Hoffentlich hatte ich ihn nicht verschreckt mit meiner Frage, die doch sehr unvorbereitet kam. Was er wohl darauf antworten würde? Ein vages Ja oder doch eher ein schüchternes Vielleicht? Mit einem rechnete ich ganz und gar nicht! Mit einem harten Nein. Schließlich hatte ich hier keinen ungebildeten Rüpel vor mir, der mit der Holzhammermethode vorging.
Erst schwieg er. Mir wurde schon etwas bang. Vielleicht hatte ich mich ja doch getäuscht. Über diese Dinge hatten wir nie zuvor gesprochen, weil sie einfach nebensächlich waren. Die Liebe kam meist, irgendwann. Dann war sie da, man hatte eines oder mehrere Kinder miteinander und wurde gemeinsam alt. Meistens war es wohl so, daß man sich erst richtig im Alter zu schätzen begann, wenn man wusste, was man aneinander hatte. Allerdings hatte ich nichts dagegen, wenn sich dieser zustand schon etwas früher einstellte.
Schließlich bekam ich meine Antwort zu hören. Er sagte etwas und sagte damit eigentlich nichts. Nicht einmal ein Vielleicht aber auch kein striktes Nein! Also lagen noch alle Möglichkeiten offen vor mir.
"Ja", antwortete ich seufzend und kehrte wieder zurück in meinen Teil des Bettes.
Es dauerte lange, bis ich endlich einschlief. Zu lange grübelte ich noch über seine Antwort, bis mir dann doch die Augen zufielen und ich in Morpheus Reich eintauchte.
Beiträge von Flavia Celerina
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Gelangweilt naschte ich ein paar eisgekühlte Beeren, ehe es los ging. Die zwei custodes, die schon den ganzen Tag ein Auge auf Chimerion werfen sollten, waren es schließlich, die ihn in den Hof brachten und ihn bereit machten, für das nun Folgende. Erst jetzt sah ich ihn richtig und auch die ganzen Ausmaße seiner Veränderung , was die beiden custodes heute Morgen noch vor der Kreuzigung mit ihm angestellt hatten. Sein ganzer Kopf war mehr oder weniger kahl geschoren. Ich erkannte ihn kaum wieder.
Nachdem sie ihn an das Holzkreuz befestigt hatten, erhob ich mich von meiner Kline und schritt auf die Folterstätte zu. Ich sah Chimerions Körper, wie er lang gestreckt an das Kreuz gebunden war. Seine Muskeln waren fest gespannt, da sie bereits in der Erwartung auf die nun folgende Tortur waren. Der Rücken des Sklaven kündete davon, dass dies nicht sein erstes Rendezvous mit der Peitsche war. In seinem früheren Leben, so wusste ich, hatte man ihn oft geschlagen. Seit er in meinen Besitz übergegangen war, war eine Bestrafung niemals nötig gewesen. Bis jetzt! Heute jedoch sollte er die flavische Peitsche zu spüren bekommen.
Langsam wendete ich meinen Blick von Chimerion ab und schaute auf die versammelte Sklavenschaft hinüber. Die noch einmal Zeugen werden sollten, was mit jenen geschah, die nicht loyal waren.
"Seht her! Dieser Sklave hier, hat es gewagt, zu stehlen und zu betrügen. Er hat geglaubt, er könne sich ungestraft, aus meinem Herrschaftsbereich entziehen, indem er flieht. Wie ihr seht, hat man ihn wieder eingefangen! Für seine Vergehen wird er heute bestraft! Damit es ihm nie wieder in den Sinn kommt, mich zu täuschen. Dafür soll er nun 50 Peitschenschläge erhalten." Einen Moment lang sah ich noch in die angstvollen Gesichter der Sklaven. Einige von ihnen kannten die Schmerzen, die die Peitsche verursachte. Dann ging ich wieder zu meiner Kline und setzte mich. Auf das Obst hatte ich längst keinen Appetit mehr. Warum nur hatte er es so weit kommen lassen, dass ich ihn nun so hart bestrafen mußte? Ich mußte ihn bestrafen, ganz ohne Zweifel. Alleine schon wegen der anderen Sklaven. Ich mußte ein klares Zeichen setzten, auch wenn es mir wehtat.
Schließlich gab dem Sklaven mit der Peitsche ein Zeichen, damit er beginnen konnte. -
Mein energischer Aufruf echote durch die stille Halle der Therme. Zwar war sie brechend voll heute, mit badewütigen Damen aus der feinen und weniger feinen Gesellschaft, doch war es um mich herum Mucksmäuschenstill geworden. So daß man selbst den Seufzer einer Maus hätte hören können. Ebenso waren alle Blicke abwechselnd auf mich, der Germanicerin und dem Sklaven gerichtet. Sensationslustig erwarteten Damen den nächsten Streich dieses ominösen Schlagabtausches. Der ließ auch nicht lange auf sich warten. Denn ohne mit der Wimper zu zucken vertröstete mich doch dieser Mistkerl auf später! Mich!
Ohne Zweifel, ich hatte im Reflex gehandelt, ohne mir über die möglichen Folgen im Klaren zu sein. Halb Rom war heute in den Thermen und wurde Zeuge meiner Entgleisung. Die andere Hälfte saß zu Hause und wurde spätestens zur cena informiert, wenn dieser Vorfall zum Tischgespräch avanciert war. Meine Güte, das war ein gefundenes Fressen für Delmatica! Aber wie hätte ich anders verfahren sollen, nachdem mich dieser Sklave so diffamiert hatte? Wer war denn dieses Weibsstück schon? Ein Sproß von Emporkömmlingen, die zufällig zu Geld gekommen waren. Mehr nicht!
Mein bohrender Blick lastete auf der Germanica. So einfach wollte ich sie nicht davonkommen lassen und den Sklaven verlustig gehen lassen? Nein! Das war meine Beute! Ich hatte dafür bezahlt, nicht nur mit meinem guten Namen. Sprangen nicht immer noch einige Extra-Sesterzen für diesen unverschämten Sklaven ab? Ich war noch nie kleinlich gewesen. Nicht in diesen Dingen!Meine frischgebackene Nichte ermahnte mich. Sie hatte ganz recht. Ich war gerade dabei mich lächerlich zu machen. Jedoch war das auch der Fall wenn ich nun den Schwanz einzog und klein bei gab. Von mir wurde erwartet, zurückzuschlagen! Wenn ich so in die Zuschauermenge sah, so waren einige der Damen durchaus darauf versessen, Blut fließen zu sehen. Aber natürlich würde ich mich hier in aller Öffentlichkeit nicht schlagen. Schon gar nicht mit dahergelaufenem Plebejerpack.
Doch die Krönung der Unverschämtheit war noch längst nicht erreicht. Sie setzte erst ein, als die Germanicerin auf mich zukam und mir den Sklaven abtreten wollte. So nötige hatte ich es nun auch wieder nicht! Ich überspielte meine Wut mit einem schallenden Lachen.
"Ach nein! Laß nur, meine Gute! Das war doch nur Spaß! Nimm ihn dir ruhig und laß dich nur richtig gut durchkneten, meine Liebe! Im Grunde ist der Sklave noch leistungsfähiger, wenn er sich erst einmal warm gemacht hat.", meinte ich leicht süffisant, lächelnd.
Bevor ich mich wieder in das warme Wasser hinab gleiten ließ zischte ich Minos noch etwas zu: "Wir sprechen uns noch!" Damit sollte die Vorstellung beendet sein, zumindest für das Publikum. Für mich war diese Sache längst noch nicht abgeschlossen.
Als langsam wieder alles seinen gewohnten Gang nahm, die Damen sich wieder miteinander unterhielten, zitierte ich meine Sklavin zu mir herbei, die teilnahmslos an einer Wand stand und wartete, bis sie wieder gebraucht wurde. "Finde alles über diese Germanica heraus! Ich will alles über sie wissen! Hast du verstanden?" Charis nickte und bejate meiner Frage.
Dann wandte ich mich wieder zu Prisca und den Damen, die sich um uns herum befanden.
"Ich finde, dieser Sklave wird eindeutig überbewertet! Ich war letzten Winter in Baiae. Meine Güte, die haben vielleicht Masseure dort! Allesamt Ägypter. Un alle beherrschen sie eine ganz neuartige Technik!" -
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Meine düsteren Blicke waren nicht unbeachtet geblieben. Es war offensichtlich, wie diese Weibsbilder sich bereits ihre Mäuler über uns zerrissen. Aber sollten sie doch! Ich hatte für Minos bezahlt und ich würde Minos auch als erste bekommen, gerade heute, wo Prisca mich begleitete. Prisca war es dann auch, die uns einen Platz in dem reichlich gefüllten Becken sicherte. Von den Blicken der anderen Damen unbeeindruckt, tauchte ich vorsichtig in das Wasser ein. Ach, wie angenehm war das! Es wäre durchaus noch angenehmer gewesen, wäre nicht diese Tuschelei gewesen, derer ich mich kaum entziehen konnte und in der es zweifellos um meine Familie ging.
"Guten Tag, die Damen!", meinte ich dann übertrieben freundlich. Hoffentlich kam Minos bald! Mit so vielen Schnepfen an einem Ort war es nicht lange auszuhalten! Wäre ich doch nur zu Antonia hinüber gegangen und hätte die süffisanten Bemerkungen Delmaticas über mich ergehen lassen! Und dennoch war es besser hier zu sein, denn in diesem Becken saßen meine ärgsten Konkurrentinnen.
"Ich wette mit dir, diese Weiber hier warten alle auf Minos!" flüsterte ich Prisca zu und hatte dabei diesen verächtlichen, überlegenen Blick. Hätte ich nur geahnt, wie recht ich damit hatte! Denn es dauerte nicht lange, bis sich der junge Gott mit dem stählernen Körper sich unserem Becken näherte. Seine leicht gebräunte, geölte Haut war so makellos. Vereinzelt perlten kleine Wassertröpfchen an seiner Brust herab. Die kurzen schwarzen Locken umrahmten sein hübsches Gesicht, welches durch sein unwiderstehliches Lächeln gekrönt wurde. Lediglich ein Lendentuch kleidete ihn. Er sah einfach zum Anbeißen aus. Sachte tippte ich Prsica an und machte sie auf ihn aufmerksam.
"Das ist er! Minos!" ,meinte ich nur und war mir hundertprozentig sicher, er würde nun mich ansprechen. Aber was machte dieser dämliche Kerl? Er wandte sich an diese Germanicerin, ohne mich auch nur irgendwie zu beachten! Widerliches Plebejerpack! Verdammter Sklave!
Wie auf Kommando sprang ich aus dem Wasser, als die beiden schon verschwinden wollten. "Augenblick mal! Ich würde sagen, wir sind zuerst an der Reihe!", rief ich, so daß es auch jeder hören konnte und deutete dabei auf Prisca und mich. -
In der Tat! Da konnte ich Prisca nur beipflichten. Diese Neureichen machten sich überall breit und glaubten am Ende noch, an angesehene Familien wie die unseren auch nur heranzureichen. Diese Damen waren es nicht wert, weiter beachtet zu werden und so beschloß ich, mich ganz auf das wesentliche zu beschränken, was ohne Zweifel die Nichte meines Gatten war und die gesichtete Claudia, die etwas abseits in einem Becken weilte.
Es erfreute mich überaus, Prisca mit dem überaus begnadeten Masseur überraschen zu können. Offenbar kanntesie ihn noch nicht. Doch sie würde ihn kennenlernen! Dafür hatte ich gesorgt.
"Und ob! Man nennt ihn auch den kretischen Stier! Du siehst, der Name ist Programm und zwar in jederlei Hinsicht!" antwortete ich ihr und lächelte dabei sehr geheimnisvoll. Ob Antonia auch schon von Minos gehört hatte? Ich sollte sie danach fragen und falls sie noch keinen Termin mit ihm vereinbart hatte, mußte sie ihn unbedingt einmal testen! Minos war einfach ein Meister seines Faches. Mit seinen Händen konnte er selbst die hoffnungslosesten Fälle glücklich machen, so daß Verspannungen, Verklemmungen und Krämpfe sich wie von selbst lösten. Ich wollte mich schon den Becken nähern, in dem sich Antonia befand. Doch dann sah ich, wie sie von einer Frau angesprochen wurde, die sich wenig später als Delmatica entpuppte, Roms größte Klatschtante. Arme Antonia, dachte ich bei mir und war im nächsten Moment mehr als froh, daß die Claudia mich noch nicht erblickt hatte. So konnte ich wenigstens mich und Prisca vor den sensationslüsternen Ergüssen dieses Schandmauls bewahren.
"Ach warte, sie unterhält sich gerade. Vielleicht sollten wir sie da nicht stören und erst später noch einmal nach ihr sehen." So versuchte ich ansatzweise, mich aus der Affaire zu ziehen.ZitatOriginal von Germanica Calvena
"Wir können uns ja nachher noch eine Massage gönnen.. ich hab da einen Sklaven empfohlen bekommen und auch für eine Stunde gemietet….. Minos heißt er!" verkündete sie mit einem breiten Lächeln. "Er soll wirklich talentiert sein...was auch immer das bedeuten mag!" lachte sie. Sie hatte laut genug geredet, dass dies einige Damen in ihrer nähe mitbekamen.
"Wollen wir nicht lieber…äh", wie bitte was war das, was aus der Ecke der Neureichen mein Ohr erreichte? Ich wollte es gar nicht glauben, was ich da hörte! Es war so unglaublich, daß mir plötzlich die Worte fehlten. Irritiert sah ich in Richtung dieser Damen, die sich noch immer sehr eifrig unterhielten. Mein düsterer Blick fiel auf jene, die gewagt hatte, den Namen Minos in ihren Mund zu nehmen. Abschätzig musterte ich sie. Wie gerne wäre ich zu ihr gegangen und hätte ihr meine ganz persönliche Meinung, was ich von ihr hielt, ins Gesicht geschleudert. Allerdings wäre das unter meiner Würde gewesen. Stattdessen faßte ich einen Plan. "Ach Prisca, laß uns doch solange hier in dieses Becken gehen, bis Minos für uns Zeit hat." Ich deutete auf das Becken in der sich auch diese neureichen "Damen" befanden. -
Die Sklaven schafften Chimerion aus meinen Augen. Um ihn würde ich mich noch später kümmern. Jetzt sollte er erst einmal im Carcer schmoren.
Nun wollte ich mich schon zurückziehen, denn das Geschäft mit dem Sklavenfänger war abgewickelt. Er hatte seine Belohnung erhalten und konnte mehr als zufrieden sein. Aber womöglich war es die Genugtuung des wieder habhaft gewordenen Sklaven, der mich dazu bewog, etwas zu leichtgiebig zu sein. Schließlich hatte ich nichts zu verschenken! Was war eigentlich aus meinen Pferden geworden, die ich dem Sklavenjäger zur Verfügung gestellt hatte? Dieser schickte sich bereits an, mit der Geldschatulle unter dem Arm, das Weite zu suchen.
"MOMENT!" rief ich ihm eindringlich hinterher, wie es wahrscheinlich eher nicht einer Flavia geziemte. "Bleib sofort stehen! Wir hätten da noch etwas zu klären!" -
"Es gibt nichts Schwereres auf der Welt als offener Freimut
und nichts Leichteres als Schmeichelei."
Fjodor Michailowitsch Dostojewski
Die Sonne war längst über ihren Zenit geschritten, als meine Sänfte, meine Sklaven und auch der Akteur des nun folgenden Schauspiels den Hof der Villa Flavia erreichten. In den Reihen der Sklaven war es deutlich ruhiger geworden. Das rührige Tratschen der frühen Morgenstunden hatte spätestens im Angesicht des Gekreuzigten ein abruptes Ende gefunden. Die Demonstration der Macht der Flavier über ihre Sklaven hatte bei allen wieder einmal eine einbrennende Wirkung gezeigt. Selbst bei mir hatte der Anblick des Sklaven, der am Kreuz hing, eine Art der Beklemmung hervorgerufen. Ein Schauder lief mir noch jetzt über den Rücken, wenn ich daran denken mußte, wie langwierig und grausam doch diese Todesart war. Doch der Sklave hatte es sich selbst zuzuschreiben. Alle, die sich an dieser lächerlichen Flucht beteiligt hatten, konnten es sich selbst anlasten, was nun mit ihnen geschah. Die Konsequenz der Schuld lag nun einmal in der Sühne. So war es schon immer und so würde es auch bleiben.Ich hatte es mir nicht leicht gemacht, als ich über Chimerions Sühne entschied. Allerdings hatte ich aber auch von der schwersten Strafe abgesehen. Tief in meinem Innern wußte ich, ich bestrafte mich selbst damit, denn auch ich war nicht frei von Schuld. Viel zu viel, wie es eigentlich erlaubt gewesen wäre, hatte er mir bedeutet, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte. Im hinteren Teil des Hofes, an den Stall grenzend, stand es, das gefürchtete Holzkreuz*. Ermahnend und beängstigend. Die Sklaven mieden gerne diesen Ort, denn der Anblick rief ihnen stets ein flaues Gefühl in ihren Mägen hervor. Oft war es ausreichend, ihnen das Bild des Holzkreuzes wieder vor Augen zu führen, um sie zur Raison zu bringen.Das Kreuz, welches mehr an ein X erinnerte, wartete nur darauf, wieder einmal in Gebrauch genommen zu werden. Nur das eingetrocknete Blut, das noch daran haftete, erinnerte an den letzten Unglücklichen, der die Leiden, die ihm die Peitsche zugefügt hatten, ertragen mußte. Einige Sklaven hatten mir eine Kline dorthin getragen, damit ich es bequem hatte, wenn ich Zeuge der Bestrafung meines Sklaven wurde. Ein weiterer war mit einem Sonnenschirm bestückt worden, um mich vor der Sonne zu schützen. Desweiteren hatte ich eine Erfrischung geordert, die mir in Form von verdünntem Wein und eisgekühltem Obst gereicht wurde. Nun konnte es beginnen. Ich gab den Sklaven ein Handzeichen, damit sie den Thraker holten.
Sim-Off: * in Anlehnung an Marcus Flavius Aristides Beschreibung des Holzkreuzes in "Hortus | Citius, altius, fortius"
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Lieber zu spät,als nie...
Herzlichen Glückwunsch nachträglich!!!
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Von der Villa Aurelia kommend, erreichten unsere Sänften schließlich die Thermen und kamen davor zum stehen. Sklaven halfen uns beim aussteigen und Sklaven waren es, die uns folgten, als wir diesen Ort der Entspannung betraten. Charis, meine Leibsklavin trug alle meine Utensilien, die für einen erholsamen Tag nötig waren, mit sich. Sie war es auch, die mir beim umziehen behilflich war.
Ich wartete noch einen Moment auf Prisca, bis auch sie soweit war und dann konnte unser Thermenbesuch so richtig beginnen. Wir betraten die luxuriös ausgestatteten Hallen und mussten feststellen, daß wir nicht die einzigen waren, die auf der Suche nach Erholung, Ruhe und Entspannung waren. Überall tummelten sich Grüppchen von Damen und solche die glaubten, sie wären Damen. Natürlich hielt ich Ausschau nach einem bekannten Gesicht, allerdings ohne Prisca zu vernachlässigen.
"Unglaublich, welch ein Trubel! Findest du nicht auch, Prisca?" Ich vermied, den Ausdruck plebejischer Trubel. Man wußte ja nie, wer alles mithörte, allerdings sprach meine Physiognomie Bände, als mir ein Grüppchen junger "Damen" ins Auge fiel, die sich lautstark über etwas amüsierten. Pikiert rümpfte ich die Nase und blickte mich weiter um.
Einen vorbeikommenden Sklaven, der zu den Thermen gehörte, hielt ich an. "Ist Minos heute zufällig da? Wenn ja, möchte ich, daß er sich bei mir meldet. Wir würden gerne seine Dienste in Anspruch nehmen." Lächelnd sah ich zu Prisca, die ich mit dem begabten Masseur überraschen wollte.
Der Sklave indes zuckte mit den Schultern. "Tut mir leid, Herrin! Minos ist heute sehr beschäftigt und hat keinen Termin mehr frei." Kaum hatte er das gesagt, wollte er mich auch schon unverschämterweise stehen lassen und weitereilen.
"MOMENT!" Ich hielt ihn am Arm fest! "Das hier dürfte Minos´ Terminkalender etwas auflockern, so daß er ganz sicher noch etwas Zeit für uns erübrigen kann." Ich nickte Charis zu, die wiederum ein Säckchen mit einigem Kleingeld hervorkramte und es dem Sklaven hinhielt.
Der Sklave, der mich überrascht anstarrte wurde bei dem Anblick des Geldsäckchens ganz geschmeidig. "Aber selbstverständlich Herrin. Ich werde ihn zu dir schicken." Damit ließ ich ihn seiner Wege ziehen und wandte mich wieder Prisca zu. "Wozu hättest du jetzt Lust?", fragte ich sie, erblickte aber im nächsten Augenblick ein Gesicht, welches mir sehr wohl bekannt war. "Sieh mal, da ist Antonia! Sollen wir uns zu ihr gesellen?" -
Antonia dachte nach. Es war ausgeschlossen! Es gab keine andere Möglichkeit. Diese Etwas, was in mir heranwuchs, es musste weg. So schnell wie möglich. Am besten sofort!
Sie erhob sich aus der Hocke und setzte sich wieder. Hoffend beobachtete ich sie, so als könne sie mir nun aus dem Nichts die Lösung meines Problems herzaubern. Und tatsächlich, was sie nun vorschlug, war äußerst wagemutig und großherzig zugleich. Sie bot ihren eigenen Leibsklaven an. Meine Augen begannen wieder zu leuchten. Ich sah wieder Licht am Ende des Tunnels. Dabei drängte sich mir der Gedanke auf, meine eigene Leibsklavin ebenfalls mitzuschicken, auch wenn ich ihr noch nicht ganz und gar vertraute. Dies aber konnte eine Prüfung für ihre Loyalität sein, bei der sich herausstellen konnte, was sie wirklich wert war.
"Das würdest du wirklich tun? Oh Antonia! Du bist so gut zu mir! Du bist eine wahre Freundin!" Von der es bekanntlich nicht so viele gab. Ich strahlte wieder über mein ganzes Gesicht und sprang auf. Von einer überstürzten Umarmung und zu engem Körperkontakt sah ich aber ab. Das kam Antonia sicherlich auch sehr entgegen. Auf jeden Fall machte mir ihr Angebot wieder neuen Mut, nicht den Kopf hängen zu lassen.
"Gut, dann schicke ihn los. Ich werde ihm meine Leibsklavin auch mit geben. Dann werden wir ja sehen, ob ich ihr vertrauen kann. Er soll ein Auge auf sie werfen." -
Natürlich verfolgte ich auch gewisse Hintergedanken, als ich mich aufopfernd dazu bereit erklärte, mich ein wenig um Prisca zu kümmern. Bei passender Gelegenheit würde ich diese karitative Neuigkeit meinem Gemahl unter die Nase reiben, um ihm zu zeigen, wie gut ich doch war, oder zumindest sein konnte. Aber nein, nein! Nicht nur deshalb! Prisca war auch ein sehr nettes Mädchen und man wußte ja nie, wozu eine positive Beziehung zu ihr noch gut sein konnte. Außerdem interessierte es mich ja natürlich auch brennend, wie sie diese Tragödie um ihre geplatzte Verlobung weggesteckt hatte. Selbstverständlich würde ich nicht so taktlos sein und sie direkt darauf ansprechen. Erst würde ich ihr das Gefühl geben, in mir eine Vertraute sehen zu können und dann würde Prisca mir sicher von ganz alleine ihr Herz ausschütten.
Ich hörte Schritte, die näher kamen. Und tatsächlich, es war Prisca. Wie hübsch sie wirkte und ihr bezauberndes Lächeln. Sie war eben eine echte Patrizierin, erhaben und würdevoll.
"Salve Prisca, meine Liebe! Wie schön! Ach, wo denkst du hin! Ich bin gerade eben erst ins atrium gekommen". Was nicht unbedingt der Wahrheit entsprach, denn geschlagene zehn Minuten hatte ich bestimmt schon gewartet. Aber was waren denn schon zehn Minuten, wenn ein langer erholsamer Tag in den Thermen vor uns lag?
"Aber gerne doch! Die Sänften stehen schon bereit." Dann sah ich sie doch etwas verdutzt an, als sie fragte, ob uns noch jemand begleiten wolle. "Äh, nein. Nur die Sklaven." Sie dachte doch nicht etwa, ich wolle Marcus mitschleppen? Wir waren zwar jetzt verheiratet, aber das war es dann auch. Es gab schließlich Situationen, da waren Männer einfach fehl am Platz! Außerdem war heute der Badetag der Damen.
Ich umfasste sie leicht und schob sie sanft zur Türe hin, damit es endlich los gehen konnte. -
Alle meine Sklaven, auch die, die mich am Vorabend nicht begleitet hatten, waren bereits hier und scharten sich um meine Sänfte. Ich konnte eine gewisse Anspannung in ihren Gesichtern ablesen, was ich durchaus nachvollziehen konnte. Mir ging es nicht anders. Auch dann nicht, als ich Chimerion entdeckte, den man aus dem Carcer geholt hatte und der nun auch der Kreuzigung beiwohnen sollte. Sein Anblick ließ mich erschrecken. Die kurzen Haare, sein elender Anblick, das alles war sehr gewöhnungsbedürftig.
Marcus´ knappe Begrüßung lenkte mich ab. Er versuchte mir zuzulächeln, aber auch er stand mächtig unter Druck, den man nicht einfach so vertuschen konnte.
"Guten Morgen, Marcus", erwiderte ich genauso und sah ihm nachdenklich nach, als sich dann auf seinen Befehl hin der Zug in Bewegung setzte. Als meine Sänfte das flavische Anwesen verließ zog ich den Vorhang zurück, damit mich die neugierigen Augen des Pöbels nicht trafen. Das sanfte Schaukeln der Sänfte ermüdete mich. Ich hatte nicht besonders gut schlafen können. Das rächte sich jetzt. Ab und an fielen mir die Augen zu und ich nickte kurz ein, obwohl ich krampfhaft versuchte, wach zu bleiben. Dann sah ich wieder meinen Sklaven vor mir, wie ich ihm am Abend zuvor gegenübergestanden hatte. Ich wünschte, dieser Tag wäre schon vorüber, denn im Grunde hatte ich nicht viel übrig für Hinrichtungen, Gladiatorenkämpfe und dergleichen. Doch nicht so bei dieser Hinrichtung! -
Nach all dem Hochzeitstrubel, der ja ausgesprochen aufregend war (über gewisse Details wollte ich schweigen, wie ein Grab), war ich froh, als wieder langsam Ruhe in mein Leben einkehrte. Allerdings lagen nun neue Aufgaben vor mir. Der neue Haushalt, die neuen Sklaven… und vor allen Dingen meine neue Familie! Von meinen gelegentlichen Besuchen in der Villa Aurelia kannte ich bereits einige. Da waren Aurelius Ursus, der allerdings derzeit außer Haus weilte und seine Schwester, mit der ich befreundet gewesen war, die allerdings vor kurzem verstorben war und die junge Prisca, mit der ich mich besonders verbunden fühlte. Beinahe wäre sie die Frau meines Onkels geworden. Beinahe allerding nur! Die ganze Sache war sehr kurios und peinlich. Ich hoffte, sie hatte die Lösung ihres Verlöbnisses mit Aquilius gut verkraftet. Sie tat mir so leid, die Ärmste! Daher beschloß ich, sie etwas unter meine Fittiche zu nehmen, um sie so noch besser kennenzulernen. Wo konnte man dies besser tun, als in den Thermen? Zwar verfügte die Villa Aurelia ebenfalls über ein luxuriöses Bad, was dem der Flavier in kaum etwas nachstand, doch waren die Thermen ein Ort der Unterhaltsamkeit und des neuesten Klatsches. Außerdem taten dort recht attraktive Sklaven ihren Dienst, von denen man sich doch gerne massieren ließ. Ich dachte da nur an Minos und seine kraftvollen Hände...
Ich hatte meine Sklavin zu Prisca gesandt, um sie zu fragen, ob sie mich begleiten wollte. Nun wartete ich gespannt im Atrium auf sie. Unsere Sänften standen draußen bereit. Es konnte sofort losgehen, sobald Prisca gewillt war, zu erscheinen.... -
Ein leichtes Zucken um meine Mundwinkel, jedoch ließ ich mich nicht zu einem zufriedenen Lächeln hinreißen, was allerdings nicht hieß, daß ich nicht zufrieden war. Ich war zufrieden, sehr sogar, denn ich wußte jetzt, ich hatte ihn ganz sicher wieder und er würde alles dafür tun, mir wieder zu gefallen. So wie ich mich kannte, würde ich das auch wieder gnadenlos auskosten. Er war einsichtig und ich nahm ihm auch jedes Wort ab, was er sagte. Es war eben doch nur der schlechte Einfluß dieses Parthers, der in dazu bewogen hatte, eine solche Dummheit zu begehen. Was allerdings in ihm vorging und wie hart ihn das Abschneiden seiner Haare traf, nahm ich nicht wahr. Es hätte mich aber auch nicht berührt. Strafe mußte sein! Das war nun einmal so. Und daß ihm noch einige Repressalien bevorstanden, dessen war er sich durchaus bewußt.
"Ja, da hast du wohl recht!", antwortete ich versonnen. Wobei mir die Vorstellung des Brandmarkens als besonders grausam erschien und zumal er dadurch ja auch verunstaltet wurde. Aber all das lag letztlich in meinem Ermessen, wie hart ich ihn bestraffen lassen wollte.Im Grunde war es das, was ich hier zu erledigen hatte. Ich hatte meine Entscheidung getroffen, was mit Chimerion zu geschehen hatte. Diese Begegnung hatte mir dabei sehr geholfen. Schließlich wollte ich mich von ihm abwenden und gehen. Seine Frage, die völlig unvermittelt kam, hielt mich aber dann noch zurück. Noch einmal blickte ich mein Sklaven an. Der Blick mochte kalt sein, denn ich hatte keinerlei Mitleid für die beiden anderen Sklaven und deren Schicksal.
"Nein, die beiden leben noch. Sie sind auch hier unten untergebracht. Aber Aristides wird sie wohl ans Kreuz bringen. Morgen früh", antwortete ich emotionslos und wandte mich dann von ihm ab. Die Sklaven, die draußen auf mich warteten, öffneten mir die Tür und entließen mich wieder.
Die Nacht wollte ich in der Villa verbringen, denn der morgige Tag würde viel von mir abverlangen. Zwar war nun eine Bürde von mir genommen, denn ich hatte eine Entscheidung getroffen. Dennoch brachte mir die kommende Nacht nur wenig Schlaf und keinerlei Erholung. -
Jetzt war es gesagt und die Claudia verstand. Auch wenn ich sie nicht anblicken konnte, weil ich mich zu tiefst schämte, erriet ich es an ihrem angehaltenem Atem, was in ihr vorgehen mußte. Antonia erhob sich, lief auf und ab, so wie ich es bereits schon am Morgen getan hatte. Ihr Urteil erwartend, sah ich ihr nach. Was würde sie darauf erwidern? Sie würde mich doch nicht im Stich lassen in dieser prekären Lage? Nein, das sicher nicht. Aber mit welchen Augen würde sie mich zukünftig betrachten? Dabei war ich in dieser Sache das Opfer! Selbst jetzt noch nach Wochen überfielen mich die schrecklichen Erinnerungen. Die Alpträume, die mich regelmäßig schweißgebadet aus dem Schlaf herausrissen. Und nun auch noch ein Spross dieses Verbrechers, das in mir heranwuchs und mir noch den Rest nehmen wollte.
Natürlich gab es nur eine Lösung dafür, um nicht in den Abgrund zu stürzen. Nur eine Antwort, um das Gesicht zu wahren. Das wußte ich und das wußte Antonia. Deshalb überraschte es mich nicht, was sie dann sagte.
"Ja", antwortete ich ebenso schlicht, als wäre es das normalste auf der Welt. Ich empfand nichts für das, was in mir wuchs. Es war nichts, worauf man sich freuen konnte. Ich wollte es los werden, so schnell wie nur irgend möglich. Die Hochzeit nahte schon. In wenigen Wochen durfte nichts mehr darauf hinweisen, daß so etwas geschehen war.
Dann trat Antonia zu mir, ging vor mir in die Hocke und ergriff meine Hände, so wie es nur gute Freundinnen tun, die einander helfen. Alles was sie sagte war richtig. Dieses Kind durfte nicht sein und Marcus hatte es nicht verdient, daß man es ihm unterschob, denn eines wußte ich, dieses Geschöpf würde ich niemals lieben können!
"Ja, Antonia! Ich weiß." Eine Träne kullerte über meine Wange während ich ins leere starrte. "Allerdings wird das hier in der Villa kaum möglich sein. Die Gefahr, entdeckt zu werden ist viel zu groß und dann erst das Getratsche der Sklaven!" Hier war eine heilkundige Frau oder ein erfahrener Arzt, der auch die Kunst des Schweigens beherrschte, von Nöten. Ich erwartete nicht wirklich, daß Antonia auf Anhieb so jemand nennen konnte, denn selbst ich mußte auf diese Frage hin passen. "Jemand müßte Erkundigungen einziehen nach solch einer Person. Wüsstest du, wer dafür geeignet sein könnte?" An meine eigenen Sklaven wollte ich da gar nicht denken, denn keinem von ihnen vertraute ich wirklich. -
Es war vollbracht! Ja, in der Tat, das war es! Mit dem Lohn meiner Arbeit konnte ich durchaus zufrieden sein, auch wenn dieser Abend ganz anders verlaufen war, als ich ihn mir vorgestellt hatte. Allerdings hoffte ich, daß unser zukünftiges Beisammensein nicht immer so in Streß ausarten würde. Vorerst beschloß ich jedenfalls, den heutigen Abend unter die Rubrik "Anfangsschwierigkeiten" abzulegen. Letztlich waren wir ja doch noch erfolgreich gewesen. Und mit der Zeit würden wir uns noch besser kennenlernen, woraus dann eines Tages auch Liebe erwachsen konnte
Etwas außer Atem und gänzlich erhitzt, aber innerlich zufrieden lag ich nun neben Marcus. Er hatte doch noch sein Bestes gegeben, auch wenn ich mir vielleicht noch etwas Leidenschaft gewünscht hätte. Jedenfalls konnte ich nicht klagen.
Ich bemerkte seinen fragenden Blick, als hoffe er auf ein Zeugnis seiner Leistung, die er erbracht hatte. Doch ich antwortete ihn nicht mit Worten. Ein geheimnisvolles Lächeln sollte vorerst genügen. Er langte nach meiner Hand und drückte sie fest. Was für mich auch eine Bestätigung war. Lange betrachtete ich ihn von der Seite und spürte die innere Zufriedenheit, Wieder einmal hatte ich bekommen, was ich wollte, so wie es stets der Fall gewesen war.
Nach einer Weile rollte ich mich zu ihm hin, küßte ihn zärtlich auf den Mund und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ich fragte ihn, ob er mich liebte und wenn nicht, ob er mich eines Tages lieben könnte. -
Dieses Ereignis wollte ich mir auf gar keinen Fall entgehen lassen! Die Nacht hatte ich in der Villa Flavia verbracht, da ich ursprünglich am Morgen Chimerions Bestrafung vorgesehen hatte. Hierfür hatte ich alle meine Sklaven herbeordert, damit allen ein für allemal klar war, was mit ihnen geschah, würden sie ein ähnliches Unternehmen planen. Natürlich durfte auch Chimerion bei diesem Spektakel nicht fehlen! Für ihn würde es so etwas wie ein Vorspiel werden und eine klare Ansage, für den Fall, daß er noch einmal einen Fluchtversuch wagen sollte. Nun saß ich in meiner Sänfte und wartete darauf, daß es endlich los ging.
Der Sklave saß noch immer in seiner dunklen, engen Zelle unten im Keller und wartete wahrscheinlich schon auf seine Strafe. Am Abend zuvor hatte ich mich dazu entschlossen, ihm das Leben zu lassen, ihn nicht kreuzigen zu lassen, so wie Aristides Sklaven.
Ich hatte den beiden custodes, die mich am Abend zu Chimerions Zelle begleitet hatten, aufgetragen Chimerion zu holen und ihn bereit zu machen.
Die beiden stiegen hinab zu dem Sklaven und öffneten die Tür zu seiner Zelle. Nacheinander betraten sie den carcer. Wenn Chimerion jetzt noch nicht wach war, so wurde er spätestens jetzt von den Tritten des einen custos geweckt. "He, steh auf! Der Barbier wartet schon auf dich!", witzelte er ihm zu, zog seinen Kopf nach oben und hielt ihn fest, so daß er sich nicht wehren konnte. Der andere zauberte, scheinbar aus dem Nichts eine Schere hervor. Dann begann er sein Werk und trennte das lange Haar des Sklaven ab. Dabei nahm er keinerlei Rücksicht, ob er seine Kopfhaut verletzte. Schließlich war das Haar bis auf eine minimale Länge reduziert. "So, und jetzt geht´s zur Kreuzigung!", meinte der andere custos feixend.
Die beiden schoben den Sklaven aus der Zelle und legten ihm wieder Fesseln an. Danach brachten sie ihn nach oben in den Hof. Der Kreuzigungszug hatte sich bereits in Bewegung gesetzt.
"Mal sehen, ob die für dich auch noch ein Kreuz übrig haben!", meinte der eine grölend zu ihm und stieß ihn an, damit er dem Zug folgte. -
Nun lag es an mir, die Situation zu retten. Im wahrsten Sinne des Wortes mußte ich nun selbst Hand anlegen und während mich Marcus näher an sich heran zog und auf mich einsprach, besah ich mir das gute Stück. Warum nur drängte sich bei mir nun das Bild eines indischen Schlangenbeschwörers auf dem ich vor einiger Zeit auf dem Markt fasziniert zugeschaut hatte, wie er mit seiner Kunstfertigkeit besagtes Tier aus seinem Korb hervor locken konnte? Der Unterschied zu dem Inder war, daß ich keine Flöte zur Verfügung hatte, sondern mir mit anderen Mitteln behelfen mußte.
"Na gut! Ich tue es!" Vorsichtig entfernte ich wieder den Schleier, der mir als Schutz gedient hatte und versuchte die Angespanntheit abzuschütteln, die sich bei mir angesammelt hatte. Dazu trugen die sanften Küsse bei, die er mir gab, als sich mir seine Lippen wieder näherten.
Inzwischen tastete sich ganz langsam meine Hand voran und erwischte das, wonach sie gesucht hatte. Wenn das jetzt nicht half, dann… Umtauschen konnte ich ihn ja nicht! Das wäre ein Skandal gewesen! Dann hätte ich mich in Rom nicht mehr blicken lassen können.
Doch wie mir schien hatte ich ein ähnliches Talent, wie besagter Schlangenbeschwörer. Oh, Wunder der Natur! Erleichtert atmete ich auf. Dann konnte doch noch getan werden, was getan werden sollte.
Zärtlich, aber fordernd zog ich ihn zu mir her. Man konnte ja nie wissen, wie lange mein Werk Bestand hatte. Darum wollte ich mich nicht mit unwichtigen Dingen aufhalten, die am Ende noch alles gefährdeten. -
Nun da mir der Hilferuf endlich über die Lippen gekommen war, überwog in mir bereits das schlechte Gewissen, mich eventuell doch zu weit hinausgewagt zu haben. Die Züge der Claudia ließen erahnen, wie unvorbereitet sie das alles getroffen haben musste, war es doch an diesem Nachmittag bestimmt nicht ihr Bestreben gewesen, sich die Sorgen anderer aufladen zu lassen. Und was war mit der Schande, die über mich gekommen war? Durfte ich damit einfach hausieren gehen, oder hätte ich lieber im Erdboden versinken müssen und mir notfalls das Messer in die Brust stoßen sollen? Die Ehre der Familie stand auf dem Spiel, wenn jemand davon erfahren würde. Wem wenn nicht Antonia hätte ich vertrauen können? Wer, wenn nicht Antonia hätte vielleicht sogar Verständnis aufbringen können. Schließlich war ich unschuldig an dieser ganzen Misere.
"Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll…" fing ich an und begann erneut zu zweifeln, ob ich mich ihr tatsächlich offenbaren sollte. Schließlich entschied ich mich für den Mittelweg.
"Nun ja, stelle dir bitte einmal vor, eine Dame unseres Standes, ist im Begriff zu heiraten. Ein Mann aus gutem Hause, versteht sich. Was nun, wenn sie in diese Ehe geht und sie ist… in guter Hoffnung?" Ich wagte es kaum auszusprechen und errötete sogleich, geschweige denn daß ihr danach direkt in die Augen blicken konnte. Sie ahnte bestimmt schon, wer diese Dame war und in welcher Verfassung sie war.