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Álvaro schwankte, ob er auf den jüngsten Kommentar eingehen sollte – aber noch bevor er sich hätte entscheiden können, flitzte die Kleine plötzlich weg. Der Iberer unterdrückte ein Fluchen, als sie seiner zupackenden Hand um Haaresbreite entging, setzte sich aber dann zunächst langsam in Bewegung. Als Leibwächter war er trainiert – und selbst wenn nicht wäre er wohl mit Sicherheit schneller als ein 12jähriges Mädchen. Zuerst gestikulierte er also zu den Seeleuten hinüber, damit die Bescheid wussten und sich nicht wunderten, dann beschleunigte er und lief Messalina hinterher, verfolgte sie über den Anlegeplatz hinweg bis in den Hafen hinein, und sah, wie sie sich schließlich unter einem Korb versteckte. Und da blieb Álvaro erst mal stehen, um sich darüber klar zu werden, was um alles in der Welt er mit der kleinen Rotznase anstellen sollte. Offensichtlich schien sie zu glauben, sie könnte sich alles erlauben, weil er ein Sklave war – und wenn er nicht einige Dinge jetzt am Anfang klar stellte, würde sie ihm weiter auf der Nase herumtanzen, so viel war klar. Das an sich konnte er wohl noch aushalten, nur: er hatte die Verantwortung für sie. Wenn sie ihm wieder davon lief und ihr irgendetwas zustieß, wäre es seine Schuld. Und das allein berechtigte ihn dazu, durchzugreifen und dafür zu sorgen, dass sie ihm eben nicht mehr davonlief.
Mit ein paar raschen Schritten also ging er dann zum Korb, hob ihn mit einem Ruck hoch und schnappte sich die Kleine an den Armen, zog sie bestimmt – aber nicht so sehr, dass es ihr weh tun könnte – vom Boden hoch und hielt sie weiterhin fest. Fest genug, dass sie sich ihm nicht so einfach würde entwinden können, falls sie den Versuch startete. Und Álvaro blieb wachsam, jederzeit bereit, seinen Griff zu verstärken, sollte das Mädchen beginnen sich heftiger zu wehren. „Ich werd dir mal verraten, wie das hier weiter laufen wird“, begann Álvaro in scharfem Tonfall. „Du läufst mir nicht noch mal davon. Die Helvetier haben in Ostia eine Casa, dort können wir heute Nacht schlafen. Wir werden da hingehen, und morgen Früh werden wir nach Rom reisen, und bis ich dich wohlbehalten bei Domina Seiana abgeliefert habe, wirst dich an das halten, was ich dir sage. Haben wir uns verstanden?“
CUSTOS CORPORIS - DECIMA SEIANA