Seiana konnte es nicht ändern, sie fühlte sich ein wenig seltsam während des Essens. Der Besuch, ihre Pläne, und dann wieder gemeinsam mit dem Kind da zu sitzen... es fühlte sich merkwürdig an. Ungewohnt. Und dass sich Seneca so sehr seiner Tochter widmete... es war schön, es sollte sie freuen und das tat es auch. Aber auch dort lauerten zum einen Probleme – sie würden irgendwie entscheiden müssen, wie sie das würden machen wollen. Und zum anderen gab es einen kleinen Part von ihr, der dann doch nicht ganz so begeistert davon war, wie Seneca sich mit Silana verstand. Er schien sich viel leichter mit ihr zu tun als sie... und er war abgelenkt. Seiana gestand sich das nicht wirklich ein, aber irgendwie gefiel ihr das nicht ganz. Trotzdem war es ein schöner Abend, und sie genoss es, dass Seneca überhaupt da war.
Als es Zeit war für Silana ins Bett zu gehen, ließ Seiana sie mit ihrem Vater allein, der es sich nicht nehmen ließ das selbst zu erledigen und nicht der Amme überlassen wollte. Seiana selbst zog sich in ihr Cubiculum zurück, wo sie versuchte ein wenig zu lesen, aber auch hier schweiften ihre Gedanken ab, zu all dem, was jetzt bevorstand, was sie organisieren und erledigen mussten. Dazu kam, dass sie es noch immer nicht so ganz realisierte. Seneca und sie, das war so lange ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, dass es sich jetzt anfühlte wie eine Illusion. Und das hing nur zum Teil daran, dass es noch einiges zu tun gab... selbst dass sie überhaupt ja gesagt hatte, kam ihr noch unwirklich vor.
Sie hob den Kopf, als es klopfte, dankbar für die Ablenkung, und lächelte dann als Seneca eintrat. „Um die Uhrzeit soll sie auch schlafen. Schon längst, eigentlich“, erwiderte sie mit einem leichten Schmunzeln. „Von daher gehe ich einfach mal davon aus, dass du es genau darauf angelegt hast...“ Sie stand auf und ging zu ihm ans Fenster, aus dem er gerade hinaus sah. „Ich auch nicht“, murmelte sie leise, kaum hörbar, und obwohl sie sich darum bemühte freudig auszusehen, konnte sie nicht verhindern dass bei ihr ein wenig Zweifel mitschwang. Aber sie hatten heute ja nicht über die Planung reden wollen, und schon gar nicht über mögliche Probleme. Also verkniff sie sich jeden weiteren Kommentar. „Selbstverständlich ist eines für dich hergerichtet worden“, antwortete sie dann, mit gemischten Gefühlen. Sie hatte gehofft, er würde bleiben – das hatte sie auch schon vor der Verlobung. Das Landgut war klein, ihren Leuten hier vertraute sie, und davon abgesehen hatte sie sich so sehr nach ihm gesehnt, dass es ihr nun fast – nur fast – egal war. „Ich hatte allerdings gehofft, du würdest noch bleiben.“ Sie warf ihm einen Blick von der Seite zu, eher vorsichtig, und wünschte sich nicht zum ersten Mal in seiner Gegenwart, sie könnte sich verführerischer geben.