Beiträge von Flavia Celerina

    Charmant wie immer! Er trat näher und küsste meine Hand. "Oh, gefällt es dir?" fragte ich freudestrahlend. "Ich dachte, es paßt ausgezeichnet zu den Rosen." Da war ich doch sehr erleichtert. Ich hatte schon befürchtet, die Ausstattung sei 'zu' roséfarben geraten. Aber ich wußte es ja, wie üblich, mein Geschmack versagte einfach nie!
    Corvinus nahm neben mir Platz und meine Augen folgen ihm. Ich hatte sehnsüchtig jene zwei Tage herbeigesehnt seitdem ich sein Antwortschreiben erhalten hatte und nun war es endlich so weit. Er war hier neben mir!
    "Danke, der Nachfrage, mein Lieber. Mir geht es ausgezeichnet! Aber wie steht es mit dir? Wie man so hört, hat man dich in den Senat berufen. Meinen Glückwunsch!"
    Wo war eigentlich Saba? Sie war doch nicht schon wieder entwischt! Aber nein, das konnte sie ja gar nicht. Seit ihrer Flucht war sie an eine Leine gelegt worden, die ihr allerdings einen gewissen Freiraum ließ. Nachdem ich leicht an der Leine gezogen hatte, kam sie unter meiner Kline hervor, räkelte sich an dem Stoff des Bezuges und begrüßte mit einem Miau Corvinus. Dann sprang sie zu mir hoch auf die Kline und nahm vor mir Platz.
    "Oh, ihr kennt euch wahrscheinlich schon! Das ist meine liebreizende Saba." Saba hatte wirklich Glück gehabt. Als einzige in meinem Umfeld war sie von der roséfarbenen Phase verschont geblieben. Sie schmückte nur ihr goldenes, mit Lapislazuli besetztes Halsband, an dem seit einigen Tagen nun eine blaugefärbte Lederleine befestigt war.

    Ich für meinen Teil fand die Dekoration gelungen. Überall sah man Rosen über Rosen. Selbst in der Luft lag der vage Hauch von Rosen und in diesem Reich der Rosen war ich die Königin. Zugegeben, für den Außenstehenden mochte das sehr überzogen scheinen, doch mir war das Beste gerade gut genug. Außerdem liebte ich es, mich zu verkleiden und was lag da näher, in die Rolle der Cleopatra zu schlüpfen. Solange mir kein Actium bevorstand!
    Von Weitem hörte ich schon das drollige Lachen der beiden Sklavenkinder, die die Ankunft meines Gastes ankündigten. So brachte ich mich noch in die richtige Positur. Meinen Kopf hatte ich auf meinen angewinkelten Arm gestützt. Natürlich hatte ich den ägyptischen Schmuck angelegt. Goldene Armreife in Schlangenform schlängelte sich an meinen beiden Armen und ein Collier, ebenfalls aus Gold und mit verschiedenen Edelsteinen besetzt hatte seinen Platz um meinem Hals gefunden.
    Es dauerte nicht lange, da waren die Kinder da und mit ihnen war auch Corvinus gekommen. Den Kindern gab ich einen Wink, damit sie sich entfernen durften. Belohnen wollte ich sie später. Obwohl war dieses Spiel nicht schon Belohnung genug?
    Er kam auf mich zu und fragte nach einer gewissen Flavia Celerina.
    "Das tut mir leid, Fremder," gab ich ihm erhaben mit ernstem Gesicht zur Antwort. "Eine Frau dieses Namens ist mir gänzlich unbekannt. Aber bleib doch und nimm neben mir Platz." Natürlich konnte ich nicht eine Minute ernst bleiben. Lachend begrüßte ich ihn schließlich. "Herzlich willkommen, lieber Marcus. Bitte setz dich doch!"

    Die Spur aus Rosenblättern, die die Kinder hinterließen, ließ darauf schließen, daß der flavische Rosengarten der Verwüstung zum Opfer gefallen sein mußte. Doch so schlimm war es nicht. Tatsächlich handelte es sich dabei um die verblüten Blütenblätter jener edlen Gewächse. Die beiden Mädchen liefen kichernd voran, streuten die Blüten und sahen sich von Zeit zu Zeit um, damit ihnen der Gast auch ja nicht abhanden kam. Ihr Weg führte sie hinaus in den Garten, zu den Rosenbeeten. Vor den beiden roséfarbenen Klinen kamen sie zum stehen, kicherten aber weiter."Domina, dein Gast ist da!"sagte sie schließlich.
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    Selbstverständlich hatte Flavia Celerina auch nicht vor dem mürrischen Ianitor haltgemacht. Zwar hatte sie Acanthus nicht dazu gezwungen, eine dieser albernen roséfarbenen Tuniken zu tragen, doch hatte er sich eine roséfarbene Rose ins Haar stecken müssen. Desweiteren standen seit geraumer Zeit zwei kleine Sklavenmädchen in besagten Tuniken bereit, die den ersehnten Gast zu seinem Bestimmungsort bringen sollten. Beide Kinder waren mit kleinen Körbchen bewaffnet, in den sich bunte Rosenblätter befanden, die sie dem Gast vor die Füße werfen sollten. Die beiden fanden das recht lustig. Nur Acanthus machte einen leicht genervten Eindruck.
    Als es nun endlich klopfte, öffnete er wie gewohnt. "Wer bist du u.. Oh ja! Du wirst schon erwartet, doninus!" Der Ianitor wandte sich geschwind zu den Blumenmädchen. "He, ihr da! Ihr seid jetzt dran! Bringt den Gast zur domina!"
    Die beiden kleinen kichernden Mädchen kamen angerannt und musterten erstaunt den Besucher. "Mensch,bist du aber groß!" sagte das eine. Das andere Mädchen schupste ihre Freundin "Bist du blöd, das ist doch der Freund von der domina! Bitte folge uns, dominus!" Die beiden Mädchen gingen vor ihm her und streuten ihre Blütenblätter.

    Der Brief lag auf dem Tischchen neben meiner Kommode. Seitdem der Sklave ihn vorgestern gebracht hatte, musste ich ihn immer und immer wieder lesen. Er freute sich, mich wieder zu sehen! Eigentlich hatte ich ja gehofft, er würde unangemeldet hier erscheinen, um mich zu überraschen. Doch die Vorankündigung seines Besuches erlaubte es mir, einige Vorbereitungen treffen zu können.
    Ich hatte ein Plätzchen im Garten für uns herrichten lassen, nahe den Rosenbeeten. Den Gärtner hatte ich bestochen und mir einige Rosen erbeten. Ich versicherte ihm, er würde allerhöchstens mit einem blauen Auge davon kommen, würde man das Verschwinden der betreffenden Rosen bemerken. Ylva hatte ich mit meinen Wünschen betreffend, in die culina geschickt, damit man uns eine Kleinigkeit kredenzen konnte. Auch vor den Sklaven, die uns bedienen sollten, hatte ich nicht halt gemacht. Für den heutigen Tag hatte ich veranlaßt, daß sie roséfarbene Tuniken trugen. Selbst Chimerion hatte ich angehalten, dem nachzukommen. Einen Widerspruch duldete ich nicht, von keiner Seite!
    Zu guter letzt wollte ich Corvinus auch nicht unvorbereitet gegenübertreten. Bereits am Morgen nach dem Aufstehen hatte ich Ylva damit beauftragt, meine Garderobe für den Nachmittag zu richten. Es bedurfte einer sorgfältigen Auswahl des Kleides, der Schuhe, dem passenden Schmuck und natürlich auch der Kosmetika. Ich war der Empfehlung Antonias gefolgt und hatte den Laden jenes geheinmisvollen Janpau L’Gautis aufgesucht, der mich anschließend mit einem Sortiment ägyptischer Kosmetika, Cremes, Parfums und Seifen ausstaffiert hatte.
    Seit nun fast schon zwei Stunden, war Ylva mit mir beschäftigt. Nachdem sie mir die roséfarbene Tunkia angezogen hatte, begann sie mich, ganz nach ägyptischer Manier, zu schminken. Doch das war schnell geschehen. Was wirklich viel Zeit gekostet hatte, war die ausgefallene Frisur, die Ylva auf mein Haupt zauberte und aus mir kurzerhand eine zweite Cleopatra gemacht hatte.
    Unwillkürlich musste ich daran denken, wenn ich einst eine Tochter haben würde, falls ich eine Tochter haben würde, was ich sie im Bezug auf Männer lehren wollte. Er ist der Mann, aber du bist die Frau! In der Öffentlichkeit mögen wir vielleicht im Hintergrund stehen, doch zuhause führen wir die Zügel! Wir sind es, die ihn lenken und wir sind es, die ihn dazu bringen, das zu tun, was wir wollen.
    Unglücklicherweise hatte mir dies meine Pflegemutter verheimlicht. Wahrscheinlich war das auch der Grund, weswegen meine erste Ehe gescheitert war. Doch beim nächsten Mann würde alles anders werden!
    "Fertig, Herrin!" sagte Ylva stolz, als sie tatsächlich ihr Werk beendet hatte. Ich besah mich sofort im Spiegel und war zufrieden damit. "Sehr schön Ylva! Ich verspreche dir, wenn er mich heiratet, werde ich dich frei lassen!" Das war nicht nur so daher gesagt. Sie hatte es sich nach all den Jahren redlich verdient.
    Ich erhob mich, um in den Garten zu gehen. Eine freudig erregte Ylva folgte mir dorthin und hatte ein Auge auf mein Äußeres, damit ja nicht vorzeitig zerstört wurde.
    Wohlwollend stellte ich fest, alle meinen Wünschen, bezüglich der Vorbereitungen waren entsprochen worden. Nahe den Rosenbeeten hatten die Sklaven zwei roséfarbene Klinen aufgestellt. Auf einer der beiden Klinen nahm ich Platz, Ylva im Hintergrund wissend, wartete ich auf sein Kommen.

    Ich mußte feststellen, je länger ich zuließ, was er tat, je schneller entglitten mir die Zügel aus meiner Hand. Nur, warum ließ ich es zu? Was der Sklave sich gerade herausnahm, war unverzeihlich und hätte einer Bestrafung bedurft. Mindestens zehn Peitschenhiebe, vielleicht sogar zwanzig. Ich gebot ihm aber mit nichts Einhalt. Was mich genau dazu bewogen hatte, ich konnte es nicht sagen. Vielleicht war es der Rausch des Unbekannten oder die Lust auf ein Abenteuer. Man hatte schließlich nicht alle Tage einen Thraker im Bett. Aber ab heute schon, dachte ein Teil von mir.
    Nein, diesen Gedanken verdrängte ich ganz schnell wieder! Ich gedachte, mich demnächst wieder zu vermählen und wenn mein Zukünftiger heraus fände, daß ich und mein Sklave…. Nicht auszudenken! Nein, so weit durfte ich es nicht kommen lassen. Was konnte aber die Vernunft ausrichten, wenn die Neugier überwog?
    "Ja, das könnte ich! Was sollte ich deiner Meinung nach, mit dir anstellen?" Bei allen Göttern! Jetzt fragte ich auch schon nach der Meinung eines Sklaven! Der Bursche hatte mich verhext! Wenn ich vernünftig gewesen wäre, hatte ich ihn postwendend wieder zu Duccia Clara geschickt und meine tausend Sesterzen zurückverlangt.
    Er lächelte anmaßend und wagte es sich, ohne meine Erlaubnis, neben mich zu setzten. Stattdessen lag ich immer noch gänzlich unbewegt auf meinem Bett, den Kopf auf eine Unzahl von Kissen gebettet. Ich hatte längst die Kontrolle über ihn verloren. Das musste ich mir bereits eingestehen. Er hätte fliehen können und ich hätte nicht einschreiten können.
    "Nein, ich habe keine Angst. Komm her!" Natürlich hatte ich Angst gehabt, aber die Erwartung, was er mit mir vor hatte, überwog. Bei meinem Befehl er solle her kommen, biß ich mir bereits auf sie Zunge. Was dachte ich mir nur dabei?

    Der Duft der Lotion betörte mich. Ich mußte unbedingt in Erfahrung bringen, woher sie stammte. Natürlich zweifelte ich keine Minute daran, daß die Sklavin sie aus den eigenen Vorräten Antonias genommen hatten. Die Sklavin schien sich nicht ganz schlüssig zu sein, ob sie die tatsächliche Herkunft preisgeben sollte. Doch dann verriet sie sie doch.
    "Aus Aegyptus!" Ja, Aeyptus, das geheimnisvolle Land am Nil mit einer uralten Tradition, die nicht nur große Herrscher hervorgebracht hatte, nein die auch in Sachen Kosmetika immer noch die Nase vorne hatte. Außerdem übte dieses Land eine gewisse Faszination auf mich aus. "Liebste Antonia, du mußt mir unbedingt erzählen, wo man diese Lotion beziehen kann," sagte ich, wieder zu meiner Verwandten gewandt.
    Die Sklavin hatte ihre Aufgabe erfüllt und so waren meine Hände wieder frei. Noch einmal sog ich den wundervollen Duft ein. Es bestand kein Zweifel, diese Lotion musste ich auch haben!
    Zwischenzeitlich war der kleine Charmeur wieder zurückgekehrt, wie mir schien, immer noch quietsch fidel. Irgendetwas kann mit dem Kind nicht stimmen, dachte ich im Stillen. Diese anhaltende Fröhlichkeit bei einem Säugling war doch höchst ungewöhnlich. Ich dachte immer, Säuglinge und Kleinkinder quäken den ganzen Tag. Doch Klein-Manius schien da eine Ausnahme zu sein. Antonia hatte ihm doch nicht gewisse Mittelchen verabreicht? Aber nein, das hatte sie sicher nicht. Dafür wäre doch ich zuständig gewesen!
    "Oh, da ist er ja wieder, der kleine St… Liebling!" Die Titulierung Stinker vermied ich besser. Stinker oder auch Stinkerchen hatte keinen guten Anklang im mütterlichen Ohr gefunden. Diesmal blieb ich ein wenig auf räumlicher Distanz, damit mir nicht wiederholt zum Opfer wurde und zu der Ehre kam, den kleinen Flavius zu tragen.

    Offensichtlich hatte mich Chimerion durchschaut. Er mußte unter meiner Maske die Unsicherheit entdeckt haben, die mich in dieser Situation befallen hatte. Eigentlich hätte ich ihn zurückweisen müssen oder um Hilfe schreien. Für das, was er getan hatte und noch tat, hatte er bereits die Peitsche verdient. Kein Sklave näherte sich ungestraft seiner Herrin auf diese Art! Aber ich schrie weder um Hilf, noch hielt ich ihn in irgendeiner anderen Form auf. Ich ließ ihn gewähren und erzitterte, als er mit seinen Fingern meine Schenkel berührte. Ich war unfähig, zu reagieren, unfähig zu sprechen, zu schreien, mich zu wehren. Im Gegenteil, ich war von mir selbst überrascht, als ich mir eingestehen mußte, es in gewisser Weise zu mögen. Ich beobachtete ihn, während er sich meinen Schenkeln hingab. Der Höhepunkt schließlich war der Hauch eines Kusses, den er auf die Innenseite meines rechten Schenkels hinterließ. Ich mußte mich sehr beherrschen. So etwas hatte ich nie zuvor erlebt. Kein Mann hatte sich mit jemals derart genähert, geschweige denn ein Sklave.
    "Was, was tust du da?" fragte ich unsicher, als er mich ansah. Ich konnte es nicht länger verbergen. Nein, ich war eindeutig mit dieser Situation überfordert. Doch ich mußte die Oberhand behalten, denn ich war die Herrin und er der Sklave und nicht umgekehrt! "Dafür könnte ich dich bestrafen lassen!"

    Wenn wir gerade über Kleidung sprechen, hätte ich da doch noch eine Frage und zwar zum Hochzeitsgewand. Mir ist schon klar welche Kleidung die Braut zur Hochzeit trägt. Doch wie sieht es aus, wenn eine Frau zum zweiten Mal heiratet? Webt sie sich dann erneut eine tunica recta und trägt das flammeum?

    Mir war es mehr als unangenehm gewesen, Antonia darauf aufmerksam zu machen. Was aber zu viel war, war eben zu viel! Sie nahm sich des Kindes wieder an und bemerkte sofort das kleine Mißgeschick des Kleinen. Ich atmete erleichtert auf. Natürlich wollte ich nicht den Zorn der Claudia auf mich ziehen.
    Die Sklavin die sie gerufen hatte, kam auf der Stelle und kümmerte sich um den kleinen Flavius und alsbabd auch um mich.
    "Ach, das macht doch nichts!" heuchelte ich, als sei die teure Tunika mir vollkommen unwichtig, was sie es natürlich nicht war. Wie angenehm und pflegeleicht war da meine Katze im Vergleich zu einem Kleinkind. Daß diese Rolle aber auch eines Tages auf mich zukommen sollte, war wohl unausweichlich und ich konnte nicht genau sagen wieso, doch ich freute mich darauf!
    "Ach, die dumme Tunika! Wozu gibt es denn die Waschsklavinnen?" Weiterhin tat ich das kleine Problemchen als Nichtigkeit ab, überprüfte jedoch im gleichen Moment mein Gewand auf Unversehrtheit. Glücklicherweise konnte ich nichts entdecken. Trotz allem müsste man die Tunika waschen. Herrje, und danach konnte ich sie wegwerfen!
    De Sklavin kam erneut und wusch mir die Hände. Doch mit waschen alleine war es nicht getan. Meine Hände bedurften einer besonderen Pflege. Das waren schließlich nicht die Hände eines Waschweibes! Anschließend cremte sie die Hände noch mit einer Lotion ein. "Was ist das für eine Lotion?" fragte ich sie. Dem Geruch nach konnte ich sie nicht einordnen.

    Nun ja, die Titulierung Stinker wäre wohl eher angebracht gewesen! "Ja, so brav ist er das kleine Stinkerchen!" Oh ihr Götter, konnte man sich nun nicht einmal mehr auf diese kleinen Quälgeister verlassen? Eigentlich hätte der Kleine doch schon längst losbrüllen müssen, weil ihn diese fremde Frau genommen hatte und er nun nicht mehr bei seiner geliebten Mama war, weil seine Windeln voll waren oder weil, was auch immer war! Aber nein! Das kleine propere Kerlchen fand es ganz prima, bei Tante Celi zu sein!
    Nun, der Geruch wurde immer unangenehmer! Antonia konnte dies doch nicht verborgen geblieben sein! Ich vermutete einfach, sie war heilfroh, ihn für einige Minuten los zu sein! Aber wozu hatte man Personal? Waren die Sklaven in Streik getreten, ob des widerlichen Geruchs, welcher der kleine Flavius ab und an produzierte? Verdenken konnte man es ihnen nicht.
    So machte ich gute Miene zum bösen Spiel und behielt ihn noch auf meinem Arm. So richtig konnte ich mich nicht mehr daran erfreuen. Selbst als der Kleine wieder mit mir zu lachen schien. Ja, lach mich nur aus! Die Tante Celi wird sich das merken! Kurze Zeit später tadelte ich mich schon wieder für diese abstrusen Gedanken. Nein der kleine Stinker konnte ja gar nichts dafür. Er tat nur, was er immer tat und dabei war es ihm völlig gleich, wer ihn im Arm hatte.
    Ja, ja, der kleine Flavius. Ich war ihm schon gar nicht mehr böse, dem kleinen lieben Wonnebröckchen. Doch was war das. Meine Hand fühlte eine Art von Feuchtigkeit. Nein, ich wollte nicht wissen, was das war! Mein erster Gedanke galt nur meiner neuen Tunika, ein edles Stück von Chanelix, was mich ein kleines Vermögen gekostet hatte. So leid es mir auch tat, ich zog den Kleinen von mir weg und bemerkt nur dezent, mit belegter Stimme: "Antonia, dein Kind tropft!"

    Hätte ich auch nur ahnen können, was diese Frage ausgelöst hatte, hätte ich sie mit sicherer Wahrscheinlichkeit nicht gestellt. Mit dieser Frage hatte ich dem Sklaven eine Bühne gegeben.
    Ich war völlig perplex! Kaum hatte er geantwortet,schob er bereits meine Tunika nach oben. Ich war mehr als empört! Wie konnte er es wagen! So etwas hatte noch nie ein Sklave gewagt! Jedenfalls nicht ohne meinen Befehl und ich konnte mich nicht daran erinnern, ihm derartiges befohlen zu haben.
    Zu meiner Empörung mischte sich noch eine Spur Angst hinzu. Angst, er könne mir etwas antun. Er war zwar ein Sklave, doch wenn ihm bewußt wurde, daß er mit seiner Muskelkraft mir überlegen war, dann war ich verloren. Wenn er das wagte! Wenn esr se wagte, mich anzurühren!
    Mein Atem ging schneller, doch versuchte ich Contenance zu bewahren. Dem Sklaven gegenüber wollte ich nicht angsterfüllt wirken. Wie kannst du es wagen? wollte ich ihm schon entgegen donnern. Doch nein!
    Stattdessen kräuselte ich meine Lippen und fragte süffisant: "Und wie findest du sie?"

    Schrecklich, wie schnell die Zeit doch verging! Kaum war ich gekommen, schon war dieser schöne und durchaus ergiebige Nachmittag bereits vorüber. Es war nun Zeit, sich zu verabschieden. Ich konnte doch darauf hoffen, Corvinus bald in der flavischen Villa begrüßen zu dürfen. Dann konnten wir unsere Konversation fortsetzen.
    "Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite! Ich habe zu danken. Es ein überaus reizvoller Nachmittag und ich hoffe, uns wird noch so mancher gemeinsame Nachmittag noch vergönnt sein!"
    Ylva hatte den Nachmittag im Inneren der Villa verbracht. Mir war es gleich, was sie getrieben hatte. Nun wartete sie bereits. Die Trägersklaven, die mein Geschenk an Corvinus getragen hatte, waren längst zur Villa Flavia zurückgekehrt.
    Ich konnte es nicht unterbinden, zum Abschied küsste ich Corvinus auf die Backe. Dann verließ ich die aurelische Villa.
    Mittels meiner Sänfte, steuerte ich mein Zuhause an. Dieser Nahmittag und alles was geschehen war, die Orchidee, die Pfirsiche und wunderschönen Pflanzen und nicht zuletzt diese seltsame Sklavin, beschäftigten mich noch für eine Weile. Die schönen Dinge behielt ich in meiner Erinnerung, die schlechte verdrängte ich.

    Ich hatte es mir wieder bequem gemacht. Chimerion war tatsächlich ein Meister seiner Kunst. Er hatte sich nun meinen Waden zugewandt und knetete diese gut durch. Ich war sehr zufrieden.
    Meine Hand griff nach einer weiteren Traube und führte die Frucht anschließend zu meinem Mund. Dieses fruchtig-süße Fleisch. Einfach köstlich!
    Ich beobachtete Chimerion. Er war ganz vertieft in das, was er tat. Was mochte gerade in seinem Kopf vorgehen? Ob er so etwas wie Freude bei dem empfand was er tat? So schnell diese Fragen in meinem Hirn aufgeblitzt waren, so schnell waren sie auch wieder verschwunden. Es war doch gänzlich unwichtig, was ein Sklave bei seinem Dienst empfand. Aber es herauszufinden war auch reizvoll. Außerdem würde es mir etwas Unterhaltung bescheren und den Sklaven konnte ich so noch besser kennenlernen.
    "Chimerion, woran denkst du gerade?" Sollte er nichts antworten, dann war dies eine glatte Lüge.
    Erneut wollte ich mir eine Traube holen, mußte dann aber feststellen, daß die Obstschale nun endlich leer war. So mußte ich wohl oder übel auf Ylva warten, die ich vor einiger Zeit bereits los geschickt hatte, um noch mehr Obst zu besorgen und die sich heute wieder besonders viel Zeit ließ. Wo sie nur wieder steckte! Ich mußte mir ihr ein ernstes Wörtchen reden!

    Ylva kannte mittlerweile den Weg zur Villa Aurelia. An diesem Tag hatte ihre Herrin sie mit einem Brief losgeschickt, den sie dort abgeben sollte.



    Ad
    Marcus Aurelius Corvinus
    Villa Aurelia
    Roma



    Mein liebster Marcus,


    seit meinem Besuch sind nun schon einige Tage vergangen. Wie ich finde, zu viele! Daher wollte ich nun mein Versprechen einlösen und dich nun auf diesem Wege einladen, damit du dich von der Schönheit des flavischen Gartens überzeugen kannst. Die Rosen sind einfach ein Traum!
    Im Übrigen begleitet mich nun stets ein sandfarbenes, schnurrendes Wesen, namens Saba auf meinen Wegen.


    Ich würde mich sehr freuen, dich in den nächsten Tagen begrüßen zu können. Ich vermeide es, ein genaues Datum zu wählen. Dann wird dein Besuch für mich eine willkommene Überraschung sein.


    In freudiger Erwartung




    Flavia Celerina

    Nun, mir war natürlich nicht im Entferntesten bewußt, was ich in Chimerion auslöste. Wie hätte ich auch. Mich interessierte nur wenig, was Sklaven dachten und fühlten. Er war ein Sklave, weiter nichts. Hätte er es gewagt, mich zu berühren, er wäre bereits am nächsten Morgen bei den Löwen gelandet! Ich sah in ihm nicht den Mann. Er war wie ein Möbelstück, das zufällig laufen und sprechen konnte. Und das auf phantastische Art und Weise wußte, wie man müden Füßen etwas Gutes tun konnte.


    Ja, ich war tatsächlich der Welt entrückt, für eine Weile zumindest und genoß das Kneten meiner Füße. Eine ausgezeichnete Investition, dachte ich noch. Doch dann hörte er plötzlich auf, ohne daß ich es ihm befohlen hatte. Ich bemerkte dies nicht sofort und so dauerte es etwas, bis ich meine Augen aufschlug und mich aufrappelte, um nachzusehen, weswegen er seinen Pflichten nicht nachkam.
    Er hatte diesen seltsamen Ausdruck in seinem Gesicht und starrte auf meine Beine, die unter meiner Tunika verborgen waren, die sich aber darunter abzeichneten.
    "Wer hat dir erlaubt inne zu halten? Und was starrst du mich so an?" Ich mußte es zugeben, manchmal ergötze ich mich einfach daran, andere zu reizen, besonders dann, wenn es Sklaven waren, so wie er. Es war einfach nur ein Spiel, das mir unglaublich gut gefiel. Besonders dann, wenn es auf Kosten anderer ging.
    "Massiere nun meine Waden!" Ich hob etwas meine Tunika an, so daß meine Beine bis zu den Knien zum Vorschein kamen.

    "Ach," entgegnete ich ihr gelassen. "Es war besser so. Er hatte einen schönen Tod und mußte nicht lange leiden." Das entsprach der Wahrheit. Meinen Gatten hatte der Schlag getroffen. Alles ging sehr schnell. Auf die richtige Dosis war eben einfach Verlaß! :D Zwar hätte ich ihm einen weitaus schmerzlicheren Abgang gewünscht, aber wie hätte es meine Ylva so schön formuliert? Was fort is, is fort! Wo sie recht hatte, da hatte sie in der Tat recht.
    Nun ich sprach nicht gerne über dieses Thema. Je weniger ich davon preisgab, desto geringer war die Gefahr, dass jemand hinter mein dunkles Geheimnis kam. Glücklicherweise sah das die Aurelia ähnlich, wenn auch aus anderen Gründen, denn sie ging auf meine Frage nach ihrem Kleid ein.
    Wie? Gucchius war ihr liebster Modeschöpfer? Pradacus? Neue Läden! Und ich kannte diese Läden noch nicht! Natürlich wollte ich mir nicht vor Mibervina eine solche Blöße geben. Dass sie die Tuniken von Gucchius und Chanelix als Plebejer-Tuniken bezeichnete, hatte ich natürlich vernommen, doch ich kommentierte dies nur, indem ich eine Augenbraue nach oben zog, ganz in flavischer Manier. "Pradacus? Ach ja! Davon habe ich schon gehört. Nun bislang hatte ich noch nicht die Gelegenheit mir einen seiner neuen Läden anzuschauen. Aber ja, zusammen könnten wir uns dort einmal umsehen." Sah meine Tunika, wie eine Plebejer-Tunika aus? Ich konnte es kaum fassen! Ich führte diese Äußerung einmal auf die Jugend meines Gastes zurück und wollte dieser (der Äußerung!) keine Beachtung mehr schenken. Um meinen Ärger hinunterzuschlucken lenkte ich von dieser unsäglichen Pradacus-Chanelix-Plebejer Geschichte ab.
    "Oh meine Liebe, dir ist doch sicher Donatella ein Begriff? Du weißt doch, die großartige Donatella von den Versaciern. Die Gute ist zwar eine Plebejerin doch sie hat immer phantastische Ideen! Wir sollten sie auch einmal Besuchen." Donatella verfügte in der Tat über eine große Auswahl an den schönsten und teuersten Tuniken der Stadt und was noch besser war, sie war keine von diesen ausländischen Modefritzen, sondern solide römisch!
    Vielleicht gab es ja noch andere Gemeinsamkeiten, die wir teilten, besondere Vorlieben, eccetera…
    Oh ja, die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Eine junge, gutsituierte Witwe, deren Aussehen auch noch einer Pfirsichblüte glich, tat natürlich gut daran, die Augen aufzuhalten, wenn es um Mr.Right ging. Da die Anzahl an männlichen Vertretern unter den Patriziern nun doch beschränkt war, so schaute man gelegentlich auch einmal über den Tellerrand. Rom hatte da unendlich viel zu bieten!
    Für ihre allzu direkte Frage, entschuldigte sich Minervina sofort wieder. Aber da konnte ich sie beruhigen!
    "Aber, aber! Meine Liebe, wir werden alle nicht jünger. Natürlich schaue ich dann und wann. Das ist ja nicht verboten. Neulich habe ich einen getroffen. Der sah vielleicht aus! Der hätte eine glatte neun bis zehn auf der celerinischen Skala verdient!"Was die gute Minervina nicht wusste, ich hatte mir ein Bewertungssystem zurecht gelegt, was das Aussehen von männlichen Wesen betraf. Die Skala ging von eins bis zehn, also von grottenschlecht bis umwerfend.

    Längst schon hatte ich diese Gedanken, Chimerion könnte auch weiterhin an Flucht denken, beiseite geschoben. Es gab weitaus wichtigeres, worüber man nachdenken konnte. Ich hoffte insgeheim, der neue Sklave würde sich bald einleben und lernen, wohin er nun gehörte. Es konnte doch nicht in seinem Interesse liegen, sich Ärger aufzuhalsen.
    Von Chimerions demütigen Blicken bekam ich nicht allzu viel mit. Ich sah aber wohl, wie er von der Bettkante herunter auf den Boden rutschte und sich nun kniend meinem Fuß annahm. Meine Blicke strebten erneut der Obstschale entgegen, die schon einen leicht ausgeräuberten Eindruck machte. Einige wenige Trauben waren noch verblieben. Ich spielte schon mit dem Gedanken, Ylva loszuschicken, um noch mehr Obst zu holen.
    "Ylva, geh und hole noch mehr Obst! Vorzugsweise Trauben!" Sie Sklavin zögerte nicht und verließ den Raum, um für Nachschub zu sorgen.
    Wohl nahm ich aber seine Anstrengungen wahr, die er meinem Fuß entgegen brachte. Er machte es wirklich gut, wenn man davon absah, daß er versucht war, meinen Fuß keinem zu festen Druck auszusetzen. Ich hielt ihm noch den anderen Fuß entgegen. "Fester! Massiere fester!" Ich war ja schließlich kein Püppchen aus Keramik, das zerbrach, sobald man es etwas fester anpackte.
    "Ich glaube, du solltest mich auch später nach dem Bad massieren. Du machst das sehr gut!" Minos, einer der Masseure, der in den Thremen seinen Dienst verrichtete, hatte offensichtlich über Nacht eine harte Konurrenz bekommen. Diese Fußmassage war unglaublich entspannend. Der Sklave war in der Tat ein Schnäppchen gewesen. Mit der Zeit fand ich womöglich noch mehr Vorzüge und Talente an ihm. Jetzt aber lag ich einfach da, genoß und wurde langsam schläfrig.