte sich davon in erster Linie, dass bald Klarheit darüber herrschen würde, was mit der Decima geschah. Álvaro und er waren immer noch bei den Flaviern, nicht so sehr weil sie das unbedingt wollten, sondern weil die Decima nichts dazu gesagt gehabt hatte, bis wann sie bei ihm bleiben sollten – und ob das nun so war, weil sie keinen hatte sagen wollen, oder weil sie keine Gelegenheit mehr gehabt hatte das zu sagen, war letztlich egal. Sie hatte nichts dazu gesagt, also blieben sie beim Flavier, da waren Álvaro und er sich einig, ohne je ein Wort darüber verloren zu haben. Allerdings: wenn sich die Gelegenheit bot, aus der Villa Flavia zu entkommen und irgendwelche Besorgungen in Rom zu erledigen, nutzte der Gallier sie. Jedes Mal. Manchmal schaffte er sich auch einfach Gelegenheiten. Da sie immerhin nicht Besitz der Flavier waren, war die Aufsicht durch die Sklaven, die im Moment das Regiment anführten, bei ihnen etwas weniger streng, und da Raghnall sowieso schon vom Senator selbst Aufträge bekommen hatte, die ihn zwangsläufig aus der Villa rausführten, fragte gerade bei ihm zum Glück keiner so genau nach.
Einzug des Corneliers also. Raghnall war in der Menge gewesen am Straßenrand, um wenigstens einen Blick auf ihn zu erhaschen, hatte den Zug verfolgt... jetzt, Stunden später allerdings, hatte sich alles irgendwie wieder aufgelöst. Der Gallier indes hatte sich in der Zwischenzeit erkundigt, wer da nun genau alles neu dazu gekommen war zu den Truppen vor der Stadt, und als er gehört hatte, dass auch die Classis Misenensis dabei war, machte er sich auf den Weg dorthin. „Salvete, die Herren“, grüßte er am Lagereingang die Wachsoldaten im Plauderton. „Den Centurio Decimus Massa hätt ich gern gesprochen... ich komm von seiner Familie.“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Die flavischen Sklaven kümmerten sich tatsächlich um sie, lotsten sie vom Eingang durch das Atrium hindurch zu den Unterkünften der Sklaven, was Raghnall zwar irgendwie erwartet hatte, was ihm aber doch ein lautloses Seufzen entlockte. Als Leibsklave war er – genau wie Álvaro als Custos Corporis – etwas anderes gewohnt. Eine kleine Kammer für sich allein, beispielsweise, keine einfache Pritsche in einem Raum mit anderen zusammen. Aber er hielt die Klappe, schon allein weil es wohl nicht viel bringen würde irgendwas zu sagen – und der Gallier war pragmatisch. Aufwand wurde nur dann betrieben, wenn es sich zu lohnen versprach.
Ihnen wurde gezeigt, wo sie Decken holen konnten, beschrieben wo die Küche war, damit sie später etwas essen konnten, und dann dankenswerterweise erst mal allein gelassen. Ein paar Handgriffe später, und die freien Pritschen waren ausgestattet mit einer einfachen Decke, und während Álvaro sich im Anschluss daran nur mit einem Nicken verabschiedete und die Götter wussten wohin verschwand – Raghnall vermutete ja, dass er die Leibwächter des Hauses aufzusuchen gedachte, um seine Hilfe beim Schutz des Hauses und vor allem des Flaviers anzubieten, so lange er hier war –, wandte der Gallier sich Mira zu. „So, das hätten wir. Hast du auch so Hunger?“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
Zitat
Original von Mira
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Und da gingen sie hinein, alle miteinander. Erst natürlich die Herrschaften, aber die Sklaven kamen auch dran, und immer noch sagte keiner zu ihm: DU gehst jetzt aber noch da und da hin, um das und das zu erledigen, und danach das, und dann das... nein, keiner wollte was von ihm. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, als sein Blick auf die junge Sklavin fiel, die aus irgendeinem Grund mitgekommen war. Warum, wusste Raghnall nicht, das hatte er nicht mitbekommen, aber das konnte er ja noch rausfinden. Álvaro war sowieso keine allzu gute Gesellschaft, und die flavischen Sklaven würde er schon noch Gelegenheit genug haben kennen zu lernen. Also... gesellte er sich zu Mira. „Na komm. Schauen wir mal wo sie uns hinverfrachten“, brummte er ihr leise zu, während sie hinein gingen.
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png Als Raghnall eintrat, war er in der Tat ein wenig überrascht, wie der Flavier nun aussah. Wie... naja. Wie ein Senator halt. Natürlich war zu erwarten gewesen, dass er sich jetzt, wo er wieder in seinem eigenen Heim war und es wohl auch keinen Grund mehr gab zu verbergen wer er war, auch wieder kleidete und anderweitig herrichten ließ wie ein Senator... aber es war eine Sache, das zu wissen, und etwas anderes, diesen Wechsel im äußerlichen Erscheinungsbild dann zu sehen.
Der Gallier allerdings hatte sich zu gut unter Kontrolle, um sich seine kurze Verblüffung anmerken zu lassen. Stattdessen meldete er sich einfach nur und wartete dann ab, was der Senator von ihm wollte – und er musste ja gestehen, das war ein Auftrag, der ihn freute. So was war sein Gebiet, nicht irgendwelche Statuen abstauben oder so. Davon abgesehen interessierte es ihn ja selbst, was mit seiner Herrin geschehen war... und mit deren Bruder, schon allein deshalb, weil sie das würde wissen wollen. Sie wollte immer wissen, was mit ihrem Bruder war, genauso wie ihre Mutter zuvor – nach dessen Verbleib zu forschen war Raghnall schon lang gewohnt. „Werd ich machen“, erwiderte er, in der für ihn üblichen selbstbewussten Art. Dass er scheitern könnte an dem Auftrag, kam ihm gar nicht in den Sinn. „Kann ich sonst noch etwas für dich erledigen, Dominus?“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
Bestimmt, hörte sie. Faustus glaubte also auch daran, dass der Flavier ihnen helfen würde. Seiana wusste nicht, ob er das nur sagte weil sie es hören wollte, oder weil er sich so sehr daran klammerte wie sie – aber das war ihr auch egal. Sie wollte es gar nicht wissen. Es konnte, es durfte nicht anders als wahr sein. Gemeinsam mit dem Duccius, was auch immer der tun konnte oder würde, war Flavius Gracchus die hochkarätigste Unterstützung für Faustus, die sie kriegen konnten. Das durfte sich einfach nicht als trügerische Hoffnung herausstellen. „Bestimmt“, wiederholte sie also nur bekräftigend und versuchte zu lächeln, was ihr allerdings ziemlich misslang. Sie sah wieder auf ihre Hände hinunter und zuckte dann zusammen, als Faustus auf ihre nächste Frage plötzlich heftig reagierte – und wurde noch besorgter, als sie seine Worte hörte. Da war es schon wieder. Verbrecherbane. Gegen Rom gezogen. Was Sache war. Seiana spürte Verzweiflung in sich aufkeimen. Er durfte so einfach nicht reden – aber wenn er sogar die Hilfe eines alten Freunds nicht in Anspruch nehmen wollte deswegen, wie um alles in der Welt konnte sie ihn dann davon überzeugen, dass er diese Ansichten in Zukunft für sich behalten sollte? „Faustus...“ Ihre Stimme erstarb wieder, während ihre Gedanken rasten. Sie wusste einfach nicht, wie sie das ansprechen sollte... stattdessen stürzte sie sich also auf das, was er ihr an Informationen gegeben hatte. Licinus. Guter Freund, Waffenbruder, hatte Land bekommen von ihm. War der Primus Pilus. Das war immerhin etwas. Faustus würde den Mann vielleicht nicht um Hilfe bitten, aber bei allen Göttern, sie würde es tun.
„Denk dir nichts“, murmelte sie leise und strich erneut über seine Haare. „Der Husten klingt furchtbar...“ Sie versuchte immer noch Worte zu finden, mit denen sie ihn überzeugen könnte, still zu sein. Nichts mehr zu sagen über das, was er herausgefunden hatte. Entsprechend unvorbereitet erwischte es sie, als ihr Bruder, eben noch heftig aufbegehrend, nun mit einem Mal in ein düsteres Loch zu stürzen schien. Des Krieges grause Töchter... Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, und es fröstelte sie noch mehr, als seine Worte danach keinen Sinn mehr zu geben schienen. Plötzlich hatte sie Angst – nicht Angst um sein Leben, sondern Angst davor, dass er in irgendwelche Abgründe des Wahnsinns abrutschte. Sie zog sich das Tuch von den Schultern, in das sie sich eingewickelt hatte als sie geholt worden war von dem Scriba. „Hier.“ Sie hob die Decke an, die er gerade erst festgezogen hatte, und legte ihm das Tuch auf die Brust, bevor sie ihn wieder zudeckte. „Ich hab nichts anderes dabei.“ Ihre Stimme hatte einen leicht entschuldigenden Klang, aber sie hoffte einfach, dass das genug für ihn war, genug, um ihn hier zu halten, in der Realität, fern von irgendwelchen Vorstellungen der Keren, während sie zugleich ein weiteres Frösteln unterdrückte, das sie jetzt in dem dünnen Nachtgewand überkam. „Gut. Ich bin...“ Und ein weiteres Mal: verfluchte Verräter. „Der Tribun der VIII, Duccius Vala... er ist ein Verwandter von Venusia. Er... hilft uns, wo ihm das möglich ist. Er hat mich oberirdisch untergebracht.“ Sie war eine Frau, da ließ sich das leichter erklären als bei anderen, warum er sie nicht im Carcer ließ. „Hör zu, Faustus, du... du musst aufhören so zu reden. Bitte...“ Jetzt war in ihrem Tonfall ein deutliches Flehen zu hören.
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http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png So froh Raghnall gewesen war, als sie die Villa endlich erreicht hatten und sie auch tatsächlich bleiben konnten – er auch –, so sehr wünschte er sich in den folgenden Tagen, wieder gehen zu können. Die Dinge in der Villa Flavia waren einfach... anders. Was da für ein Regiment unter den Sklaven herrschte! War ja furchtbar, fand er, das war überhaupt kein Vergleich zu dem, was er gewohnt war. Selbst Varenus, der als einer der wenigen Decimi nichts davon hielt zu Sklaven freundlich zu sein, konnte sich hier wohl noch eine Scheibe abschneiden...
Und was sie nicht alles erzählten! In welch Schaudertönen sie sich wonnig-wohlig vor dem gefürchteten Flavius Felix gruselten – wonnig-wohlig aber auch nur deswegen, wie der Gallier bemerkte, weil der schon seit Jahren fern der Villa irgendwo... auf Sizilien oder so... weilte, um Rosen zu züchten. Und mit der Rückkehr des Hausherrn Flavius Gracchus offenbar auch die Gefahr als gebannt gesehen wurde, Felix könnte zurückkehren und statt Rosen züchten wieder Kellerspiele anberaumen. Wobei... dieser Gracchus hatte scheinbar einen Sklaven mit Namen Sciurus, vor dem die anderen Sklaven sich auch gruselten, und das weit weniger wonnig-wohlig, weil der sehr viel realer war. Von dem befürchteten sie auch, dass er bald auch wieder hier aufschlagen würde... und dann würde in der Villa Flavia alles noch viel unangenehmer werden als sowieso schon, für Sklaven jedenfalls, schloss Raghnall aus ihren Worten. Er hoffte ja inständig, dass er hier wieder rauskam, bevor Sciurus – oder Felix, oder sonst wer von der Sorte – auftauchte in der Villa... Aber so lange die Decima noch im Carcer saß, würde er wohl oder übel weiterhin ihrem letzten Befehl gehorchen, und der lautete: zum Senator.Entsprechend waren sowohl er als auch Álvaro noch hier und harrten der Dinge, die da kommen mochten. Gelegentlich nutzte Raghnall eine Gelegenheit, aus der Villa zu kommen, um Informationen zu sammeln und in Erfahrung zu bringen, was so los war – nur der Tratsch in der Villa reichte ihm nicht auf Dauer, abgesehen davon, dass sie auch nur Bruchstücke wussten, nicht sagen konnten was nun wirklich gesichert war, und er sowieso lieber mit seinen Quellen sprach. Aber sonst... naja, er half mit, wenn er da war, das wurde irgendwie erwartet, vor allem von ihm, der ja kein Custos war wie Álvaro. Und da wurde viel erwartet. Mit Freunden ließ Raghnall also stehen und liegen, was er gerade tat – irgendeine Statue abstauben, war mehr dazu gedacht sich den Anschein zu geben irgendwas Gewichtiges zu tun zu haben, um in Ruhe gelassen zu werden, als wirklich etwas zu tun; das hatte er schon vor langer Zeit perfektioniert, als er noch nicht zum engsten Vertrauten der Decima aufgestiegen war –, als der flavische Senator ihn zu sich rufen ließ. Stante pede also tauchte er im Officium des Flaviers auf. „Du hast mich rufen lassen, Dominus?“
SKLAVE - DECIMA SEIANA -
Seiana presste die Lippen aufeinander, als Faustus so einsilbig reagierte. Es gab eigentlich kaum etwas zu sagen, und trotzdem... diese ganze Situation zerrte an ihren Nerven. Sie hätte ihm gerne irgendetwas erzählt, was ihn aufrichten würde, wirklich aufmuntern. Aber da fiel ihr beim besten Willen nichts ein. Sie wusste ja noch nicht einmal, dass irgendjemand aus ihrer Familie sicher war, außer Messalina, deren Schreiben sie gesehen hatte – und sie war Vestalin. Dass ein solcher Frevel begangen werden und eine Vestalin angegriffen würde, glaubte wohl keiner von ihnen.
Sie verlagerte ihre Position ein bisschen, als ihre Beine einzuschlafen drohten, und blinzelte ein paar Mal, um ihre vor Müdigkeit und der Anstrengung im Halbdunkel etwas sehen zu wollen brennenden Augen zu entlasten. Die ganze Zeit allerdings ließ sie Faustus' Hand nicht los, während sie wieder eine Weile einfach nur schweigend beieinander saßen, legte schließlich auch ihre Stirn auf seinen Handrücken – nur um den Kopf wieder zu heben, als er erneut anfing zu sprechen. Sie presste die Lippen aufeinander bei dem, was sie hörte. Er musste aufhören, so zu reden... von Gründen zu sprechen, anzudeuten der Vescularier könnte im Recht gewesen sein. Wenn er so redete, hatten sie von vornherein keine Chance. Aber Seiana wusste auch nicht, wie sie ihn dazu bringen konnte eben das nicht zu tun, weil es nichts anderes hieß als von ihm zu verlangen seine Ideale zu verraten. Und trotzdem war es das, wovon sie glaubte dass er das tun musste... wenn er das alles lebend überstehen wollte. Es würde nicht einmal reichen, dass er Stillschweigen bewahrte – nein, der neue Kaiser würde erwarten, dass er sich zu ihm bekannte, dass er behauptete im Unrecht gewesen und von Salinators Machenschaften getäuscht worden zu sein wie so viele, und das wohl in aller Öffentlichkeit.„Wir haben keine Wahl, als ihm zu trauen“, erwiderte sie traurig. „Es gibt ohnehin nicht allzu viele, an die wir uns jetzt wenden können... wir müssen es wenigstens versuchen. Und... hör zu, du hast ihm das Leben gerettet, als du ihm Obdach geboten hast. Er wird das sicher nicht vergessen.“ Seiana klammerte sich fest an diesen Gedanken. Wenn all das stimmte, was Faustus glaubte herausgefunden zu haben, und wenn der flavische Senator tatsächlich nicht ohne Grund auf der Liste der Proskribierten war, wie es viele andere zweifellos waren... dann gehörte er zum engsten Kreis der Verschwörer. Sein Wort würde zumindest etwas an Gewicht haben beim Cornelius. „Was ist mit deinen alten Kameraden bei der Prima? Irgendjemand... irgendjemand, der einflussreich genug ist, dass sein Wort etwas zählen könnte?“