Seiana wich den Blicken aus, die sie streiften. Sie wollte weder Betroffenheit noch Mitleid sehen, sondern wartete lieber, bis das Thema durch war. Diesmal sprang Caius ein, und Seiana warf ihm kurz einen dankbaren Blick zu, ohne noch etwas zu sagen. Ihr wollte nichts Höfliches über die Lippen kommen. Bei ihrem Vater wäre es einfacher gewesen, war dieser doch schon lange tot, aber bei ihrer Mutter war es etwas anderes, was nur zum Teil daran lag, dass sie sie geliebt hatte, sondern auch daran, dass es ungelöste Konflikte gab. Dass sie es ihr recht machen wollte, dass sie sie stolz machen wollte, aber gleichzeitig wusste, dass das nicht ging, nicht so, wie sie ihr Leben führte. Dass sie sich nach wie vor dafür schämte, dass ein Teil von ihr fast erleichtert gewesen war, als ihre Mutter endlich gestorben war, weil es Freiheit für sie bedeutet hatte – Freiheit von der Pflicht, sie zu versorgen, aber auch Freiheit ganz allgemein, von den Erwartungen, die sie an ihre Tochter gestellt hatte.
Im Anschluss lächelte Seiana wieder. „Aber eine Hochzeit im Frühjahr ist viel schöner als jetzt im Winter. Wenn dann die Sonne scheint und alles anfängt zu blühen… Ich bin vielleicht keine große Romantikerin, aber das fänd ich dann doch wesentlich schöner als bei Schnee oder Regen.“ Sie lächelte auch weiterhin, während das Gespräch bei der Hochzeit blieb. Allerdings begann jetzt wieder das bekannte Rumoren in ihrem Magen. Die Hochzeit. Der Brautzug. Götter, das ging doch alles viel zu schnell. Und bevor sie es sich versah, war sie verheiratet und wohnte mit Caius zusammen und war eine Matrona, bekam Kinder, was Caius gar nicht schnell genug gehen konnte, genauso wenig wie die Tatsache, dass sie endlich das Bett miteinander teilten, und bei all diesen Aussichten bekam Seiana plötzlich das Gefühl, Schwierigkeiten mit dem Atmen zu haben. Ihr Lächeln blieb, schien allerdings ein wenig zu gefrieren. Calvasters Kommentar über die Geschenke machte es auch nicht besser. „Ah… Aber du hast schon gesagt, dass wir… noch nicht jetzt heiraten, oder?“