Beiträge von Decima Seiana

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    Álvaro schwankte, ob er auf den jüngsten Kommentar eingehen sollte – aber noch bevor er sich hätte entscheiden können, flitzte die Kleine plötzlich weg. Der Iberer unterdrückte ein Fluchen, als sie seiner zupackenden Hand um Haaresbreite entging, setzte sich aber dann zunächst langsam in Bewegung. Als Leibwächter war er trainiert – und selbst wenn nicht wäre er wohl mit Sicherheit schneller als ein 12jähriges Mädchen. Zuerst gestikulierte er also zu den Seeleuten hinüber, damit die Bescheid wussten und sich nicht wunderten, dann beschleunigte er und lief Messalina hinterher, verfolgte sie über den Anlegeplatz hinweg bis in den Hafen hinein, und sah, wie sie sich schließlich unter einem Korb versteckte. Und da blieb Álvaro erst mal stehen, um sich darüber klar zu werden, was um alles in der Welt er mit der kleinen Rotznase anstellen sollte. Offensichtlich schien sie zu glauben, sie könnte sich alles erlauben, weil er ein Sklave war – und wenn er nicht einige Dinge jetzt am Anfang klar stellte, würde sie ihm weiter auf der Nase herumtanzen, so viel war klar. Das an sich konnte er wohl noch aushalten, nur: er hatte die Verantwortung für sie. Wenn sie ihm wieder davon lief und ihr irgendetwas zustieß, wäre es seine Schuld. Und das allein berechtigte ihn dazu, durchzugreifen und dafür zu sorgen, dass sie ihm eben nicht mehr davonlief.


    Mit ein paar raschen Schritten also ging er dann zum Korb, hob ihn mit einem Ruck hoch und schnappte sich die Kleine an den Armen, zog sie bestimmt – aber nicht so sehr, dass es ihr weh tun könnte – vom Boden hoch und hielt sie weiterhin fest. Fest genug, dass sie sich ihm nicht so einfach würde entwinden können, falls sie den Versuch startete. Und Álvaro blieb wachsam, jederzeit bereit, seinen Griff zu verstärken, sollte das Mädchen beginnen sich heftiger zu wehren. „Ich werd dir mal verraten, wie das hier weiter laufen wird“, begann Álvaro in scharfem Tonfall. „Du läufst mir nicht noch mal davon. Die Helvetier haben in Ostia eine Casa, dort können wir heute Nacht schlafen. Wir werden da hingehen, und morgen Früh werden wir nach Rom reisen, und bis ich dich wohlbehalten bei Domina Seiana abgeliefert habe, wirst dich an das halten, was ich dir sage. Haben wir uns verstanden?“





    CUSTOS CORPORIS - DECIMA SEIANA

    Seiana schwieg und hörte ruhig zu, ohne eine Miene zu verziehen. Sie wusste nicht recht, was sie von den Worten Venusias halten sollte. Im Grunde kannte sie sie kaum... es war schon immer Faustus gewesen, der Bindungen und Beziehungen hatte aufbauen können, so viel leichter als sie. Aber Faustus war nicht hier... sonst wäre es auch jetzt sicherlich einfacher. Für sie, jedenfalls. „Das freut mich zu hören“, antwortete sie schließlich. „Wie gesagt... ich kann verstehen, dass du ihnen deine Heimat zeigen willst. Dass du möchtest, dass deine Verwandten sie kennen lernen. Und ich könnte auch verstehen, wenn du wieder in Germanien leben wollen würdest, bei deiner Familie, nur... ich möchte nicht, dass die Kinder in Germanien aufwachsen, fernab von ihrer Familie. Das ist alles.“ Sie hatte keine Ahnung, wie die Germanen das hielten mit Müttern und deren Kindern, und welche Rechte sie hatten. Das war einer der Gründe, warum sie misstrauisch gewesen war... neben der Tatsache, dass sie ganz allgemein misstrauisch war, weit misstrauischer als früher jedenfalls. Und sie war sich nicht so sicher gewesen, ob Venusia nicht vielleicht doch im Grunde den Wunsch hegte, wieder zu ihrer Familie zurückzukehren – und die Kinder in diesem Fall hätte mitnehmen wollen.


    Was sie ein wenig störte war der Fakt, dass Venusia von ihr sprach – nicht von den Decimi, den iberischen Decimi, sondern ganz konkret von ihr. Sie würde sich an sie wenden, wenn wichtige Entscheidungen anstanden, sie hatte nicht vorgehabt etwas hinter ihrem Rücken zu entscheiden... dabei ging es ihr doch gar nicht um sich selbst – oder jedenfalls: Seiana war davon überzeugt, dass es ihr nicht um sie ging. Sie tat das für die Familie, nicht für den Einfluss, den sie selbst hatte, davon war sie überzeugt. Dennoch... hinderte sie etwas daran, das zu äußern. Stattdessen ging sie auf etwas anderes ein: „Ich habe auch nicht gedacht, dass es Absicht war. Es ist nur... die beiden sind noch Kinder. Und Massa ist rein rechtlich nicht mit ihnen verwandt. Er darf gar keine Entscheidungen treffen.“ Sie seufzte leise. „Ich wünschte, du würdest warten bis Faustus wieder da ist. Aber... ich habe keine Ahnung, wann er wieder kommt. Es wäre sinnlos auf ihn zu warten.“ Ihre Züge verhärteten sich wieder ein wenig, hatte sie doch von Faustus nicht das Geringste gehört bisher – und auch ihr Mann hatte nichts davon verlauten lassen, ob er schon Nachricht bekommen hatte von ihm... oder über seinen Verbleib. Und das zehrte an ihren Nerven. „Trotzdem: bist du sicher, dass es klug ist ausgerechnet jetzt zu reisen? Man muss kein Haruspex sein um voraus zu sagen, dass uns ein Bürgerkrieg bevorsteht.“ Nicht mehr. Nicht seit die Nachricht nach Rom gekommen war, dass Cornelius Palma ebenfalls zum Kaiser erklärt worden war... und wer wusste schon, wer die Chance noch ergreifen würde. Sie hatte nicht vor zu versuchen, Venusia die Reise auszureden, wenn diese fest entschlossen war... dennoch wollte sie die Gefahren, die eine solche Reise gerade im Moment bedeutete, zumindest ansprechen.

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    Álvaro neigte zustimmend den Kopf, sparte es sich aber, ihre Worte zu kommentieren. Er hatte kein Problem damit, dass sie mit der Decima sprach... mal abgesehen davon, dass er das sowieso nicht würde verhindern können. Aber er machte sich keine großen Sorgen darüber, wie seine Herrin wohl reagieren würde.
    Was sie dann sagte, ließ ihn schon wieder flüchtig die Augenbrauen heben. So jung und schon so frech? Oder war das normal in dem Alter und gab sich erst mit der Zeit? Flüchtig überlegte er, wie Seiana und ihre Brüder als Kinder gewesen waren, aber da das zum einen eine Zeitlang her war und er zum anderen ja in etwa im selben Alter war, waren konkrete Erinnerungen eher dürftig. Und mit anderen Kindern und Jugendlichen hatte er seitdem kaum mehr zu tun gehabt. „Nun, es hätte ja sein können, dass deine Eltern dir dennoch jemanden mitgeben.“ Immerhin war so eine Reise nicht ohne – die meisten Erwachsenen machten sie nicht allein, sondern nahmen bewaffnete Begleiter mit – ob nun Sklaven oder angeheuerte Söldner –, wenn sie es sich leisten konnten. Und auch die, die es sich nicht leisten konnten, reisten in der Regel nicht alleine, sondern versuchten wenigstens sich mit mehreren von ihresgleichen zusammenzuschließen. Aber sie hatte wohl recht: wichtig war, dass sie auf dem Weg von Ostia nach Rom nicht allein war. Wenn ein Schiff von Piraten überfallen wurde, spielte es sowieso keine Rolle wer noch dabei war, wenn die Mannschaft nicht in der Lage war den Angriff abzuwehren... aber auf dem Landweg konnten überall Banditen lauern. Besser, wenn man nicht allein unterwegs war, und je größer die Gruppe, desto sicherer.


    Den Mann, der triefnass in ihre Richtung kam, würdigte Álvaro währenddessen kaum eines Blickes – bis die junge Decima ihm die Zunge heraus streckte. Und dann mit einem Satz hinter dem Iberer verschwunden war. Der Matrose warf ihm einen wütenden Blick zu – und Álvaro konnte nicht anders als grinsen... und auch, als Messalina wieder erschien, hatte er Mühe, sich das Schmunzeln zu verbeißen. „Ich bin mir sicher, er hat seine gerechte Strafe erhalten“, erwiderte er und legte den hoffentlich nötigen Ernst in seine Stimme. Die junge Verwandte seiner Herrin mochte vor dem römischen Recht als Frau gelten... aber das änderte nichts daran, dass sie sich noch wie ein Kind benahm, und es fiel Álvaro ein wenig schwer, sie wirklich ernst zu nehmen – was freilich nichts daran änderte, dass er sich ihr gegenüber so gab.
    In dem Moment rief ein Seemann vom Schiff hinunter – und die Kleine nutzte den Moment, in dem er abgelenkt war, um ihm mit ihrer Faust eins in den Bauch zu versetzen. Und auch wenn der Schlag nicht sonderlich stark war, führte diese Aktion doch dazu, dass er flüchtig die Stirn runzelte. Wenn das tatsächlich so weiter ging, würde der verhältnismäßig recht kurze Weg nach Rom ziemlich lang werden, fürchtete er, zumal sie hier übernachten würden – dennoch beschloss er, jetzt nichts zu sagen. Das hatte immer noch Zeit, vorausgesetzt das ging den ganzen Abend so weiter. „Warte einen Moment.“ Er entfernte sich ein paar Schritte – nicht weit genug, um sie aus den Augen zu verlieren, so dass er eingreifen konnte, sollte sie auf die Idee kommen etwas Dummes anzustellen –, und sprach mit den Seeleuten. Nach einer kurzen Verhandlung und dem Wechseln einiger Münzen begannen ein paar der Männer, auch das Gepäck der Decima an Land zu bringen, und Álvaro ging wieder zurück zu Messalina. „Das wäre erledigt. Wenn dein Gepäck abgeladen ist, werden wir zu unserer Unterkunft gehen – es ist zu spät, um heute noch nach Rom zu reisen, deswegen werden wir heute in Ostia übernachten.“





    CUSTOS CORPORIS - DECIMA SEIANA

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    Álvaro neigte grüßend den Kopf, als das Mädchen bestätigte, dass sie die Gesuchte war. „Mein Name ist Álvaro, Herrin. Ich bin ein Leibwächter von Decima Seiana. Sie hat mich geschickt, um dich abzuholen und nach Rom zu bringen.“ Ganz leicht hoben sich seine Augenbrauen, als die Decima begann ihn zu umkreisen und ihm ein paar Mal einen Finger in die Seite stieß. „Ohne arrogant sein zu wollen: ja, Herrin, das denke ich“, antwortete er offen. Der Iberer konnte nun wirklich nicht zu den Angebern gezählt werden, aber unter falscher Bescheidenheit litt er auch nicht.


    Dann allerdings sprach das Mädchen weiter, und Álvaro begann zu ahnen, dass das hier kein Vergnügen werden würde. „Nein, Herrin, das würde ich nicht. Ich bin Leibwächter, kein Unterhaltungssklave. Solltest du den Wunsch nach derartiger Unterhaltung verspüren, wirst du mit Domina Seiana sprechen müssen.“ Seine Stimme war ruhig, aber bestimmt. Und machte der Kleinen hoffentlich klar, dass er keiner ihrer Hampelmänner war – auch wenn er Sklave war. Zum einen gehörte er Decima Seiana, und er war sich sicher, dass diese nichts davon halten würde, wenn ihre Sklaven sich lächerlich machten. Zum anderen war er Leibwächter... und damit eindeutig hochwertiger als viele andere Sklaven, was auch einher ging mit mehr Selbstbewusstsein, das er an den Tag legen konnte. Er machte eine Kopfbewegung zum Schiff hinauf. „Hat dich jemand begleitet?“





    CUSTOS CORPORIS - DECIMA SEIANA

    „Danke.“ Seiana deutete ein vages Lächeln an und nickte, bevor sie Venusias Wink zu den Sesseln folgte und sich setzte. Geduldig wartete sie, bis auch Venusia Platz genommen hatte, und musterte die Duccia in der Zeit aufmerksam. „Ich bin aus einem bestimmten Grund hier“, begann sie dann. Sie hatte sich vorher überlegt, wie sie das Gespräch führen sollte, ob sie zuerst Höflichkeiten austauschen sollte, ob sie fragen sollte wie es hier lief... aber sie hatte beschlossen, gleich auf den Punkt zu kommen, wegen dem sie hier war. Danach war immer noch Zeit dafür, sich über anderes zu unterhalten, aber sie glaubte dass es besser war, zuerst anzusprechen, weswegen sie hier war. „Massa hat mir geschrieben.“ Seiana musterte Venusia, suchte nach Anzeichen, ob ihr Gegenüber nach diesen Worten vielleicht schon vermutete, worauf sie hinaus wollte. Sie hatte keine Ahnung, wie das Gespräch zwischen Massa und Venusia verlaufen war – sie wusste nicht, wer von beiden das Thema angeschnitten hatte. Es spielte auch keine große Rolle. So oder so musste sie sowohl bei Massa als auch auch bei Venusia klar stellen, dass es Massa nicht zustand Entscheidungen zu treffen, was die hispanischen Decimi betraf. „Er hat mir geschrieben, dass du mit den Kindern nach Germanien reisen möchtest. Und dass er die Verantwortung dafür übernimmt.“ Um ihre Lippen entstand ein harter Zug, das Lächeln war mittlerweile verschwunden. „Ich möchte, dass eines klar ist: Massa, als Abkömmling der griechischen Linie, hat kein Recht solche Entscheidungen zu treffen.“ Sie zögerte kurz und sah nach unten. „Ich weiß, dass es nicht einfach ist, wenn keiner der Männer greifbar ist. Ich habe das lange genug selbst mitgemacht.“ Sich immer wieder irgendwie durch zahlreiche Entscheidungen zu lavieren, die offiziell eigentlich einer der Männer hätte treffen müssen. Auf sich allein gestellt alles regeln, ohne Hilfe, ohne Unterstützung... aber sich dann wieder zurücknehmen müssen, so bald einer der Herren der Schöpfung wieder auftauchte. „Trotzdem... ich schätze Massa, aber so lange Faustus fort ist, sprich bitte mit mir. Ich möchte es dir nicht verwehren, dass deine Kinder auch deine Heimat kennen lernen. Aber sie sollen nicht vergessen, was ihre Heimat ist, das liegt mir am Herzen. Und ich bin mir sicher, da spreche ich für meine ganze Familie.“

    Seiana rieb sich einmal kurz über die Stirn, als sie das Herein hörte, dann öffnete sie die Tür und betrat den Raum. „Salve, Venusia. Verzeih, wenn ich einfach so unangemeldet vorbei komme und dich störe... Hast du einen Augenblick Zeit für mich?“

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    Das Schiff legte an, und tatsächlich konnte Álvaro an Bord nun ein Mädchen ausmachen – im richtigen Alter, und der Beschreibung nach müsste sie das auch sein. Er wartete geduldig, bis einer der Seeleute ihr eine Planke zurechtgelegt hatte, über die sie hinunter kam, und kam dann auf sie zu. Er räusperte sich bereits, als er noch ein paar Schritte weg war, damit sie auf ihn aufmerksam wurde und nicht womöglich erschrak, weil er zu plötzlich bei ihr war. „Salve, Herrin – verzeih, wenn ich dich anspreche.“ Er lächelte flüchtig. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass du Decima Messalina bist?“





    CUSTOS CORPORIS - DECIMA SEIANA

    „Nun...“, erwiderte Seiana und überspielte die leichte Verlegenheit, die sein Nachfragen bei ihr auslöste, mit einem vagen Lächeln, „der Aufstieg von einem einfachen Soldaten in die Politik ist ganz sicher kein gewöhnlicher Weg... und ebenso sicher kein einfacher. Es wird nicht einfach werden, aber mit Talent und Ehrgeiz... solltest du dich wirklich für diesen Weg entscheiden, wünsche ich dir viel Erfolg.“ Sie deutete ein Nicken an bei seinen nächsten Worten, und ihr Lächeln verblasste ein wenig. „Ich verstehe was du meinst.“ Nur zu gut. „Wir... haben offenbar einiges gemeinsam, Iunius.“


    Unvermittelt räusperte sie sich und nippte an ihrem Becher – und sah dann erneut überrascht auf, als er nach ihren Plänen fragte. Überrascht, und für den Moment auch überfragt. Was waren ihre Pläne? Beinahe erschrocken stellte sie fest, dass sie ihm darauf nicht einmal dann eine Antwort hätte geben können, wenn sie gewollt hätte. Ihrer Familie Ehre zu machen, dafür zu sorgen, dass das Ansehen der Decima weiterhin gut blieb und wenn möglich gar noch stieg, dass sie selbst unabhängig blieb, aber... das waren alles keine Ziele. Nicht in dem Sinn, wie er es meinte, jedenfalls glaubte sie das zu wissen. Andererseits: Ziele wie er sie wohl meinte, gab es nicht mehr für sie. Was konnte eine Frau denn noch mehr erreichen als das, was sie hatte? Oh, sicher, sie könnte irgendwann die Gattin eines Consuls sein. Oder gar die Augusta. Aber sie hatte noch nie Wert auf die Errungenschaften gelegt, die es mit sich brachte die Frau eines bestimmten Mannes zu sein – mal ganz davon abgesehen, dass sie die Frau des Prätorianerpräfekten war. Und was sie selbst betraf... hatte sie keine anderen Ziele als das zu halten, was sie erreicht, was sie sich geschaffen hatte. Ihre Position vielleicht noch weiter ausbauen, festigen, durch ein noch weiter verzweigtes Netz aus Kontakten und Gefallen. Aber sonst? Gäbe es noch höhere Ziele als die, die sie bereits erreicht hatte, sie würde sie wohl anpeilen... nein. Sie würde sie sicher anpeilen. Aber es gab nicht mehr für eine Frau. Außer im Cultus Deorum, aber für diesen hatte sie sich noch nie geeignet gesehen. „Ich...“ begann sie schließlich nach einem längeren Zögern und hob in einer fast hilflosen Geste die Schultern ein wenig an. Und bemühte sich um ein Lächeln. „Kinder“, antwortete sie schließlich das, was wohl das Offensichtlichste war. Oder sein sollte, in ihrer Situation. Nur ihrer Stimme fehlte jeder Funke Begeisterung dafür. „Meine Pflicht erfüllen gegenüber meinem Mann und seiner und meiner Familie, und ihm Kinder schenken. Idealerweise möglichst bald einen Erben.“ Seiana wich seinem Blick aus und musterte stattdessen intensiv irgendeinen imaginären Fleck auf dem Boden. Genau das war es, was von ihr erwartet wurde. Warum hatte sie dann trotzdem das Gefühl, dass sie damit nicht seinen Erwartungen entsprechen würde, die er gehabt hatte, als er die Frage stellte? Warum hatte sie sogar die Befürchtung, sie könnte ihn enttäuschen?

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    Álvaro war bereits seit gestern in Ostia. Man konnte nie so genau wissen, an welchem Tag die Schiffe genau eintrafen, und seine Herrin hatte kein Risiko eingehen wollen. „Nicht dass das junge Ding am Ende Erfahrungen macht, die sie nicht machen soll... noch nicht“, hatte Bran spöttisch gemurmelt, als er sich verabschiedet hatte, und Álvaro hatte nur die Augen verdreht und sich auf den Weg gemacht.


    Und jetzt stand er hier, und wartete darauf, dass das Schiff endlich antäute. Er hatte den ganzen Tag schon hier gewartet, und es war auch bereits ein anderes aus Genua hier eingetroffen, auf dem die Kleine allerdings nicht gewesen war. Aber da ihr Vater zwar den voraussichtlichen Ankunftstag genannt hatte, aber nicht mit welchem Schiff sie kommen würde, hatte Álvaro sich keine Gedanken gemacht, sondern auf das nächste Schiff gewartet. Das inzwischen nahezu vollständig in den Hafen eingelaufen war. Er hoffte nur, dass das Mädchen an Bord war... andererseits: heute würden sie wohl ohnehin nicht mehr nach Rom weiterreisen können, dafür war es mittlerweile zu spät. Aber die Decima hatte auch für diesen Fall vorgesorgt und ihm genug Geld mitgegeben, dass er hier nicht nur einen Karren für die junge Decima, mögliche Begleiter sowie deren Gepäck würde anheuern, sondern auch für eine Unterkunft würde zahlen können.





    CUSTOS CORPORIS - DECIMA SEIANA

    Nicht lange nachdem Seiana Massas Botschaft erhalten hatte, stattete sie der Casa Decima einen Besuch ab – und sie hielt sich nicht lange damit auf, ihren Besuch ankündigen zu lassen, sondern ging geradewegs dorthin, wo sie hinwollte: zu Venusias Räumen, wo sie anklopfte.

    Sehr gut, wie Massa also geschrieben hatte, hatte der Mann Zeit, auf eine Antwort zu warten. „Nun, so lange werde ich nicht brauchen. Sofern du in Rom sonst nichts zu erledigen hast, kannst du gerne hier in der Casa Terentia warten, während ich eine Antwort aufsetze.“ Seiana nickte dem Soldaten kurz zu und rief einen Sklaven herein – der würde den Mann hinaus bringen, so er dies wünschte, oder ins Tablinum und dort mit Getränken und Essen versorgen, je nachdem, wofür er sich entschied.


    Seiana unterdessen blieb an ihrem Tisch sitzen und las den Brief noch einmal durch, sorgfältiger, und diesmal erlaubte sie ihren Emotionen, sich auch auf ihrem Gesicht zu zeigen. Eine steile Falte erschien zwischen ihren Brauen, als sie die Stirn runzelte. Den Wunsch nach Neuigkeiten konnte sie nur zu gut verstehen, und Massa blieb vorsichtig genug dabei. Und es war gut, dass er ihr schrieb, dass er ihr vertraute – bis zu einem gewissen Grad hatte sie dadurch auch Einfluss auf oder wenigstens Kontakt mit dem Praefecten der Classis, was nicht zu unterschätzen war. Was sie allerdings eindeutig verärgerte, war die Sache mit Venusia und ihren Kindern. Was um alles in der Welt bildete Massa sich da eigentlich ein? Er war faktisch nicht einmal verwandt mit ihnen, so weit lag der Ursprung des griechischen Zweigs der Decima im hispanischen Originalstammbaum zurück. Er hatte nicht das geringste Recht, Venusia irgendetwas zu erlauben, was die Kinder anging – so wenig Recht wie Venusia selbst hatte zu entscheiden, was mit den Kindern geschah. Das hatte nur ein direkter Verwandter, ein Mitglied des hispanischen Zweigs. Und trotzdem hatte Massa sich dieses Recht einfach herausgenommen – und stellte sie nun dermaßen dreist vor vollendete Tatsachen! Seianas Kiefer pressten sich so fest aufeinander, dass es weh tat, während sie überlegte, was sie ihm schreiben sollte. Sie wusste, dass Faustus und Massa sich nahe standen. Sie selbst mochte Massa... und sie stand in seiner Schuld, für immer, dafür dass er ihrem Bruder das Leben gerettet hatte. Und nicht zuletzt hatte sie durch Massa eine Verbindung zur Classis Misenensis. Trotzdem konnte sie ihm das nicht durchgehen lassen, trotzdem würde sie ihm schreiben müssen, dass er keinerlei Recht hatte, sich in Angelegenheiten der hispanischen Familie einzumischen... sein Rat war willkommen, aber ihm musste klar sein, dass er deswegen noch lange nicht irgendwelche Entscheidungen treffen durfte... noch dazu ohne jede Rücksprache mit einem Mitglied der Familie, die es betraf. Auf den Drahtseilakt, das so in Worte zu fassen, dass es diplomatisch klang und ihn weder verletzte noch beleidigte, aber in der Sache dennoch klar und hart war und keinen Zweifel ließ, freute sie sich keineswegs. Noch dazu, wo das nicht der einzige Drahtseilakt war, den sie da bewältigen musste – bei jeder Information über die aktuelle Lage würde sie sich sehr genau überlegen müssen, wie sie was schrieb, damit es unverfänglich klang, denn auch wenn sie nicht daran zweifelte, dass Massa einen vertrauenswürdigen Mann geschickt hatte: auch diesem konnte jederzeit etwas passieren.


    Einige Zeit später ließ Seiana den Soldaten wieder zurückrufen und übergab ihm eine versiegelte Schriftrolle. „Für Decimus Massa. Richte ihm meine besten Grüße aus.“



    Salve Massa,


    ich danke dir für dein Schreiben. Ich bin hier so sicher wie es nur sein kann, dafür sorgt allein schon mein Gatte. Von Faustus habe ich bislang noch nichts gehört, leider... aber ich gehe davon aus, dass keine Nachrichten gute Nachrichten sind. Die Götter sind mit ihm, das hat sich in der Vergangenheit schon mehr als einmal gezeigt, und ich opfere regelmäßig, damit sie ihm gewogen bleiben.


    Die Neuigkeiten sind selbst in Rom nur spärlich gesät und schwer zu bekommen – und noch schwerer weiter zu vermitteln, wie du dir sicher vorstellen kannst angesichts der aktuellen Situation.
    Das Testament wurde inzwischen verlesen, und der ehemalige Praefectus Urbi als neuer Kaiser ausgerufen – unabhängig von Rom auch bereits von Legionen im Osten. Seit die Ausgangssperre größtenteils wieder aufgehoben wurde, herrscht auch auf den Straßen wieder Ruhe... In der politischen Klasse dafür jedoch umso weniger. Die Reihen des Senats haben sich deutlich gelichtet in den vergangenen Wochen, über den Verbleib mancher ist nichts bekannt, bei anderen hingegen ist die offizielle Lesart, dass sie sich zurückgezogen haben aus unterschiedlichsten Gründen... und einige wurden verhaftet oder als Verräter ausgerufen, wovon du ja ebenfalls schon gehört hast. Was dir vielleicht neu ist: die Consulare Vinicius Hungaricus und Flavius Furianus haben bei den Verhören gestanden, an einer Verschwörung beteiligt gewesen zu sein und sind verbannt worden. Noch neuer ist die Nachricht darüber, dass einer der Verräter von Legionen in Syrien ebenfalls zum Kaiser ausgerufen wurde... die Frage ist nicht mehr, ob es zu einem Bürgerkrieg kommt, sondern nur noch wo... und wie heftig dieser ausfallen wird.
    Was ist mit der Classis Misenensis? Welche Neuigkeiten kannst du von ihr berichten, und aus Misenum?


    Nun zu dem anderen Thema, das du angeschnitten hast. Ich kann nicht anders, als dir mein tiefstes Missfallen darüber auszudrücken. Du bist ein guter Freund Faustus', und du hast sein Leben gerettet – etwas, wofür ich immer in deiner Schuld stehen werde, das weißt du. Dennoch: du bist kein Decimus des hispanischen Stammbaums. Du hast kein Recht, über Magnus' Kinder zu verfügen. Deine Meinung und dein Rat wird immer willkommen sein, mehr als der jedes anderen Decimus der griechischen Linie, aber dir muss klar sein, dass du nicht offiziell für die hispanische Linie sprechen kannst, und schon gar keine Entscheidungen für sie treffen. Und ich muss dich auffordern, es in Zukunft zu unterlassen, andere dies glauben zu lassen.
    Ich hoffe, du nimmst mir diese klaren Worte nicht übel. Aber mir lag mehr daran dir zu verdeutlichen, wovon ich spreche, als zu diplomatisch zu formulieren und mich am Ende nicht klar genug ausgedrückt zu haben.


    Pass du auch auf dich auf, Massa – und solltest du Gelegenheit haben selbst nach Rom zu kommen, würde ich mich freuen dich zu begrüßen. Ich denke, über vieles lässt es sich besser austauschen, wenn man sich persönlich gegenüber steht.


    Mögen die Götter dich behüten,


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    Kein Thema, wir haben alle ein RL ;)


    Und: herzlich willkommen in der Familie :) Abstammung usw. können wir dann per PN absprechen, wenn du freigeschaltet bist.


    Ah ja, der Wohnort noch fehlt: ich würd auch Rom vorschlagen, wenn du Vestalin werden willst. Als Decima wird deine ID zwar vermutlich von woanders stammen, aber ich würde empfehlen, dass du deinen Spiel-Einstieg gleich in Rom machst, wenn du einverstanden bist.

    Hallo und erst mal herzlich willkommen im IR :)


    Grundsätzlich wäre eine Aufnahme bei der Decima möglich. Vorher hab ich aber noch ein paar Fragen an dich:
    - Hast du dir zu deinem Charakter schon Gedanken gemacht - außer dass sie Vestalin werden soll?
    - Hast du schon RPG-Erfahrung?


    Grüße, Seiana

    Es schien deutlich zu sein, dass er sie meinte. Er konnte nur sie meinen. Und auch wenn Seiana nicht wusste, warum er es umschrieb, war sie ihm trotzdem dankbar dafür. Ein Kompliment ließ sich auf diese Weise leichter annehmen, stellte sie fest. Besser gesagt: so wurde es, für sie, überhaupt wirklich annehmbar. Sie deutete ein Lächeln an, kombiniert mit einem leichten Achselzucken. „Vorurteile auch... aber es sind noch mehr die Erwartungen, die es nicht immer ganz einfach machen. Ich kann allerdings kaum beurteilen, wie es für Frauen aus den unteren Schichten sein mag.“ Sie wollte es sich auch gar nicht vorstellen. Trotz allem wusste sie, was sie hatte – und dass das nur möglich gewesen war aufgrund ihrer privilegierten Stellung.
    „Genug“, antwortete sie dann, bewusst so vage wie er auch seine Frage gestellt hatte. „Genug, um meine finanzielle Unabhängigkeit zu gewährleisten. Von meinem Mann und von meiner Familie.“ Nicht dass es nötig gewesen wäre. Beide – ihr Ehemann wie auch ihre engeren Verwandten – hatten wahrlich genug Reichtum, dass sie sich darüber keine Sorgen hätte machen müssen. Dennoch war es ihr wichtig, immer schon wichtig gewesen, seit sie erwachsen geworden war, dass sie unabhängig war. Sie hatte sich in den letzten Lebensjahren ihrer Mutter um alles gekümmert – als sie dann nach Rom gekommen war, hatte sie sich nur schwer daran gewöhnen können, alles anderen zu überlassen... weswegen sie sich bald daran gemacht hatte, ihren ersten Betrieb zu übernehmen. Und sie hatte stets Wert darauf gelegt, es allein zu schaffen, sich um alles allein zu kümmern – bis hin zu dem Punkt, dass sie sich kein Geld von der Familie geliehen, sondern sich einen anderen Investor gesucht hatte.


    Sie hörte ihm aufmerksam zu, als er von seinen Zukunftsplänen erzählte, und nickte dann und wann. Ob er nun geeignet war für einen weiteren Aufstieg oder nicht, konnte sie wohl nur schwer beurteilen... jedenfalls was das Militärische betraf. Davon abgesehen jedoch machte der Iunius in ihren Augen einen guten Eindruck. Er war intelligent, er sprach überlegt, und er hatte diese Ausstrahlung von Ruhe, von Gelassenheit, die sie nach wie vor beeindruckte. Die ihr gut tat. Doch, nach diesen Aspekten betrachtet, konnte sie ihn sich durchaus in einer höheren Führungsposition als dem Optio vorstellen. „Ich kann dir nicht sagen, nach welchen Kriterien mein Mann seine Untergebenen beurteilt – und befördert. So weit ich das überhaupt beurteilen kann, stehen deine Chancen allerdings nicht schlecht, denke ich. Mit der Beförderung zum Optio hast du den ersten Schritt ja bereits getan... und kannst weiter beweisen, dass du Führungsqualitäten besitzt.“ Was danach kam, überraschte sie allerdings ein wenig. „In die Politik? Hast du dir darüber schon mehr Gedanken gemacht?“

    „Ja...“ antwortete Seiana gedehnt, als der angekündigte Soldat hereingebracht wurde – und sich nicht mit irgendwelchen Höflichkeiten aufhielt. Entsprechend verhielt auch sie sich, bestätigte nur, wer sie war, und nahm die Schriftrolle entgegen, die er ihr im Anschluss hinhielt. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und überflog die Zeilen – wobei sie darauf achtete, dies mit ausdrucksloser Miene zu tun. Langjährige Übung befähigten sie dazu mittlerweile problemlos, und seit sie endlich die Einschränkungen des Landguts hatte hinter sich lassen können – Einschränkungen für sie jedenfalls –, war sie auch wieder deutlich... gelassener geworden.
    Sie überflog die Zeilen noch ein zweites Mal, ein wenig sorgfältiger diesmal, aber immer noch so rasch, dass der Soldat nicht lange würde warten müssen, bis sie wieder aufsah. „Wann musst du wieder aufbrechen?“

    Die Antwort wunderte den Ianitor ein wenig, aber er war professionell genug, um sich davon nichts anmerken zu lassen. „Wenn du einen Moment warten würdest“, sprachs, und schloss die Tür, um erst mal jemanden zur Herrin zu schicken und sie zu fragen. Etwas später öffnete sich die Tür wieder, und der Sklave meinte: „Sie empfängt dich.“ Er ließ den Mann eintreten und brachte ihn zum Officium der Decima.

    Das erste Klopfen verhallte ungehört, da der Ianitor einem äußerst menschlichen Bedürfnis hatte nachgehen müssen. Normalerweise sah er dann zu, dass einer seiner Kollegen für ihn einsprang, aber diesmal... war es zu dringend geworden, als dass er darauf hätte warten können, bis jemand zufällig vorbei kam.
    Das zweite Klopfen allerdings drang dann durchaus an seine Ohren, und mit einer raschen Bewegung öffnete er die Tür und linste hinaus. Ein Soldat. Ouh, hoffentlich erzählte der dem Herrn nicht, dass er hatte warten müssen – denn dass der Mann zum Terentius wollte, schien klar zu sein. „Salve. Der Praefectus Praetorio ist momentan nicht im Haus, da müsstest du zur Castra...“

    Zitat

    Original von Appius Terentius Cyprianus


    Letztlich waren es wohl die letzten Worte seiner frau, welche ihn zum einlenken brachten:"Nungut ich gebe mich geschlagen,erstmal!, also bleibe hier, aber ja du hast es richtig erfasst, ich werde dich bewachen lassen von meinen Leibsklaven. Ich will hoffen wenigstens dies nimmst du an, ohne eine Vase nach mir zu schmeißen."


    Zu sagen, dass Seiana verblüfft war als ihr Mann plötzlich einlenkte, war noch untertrieben. Überrascht musterte sie ihn, und einen langen Moment schwieg sie, weil sie zu perplex war, um sofort reagieren zu können. So sehr sie bereit gewesen war, das hier auszufechten, hatte sie doch nicht wirklich damit gerechnet, dass er nachgeben würde... Und genau das bewies wieder einmal, wie schwer einzuschätzen er war. Wie unberechenbar. Auch wenn es im konkreten Fall für sie positiv war: grundsätzlich würde sie sich wohler fühlen in seiner Gegenwart, wenn er... nun ja. Berechenbarer wäre.


    Nachdem sie ihre Überraschung schließlich überwunden hatte, versuchte sie sich an einem schwachen Lächeln. „Was du willst“, antwortete sie auf seine Bemerkung hin, dass er sie von seinen Sklaven bewachen zusätzlich lassen würde. Sie hatte sich in den vergangenen Jahren ohnehin mehr und mehr daran gewöhnt, nicht mehr ohne Begleitung, Bewachung unterwegs zu sein. Ein paar mehr oder weniger spielten da keine Rolle, auch wenn sie sich freilich die Leute, die sie ständig umgaben, lieber selbst aussuchte. Aber zu diesem Zugeständnis war sie gerne bereit, so lange ihr Mann nur einverstanden war, dass sie in Rom blieb – und sie nicht etwa mit Gewalt fortschaffen lassen wollte oder sie zwang, ohne sein Wissen in der Casa Decima zu bleiben. Sie ignorierte sogar die kleine Stichelei mit der Vase – die sie im Moment störte und ihr später vermutlich unendlich peinlich sein würde, weil dieser Kommentar der beste Hinweis darauf war, dass sie ihre Fassung verloren hatte. Und dass er es gemerkt hatte. „Sämtliche Sicherheitsmaßnahmen, die du für nötig hältst.“ So lange sie nur hier war. Einen Moment lang musterte sie ihn, und so plötzlich wie er nachgegeben hatte, so plötzlich war nun ihr Temperamentsausbruch verraucht – und so plötzlich war sie unschlüssig, was sie nun tun sollte. Andere Frauen würden jetzt vielleicht zu ihrem Mann gehen, dachte sie, sich an ihn schmiegen, ihm vielleicht einen Kuss geben. Würden sie wohl. Seiana presste kurz die Lippen aufeinander und machte sogar zögernd einen Schritt auf ihn zu, blieb dann aber wieder stehen. Räusperte sich schließlich. „Danke... Appius. Das bedeutet mir viel.“ Seinen Namen nannte sie nach wie vor nun in seltenen Momenten. Es musste reichen, für den Augenblick, um zu zeigen dass sie es ernst meinte mit ihren Worten. Dass es ihr wirklich viel bedeutete. „Bleibst du noch etwas hier?“