Beiträge von Flavia Celerina

    Laut und deutlich seufzte ich ob des Überflusses an Testosterons um mich herum. Noch ehe die netten Tage in Ostia beginnen konnten, waren sie bereits dem Untergang geweiht. Zumal wohl alles darauf hinauslief, daß sich dieser Trautwini mit meinem Chimerion prügeln wollte, wenn ich nicht eingriff.
    "Bona Dea! Du ermüdest mich! Was glaubst du, wem dein Herr am Ende mehr Glauben schenken wird, seinem Sklaven, der sich wie ein Truthahn aufplustert und sich wichtig tut oder seiner Gemahlin, die ihm treu ergeben ist und lediglich nach etwas Entspannung lechzt." Natürlich bestand weitaus mehr zwischen Chimerion und mehr, als nur der Spaßfaktor. Meine Gefühle für ihn waren echt. Echter jedenfalls, als alles, was ich jemals gefühlt hatte. Aber das ging außer uns beiden niemand etwas an. Das war unser Geheimnis.
    "Nun, dann höre Trautwini, ergebener Sklave meines Gatten, dies ist das Anwesen meiner Familie und ich befehle dir dasselbe auf der Stelle zu verlassen. Richte meinem Mann aus, es geht mir gut und danke ihm in meinem Namen für seine Fürsorge, doch mein eigener Leibwächter ist ausreichend für meine Sicherheit. Und jetzt verschwinde aus meinen Augen, bevor ich mich vergesse!"

    Ähnlich wie es dem Brautpaar erging, so erging es auch mir, als ich angestrengt darüber nachgrübelte, was wohl Marcus´ Geschenk sein konnte, denn offen gestanden war mir nichts aufgefallen. Und aus Marcus´ Worten wurde ich auch nicht so ganz schlau...
    Glücklicherweise kam auch Charis mit Marei wieder zurück. Bei dem Anblick des Kindes mußte ich allerdings erst einmal schlucken! Wieso hatte diese dumme Sklavin das Mädchen nicht wenigstens etwas zurecht gemacht! Die kleine Sklavin trug zu allem Übrerfluß auch noch eine Schürze. Wahrscheinlich war Charis direkt in der Küche fündig geworden und hatte das Mädchen gleich mitgenommen.
    "Äh, was soll das?" keifte ich die Makedonierin verständnislos an. Wie konnte mich das dumme Stück nur dermaßen bloßstellen? Das würde sie noch bereuen! Nur wollte ich nun keine große Sache darum machen, doch später nach dem Frühstück würde ich mir sie noch vorknöpfen!
    "Zieh ihr wenigstens die Schürze aus und mach ihr Haar anständig!" Meine Güte, an alles mußte man selber denken!
    Charis erkannte sofort ihre Verfehlung und blieb erst wie ein begossener Pudel stehen. Ihre Wangen glühten. Jedermann konnte sehen, wie peinlich das alles war. "Bitte verzeih mir, Herrin!", stotterte sie.
    Schnell beugte sie sich schließlich zu der Kleinen hinunter, zog ihr die Schürze aus und bändigte provisorisch das Haar des Mädchen, so daß sie einigermaßen ansehnlich war.
    Ich räusperte mich und grinste etwas verlegen als ich mich dann an Ursus und Septima wandte. "Nun ja, ich habe mir auch so meine Gedanken gemacht, was ich euch schenken könnte. Und da ihr ja schon die wichtigsten Dinge habt, die man so braucht, dachte ich, ich schenke euch etwas, womit ihr euch selbst auf die Probe stellen könnt, was es heißt, einmal Eltern zu sein. Ich habe bewußt auf eine jüngere Variante verzichtet, um euch nicht schon vorab die Freude zu nehmen. Tada... das ist euer Geschenk! Marei, komm her! Von nun an gehörst du Ursus und Septima!"Ich hatte die Kleine etwas zu mir hergezogen und sie so umgedreht, daß sie nun mit dem Rücken zu mir und dem Gesicht zum Brautpaar stand.

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    Perseus


    "Bitte greif ruhig zu!", bot ihm der Sklave an und deutete auf den bereitgestellten Becher mit verdünnten Wein.
    Perseus zeigte sich desweiteren über diese Antwort sehr erfreut. Schließlich hatte ihm seine Herrin aufgetragen, beim Verkauf darauf zu achten, daß der Betrieb nur in gute Hände gelangte. Jemand, der sich mit der Materie auseinanderzusetzen wußte.
    "Ah, das ist gut! Meine Herrin besteht darauf, daß der Olivenhain einen würdigen Besitzer findet, für den der Anbau und der Handel mit Oliven und den daraus resultierenden Produkten nichts neues darstellt.
    Soweit ich informiert bin, wird gut die Hälfte zu Öl gepresst, die andere Hälfte wird zum Verzehr vermarktet. Bisher gab es wenig Grund zur Klage. Die Produktion hielt sich zwar in Grenzen, doch fanden die Produkte immer Anklang auf dem Markt. Nur seitdem meine Herrin nun verheiratet ist, sieht sie sich im Konflikt mit den Besitzungen ihres Gemahls. Wie du wahrscheinlich schon gehört hast, nennen die Aurelier große Olivenplantagen auf Sardinien ihr Eigen. Da meine Herrin nun dem eigenen Ehegatten keine Konkurrenz sein wollte, hat sie sich entschlossen, ihren Betrieb zu veräußern. Was wärest du bereit, zu zahlen?"

    Ich mußte wohl das jämmerliche Bild einer durchgeknallten Irren abgeben, die ohne ersichtlichen Grund auf dem blanken Boden saß, heulte und sich dabei die Haare raufte. Eine Reihe von Sklaven waren nach Charis´ Schrei herbeigerannt und blieben gaffend oder verstört um mich herum stehen. Keiner von ihnen hatte sich getraut, mich anzurühren, weil sie vielleicht dachten, ein Fluch, der auf mir lag könne auf sie überspringen. Ich persönlich hatte bislang nicht an solchen Hokuspokus geglaubt, doch nun machte ich mir schon so meine Gedanken. War ich verflucht, vielleicht meine Familie? Hatte jemand, der mir nicht wohlgesonnen war, mich mit einem Schadzauber belegt? Feinde gab es überall, wenn man sich in meinen Kreisen bewegte. Vielleicht eine Sklavin, die mich nicht ausstehen konnte und mir so schaden wollte. Oder eine meiner unzähligen Bekanntschaften, die mir mein Leben neidete. Gleich, was es auch war, etwas oder jemand hatte sich gegen mich verschworen. Ich war mir so sicher gewesen, diesmal hätte es klappen müssen. Doch nein, all die Mühen waren umsonst gewesen. Nur Charis hatte versucht mich zu beruhigen, nachdem sie mir die Decke von meinem Bett holte, dabei den roten Fleck auf dem Laken entdeckt hatte und nun Bescheid wußte. Sie trat erst zur Seite, als Corvinus sich den Weg zu mir bahnte-
    "Jemand... jemand hat mich verhext! VERHEXT! Und hat den Samen aus meinem Leib gerissen!", kreischte ich wirr. Mit aufgerissenen Augen sah ich zu meinem Gatten, der sich über mich gebeugt hatte. "Wir sind verdammt! Wir haben den Zorn der Götter auf uns gezogen! Deswegen sind sie uns nicht gnädig!"
    Unruhe erfasste die anwesenden Sklaven. Sie munkelten hinter vorgehaltenen Händen. Doch nur Charis hatte den Mumm, vorzutreten. "Die Blutung der Herrin hat eingesetzt, Herr. Nichts deutet auf eine Schwangerschaft hin."

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    Perseus


    "Aha!", entfuhr es Perseus und musterte sein Gegenüber, der doch einen recht ordentlichen Eindruck machte. Vielleicht war dieser Mann in der Tat ein ernstzunehmender Verhandlungspartner. Er würde das herausfinden.
    "Dann bitte, setz dich doch!" Er deutete auf eine Sitzgruppe, die in einer Ecke des Raumes platziert war. "Du möchtest sicher eine Erfrischung?" Ohne eine Antwort abzuwarten, rief er einen Sklaven herbei, dem er auftrug, verdünnten Wein zu holen.
    "Die domina möchte ihren Olivenhain in Sicilia verkaufen. Den Berichten des dortigen Verwalters zufolge, ist die Ernte in diesem Jahr sehr gut. Du kennst dich mit Oliven aus?", fragte er, nachdem er sich setzte. Sogleich war auch der andere Sklave mit dem verdünnten Wein und zwei Bechern zurückgekehrt, die er auf dem Tisch abstellte und beide halbvoll goß.

    Die Nachricht über die Misshandlung des Oleanders hatte mir für diesen Morgen den Rest gegeben. Ziemlich verschnupft und ungewöhnlich ruhig hielt ich mich eher im Hintergrund und verfolgte still den weiteren Gesprächsverlauf, der durchaus seine witzigen Seiten hatte, mich allerdings nur peripher tangierte. Die Sache mit dem Oleander, der einst ein Geschenk an Marcus war, beschäftigte mich immerzu und ich war ganz und gar nicht Ursus´ Meinung, man könne die Tat ungeschehen machen, indem man die Pflanze umtopfte.
    Irgendwann kam die Sprache auf die Geschenke. Herrje, im Zuge der Vorbereitungen hatte ich an alles Mögliche gedacht, nur nicht an ein Geschenk! Doch als ich mir die Frischvermählten so ansah, wie sie so ineinander verliebt schienen ( man konnte direkt neidisch werden),wußte ich genau, was den Beiden zum Glück noch fehlte. Ein Kind! Nun wahrlich, dafür würden die beiden schon selbst sorgen. Doch bis es soweit war, wäre ein wenig Übung sicherlich nicht schädlich.
    Ich winkte meine Charis herbei und flüsterte ihr ins Ohr, sie möge doch Marei herbeischaffen. Die Makedonierin nickte mir ergeben zu und verschwand.

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    Perseus


    Nicht die Flavia selbst betrat das Atrium nach einer gewissen Zeit. Es war einer ihrer Sklaven, der sich fast ausnahmslos um die Geschäfte seiner Herrin kümmerte. Perseus, so war sein Name, hatte nur wenig Interesse daran, Medusas Haupt abzutrennen. Umso mehr liebte er das Spiel der Zahlen und versuchte, das Vermögen seiner Herrin stets zu mehren.
    "Salve! Mein Name ist Perseus, Sklave der ehrenwerten Flavia Celerina. Ich beschäftige mich ausschließlich mit den geschäftlichen Unternehmungen der domina und bin auch weisungsbefugt. Man sagte mir, du wolltest mit meiner Herrin wegen des Olivenhaines sprechen, den sie zu verkaufen gedenkt."
    Der Sklave bot dem Besucher noch keinen Platz an, nicht ehe er selbst den Grund für seinen Besuch kannte. Auch ein erfrischendes Getränk war noch nicht geordert.

    Der Tag war noch jung, als ein Sklave kam, um dieses Schreiben aufzuhängen...



    OLIVENHAIN ZU VERKAUFEN!
    Ertragreicher Olivenhain "Sicilias goldene Früchte", Betrieb der Stufe I, zu verkaufen.
    Interessenten melden sich bitte bei Flavia Celerina, Villa Aurelia, Roma



    Sim-Off:

    Der Käufer steht bereits fest. Der Aushang dient lediglich dem aussimmen des Geschäfts. ;)

    "Achso," kommentierte ich Titus´ und Marcus´ Antwort. Ich dachte schon! "Ja, das kann heute ganz schön stressig werden. Aber mit etwas Glück erlebt ihr das nur einmal." Es sei denn, sie ließen sich irgendwann scheiden und hatten danach die Schnapsidee noch einmal zu heiraten. Das mochte vielleicht etwas sarkastisch klingen, doch es war so. Ich selbst hatte mich zwar unbändig auf die zweite Auflage der Ehe gefreut, hatte aber sehr schnell danach wieder Bodenhaftung bekommen.


    Ich nahm neben Marcus Platz und seufzte, denn ich fühlte mich sooo elend. Ans Frühstücken war gar nicht zu denken. Wobei, ich hatte einmal gehört, wenn man einen Kater hatte, sollte sauer eingelegter Fisch helfen. Wie widerlich, Fisch! Da verzichtete ich lieber auf alles! Stattdessen hörte ich der Unterhaltung zu, was alles am Abend zuvor geschehen war. Seltsam was erwachsene Menschen alles taten, wenn sie über den Durst getrunken hatten.
    Doch bei einer Sache konnte ich nicht anders als mich über alle Maßen zu echauffieren. "Den Oleanderbaum? Den Oleanderbaum, den ich dir einmal geschenkt hatte? Das darf ja nicht wahr sein! Wer war das?" Die Heiterkeit der andern konnte ich in diesem Moment absolut nicht nachvollziehen. Ich ärgerte mich einfach nur! Ich konntre mich noch genau daran erinnern, als ich Marcus die Pflanze geschenkt hatte. Es war bei meinem ersten Besuch in der Villa Aurelia. Ach, das schien schon so lange her zu sein...

    Ein lauter herzzerreißender Schrei drang eines Morgens aus meinem Cubiculum. Ich war diejenige, die ihn ausgestoßen hatte und die nun jammern und greinend auf den Boden sank und beinahe in meinen Tränen ertrank.
    Es dauerte nicht lange, bis meine Sklavin Charis zur Stelle war. Ihr Entsetzen beim Betreten meines Gemachs mußte so groß gewesen sein, daß sie selbst erst einen spitzen Schrei ausstieß, ehe sie zu mir eilte und sich zu mir hinunter beugte, um herauszufinden , was mir fehlte. Relativ schnell konnte sie jedoch feststellen, daß mich kein körperliches Gebrechen quälte. Ich war nicht verletzt, noch hatte man mir etwas angetan. Den wahren Grund meines heftigen Ausbruchs aber erkannte sie nicht, noch konnte sie sich einen solchen vorstellen. Ich war doch in den vergangenen Tagen so beschwingt gewesen. Das war allerdings nur rein äußerlich so gewesen.
    Alle Hoffnungen hatte ich auf die vergangen Tage und Wochen gesetzt. Doch diese waren an jenem Morgen mit einem Mal fortgespült worden. Seit der Rückkehr aus unserem Urlaub war ich hin und her gerissen. Einerseits nährte ich mich von der Hoffnung, endlich den ersehnten Spross in mir zu tragen. Andererseits beschäftigte mich immer noch der seltsame Spruch der Sybille. Alles mögliches versuchte ich hineinzuinterpretieren, damit die Worte für mich klarer und verständlicher wurden. Als dann vor einigen Tagen die Kunde von Sivs Niederkunft an meine Ohren drang, war ich noch mehr bestrebt, endlich auch meinem Mann den erhofften Erben gebären zu können. Die vergangen Tage hatte ich kaum die Villa verlassen, hatte fast nur gelegen, weil ich glaubte, so könne der Samen in meinem Schoß besser keimen. Doch all das war nun hinfällig geworden. An jenem Morgen hatten mich die Blutungen all meiner Hoffnungen beraubt. Ich stand wieder vor dem Nichts. Am Anfang. All die Mühen waren umsonst gewesen. Der Orakelspruch gewann dadurch urplötzlich eine andere Bedeutung.

    manchmal fährt das Schiff ohne Segel
    manchmal hört ihr Stimmen die keine sind
    manchmal spricht das Kind hinter dem Spiegel
    manchmal ist es nur der Wind


    Damit war zweifellos ich gemweint, ich war das Schiff ohne Segel und ich hörte Stimmen, wo keine waren. Sollte ich den wirklich verdammt dazu sein, kinderlos zu bleiben? Lag es etwa an der Liaison mit meinem Sklaven, daß mir Iuno nicht mehr wohlgesonnen war? Oder war es jene Verdammnis, die auf meiner Familie lastete?

    wenn keine Trauben aus den Ranken wachsen leidet der Boden Not


    War Marcus am Ende besser beraten, sich von mir scheiden zu lassen, weil ich nicht diejenige war, die ihm Kinder gebären konnte? Was sollte dann aus mir werden? Endete ich dann als alte infertile Jungfer, die man ausrangiert und ins Exil geschickt hatte?


    "Herrin, so sag doch etwas! Was ist mit dir? Was kann ich tun?"
    Charis redete mit Engelszungen auf mich ein, aber in meinem Schmerz ignorierte ich sie. Niemand konnte mir helfen! In ihrer Hilflosigkeit rannte sie zur Tür, öffnete sie und schrie um Hilfe, auf daß sie jemand hörte und herbeigeeilt kam.

    Ich wartete darauf, auf daß sie endlich begann, mir ihr Können zu demonstrieren. Doch leider wartete ich vergeblich, was meinen Zorn ins unermeßliche steigen ließ. Unter anderen Umständen hätte sie mich nun kennengelernt. Kein Sklave hatte es je gewagt, meine Befehle zu mißachten. Doch ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß sie ja nicht ewig schwanger sein würde.
    Eines schönen Tages, sobald sie mir wieder über den Weg lief oder ich auch nur ein Fitzelchen ihrer Unverschämtheiten zu Ohren bekäme, würde ich mir sie vorknöpfen. Sie würde schon noch lernen, welche Konsequenzen es hatte, eine Flavia vor den Kopf zu stoßen. Außerdem nahm ich mir fest vor, Marcus von den Ausschweifungen seiner Sklavin zu berichten. Sollte er sich vorerst mit ihr herumschlagen!
    Doch das Maß war endgültig voll, als sie die Unverfrorenheit besaß, sich meiner letzten Frage zu entziehen. Die Antwort, die sie mir darauf gab, war ein Affront, ein Schlag ins Gesicht. Und das von einer Sklavin!
    "Verschwinde! Raus mit dir! Und laß dich hier nie wieder blicken! Du tust gut daran, wenn du mir nie wieder unter die Augen trittst, Sklavin!" Mein Teint hatte sich puterrot gefärbt und meine Stirnader war deutlich hervorgetreten. Ich platzte schier vor Wut.

    Ich fühlte mich schon ein wenig minderbemittelt, als mich Marcus zur Grotte hinaus führte und ich immer noch grübelte. Das Sonnenlicht draußen blendete mich dermaßen. Ich nahm meine Hand zur Hilfe, um meinen Augen ein wenig Schutz zu bieten.
    Dieser Spruch, er nahm ich vollkommen ein. Ich überlegte und überlegte und versuchte mir daraus einen Reim zu machen. Allerdings um noch mehr daraus zu verstehen, fehlte mir schlicht und ergreifend das Hintergrundwissen, welches ich bis dato noch nicht hatte. Nur machte ich mir Selbstvorwürfe, wegen Chimerion und mir. Das wurde mir langsam zu heiß. Erst der germanische Sklave, den mir Marcus nach Ostia hinterher geschickt hatte und jetzt das. Im Grunde war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Wahrheit ans Licht kam. Und gesetzt den Fall, dieser Urlaub hatte in Bezug auf unsere Nachkommenschaft tatsächlich Wunder geweckt, was hielt Marcus dann davon ab, das Kind als seines Anzuerkennen, wenn er doch befürchten mußte daß der Vater Chimerion war.
    Ein Trost war es, dass Marcus den Spruch auch nicht besser zu deuten wußte. Er ahnte noch nicht und das war auch gut so.
    "Äh, ... ja. Puteoli!" antwortete ich leicht verstört. Wie tragisch, meine ganze Vorfreude, die ich einem Stadtbummel hätte entgegenbringen können, war mit einem Mal dahin.

    Je älter man wird, desto schlechter verträgt man den Alkohol. Jedenfalls musste ich das feststellen. Dabei hatte ich gar nicht viel getrunken und trotzdem fühlte ich mich am "Morgen danach" wie gerädert. Das Tageslicht schmerzte meine Augen. Charis hatte es mit kalten Umschlägen versucht, aber geholfen hatte es kaum. Wahrscheinlich sah ich schrecklich aus. Eigentlich ein Grund, um im Bett zu bleiben. Aber das ging nicht. Nicht am Tag nach Ursus´ Hochzeit.
    Wie mir schien, lebte in diesem Haus eine Horde von Frühaufstehern. Eine widerliche Vorstellung! Aus dem Triclinium hörte ich einige Wortfetzen Man unterhielt sich schon emsig und das mitten in der Nacht. Selbst Marcus war schon aufgestanden, denn ich hörte seine Stimme heraus, wie er meinen Namen nannte.
    "Guten Morgen! Was war bei uns genauso?", fragte ich in die Runde. Himmel, die arme Tiberia hatte doch nicht etwa das gleiche Fiasko erlebt, wie ich? Erschrocken sah ich zu Ursus, dann zu Septima und schließlich zu Marcus. Er hatte doch nicht irgendwelche Einzelheiten preisgegeben, falls doch, war er wohl nicht ganz ehrlich gewesen, denn ich konnte mich an keine Zeit zurückerinnern, an der wir froh waren, abends umfallen zu können. Vielmehr verband ich diese Zeit während und nach der Hochzeitsnacht, als einer der krampfhaftesten, die ich je erbet hatte.

    Zitat

    Original von Marcus Aurelius Corvinus
    Und so schlug ich quasi in Ermangelung der Zeit zum Nachdenken mein eigenes Ende vor, um sie nicht mit meinem Schweigen oder einer stark verzögerten Antwort schon zu verärgern: "Ich dachte mir, wir fahren nach Puteoli und ich kaufe dir ein schönes Kleid. Was meinst du?" Kaum ausgesprochen, verbog ich die Mundwinkel zu einem Lächeln. Wenn sie darauf nicht ansprang, hatte ich wahrhaftig ein Problem.


    Das war die richtige Antwort! Genau so etwas wollte ich hören! Auf diese Weise konnte er mich besänftigen und ich über einiges hinwegsehen. Gerade noch wollte ich ihm noch mitteilen, wie brillant ich diese Idee fand und ihm nebenbei auch vorschlagen wollte, dass auch er sich ruhig eine neue Toga gönnen sollte. Denn mit Männern war es doch immer dasselbe, nie kauften sie sich selbst Kleidung. Lieber verbrachten sie ein ganzes Jahrzehnt mit dem selben, inzwischen aus der Mode gekommenen Fetzen, statt wie es sich gehörte, ständig am Puls der Zeit zu sein.
    Dazu kam es allerdings nicht, denn das junge Ding kam zurück, mit einer Wachstafel in der Hand, auf der sich zweifellos der Spruch der Sybille befand.
    Jeder, der einmal vor den Pyramiden von Gizeh gestanden und sich gefragt hatte, welche Geheimnisse sie in sich bargen, konnte nachvollziehen, wie es mir in diesem Moment ging.
    Mit monotoner Stimme las die junge Priesterin den Orakelspruch vor und mit jedem Wort wurde ich ratloser. Wieso ging es eigentlich nicht noch ungenauer? Hatte ich nicht eine klare und unmissverständliche Frage gestellt?
    Es bedurfte einiger Zeit, bis sich die Worte gesetzt hatten und ich zu interpretieren versuchte, was dieser Spruch zu bedeuten hatte.
    Manchmal ergeben drei fünf Räder am Wagen. Das fünfte Rad am Wagen, das war eines zu viel! Die Sybille konnte doch unmöglich etwas von meinem Techtelmechtel mit meinem Sklaven ahnen. Oder etwa doch? Wenn Marcus das herausbekam, dann war ich geliefert!
    "Aha!" seufzte ich und man merkte mir wohl meine Enttäuschung an. Es stand wohl außer Frage, daß ich die nächsten Tage dazu nutzen würde, um hinter den Sinn dieses Spruches zu gelangen.