Die Hochzeit. Die HochzeitdieHochzeitdieHochzeit. Seiana hätte am liebsten frustriert aufgeschrien, aber das wäre nicht sonderlich zielführend gewesen. Nur: sie hasste es schon jetzt. Sie fand nicht den geringsten Gefallen daran, eine solche Feier zu veranstalten, sie organisieren zu müssen. Und ihr graute schon jetzt bei dem Gedanken daran, diese Feier zu erleben. Was nichts und zugleich alles damit zu tun hatte, dass es ihre eigene Hochzeit war.
Nichts, weil es im Grunde keine Rolle spielte, was der Anlass für dieses Fest war. Dass sie heiratete, war für sie weder ein Grund sich zu freuen, noch einer unglücklich zu sein. Eine Eheschließung war etwas völlig normales, und der einzige Grund, warum sie sich darüber freuen könnte, war der Fakt, dass es bei ihr schon lange überfällig war.
Alles, weil die Tatsache, dass sie heiratete, sie zu einer der Hauptpersonen machte, sie ohne Zweifel und ohne jede Diskussion in den Mittelpunkt rückte. Es gab einen Grund, warum Seiana keine Feste veranstaltete. Sie ging hin, wenn sie zu wichtigen eingeladen wurde, ließ sich sehen, redete, knüpfte Kontakte und machte all das, was nötig war, um in Roms Gewirr ihren Platz zu sichern. Das hieß allerdings nicht, dass sie das mochte – und es hieß erst recht nicht, dass sie selbst so etwas veranstaltete, wo sie dann gezwungen war bis zum bitteren Ende zu bleiben und nicht einfach gehen zu können, wenn es ihr zu viel wurde. Bei einer anderen Feier hätte sie es aber wenigstens noch so drehen können, dass sie als Veranstalterin nur im Hintergrund agierte – bei ihrer Hochzeit war das nicht möglich. Der einzige Vorteil daran war, dass eine Hochzeit die einzige Art von Fest war, wo gerade die Hauptpersonen früher gehen konnten, ohne dass es Gerede geben würde. Was den Gedanken an die Hochzeitsnacht, bei aller vorhandenen Unsicherheit, tatsächlich zu einem erfreulichen machte.
Was aber nichts daran änderte, dass das Ding erst mal organisiert werden wollte. Und der Versuch, das komplett in Sklavenhände abzuschieben, entpuppte sich gerade als mittleres Desaster.
„Das ist eine Hochzeit!“ fuhr sie mit eisigem Ton eine Sklavin an. „Keine götterverdammten Spiele für ganz Rom!“ Nur für halb Rom, wenn sie sich die Gästeliste ansah.
„Aber… Herrin…“
„Was genau an meinen Vorgaben ist so schwer zu verstehen? Die Feier soll geschmackvoll sein, ohne Pomp, ohne Übertreibung. Lieber zu wenig als zu viel, so schwer kann das doch nicht sein, dass du wegen jeder Sache zu mir rennst!“
„Aber die Dekoration ist-“
„-ist mir egal!“ fiel Seiana der Frau ins Wort. Da wählte sie bewusst Sklaven aus, von denen sie erwartet hätte, sie würden sich für eine solche Aufgabe eignen – und dann wollten die jedes Detail mit ihr absprechen. „Orientier dich meinetwegen an den Familienwappen bei Farben und Motiven. Oder mach was ganz anderes. Nur frag nicht ständig mich!“
„Herrin…“ Die Sklavin starrte sie verständnislos an. „Das ist deine Hochzeit.“ Allein schon wie die Frau das Wort betonte, ließ Seiana beinahe die Augen verdrehen – und machte ihr zugleich klar, woher der Wind wehte. Dass dahinter nicht Unselbständigkeit oder Unfähigkeit steckte, sondern die Erwartungshaltung, dass sie sich dafür interessieren müsste. Das konnte ja heiter werden. Sie presste eine Hand auf ihre Stirn und beschloss in diesem Augenblick, dass sie sich das ganz sicher nicht weiter antun würde. Sie wollte am liebsten gar nichts mit der Organisation zu tun haben. Dass das nicht praktikabel war, war ihr klar, aber es war nicht zu viel verlangt, dass ihr ein fertiges Konzept vorgelegt wurde, dass sie nur noch abnicken brauchte, abgesehen von einigen kleineren Korrekturen vielleicht. Seiana wollte gerade dazu ansetzen, die Sklavin zu verscheuchen und das leidige Thema damit ein wenig aufzuschieben, als ihr Blick auf die Tür fiel, die die Sklavin offen gelassen hatte – und auf Massa, der dort stand. Seiana schloss für einen Augenblick die Augen. Massa. Sie hatte ihn gebeten, bei ihr vorbeizuschauen während der kurzen Zeit, die er in Rom verbrachte, aber dass er ausgerechnet jetzt kam und womöglich die ganze Diskussion mit der Sklavin mitbekommen hatte... war ihr unangenehm. Der Moment, in dem das wohl sichtbar war, dauerte allerdings denkbar kurz. Nur einen winzigen Augenblick später öffneten sich ihre Augen, und sie setzte ein Lächeln auf, jenes, das sie für Verwandte reserviert hatte – höflich, aber nicht ganz so kühl wie normalerweise. „Massa. Schön dass du es einrichten konntest. Komm rein, setz dich.“ Sie wies auf die Sitzgruppe am Fenster und machte dann eine knappe Handbewegung zu der Sklavin. „Schenk uns ein und dann geh.“