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Junge, Junge, leg mal kurz dein Kreuz beiseite und mach mal ein bißchen Platz in deinem Postkasten!
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Keinen Augenblick verschwendete ich auch nur einen Gedanken daran, mich etwa im Ton vergriffen zu haben. Dies war zwar keiner meiner Sklaven, dem ich den Beischlaf befohlen hatte. Einmal ganz davon abgesehen, hätten sich diese mir dabei ganz sicherlich auch nicht widersetzt. Aber dies war mein Ehemann! Wenigstens widersprach er mir nicht. Ein gutes Zeichen, wie ich fand. Trotzallem war es nicht die Lösung zu meinem Problem. Ob seine Beteuerungen, daß dies nur eine Ausnahme war, tatsächlich der Wahrheit entsprachen, musste sich erst noch herausstellen. Bona Dea, wenn ich das Antonia erzählte! Aber vorerst durfte nichts, aber auch rein gar nichts von all diesen Peinlichkeiten nach außen gelangen, sonst wäre ich erledigt gewesen.
Aber wie dem auch war, ich konnte mir nicht erklären, wie so etwas geschehen konnte. Marcus war doch noch jung und kräftig, nicht etwa mein erster Ehemann, der mein Väter hätte sein können! Und doch war es geschehen. Hoffentlich hatte Marcus eine Lösung parat! Ich hatte ja schon einiges davon gehört, welche Möglichkeiten es gab um die Leistungsfähigkeit der männlichen Lipido noch zu steigern. Ich wußte von meinem früheren Ehemann, daß auch er unter gelegentlichen "Mißständen" litt. Peinlicherweise war es meist dann der Fall, wenn er sich einige dieser lutetischen Dirnen ins Haus geholt hatte. Teilweise waren das dann recht widerliche Praktiken, die die lupae mit ihm vollführten und die mir die Sklaven meines verstorbenen Mannes danach recht ausführlich und sehr bildhaft vermittelten. Ich wagte gar nicht daran zu denken, daß auch ich nun zu solcherlei Mitteln greifen sollte, womöglich für den Rest meines Ehelebens!
Ich wußte nicht, was er vorhatte, als er mich wieder zu sich bat und die Hand nach mir ausstreckte. Etwas in mir sträubte sich vehement dagegen, seinem Lockruf nachzukommen. Aber am Ende wollte nicht ich diejenige sein, die den Vollzug der Ehe verhinderte.
Zögernd näherte ich mich seiner Hand und setzte mich erst einmal neben ihn, mit meinen Händenfest den Schleier unfassend.
"Und jetzt?" fragte ich argwöhnisch. Und jetzt flüsterte er mir etwas zu, was mir die Schamesröte ins Gesicht trieb. Unter anderen Umständen wäre ich jetzt sofort wehrhaft geworden und hätte ihm, einer Wildkatze gleich die Krallen gezeigt. Stattdessen überwand ich meine Scham und fragte: "Meinst du wirklich? Ich sollte so etwas tun?"
Unwillkürlich fielen mir da wieder besagte Damen des horizontalen Gewerbes ein, die in Lutetia des Öfteren zu Gast bei meinem ersten Mann gewesen waren.
Ich glaubte, mich verhört zu haben! "Wie bitte??!!" Mehr brachte ich nicht mehr hervor. Mein rechtes Augenlid wanderte unablässig nach oben, ganz nach flavischer Manier. Natürlich ließ ich sofort von seiner Tunika ab und nicht nur das! Ich ging auch auf Abstand von ihm. Ich rutschte auf die andere Seite des Bettes. Auf einmal fühlte ich mich auch so schrecklich nackt, denn ich war es ja auch. Allerdings war mir das jetzt peinlich, so als hätte ich mich vor einem wildfremden Menschen entblößt. Eiligst suchte ich nach etwas, womit ich mich wieder bedecken konnte.
Das konnte doch nicht sein! Mit ein wenig Wein … Das war die größte Demütigung, die ich jemals erfahren hatte! War ich denn tatsächlich so wenig begehrenswert? Mußte er sich erst einen Rausch antrinken, damit ich einigermaßen seinen Wünschen entsprach? Am liebsten wäre ich ganz weit fortgelaufen, um nie wieder zurückkommen zu müssen. Dummerweise ging das nicht so einfach, denn dann hätte ich wohl meiner Familie mehr geschadet, als mir selbst.
"Das ist jetzt nicht dein Ernst, Marcus Aurelius Corvinus! Passiert dir das öfters? Ich meine… wieso? Dir hat es doch sicher nicht an Übung gefehlt! In dieser Villa... Oh Isis! Welch einen Schande!"
In einer schnellen Bewegung griff ich mir den orangenen Schleier, der am Boden lag und umhüllte damit meinen Leib. Ich konnte nicht länger in diesem Bett bleiben! Deshalb erhob ich mich ruckartig und lief ganz aufgewühlt hin und her. Ich war außer mir, verzweifelt, nein ich war wütend oder von allem ein bißchen. Solch eine Blamage war mir noch nie passiert! Was hatte ich nur verbrochen?
Dann blieb ich abrupt stehen und visierte ihn an. "DU!!! Ich werde diesen Raum auf gar keinen Fall unberührt verlassen! Hast du verstanden? Tu etwas! Irgendetwas! Was ist mir gleich." Es war mir völlig egal, ob er sich durch meine energischen Worte verletzt fühlte. Ich konnte in diesem Moment gar nicht anders, da ich selbst zu tiefst verletzt worden war. Noch eine ganze Weile lastete mein Blick auf ihm. Langsam regte ich mich wieder ab und versuchte Verständnis für ihn aufzubringen. "Wenn ich dir irgendwie helfen kann…" bot ich ihm in einem weitaus weniger heftigem Ton an.
Seltsames mußte in Marcus vorgehen. Irgendetwas stimmte nicht. Nur was nicht stimmte, war mir unerklärlich. Er war aufgesprungen und näherte sich nun einem Krug, dessen Inhalt Wein war. Sogleich leerte er einen Becher und dann noch einen. Meine Augenbrauen wanderten langsam nach oben. Das konnte doch unmöglich wahr sein! Da nütze auch sein Versprechen nichts, er wäre gleich wieder bei mir. Mittlerweile hatte ich mich aufgerichtet und stütze mich mit meinen Ellenbögen ab, um ihn besser beobachten zu können. Langsam erwuchs auch in mir der Wunsch nach einem Becher Wein.
Aber er kam wieder zurück und begann, sich an meinen Füßen zu schaffen zu machen. Offensichtlich wollte sich Marcus das Beste bis zum Schluß aufheben, sonst hätte er sich wohl nicht so lange mit meinen Sandalen aufgehalten. Ich jedenfalls hatte große Mühe, nicht loszukichern, denn ich war schrecklich kitzlig, besonders an den Füßen.
Eine gefühlte Ewigkeit später, nahm er sich endlich dem Stoff meiner tunica recta an. Glücklicherweise hatte er damit keinerlei Probleme. Jedoch er nahm sich Zeit und zelebrierte regelrecht meine Entblätterung. Was das alles sollte? Ich hatte keinen blassen Schimmer! Er war eben ein sehr sorgfältiger Mann, der alles erst aufs Genaueste prüfte. Oder steckte am Ende doch etwas ganz anderes dahinter? Irgendwann gab es nichts mehr zu entblättern, außer ihm vielleicht. Vielleicht war es ja gerade das, was er nun erwartete! Vielleicht verabscheute er ja passive Frauen und wollte lieber verwöhnt werden. Dann fragte er mich auch noch, ob ich mir wirklich sicher war. Etwas befremdlich schaute ich ihn an. Ach, wie süß, dachte ich. Er war um mich besorgt und wollte auf mich Rücksicht nehmen. Viel später würde man solchen fürsorglichen Männern den Titel Frauenversteher verleihen. Aber deswegen waren wir doch hier! Sicher, ich hatte am Morgen noch Bedenken gehabt, da ich geglaubt hatte, mich freiwillig nie wieder einem Mann hingeben zu können. Aber Marcus war nun mein Ehemann und kein wilder Pirat, der sich mit Gewalt alles nahm, was er wollte.
"Aber ja! Und du? Willst du es auch?" Was für eine Frage! Natürlich wollte er, er hatte zu wollen! Drum ließ ich ihm keine Chance mehr zu antworten und ergriff die Initiative. Ich setzte mich auf, beugte mich über Marcus und begann ihn von seiner Tunika zu befreien, die zweifelsohne fehl am Platz war.
Ich mußte nicht lange warten, bis meine Erwartungen erfüllt wurden. Er küßte mich, wobei ich mir gerne noch etwas mehr Leidenschaft gewünscht hätte. Aber was nicht war, konnte ja noch werden. Ich mußte ihm einfach noch etwas Zeit geben. Schließlich waren wir uns noch nie so nahe gekommen, wie jetzt. Dabei stellte sich mir gar nicht die Frage, ob er mich tatsächlich liebte. Ich selbst hätte darauf auch keine klare Antwort geben können. Wir hatten ja nicht aus Liebe geheiratet. Dies war die Verbindung zwischen zwei der bedeutendsten Familien Roms. Politik spielte da eher eine Rolle als Liebe.
Doch begehren würde er mich hoffentlich. So unansehnlich war ich nun auch wieder nicht. Ich achtete stets auf meinen Körper. Nirgendwo hatte ich häßliche Schwabbelstellen und meine Haut war fest und straff. Das alles hatte ich einer intensiven Körperpflege, guter Kosmetik und ausreichender Bewegung zu verdanken.
Ich zweifelte nicht mehr daran, daß er mich begehrte, als sein Vorgehen intensiver wurde und ich seine Hand auf meiner Haut spürte. Langsam öffnete ich meine Augen einen Spalt breit und beobachtete ihn. Als er mich völlig abrupt hochhob und mich zu dem Bett trug, erschrak ich ein wenig. Vorsichtig legte er mich darauf ab und legte anschließend seine Toga ab. Ich kam mir indes wie ein Geschenk vor, das nur darauf wartete, bis das man es von seiner Verpackung befreite. Das Auspacken wollte ich ihm überlassen, um damit seine Vorfreude noch zu steigern. Anscheinend war er von dem gleichen Gedanken geleitet, denn im‚ Gegensatz zu seiner Toga behielt er vorerst die Tunika an. Was der wahre Grund war, weshalb er immer noch bekleidet war, ahnte ich freilich noch nicht. Hätte ich etwas davon gemerkt, wäre ich wohl sehr gekränkt gewesen. Vielleicht wäre ich auch nachsichtig gewesen. Jedoch hätte dies das Bild meines Ehemannes gänzlich verändert. Marcus hatte auf mich nur so vor Kraft strotzend gewirkt, auch wenn er kurz vor der Hochzeit etwas kränklich gewesen war.
"Willst du nicht nachsehen, was du heute bekommen hast?" fragte ich nach einiger Zeit, nicht etwa weil ich ungeduldig wurde. Ich wollte ihn nur ermutigen, weiter fortzufahren.
Ja, in der Tat! Da waren wir. Kam es mir nur so vor, oder war da tatsächlich diese Unsicherheit in Marcus Verhalten. Er hatte es sich am Ende doch nicht etwa anders überlegt? Oder lag die Ursache für sein Zögern noch tiefer. Eine seltsame Vorahnung beschlich mich, die sich durch seine Frage nach meinem Befinden noch forcierte. Er hatte doch nicht etwa…? Nein! Unmöglich! Er konnte von all dem nichts wissen. Er war einfach nur besorgt. Ja, genau! Das mußte es sein. Er war nur besorgt um mein Wohlergehen, nach diesem langen und anstrengenden Tag.
Ach ja, das Schicksal meinte es gut mit mir und hatte mich zu einem fürsorglichen Mann geführt. Endlich, nach der langen Zeit des Kummers ein Lichtblick.
"Mir ist es nie besser gegangen," antwortete ich, auch wenn dies etwas übertrieben war, denn tatsächlich fühlte ich mich etwas müde. Um ihm aber zu zeigen, wie gut es mir ging, strahlte ich über das ganze Gesicht. Ich sollte mir nicht zu viele Gedanken machen, beschloß ich. Das schadete nur. Ich hatte das Richtige getan, als ich mich für diese Ehe entschieden hatte und genau das wollte ich auch Marcus spüren lassen.
Schließlich ließ er seine Hand zu meinem Hals hinauf gleiten. Voller Erwartung schloß ich meine Augen, denn ich rechnete fest damit, daß er mich nun küssen würde. Er würde mich doch küssen?! Ach, es war zu dumm, daß ich nicht mehr mit meinem Sklaven Rücksprache halten konnte, um etwas über die Vorlieben meines frischgebackenen Ehemannes zu erfahren.
Genau in den Momenten, in denen mir der Verlust meines Sklaven am deutlichsten bewußt geworden war, hatte ich mir die schrecklichsten Strafen, die nur so von Blut trieften, ausgedacht, sollte er wieder eingefangen werden. Nun war er eingefangen und stand vor mir, seine Strafe erwartend und ich...
…ich war im Grunde meines Herzens so froh, ihn wieder zu haben, denn ich hatte ihn mehr vermisst, als nur einen Gebrauchsgegenstand, der abhanden gekommen war. Da war deutlich mehr im Spiel! Dies war auch der wahre Grund, weshalb ich ihn nicht mit dem Tode bestrafte.
"Ich wollte dich erst nach Spanien in die Silbermienen schicken, oder auf eine Galeere. Doch für dich wäre es eine weitaus bessere Strafe, dich in meiner Nähe zu lassen, der du dich ja entziehen wolltest. Aber glaube ja nicht, daß du weiterhin deine Privilegien genießen kannst, so wie bisher! Du bist ab nun wieder ein einfacher, unbedeutender Sklave. Meine Gunst mußt du dir erst wieder mühsam erarbeiten. Morgen wird man dich als allererstes von dieser barbarischen Haarpracht befreien und man wird dir eine einfache Tunika geben, die du fortan trägst. In Zukunft gibt es keine aufwendigen Gewänder mehr für dich. Und nachdem ich mit dir fertig bin, wirst du in mein neues Zuhause gebracht, in die Villa Auelia! Was dort mit dir geschieht, hängt ganz von deinem Verhalten ab."Mit Haareschneiden und Kleidungswechsel alleine konnte es unmöglich getan sein. Ich mußte ein Exempel an ihm statuieren. "Du ahnst vielleicht schon, was noch auf dich zukommen wird?"
Ich saß nun Antonia gegenüber. Im Gegensatz zu ihr starrte ich sie an. Sie jedoch vermied es, den direkten Augenkontakt zu halten. Hatte ich mich eben noch über ihren Besuch noch gefreut, fragte ich mich jetzt schon, was sie hier wollte. Hatte mein Geheimnis vielleicht doch schon die Runde gemacht? Diese elenden Sklaven! Die Zungen sollte man ihnen herausschneiden! Aber sollte sie etwas erfahren haben. Niemand außer mir wußte davon. Mit niemand hatte ich darüber gesprochen. Also war der Grund ihres Besuches doch ein anderer. Ich begann mich über meinen Verfolgungswahn, unter dem ich augenscheinlich litt, zu schämen. Ichfühlte mich schmutzig, befleckt!
Die Claudia brach das Schweigen und ich war ihr dankbar dafür. Sie erkundigte sich nach meinem Befinden. Das Übliche eben. Und ich würde ihr mit dem Üblichen antworten. Natürlich! Nur nicht offenbaren.
"Oh, danke der Nachfrage, liebe Antonia! Danke, es geht mir, den Umständen entsprechend, gut." Ich lächelte wieder und wahrte den schönen Schein, so wie es sein sollte. Den Umständen entsprechend… Welch einer Übertreibung! Mir war es niemals schlechter ergangen als in diesen Stunden, in denen ich in der Verzweiflung zu ertrinken drohte.
Doch dann verschwand das Strahlen aus meinem Gesicht und der wahre Seelenzustand offenbarte sich.
"Antonia, ich bin.. Ich brauche deine Hilfe, Antonia! Nichts ist gut! Ganz und gar nicht!"
Mich beschlich die Befürchtung, ich könnte eines Tages meine Entscheidung wieder bereuen. War ich zu gutmütig? Hätte ich nicht in diesem Fall hart durchgreifen müssen? Doch wenn Chimerion nun glaubte, gänzlich ohne Strafe davonzukommen, dann war er gründlich im Irrtum! Womöglich wünschte er sich hernach, ich hätte ihm sein Leben genommen. Vorerst noch ließ ich ihm aber in dem Glauben, noch einmal davongekommen zu sein.
Er bedankte sich artig, nahm aber dann recht gierig den Wein in Anspruch, den ich hatte bringen lassen. Den großen Becher, er leerte ihn in einem Zug. Wie durstig konnte ein Mensch nur sein! Das frische, kühle Wasser in seinem Gesicht, es kündete von dem Leben, welches ich ihm geschenkt hatte. Ich sah ihm noch eine Weile ganz schweigsam zu, bis eine Frage die Stille durchbrach. Genau das konnte ich mich selbst fragen. Ich wußte keine wirkliche Antwort darauf. Es war einfach eine fixe Idee, eine Laune. Als Alibi konnte die Tatsache herhalten, daß ich durch ihn aus der Hand der Piraten gerettet worden war.
"Weil ich durch dich weiterleben durfte. Doch jetzt sind wir Quitt! Solltest du mich noch einmal in eine solch mißliche Lage bringen, werde ich dich ans Kreuz schlagen lassen. Dann wirst du nicht so davonkommen. Apropos davonkommen. Dir ist doch sicher klar, daß ich dich dennoch bestrafen lassen muß. Was sollten sonst die übrigen Sklaven denken? Ich kann es mir nicht leisten, vor den Sklaven auch nur eine Schwäche zu zeigen." Fast bedrohlich, aufrechtstehend und mit denselben harten Gesichtszügen wie zu Beginn unserer Unterredung, stand ich nun vor ihm und sah auf ihn herab.
Einen Moment mußte ich inne halten. Offenbar hatte ich ihn verunsichert, mit dem was ich sagte. Doch er hätte es eigentlich wissen müssen. Ich hatte es ihm doch anvertraut, vor so vielen unzähligen Nächten.
"Erinnerst du dich nicht mehr, was ich dir gesagt habe? Ich habe alles so gemeint, wie ich es damals sagte. Du solltest mir eine Stütze sein, ein Begleiter, der nie von meiner Seite weicht. Und du versprachst mir, mein Schatten zu sein. Ja, du hast mir gefehlt. Jeden Tag und jede Nacht." Ich wandte meinen Blick von ihm ab und betrachtete mir noch einmal das Messer. Hoffentlich war es nicht stumpf. Zu gerne hätte ich vorher die Klinge ausprobiert. Aber mir stand nur eine Hand zur Verfügung. Mit der anderen hielt ich ja die Fackel.
Chimerion murmelte etwas, als er sich langsam umdrehte. Er lächelte sogar dabei. Er war sich gewiss, jetzt sterben zu müssen. Ich mußte mich sehr zusammenreißen, daß ich Herr über der Lage blieb. Chimerion beugte sich nach vorne und bot mir so seinen Nacken an, damit ich dort zustoßen konnte. Jetzt hatte ich sein Leben in der Hand. Nie war mir das so sehr bewußt geworden, wie in diesem Moment. Er hatte den Tod verdient, aber ich hatte ihm auch mein Leben zu verdanken. Das hatte ich nicht vergessen. Deshalb führte ich das Messer nicht zu seinem Nacken, sondern durchtrennte damit den Strick, mit dem seine Hände auf den Rücken gebunden waren. Die Klinge war nicht stumpf.
"Du wirst nicht sterben. Nicht heute Nacht. Wasch dich jetzt und du bist sicher durstig." Ich deutete auf die Schale mit Wasser und den Becher mit Wein, der am Boden stand.
Es war doch immer das Gleiche! Immer die gleichen Floskeln. Es hatte wohl noch keinen Sklaven gegeben, der nicht der Freiheit nachjammerte. So auch Chimerion. Ich hatte es satt, dieses Gerede. Wer war denn schon frei?
"Frei, frei, frei! Was glaubst du denn? Meinst du ich bin etwa frei? Glaubst du das wirklich? Nein, auch ich bin gefangen in meiner Rolle, bin anderen verpflichtet und kann nicht tun und lassen, was ich wirklich will." Gerade jetzt nach der Hochzeit hatte ich mich wieder in eine neue Abhängigkeit begeben, die mir wieder neue Pflichten auferlegte. "Wir alle haben unsere Bestimmung. Daran glaube ich. Deine Bestimmung war es, mir bedingungslos zu dienen. Meine Bestimmung ist es, nun über dich ein Urteil zu fällen. Denn du hast eine schändliche Tat begangen. Du hast mich sehr enttäuscht Chimerion! Nicht nur geflohen bist du. Du hast dich auch an einem Mitglied meiner Familie vergriffen. Deswegen alleine müsste ich dich schon töten lassen."
Wie ich es mir bereits gedacht hatte, war es dieser Parther gewesen, der ihn um den Verstand gebracht hatte, mit seinen billigen Versprechungen. Ich konnte nur noch den Kopf schütteln. "Parthia!" fauchte ich verächtlich. "Du glaubtest allen Ernstes, du könntest in Parthia als freier Mann leben? Törichter Junge!" Es gab so viel Unwissenheit in der Welt! Wie naiv mußte Chimerion sein, um tatsächlich zu glauben, er hätte in Parthia frei sein können. Dort war er doch auch nur ein Fremder.
"Du hast mir gefehlt! Dann, als ich dich am meisten gebraucht hätte. Es ist so viel geschehen, während du fort warst. Viel zu viel. Und du warst nicht bei mir."
Hinter mir öffnete sich die Tür des Carcers und der Sklaven, den ich losgeschickt hatte, trat ein. Ich sah zu ihm hin. "Das Messer händigst du mir aus. Die Wasserschale, das Tuch und den Becher stelle auf dem Boden ab. Dann kannst du wieder gehen!" Der Sklave reichte mir das Messer, nachdem er einen kurzen Blick auch Chimerion geworfen hatte. Es fühlte sich so leicht an und lag gut in der Hand. Die Klinge blitzte im Schein der Fackel. Hoffentlich war es nicht stumpf.
Mir war es nicht entgangen, wie sich Chimerions Körper anspannte, als ich das Messer in Empfang genommen hatte. Er ging wohl davon aus, sein Leben würde nun hier seinen Abschluß finden. Kurzweilig gefiel mir sogar diese Idee, ihn schmoren zu lassen, ihn im glauben zu lassen, sein Leben würde nun hier enden. Im Angesicht des Todes kam zu jedem die Angst gekrochen, auch zu dem, der glaubte keine Angst vor dem Tod zu haben.
"Da stimme ich dir zu. Ich habe in der Tat allen Grund dazu, dich zu töten. Du hast es verdient, als Löwenfraß in der Arena zu enden. Dreh dich um!"
Mit dem Aurelier Hand in Hand im Garten zu flanieren, oder gemeinsam an einer cena teilzunehmen und Konversation zu führen, war eine Sache. Nun mit ihm in einem Zimmer zu sein, in dem Wissen daß nun der eigentliche Höhepunkt unserer Vermählung bevor stand, war eine ganz andere. Dies war eine ganz neue Erfahrung für mich im Umgang mit meinem neuen Ehemann! Mein neuer Ehemann, wie das klang! Den ersten war ich nach einer halben Ewigkeit endlich losgeworden und nachdem ich nun meine wiedergewonnene Freiheit ausgekostet hatte, begab ich mich in eine neue, vielversprechende Ehe. Diesmal sollte alles viel besser werden. Daß es einfach so sein mußte, lag alleine schon daran, daß mir die pronuba viel sympathischer gewesen war. Epicharis hatte in der Tat gute Arbeit geleistet! Der Tradition entsprechend, hatte sie uns in das am Vorabend bereitete Gemach geführt.
Ein herrliche Zitrusfrische, gepaart mit dem Duft roter Rosenbätter, empfing uns. Alles war wunderschön dekoriert und unzählige kleine Öllampen tauchten das angehende Liebesnest in ein gemütlich honigfarbenes Licht. Alles war perfekt. Nun waren wir hier, nur wir beide. Marcus und ich.
Unbeholfen, zwei Kindern gleich, standen wir uns gegenüber. Ich war mir meiner Pflicht durchaus bewußt und ich zweifelte auch keine Minute daran, daß Marcus auch wußte, was nun zu geschehen hatte. Trotzdem hielt mich etwas zurück. War es Furcht oder der fahle Geschmack der Erinnerung, an die Vorkommnisse der letzten Monate?
Das Schweigen lastete auf uns. Ich rang nach Worten, aber mir fiel nichts Geistreicheres ein, als: "Da sind wir nun!"
Ich hatte erreicht, was ich wollte. Er blickte mich an. Seine Augen schienen keinesfalls haßerfüllt. Sie sahen freundlich und gutmütig aus, so wie ich sie gekannt hatte. Das verunsicherte mich schon ein wenig, denn er mußte mich doch hassen, wenn er vor mir geflohen war.
Es fiel ihm schwer, zu sprechen, was nicht nur daran lag, dass sein Mund ausgetrocknet war. Was dann aber über seine Lippen kam, traf mich, denn er war schonungslos direkt, mit dem was er mir sagte. Mit einem Mal fühlte ich mich schuldig, denn es entsprach der Wahrheit. Anfangs hatte ich in ihm nur ein exotisches Spielzeug gesehen, was sich aber später geändert hatte. Ich begann meinerseits schon im Geiste nach Ausflüchten zu suchen, daß dies nie meine Absicht gewesen war, daß ich ihn sehr geschätzt hatte. Bis ich mir selbst die Frage stellte, wer hier der Sklave und wer der Herr war. ER war der Sklave und ICH seine Herrin. ER hatte einen fatalen Fehler begangen, nicht ich! Das versetzte mich so in Rage, daß ich die Peitsche fallen ließ und ihm mit dem Handrücken ins Gesicht schlug. Der Ring, den ich trug, riß an einer Stelle seiner Wange die Haut auf, so daß es zu bluten begann.
"Wie du mir mein Vertrauen hättest zurückzahlen können? DU hattest, nein du hast mir Gehorsam zu leisten! Nur so kann ich dir auch vertrauen. Du wolltest deine Freiheit? Eine Familie! Hatte ich dir nicht genug Freiheiten gegeben? Wenn du mich darum gebeten hättest, ich hätte dir erlaubt, eine Frau zu haben und Kinder. Es lag nie in meiner Absicht, dich los zu werden! Nie!" Das alles wühlte mich so sehr auf. Meine Stimme überschlug sich und es klang fast wie das Jammern einer verlassenen Ehefrau. Doch bei der Erwähnung des Parthers war ich mir sicher, woher er solche Flauseln hatte. Dieser Parther war die Wurzel allen Übels!
"Der Parther? Er war es, nicht wahr? Er hat dich dazu gebracht, mich zu verlassen! Stimmt´s? Sag es! Sag, daß er es war! Sag es! Bitte!", flehte ich ihn schluchzend an. Meine Verzweiflung trat nun offen zu Tage. Das hatte ich eigentlich vermeiden wollen, denn es war ein Indiz meiner Schwäche.
Ich wandte mich von ihm ab und schritt zurück zur Tür. Meine Faust hämmerte dagegen. Einer der custodes, die vor der Tür warteten, öffnete mir. "Bring mir ein Messer, eine Schale mit Wasser, ein Tuch und einen Becher Wein! Schnell!" Der Sklave sah mich erstaunt an, nickte dann aber eifrig und verschwand, nachdem er wieder die Tür schloß.
Ich ging zurück zu Chimerion, diesmal weitaus gefaßter. "Sag mir, warum sollte ich dich nicht töten lassen, Chimerion?"
Die Verwunderung stand Antonia ins Gesicht geschrieben. Hatte sie mein Anblick dermaßen aus der Fassung bringen können oder war es etwas anders? Ich wollte nicht näher darauf eingehen und schon auf gar keinen Fall wollte ich sie bloß stellen. Schließlich war ich für jede Abwechslung, die sich mir bot, froh, denn das hielt mich davon ab, noch mehr zu grübeln und in dem elenden Pfuhl aus Sorgen zu ertrinken.
"Aber du störst nicht Antonia! Ganz und gar nicht! Bitte, komm doch! Tritt ein!" Es klang schon fast flehentlich, als ich sie ihr versicherte, daß sie nicht ungelegen kam und sie hereinbat. Wenn es einen Menschen in diesem Haus gab, mit dem man solch delikate Angelegenheiten im Vertrauen besprechen konnte, dann war es Antonia! Mir war einfach danach mich endlich jemandem mitteilen zu können, der mich verstand und der mir eventuell auch mit Rat und Tat zur Seite stehen konnte. Die Claudia hätte in keinem besseren Moment zu mir hereinschneien können.
Ich sah mich um, schließlich wollte ich Antonia einen Platz anbieten. Mein cubiculum war noch immer mittels eines dichten Vorhanges abgedunkelt, damit sich auch ja kein Sonnenstrahl herein verirrte. Etwas entnervt riß ich den Vorhang auf und öffnete das Fenster. "Dieses faule Sklavenpack! Alles muß man selber machen!", maulte ich. Dabei hatte ich erst kurz davor alle dienstbaren Geister aus meinem Umfeld vertrieben, weil ich allein sein wollte.
"Bitte Antonia, nimm doch Platz!" Ich bot ihr einen der Ebenholzstühle an, auf die ich einst so stolz gewesen war und setzte mich ebenfalls.
Wie ein Häufchen Elend stand er da, nachdem er sich aufgerichtet hatte. Er vermied es mich anzuschauen, weil er vielleicht den Mut dazu fand. Mit der Fackel leuchtete ich etwas näher an ihn heran, damit ich ihn besser sehen konnte. Wie tief war er nur gesunken! Er hatte so hoch in meiner Gunst gestanden und das hatte er einfach achtlos weggeworfen. Dieser Narr! Alleine schon dieser Anblick hätte mir Genugtuung verschaffen können, aber das tat er nicht. Ganz im Gegenteil! Ich enpfand so etwas wie Ekel und Verabscheuung.
"Sieh mich gefälligst an!", zischte ich. Mit dem Knauf der Peitsche berührte ich sein Kinn, damit er es anhob. Er sollte mir in die Augen sehen, wenn er mir gegenüber Rechenschaft ablegte. Ich bebte vor Zorn und mußte mit mir kämpfen, mich im Zaun zu halten.
"Du Dieb, du Betrüger, du nichtsnutziger Abschaum! Wie konntest du nur?", fuhr ich ihn an. "Ist das der Dank dafür, für mein Vertrauen, das ich dir geschenkt habe und für all die Vergünstigungen, die ich dir gewährt habe? Los, antworte mir!"
Es war einfach unbegreiflich für mich, wie Chimerion auch nur ansatzweise glauben konnte, durch seine Flucht ein besseres Leben finden zu können. Mit seiner Tat hatte er sich tief ins Unglück gestürzt, aus der nur eine sehr harte Strafe resultieren konnte. Umso mehr interessierte mich das Warum. Ich hoffte, er verschonte mich mit den für Sklaven so typischen Ausflüchen und dem Bitten und Betteln, ihm gegenüber Nachsicht zu üben. Auf solche Spielchen hatte ich absolut keine Lust. Dadurch machte er mir es nur noch leichter eine Entscheidung zu treffen, was mit ihm geschehen sollte.
Nach der Rückkehr der geflohenen Sklaven, hatte ich nicht wieder zur Ruhe zurückgefunden. Die beschaulichen Stunden im flavischen Garten inmitten des Blumenmeeres und Charis, die ich griechische Poesie rezitieren ließ, sie waren endgültig vorbei. Fieberhaft wandelte ich nun in den Räumen umher, die bis vor kurzem noch mein cubiculum waren. Eine grundlegende Frage beschäftigte mich. Wie sollte ich meinen Sklaven bestrafen. Niemand konnte mir bei dieser Frage mit Rat zur Seite stehen. Ich hätte dies nicht zugelassen. Er hatte mich betrogen, bestohlen, mich bloß gestellt. Er hatte mein Wohlwollen auf die schändlichste Art strapaziert. Eigentlich hatte er den Tod verdient! Ganz langsam sollte er sterben. Jede Faser seines Körpers sollte meinen Zorn spüren. Aber eine innere Stimme appellierte auch an mein Herz, ihm gegenüber Nachsicht walten zu lassen. Bestrafte ich mich wirklich selbst, wenn ich ihn töten ließ? War es am Ende für mich nicht nützlicher, wenn ich ihn am Leben ließ? Ich war mir so unschlüssig. Denn wenn ich mich erweichen ließ, dann war das ein Zeichen der Schwäche. Gegenüber meinen anderen Sklaven war das eindeutig das falsche Signal! Zumal er immer wieder versuchen würde zu fliehen. Nein, ich mußte ein Exempel statuieren, damit meine anderen Sklaven nicht einmal nur an das Wort Flucht dachten! Insbesondere hegte ich bei meinem Parther den Verdacht, er könne bereits an einem Fluchtplan arbeiten.
Dann war da noch mein Zorn, der in mir loderte. Niemals zuvor hatte es ein Sklave auch nur gewagt, mich zurückzuweisen. Ich hatte Chimerion mit Präferenzen und Geschenken überschüttet. Er hatte einfach meine Gutmütigkeit mißbraucht! Aber es gab da etwas, was für ihn sprach und was, während ich grübelnd auf und ab ging, immer mehr in den Vordergrund trat. Ohne ihn wäre ich wohl nie aus der Hand der Piraten gerettet worden.
Aber hin oder her, er hatte eine Strafe verdient! Bevor mir die Argumente aus gingen, ihn einer ordentlichen Bestrafung zuzuführen, beschloß ich, ihn noch einmal selbst in Augenschein zu nehmen. Ich wollte ihn zur Rede stellen. Vielleicht vereinfachte es mir diese Begegnung, eine Entscheidung zu treffen.
In Begleitung zweier custodes, die mit zwei brennenden Fackeln und einer Peitsche bewaffnet waren, stieg ich hinab in die Unterwelt, zu jenem Carcer, in den ich Chimerion hatte werfen lassen. Einer der custodes öffnete die Tür und trat ein. Von dem darin befindlichen Sklaven konnte nur eine geringe Gefahr ausgehen, denn noch immer war er gebunden, so wie er hergebracht worden war. Im Schein der Fackel trat ich ein und wäre am liebsten sofort wieder umgekehrt. Ein fürchterlicher Gestank menschlicher Ausdünstungen trat mir entgegen. Aber ich hielt mir die Hand vor die Nase und trat doch ein. Der zweite custos folgte mir uns schloß hinter sich die Tür. Mit den beiden Leibwächtern an meiner Seite war es bedrückend eng in diesem Loch. Zu eng! "Ihr beiden könnt jetzt gehen! Wartet draußen und laßt mir eine der Fackeln da! Und du, gib mir die Peitsche!" Die beiden custodes wagten es nicht zu widersprechen. Nickend kamen sie meinen Anweisungen nach. Erst als die Tür hinter ihnen ins Schloß fiel, wandte ich mich Chimerion zu. Mit der Fackel in der Hand näherte ich mich ihm. Mit meinem Fuß versetzte ich ihm einen Tritt. "Du, steh gefälligst auf, wenn ich mit dir sprechen möchte!"
Zuerst einmal hörte ich mir den Bericht des Sklavenfängers an. Unglaublich, daß die Sklaven es bis nach Ravenna geschafft hatten! Ich fragte mich, was wohl ihr Ziel gewesen war. Wohin wollten sie von dort aus? Ravenna lag nördlich von Rom. Im Grunde war es aber auch unwichtig, wohin sie fliehen wollten und ich beschloß, mir deswegen nicht mehr den Kopf zu zerbrechen. Vielmehr interessierte es mich, ob mein Sklave irgendwelche Schäden davon getragen hatte. Der Sklavenjäger versicherte mir, ihm sei nichts Schlimmes zugestoßen. Im gleichen Atemzug gab er allerdings zu, er habe ihm zwangsläufig einige Haare krümmen müssen. Dieses Geständnis ließ mich aufhorchen. Meine Anweisungen waren doch klar und deutlich gewesen, bevor er sich auf den Weg gemacht hatte, die Sklaven zu jagen! Auch wenn es nicht im Geringsten meine Absicht gewesen war, musste ich mich wohl selbst davon überzeugen. Ich nahm Chimerions jämmerliche Gestalt in genauer in Augenschein und näherte mich dem Übeltäter. Ich hatte weder Mitleid noch spürte ich Genugtuung bei seinem Anblick, auch dann nicht, als meine Hand grob nach seinem Kinn griff. Nun war der Sklave gezwungen, mich anzublicken. Meine verschlossene Miene verriet ihm nichts, über den Zorn, der in mir brodelte und sogleich auszubrechen drohte. Noch hielt ich es für angebracht, mein Temperament zu zügeln. Ich war eine Dame und kein Waschweib von der Straße, das hemmungslos jeden anpöbelte, mit dem es noch ein Hühnchen zu rupfen hatte.
Meine kalten Augen musterten die traurige Gestalt des Sklaven. Mir schien es, als sei er etwas abgemagert. Auch zeugten einige noch nicht ganz verheilte Blessuren davon, daß er sich nicht ganz freiwillig in die Obhut des Sklavenjägers begeben hatte. Natürlich nicht.
Dann ließ ich ihn wieder los und wandte mich zu dem Sklavenjäger um.
"Hat er denn kein Futter bekommen? Er ist völlig abgemagert! Nun gut. Eigentlich ist das ja auch unwichtig. Hauptsache er ist wieder da und er lebt noch!" Wenn ich knausrig gewesen wäre, hätte ich einen Teil der noch ausstehenden Belohnung einbehalten. Doch so schickte ich mit einem Wink meine Sklavin davon, die kurze Zeit später mit einer hölzernen Schatulle voller Münzen wieder zurückkam. Auf mein Nicken hin, übergab Charis sie an Catubodus. "Wie vereinbart, erhältst du heute den Rest deiner Belohnung."
Inzwischen hatte man Marcus´ Sklaven wegebracht. Es war wohl am angebrachtesten, Chimerion vorerst auch in den Carcer unterbringen zu lassen. Dort konnte er erst einmal schmoren und über seine Taten nachdenken, bevor ich ihn bestrafen ließ.
"Werft den Sklaven ins Loch! Aber nicht zusammen mit den anderen!" Er sollte alleine bleiben, in völliger Dunkelheit, damit ihm endgültig bewußt wurde, was er so achtlos weggeworfen hatte.
Ich weiß, alle Katzenhasser werden sich jetzt wieder angesprochen fühlen. Für die, die Katzen mögen, ja sogar lieben, ist das da!
Einfach süß!
Dem schließe ich mich gerne an. Alles Gute!
Wie es der Zufall so wollte, hielt ich mich in der Villa auf. Seit vor einigen Tagen die Kunde von der Befreiung Epicharis in Rom eingetroffen war, hoffte ich auch wieder auf die baldige Rückführung meines Sklaven.
Der junge Sklave, der mich vom Eintreffen des Sklavenjägers unterrichtete, traf mich im Garten an. Ich hatte es mir auf einer Kline bequem gemacht und lauschte meiner Sklavin, die mir ein wenig griechische Poesie vortrug. Charis´ Stimme verstummte, als der junge Sklave, gänzlich außer Atem vor mir zum stehen kam. "Herrin, Herrin! Der Sklavenjäger! Er ist wieder da und hat die Sklaven zurück gebracht!" Wie von der Tarantel gestochen, sprang ich auf. Der junge Sklave erschrak. Charis trat an meine Seite und folgte mir ins Atrium.
Marcus hatte den Sklavenfänger bereits empfangen, in dessen Gefolge sich auch die gefesselten Sklaven befanden.
"Salve Marcus!" Ich begrüßte meinen Verwandten und nickte ihm freundlich zu. Dann lenkte ich meinen Blick zu dem Sklavenjäger. "Du hast es also geschafft! Ich hoffe, er ist nicht beschädigt!" Den Sklaven schenkte ich keine größere Beachtung. Ich sah über sie hinweg, so als wären sie Luft. Ihr Leben war verwirkt, wertloses Fleisch. So wie ich Marcus einschätzte, würde er mit seinen Sklaven wohl kurzen Prozess machen. Sie hatten Hand an seine Frau gelegt! Diese Tatsache reichte schon aus, um die Sklaven in die Arena oder ans Kreuz zu bringen. Und was gedachte ich mit meinem Sklaven anzustellen? Das würde sich noch zeigen!