Beiträge von Aurelia Minervina

    "Sie sind also in meinem Alter? Das freut mich. Ich denke, wir werden uns prima verstehen." Sie freute sich wirklich darüber, dass die beiden ungefähr so alt waren wie sie. Dann hatten sie auch sicherlich die gleichen Interessen. Und das war doch etwas Positives, solange sie sich nicht für denselben Mann interessierten.


    Ah, da kehrte ja auch schon das stumme Sklavenmädchen zurück! Minervina war angenehm überrascht davon, wie zügig sie alles erledigt hatte. Wie selbstverständlich übersetzte ihr Bruder für sie die Gesten von Tilla und Minervina war ihm wirklich dankbar dafür. "Sehr schön." Erst als Ursus die junge Sklavin wegen ihres Äußeren ansprach, bemerkte auch sie, dass die Kleidung leicht ramponiert aussah. Sie erblickte die nackten Füße vor ihr und musste kichern. Die Kleine war ja echt drollig! Was sie jetzt schon wieder ausgeheckt hatte?


    Sie nickte wohlwollend als es um die Kaninchen ging. "In Ordnung, wir werden uns die Kaninchen anschauen, aber nur kurz." Eigentlich wollte sie jetzt gleich das langersehnte Bad genießen, aber da das Mädchen so flink mit seiner Arbeit gewesen war, konnte sie ihre Bitte einfach nicht abschlagen. "Gut, gehen wir." Sie erhob sich von der Kline und wandte sich zu Ursus. "Mein lieber Bruder, wie schön war es doch, dich endlich nach der langen Zeit wiederzusehen. Ich werde mich jetzt ein wenig zurückziehen. Wir sehen uns später beim Abendessen." Dann wartete sie, dass Tilla vorausging und ihr den Weg zu den Kaninchen zeigte.


    Hier befinden sich die privaten Schlafgemächer der Aurelia Minervina.


    Es handelt sich hierbei um zwei kleine miteinander verbundene Räume, die sich im oberen Stock der Villa befinden. Beide Räumlichkeiten sind elegant und geschmackvoll eingerichtet. Das etwas größere Zimmer verfügt über einen kleinen Balkon, von dem man einen Ausblick in den Garten der Villa hat. Außerdem lässt er viel Licht in das Zimmer.
    Wer das Cubiculum von Minervina zum ersten Mal betritt, wird sofort erkennen, dass die Natur zu einer der größten Leidenschaften der Aurelia zählt. Die Wand, die gegenüber von dem Balkon liegt, ist mit floralen Mustern verziert. Minervinas liebstes Motiv zeigt einen kleinen Vogel, der sich auf das Haltestöckchen eines Rosenzweiges niedergelassen hat. Zudem findet man zahlreiche Vasen mit wohlduftenden Blumen vor. Neben dem Fenster steht ein Schreibtisch, der jedoch nicht oft benutzt wird. Gegenüber des Tisches steht eine Kline an der Wand sowie ein schmales Regal, indem allerlei Parfumphiolen und Schminkutensilien untergebracht sind.
    In dem kleineren Raum, der durch einen roten Vorhang vom anderen Zimmer abgetrennt werden kann, befindet sich das prachtvolle Bett, das mit vielen großen Kissen ausgelegt ist. Ansonsten findet man noch eine große, verzierte Truhe in dem Zimmer vor, in der all ihre Kleider aufbewahrt werden.


    Alles in allem sind die Räumlichkeiten ganz nach dem Geschmack der jungen Patrizierin eingerichtet.

    Minervina hielt sich bestürzt die Hand vor dem Mund, während Ursus ihr den Grund für Tillas Stummheit offenbarte. "Wie furchtbar!" Auch wenn es sich nur um eine Sklavin handelte, so empfand sie dennoch Mitleid mit dem Mädchen. Sie war doch noch so jung! Es fiel ihr schwer vorzustellen, dass jemand zu solch schrecklichen Taten fähig sein konnte. Doch eine Sache dabei beruhigte sie. Nämlich, dass niemand aus ihrer Familie für ihr Leid verantwortlich war. Fast schämte sie sich schon dafür, dass ihr so etwas überhaupt in den Sinn gekommen war. "Davon bin ich überzeugt, dass es ihr hier gut ergehen wird." meinte sie und nickte daraufhin um ihre Aussage zu bekräftigen.


    Ursus Reaktion auf ihre Frage nach einer potentiellen Ehegattin entging ihr nicht. Sie fragte sich, ob sie nicht doch ein wenig zu neugierig gewesen war. Sicher, gleich bei der ersten Begegnung nach vielen Jahren so etwas zu fragen, da gehörte schon einiges dazu, aber so war sie nun einmal. Das aber noch keine Frau in Aussicht sein sollte, konnte sie kaum glauben. "Ich hätte jetzt angenommen, dass du bereits etliche Bekanntschaften mit schönen Patriziertöchtern gemacht hast. So ein Charmeur, wie du es bist..." Sie kicherte mit vor gehaltener Hand vor sich hin, wurde aber schnell wieder ernst, als er auf ihren Vater zu sprechen kam. "Vielleicht kann dich ja auch Onkel Corvinus bei der Suche unterstützen. Er kennt die anderen Familien sicherlich gut und könnte die eine oder andere Begegnung arrangieren." Nicht zuletzt wäre sie ja noch da. Natürlich hatte sich letztendlich nicht viel dazu zu sagen, doch Minervina würde sich die Frau, die eines Tages ihren Bruder heiraten wird, wenigstens vorher genauestens angucken.


    Ein Glück, dass ihr Bruder sie nicht nach ihren Heiratsplänen fragte. Denn solche existierten bis dato überhaupt nicht. Bisher hatte sie sich noch keine allzu großen Gedanken um die Ehe gemacht, aber sie wusste, dass es mittlerweile auch für sie Zeit wurde nach einem geeigneten Ehemann Ausschau zu halten. Nun ja, aber etwas Zeit blieb ihr ja, immerhin musste sie sich erst einmal in Rom einleben...


    Stattdessen begann er nun von Helena und Prisca zu sprechen. "Oh, du hast Helena bereits von mir erzählt? Und sie freut sich schon? Das höre ich natürlich gerne. Und es freut mich, dass es ihr wieder besser geht. Ich kann es kaum erwarten, sie endlich kennen zu lernen. Auf Prisca bin ich natürlich auch schon sehr gespannt. Wie alt sind die beiden eigentlich?" Ob die beiden schon verheiratet waren? schoss es ihr plötzlich durch den Kopf, behielt diese Frage aber für sich.

    Ehe Minervina die Frage der Flavia, wieso Tilla nicht sprechen konnte, beantworten konnte, tat das schon der junge Lucanus für sie. Es war ihr auch ganz recht gewesen, dass er ihr zuvor gekommen war. Denn genauer wollte sie auf Tillas Stummheit nicht eingehen, immerhin war ihr bekannt, dass ihr vorheriger Herr ihre Stimme mit Gewalt genommen hatte. Daher nickte sie auf Lucanus’ Worte hin. "Sie spricht mit den Händen oder benutzt auch hin und wieder die kleine Wachstafel. Dadurch funktioniert die Verständigung ganz gut." ergänzte sie anschließend und zwinkerte Tilla kurz zu. Ob Celerina wirklich so viel Mitleid mit der Kleinen hatte wie sie behauptete? Irgendwie konnte Minervina ihr das nicht so richtig abnehmen, hatte diese sich doch schon bei der Bedienung ein wenig übertrieben verhalten. Aber so waren die meisten Patrizerinnen nun mal. Ob sie selbst auch mal so werden würde? Hoffentlich nicht. Auf der andern Seite kannte sie Celerina ja gar nicht. Daher hatte sie nicht das Recht über sie zu urteilen. Vielleicht war sie auch ganz anders und empfand tatsächlich Mitleid mit Tilla.


    Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als die flavische Dame sie noch einmal ansprach. Ihre Miene blieb auf den Vorschlag der Flavia hin zunächst neutral. Was sollte sie jetzt sagen? Eine Besichtigung des Sklavenmarktes gefiel Minervina nicht wirklich. Sie mochte Sklavenmärkte einfach nicht. Ansehen zu müssen, wie Menschen als Vieh gehandelt werden, tat ihr in der Seele weh. Andererseits hatte sie den Sklavenmarkt in Rom bisher noch nicht gesehen. Vielleicht ging es hier nicht ganz so menschenverachtend zu? Zugegeben, sie kam sich selbst ein bisschen naiv vor, aber wer weiß. Sie beschloss sich davon zu überzeugen. Also ließ sie sich nichts von ihrer Abneigung anmerken und nickte Celerina freundlich zu. "Eine hervorragende Idee, meine Liebe. Das sollten wir wirklich machen." Sie wollte der Patrizierin ja auch nicht vor den Kopf stoßen, denn immerhin wollte sie Minervina dabei haben und das freute sie doch sehr.

    Aufmerksam hörte Minervina ihrem Bruder zu, was er über Tilla und die anderen Sklaven aus der Villa berichtete. Sie nickte Ursus zu, als er über Tillas Verhalten sprach. "Da gebe ich dir Recht. Ich sehe das genauso." Eine Frage drängte sich aber dennoch in ihr auf. Wieso war es dem Mädchen nicht möglich zu sprechen? Waren es die Götter gewesen, die ihr – aus welchem Grund auch immer – keine Stimme verliehen hatten? Oder wurde sie gar – was noch viel schlimmer wäre – mit Gewalt geraubt? Aber doch nicht etwa von jemanden aus ihrer Familie? Welch furchtbarer Gedanke! Nein, nein, nein. Das konnte sie nicht vorstellen. Schnell verwarf sie wieder diesen Gedanken. Die Vorstellung, dass jemand aus ihrer Familie zu solch grausamen Strafen fähig wäre, war einfach utopisch für sie. "Wieso ist das Mädchen eigentlich stumm?" Jetzt war ihr die Frage doch noch herausgerutscht. Ihr Bruder musste denken, dass sie furchtbar neugierig war. Dabei musste sie sich einfach nur davon überzeugen, dass ihre Befürchtungen völliger Unsinn waren.


    Sie griff nach einer Weintraube und ließ die Frucht nachdenklich in ihren Fingern kreisen. Komisch. Jetzt hatte sie ihren Bruder jahrelang nicht gesehen und sie saßen hier und redeten über Sklaven. Dabei gab es doch viel wichtigere Dinge. Da kam ihr auch schon eine Frage auf, die ihr wirklich sehr auf dem Herzen lag. "Sag mein lieber Bruder, hast du eigentlich bereits eine Frau in Aussicht?" Schwups, kaum hatte sie das gefragt, verschwand die Traube in ihrem Mund. Forschend blickte Minervina ihrem Bruder forschend in die Augen. Das wäre doch mal was, wenn Ursus ein Auge auf jemanden geworfen hätte! Gespannt wartete sie seine Antwort ab. Ob er es ihr überhaupt erzählen würde?


    "Sicher, da hast du recht. Beim gemeinsamen Abendessen werde ich Duccia Clara ja ohnehin kennen lernen." Davor wäre ihr eh nicht viel Zeit geblieben sich dem Gast vorzustellen. Sie wollte sich schließlich vor dem Essen noch frisch machen und ihr Zimmer ein wenig einrichten. Außerdem kannte sie ja auch den Grund nicht, weshalb Duccia Clara sich bei ihnen aufhielt. Den Rest ihrer Familie würde sie ebenfalls am Abend kennen lernen, daher passte das ganz gut.

    Als sie von dem Nachtisch hörte, zuckten ihre Mundwinkel. Das hörte sie doch gerne! Von leckerem Gebäck konnte sie nicht genug bekommen. Ein Glück für sie, dass sie viele Leckereien bedenkenlos naschen konnte ohne das es sich negativ auf ihre Figur auswirkte. "Die Kleine scheint eine feine Auffassungsgabe zu besitzen. Und das sie lieb ist, glaube ich dir gern." Den Eindruck hatte sie nämlich schon gleich zu Anfang gehabt.


    Im atrium wieder zurückgekehrt, ließ sich sie auf eine der nahestehenden Klinen nieder und beobachtete interessiert, wie zügig und gehorsam die junge Sklavin den Anweisung ihres Bruder befolgte. Es dauerte wirklich nicht lange, als die Speisen auf einem Silbertablett serviert wurden. "Die Sklaven in der Villa scheinen sehr wohlerzogen zu sein. Die Bewirtung klappt auf jeden Fall wunderbar." meinte sie schmunzelnd und nahm sich daraufhin etwas Obst.


    Ihre Augen wurden ein wenig größer, als Ursus von dem Besuch erzählte. "Ein Gast sagst, du? Duccia Clara? Oh, wie erfreulich." Für einen kurzen Augenblick wandte sich Minervina an die Sklavin, die soeben ihrem Bruder Wein einschenkte. "Ich nehme einen verdünnten Kirschsaft." Kaum hatte sie ihre Bitte geäußert, wurde auch schon ein Becher Saft mit Wasser eingeschenkt und ihr anschließend dargereicht. Zufrieden blickte sie wieder zu Ursus. "Du musst sie mir unbedingt bei nächster Gelegenheit vorstellen, ja? Ich bin mir sicher, wir werden uns prächtig verstehen." Sie nippte am Becher. Weibliche Gesellschaft hier in der noch so fremden Umgebung konnte sie immer gut gebrauchen. Gut, fremd war ihr der Hauhalt natürlich nicht, doch sie würde gewiss noch einige Zeit brauchen um sich einzuleben und wenn sie dabei jemanden zur Seite hatte, dem es ähnlich ging, umso besser.

    Wie sich herausstellte, ließ sich das Personal wirklich unendlich viel Zeit. Und das, obwohl die Bedienung es gerade eben bei dem Zusammenstoß noch sehr eilig zu haben schien. Nanu, was sollte das denn jetzt werden? Sie erschrak ein wenig, als sie plötzlich etwas auf ihrem Schoß spürte. Was bei allen Göttern... ? Ach so, es war die Tafel von Tilla, die sie ihr unauffällig hinüber geschoben hatte. Konnte das denn nicht warten? Wehe, es handelte sich um keine wichtige Information, die sie ihr anscheinend unbedingt zukommen lassen wollte. Ohne sich großartig etwas anmerken zu lassen, blickte Minervina immer wieder ein wenig nach unten um zu lesen, was das Mädchen ihr mitteilen wollte. Sie kenne Luca schon. Luca? Sie warf einen kurzen skeptischen Blick in Tillas Richtung. Dass sie ihn so nannte, klang aber sehr vertraulich, fast schon zu vertraulich! Nun gut... sie las weiter. Aha, er ist nach Tillas Auffassung also seeeehr nett. Wie das nun wieder zu verstehen war? Bei gesprochenen Worten konnte man das immerhin anhand der Betonung heraushören, beim geschriebenen Wort dagegen war das schon etwas schwieriger. Da konnte das so vieles bedeuten. Sie nickte kurz als Zeichen, dass sie alles zu Kenntnis genommen hatte, und schob anschließend die Tafel sachte wieder zu der jngen Sklavin hinüber. Gleich darauf begann Tilla auch schon mit Lucanus eine kleine Unterhaltung zu führen und hätte Minervina nicht vorher die Notiz auf der Tafel gelesen, hätte sie wahrscheinlich sehr verdutzt drein geschaut. Wobei sie auch so nicht viel von dem verstand, worüber die beiden redeten. Sie schielte zu Celerina rüber, die ebenfalls den Eindruck machte, als könne sie nicht viel damit anfangen.


    Na endlich, nach einer halben Ewigkeit wurden sie dann doch noch bewirtet. Minervina überlegte kurz, wofür sie sich entscheiden sollte. Eigentlich hatte sie nur ein Wasser zu sich zu nehmen wollen, aber bei der Tatsache, dass sie in dieser Taverne auf eine so tolle Bekanntschaft gestoßen war, entschied auch sie sich doch líeber für etwas Besseres. "Ich nehme ebenfalls einen verdünnten Wein. Dazu etwas Käse bitte." Sie wandte sich zu Lucanus und warf ihm ein verschmitztes Lächeln zu. "Ich bin gespannt, wie die Lucanischen Würstchen munden."


    Auf Celerinas Frage hin wandte sich die Aurelia zu ihr. "Oh, da ich mich noch nicht lange in Rom aufhalte, wollte ich ein wenig die Stadt besichtigen..." Halt. Moment. Hatte Lucanus nicht soeben Guccius erwähnt? Oh, das war ihr absoluter Favorit unter den Modeschöpfern des Imperiums. Und die beiden wollten hatten vor dorthin zu gehen? Prima, welch ein schöner Zufall! Sie hatte es Celerina gleich angesehen, dass sie einen guten Geschmack hatte. "...aber Tilla hat mir bereits auf dem Weg hierhin schon sooo viele interessante Sehenswürdigkeiten gezeigt, jetzt würde ich gerne die neuesten Modetrends in Erfahrung bringen. Guccius ist übrigens einer meiner favorisierten Modeschöpfern!" Sollte sie sich jetzt einfach selbst einladen? Nein, Tante Matidia hätte ihr was erzählt, wenn sie das gesehen hätte. Also wartete Minervina einfach ab, wie die beiden Herrschaften darauf reagieren würden.

    Was für ein charmanter junger Mann! Das war der erste Gedanke, der Minervina durch den Kopf schoss, als der junge Herr ihr höflich entgegen kam. Da hatte er aber auch vollkommen recht, dass die Schuld beim Wirt lag. Der zweite Gedanke, den sie hatte, war, dass sie mal wieder recht mit ihrer Einschätzung hatte. Sie beide kamen also aus gutem Hause. Aus dem gleichen Hause, wie sich herausstellte. Als Bruder und Schwester wurden sie ihr vorgestellt. Oh, und sie hatte angenommen, es handelte sich hierbei um ein Ehepaar! Das war mal wieder typisch für sie. Wenn schon sich blamieren, dann aber auch richtig. Das war der dritte Gedanke, der sich ihr auftat.


    "Flavia Celerina, Flavius Lucanus, es freut mich eure Bekanntschaft zu machen. Mein Name ist Aurelia Minervina." Sie nickte ihnen freundlich zu und vernahm plötzlich das leichte Zupfen an ihrem Gewand. Es war Tilla gewesen. Diese hatte ihr einen freien Platz angeboten und sich dann ebenfalls hingesetzt. Als Minervina Platz genommen hatte, deutete sie zu der Sklavin. "Das ist Tilla. Sie begleitet mich heute und zeigt mir ein wenig die Stadt. Ich bin nämlich erst vor einigen Tagen in Rom angekommen." Dass das Mädchen bereits den Herren kannte, ahnte sie nicht im Geringsten. Auch die Blicke, die sie wenige Sekunden zuvor mit ihm austauschte, hatte sie nicht bemerkt. Nur dass sich das junge Mädchen auf einmal hinter ihr versteckte, hatte sie mitbekommen, doch das hatte Minervina als Schüchternheit abgetan. Zu sehr hatte sich die Aurelia für das tolle Kleid, dass Celerina trug, interessiert. Einen guten Geschmack schien zu besitzen. Woher sie es wohl hatte? Sie müsste die Flavia unbedingt nach dem Händler fragen. Nachher. Jetzt ging es erst mal darum, dass sie versorgt wurden. "Was möchtet ihr trinken? Oder habt ihr bereits bestellt?"

    An diesem Tag war das Wetter wirklich überaus toll. Die Sonne lugte immer wieder zwischen den vorbeiziehenden Wolken hervor und es herrschten bereits angenehme Temperaturen. So langsam erwachte der Frühling. Der perfekte Tag also für eine Stadtbesichtigung und - was noch viel wichtiger war - für eine ausgedehnte Shoppingtour.


    Mit einer Handvoll Sklaven im Schlepptau, die sich diskret im Hintergrund aufhielten, schlenderte Minervina über die Straßen. Auch Tilla, die junge Sklavin, der sie bereits bei ihrer Ankunft begegnet war, begleitete sie. Im Gegensatz zu den anderen Sklaven durfte sie neben Minervina gehen. Zum einen, weil schlielßlich irgendwer der Aurelia alles zeigen musste. Man hatte ihr vor Aufbruch versichert, dass sich das Mädchen gut hier auskenne. Zum anderen aber auch, weil sie das Wesen des Mädchens als sehr angenehm empfand.


    Bevor es allerdings richtig losgehen konnte, wollte Minervina sich noch eine Kleinigkeit zu sich nehmen. Schließlich wollte sie sich nicht nur gut gelaunt, sondern auch gut gestärkt auf den Marktbummel machen. Ihr fiel eine Taverne ins Auge, bei der man auch draußen Platz nehmen konnte. Ein kurzer, unauffälliger Blick flog über die Gäste, sie wollte schließlich nicht beim allerletzten Pack sitzen. Erleichtert stellte sie fest, dass es sich bei dieser Taverne nicht um so einen dubiosen Schuppen handelte, wie es sie zu Hauf gab, sondern eine feinere Klientel darbot. Sehr schön, hier könnte man es aushalten. "Komm Tilla, lass uns dort drüben Platz nehmen" Mit einer Handbewegung zeigte sie auf einen freien Tisch und steuerte sogleich darauf zu. Leider hatte sie die Bedienung nicht gesehen, die mit einem Tempo wie die Feuerwehr um die Ecke rauschte, und wurde unsanft angerempelt. Durch diesen Rempler wiederrum fiel Minervina ein wenig zurück und stieß mit ihrem Hintern an einen jungen Mann, der mit einer Frau an einem Tisch in der Nähe saß. :D Wie blamabel! Während die Bedienung sich kurz entschuldigt und anschließend das Weite gesucht hatte, stand sie nun vor den zwei Herrschaften und blickte die Beiden entschuldigend an. "Oh Verzeihung... ich...die Bedienung... wo ist sie denn jetzt hin?" Sie lächelte verlegen. Hoffentlich waren die jetzt nicht allzu empört. Sowohl der Mann als auch seine Begleitung sahen aus, als kämen sie aus einem gehobenen Haushalt. "Was ein dummes Versehen. Kann ich das vielleicht wieder gut machen, indem ich dich und deine Gattin auf einen Wein einlade?"

    Minervina musste unweigerlich ein wenig schmunzeln, als sie ihren Bruder dabei zusah, wie er die Sklavin im strengen Ton zurecht wies. Oha, dann wäre aber was los? Sie fragte sich, auf welche Art Ursus sie bestrafen wollte. Allzu hart würde die Strafe sicherlich nicht ausfallen. Sie kannte doch ihren Bruder und in dieser Hinsicht waren sie sich sehr ähnlich, denn gewaltsame Bestrafungen waren auch ihr zuwider. Rohe Gewalt brachte zu nichts, davon war sie fest überzeugt. In diesem Fall wäre sie ohnehin nicht von Nöten gewesen. Tilla schien es auch so verstanden zu haben und zeigte sich reumütig.


    In der Tat verspürte sie inzwischen leichten Hunger, daher kam das Ursus’ Angebot gerade im richtigen Moment. "Eine Kleinigkeit würde ich sehr gerne zu mir nehmen. Etwas Obst und Käse wären nicht schlecht." Das würde erst einmal genügen. Bis zum gemeinsamen Essen würde es nicht mehr lange dauern, da wollte sie sich jetzt nicht pappsatt essen. Dort würde sie auch alle anderen Familienmitglieder zu Gesicht bekommen. Hach, was freute sie sich schon darauf!
    Da meldete sich noch mal die junge Sklavin zu 'Wort'. Fasziniert beobachtete Minervina, wie sie mit ihren zarten Händen die Zeichen bildete. Jedoch verstand sie nicht alles, was Tilla ihnen mitteilte, auch wenn sie sich große Mühe gab ihre Gesten zu begreifen. Aber eins war sicher: es ging auf jeden Fall ums Essen. Aber um was beim Thema Essen ging, blieb ihr verborgen, dafür war das Mädchen mit ihren Gebärden zu schnell für Minervina gewesen. Ratlos blickte sie zu Ursus. Er hatte es sicher verstanden. Gleich darauf setzte sich das Mädchen auch schon in Bewegung und verschwand in der Villa.

    Minervina legte den Kopf leicht schräg und beobachtete verwirrt das Mädchen vor ihr, wie es wild mit den Händen gestikulierte. "Hm?" Was sollte das denn werden? "Ich verstehe nicht..." meinte sie schon beinahe entschuldigend und blickte dann unsicher zu Ursus, in der Hoffnung er könne ihr weiterhelfen. Der fing auch sogleich an zu erklären. Eine stumme Sklavin. Das erklärte natürlich ihre Gesten. Sie hatte also vorgehabt ihr mit den Händen etwas mitzuteilen. Minervina seufzte leise. Sie konnte sich nicht so richtig vorstellen, dass man dauernd auf diese Weise miteinander kommunizieren kann. Wenigstens beherrschte sie das Schreiben, so konnte man sich notfalls auch damit bedienen.


    Ihr Bruder schien ihre Gebärden sehr gut verstehen. "Sie möchte mir ihre Kaninchen zeigen?" Sie hob leicht ihre Braue... ihre Kaninchen? Den Sklaven hier schien es wohl ziemlich gut zu ergehen, wenn sie schon die Tiere ihr Eigen nennen durften. Nun gut, sie beschloss nicht näher darauf einzugehen und nickte schließlich. "Von mir aus kannst du sie mir nachher zeigen, Tilla. Du hast meinen Bruder gehört. Zunächst siehst du nach meinem Zimmer." Sie war erleichtert darüber, dass Ursus sie für ihr Verhalten nicht hart bestrafte. Eine Bestrafung der unschönen Art wollte sie nicht gleich bei ihrer Ankunft erleben. "Später möchte ich noch ein Bad nehmen. Kannst du das für mich herrichten?" Eigentlich ging sie davon aus, dass sie das konnte und es war auch mehr eine Aufforderung als eine Frage gewesen, doch bevor dieses Mädchen wieder damit anfing großartig mit den Händen herumzuwirbeln, sollte sie lieber mit einem kurzen Nicken antworten. Das verstand Minervina allemal besser als 'sprechende Hände'.

    Tatsächlich. Der Garten war immer noch genau so atemberaubend wie er es in ihrer Kindheit war. Tadellos gepflegt war er. Derjenige, der für die Pflege des Gartens verantwortlich war, verstand sein Handwerk. Minervina entzog sie ihren Arm aus dem ihres Bruders und ging bewundernd einige Schritte umher. Sie war hin und weg von der Schönheit, die sich ihr darbot. Sie fragte sich, wie schön es hier sein musste, wenn erst einmal der Frühling erwachen würde?


    Doch plötzlich wurde sie abgelenkt. Aus ihren Augenwinkeln heraus meinte sie eine kleine, unscheinbare Bewegung hinter einer Statue bemerkt zu haben. Aufmerksam dadurch geworden wandte sie ihren Kopf in die Richtung der Statue, konnte jedoch erst nichts auffälliges an ihr feststellen. Sie stutzte für einen Augenblick. Hatte sie sich das etwa eingebildet? Sie war sich ganz sicher, dass sich dort eben etwas geregt hatte. Jetzt, wo sie sich die Plastik genauer ansah, schien es ihr, als hätte die Figur mit einem Mal Arme bekommen! Neugierig wie sie nun einmal war, zögerte sie nicht lange und schritt eiligen Schrittes auf die Säule zu. Und wirklich, ein junges Mädchen kam zum Vorschein, dass sich dahinter versteckt hatte. Verdattert sah die Aurelia in ihre großen, dunklen Augen. Von ihrer Aufmachung her musste sie wohl eine Sklavin sein. Die hatte die Beiden doch nicht etwa belauscht? "Wen haben wir denn hier?" Die Verwunderung in ihrem Gesichtsausdruck wich einem argwöhnischen Blick. Sie versuchte sie einzuschätzen. Einen boshaften Eindruck machte sie ja nicht gerade, sie wirkte eher unschuldig auf sie. Und das Bild, dass das Mädchen mit der Statue abgab! Irgendwie konnte sie ihr nicht so richtig böse sein. Amüsiert begann Minervina nun zu lächeln. Anschließend wandte sie sich zu Ursus. "Sieh nur, wir haben Gesellschaft bekommen."

    Es war angenehm mit ihrem Bruder durch die Villa zu schlendern und sich alles von ihm zeigen zu lassen. In aller Ruhe sah sie sich die Räume genauestens an. Hier und da bemerkte sie die kleinen Änderungen, die man in den letzten Jahren vorgenommen hatte, doch alles in allem hatte sich in der Villa zu Minervinas Erleichterung nichts großartiges verändert. Nach dem Rundgang durch die verschiedenen Zimmer wollte sie sich aber etwas noch unbedingt ansehen. "Ursus, wir haben den hortus vergessen! Ich würde ihn mir so gerne anschauen." Den Garten zu sehen und sich davon zu überzeugen, dass er mit größter Achtsamkeit gepflegt wurde, war ihr sehr wichtig. Sie liebte die Natur und schon früher hatte sie dort viel Zeit verbracht. Ob der Garten immer noch so schön war, wie sie ihn in ihrer Erinnerung hatte?


    Ursus’ Reaktion auf das Thema Einkaufen sprach für sich. Bona dea, es war doch immer das Gleiche mit den Männern, wenn es um dieses Thema ging! Schadenfroh grinste sie ihn an, wenngleich er ihr auch ein wenig leid tat, so schockiert wie er deswegen wirkte. "Doch, und wie das mein Ernst ist!" Eigentlich war es nur ein Scherz von ihr gewesen, doch wenn er sich so dermaßen anstellte, sollte er ruhig ein wenig leiden. Belustigt hörte sie ihm zu, wie er begann sich um Kopf und Kragen zu reden und versuchte sich möglichst galant aus der Affäre zu ziehen. Ah ja natürlich, er war also zu sehr beschäftigt. Sicher. "Dann wäre ein Spaziergang mit mir über den Markt doch eine angenehme Abwechslung. Als Ausgleich zu deiner sicherlich anstrengenden Arbeit im Amt sozusagen." Sie schürzte die Lippen und machte nun einen auf Unschuldsmiene, wobei auch sie an Übertreibung nicht sparte. Anschließend setzte sie noch einen drauf. "Was soll ich denn mit den ganzen Sklaven? Ich bin mir sicher, die können mich nur halb so gut beschützen wie mein eigener Bruder." Dann aber gab sie schließlich nach. Bei dem Ärmsten lagen sicherlich schon die Nerven blank. Hatten sich da nicht auch schon kleine Schweißperlen auf Ursus' Stirn gebildet?
    Sie zwinkerte ihm zu. "Nein nein, keine Sorge Brüderchen. Das war nur ein kleiner Spaß. Für meine Einkäufe werde ich jemand anderes mitnehmen. Prisca oder Helena vielleicht, die haben sicher mehr Interesse an Mode." Aber eines Tages würde sie es schaffen und ihn mit auf den Markt zerren, ob er nun wollte oder nicht. Soviel das stand für sie schon fest.

    Zu hören, dass Corvinus verhindert war und deswegen sie nicht empfangen konnte, war schon ein wenig enttäuschend für Minervina. Hatte sie sich neben das Wiedersehen mit Ursus, doch auch sehr auf ihren Onkel gefreut. Dennoch zeigte sie Verständnis. Sicher hatte er einfach viel zu tun. "Wie bedauerlich. Nun gut, ich werde ihn ja noch früh genug begegnen, da bin ich mir sicher. Auf den Rest der Familie freue ich mich ebenfalls schon sehr." Sie war schon ganz gespannt darauf Prisca und Helena zu treffen.


    "Danke, mir geht es hervorragend, besonders jetzt, wo ich endlich wieder bei meiner Familie bin. Die Reise... nun ja, sie verlief recht angenehm, doch es kam mir so vor als wollte sie kein Ende nehmen." Was allerdings daran gelegen haben könnte, dass sie es kaum erwarten konnte in Rom anzukommen. Geduld war nämlich noch nie eine ihrer Stärken gewesen.
    "Ein Bad werde ich mir später gönnen. Zunächst würde ich aber sehr gerne die Villa besichtigen. Würdest mir die Freude machen und sie mir zeigen?" Sicherlich hatte sich nach all den Jahren so einiges geändert und das wollte sie unbedingt sehen. Ohne auf eine Antwort von Ursus zu warten – ein Nein hätte sie eh nicht akzeptiert - hakte sie sich mit einem charmanten Lächeln wie selbstverständlich bei ihm ein und marschierte los.


    "So so, einsperren willst du mich?" fragte sie beim Gehen nach. Ein wenig schmunzelnd hob Minervina ihren Kopf um ihren Bruder besser in die Augen zu schauen können. Es gefiel ihr außerordentlich gut, wie Ursus ihr Komplimente machte. "Das könnte dir so passen! Aber wenn ich mal die Villa verlassen sollte um einen ausgedehnten Einkaufsbummel über den Markt zu machen, werde ich dich als Beschützer mitnehmen." Tja, das hatte er nun davon! ;)

    Es dauerte nicht lange, da hörte Minervina plötzlich Schritte, die sich langsam näherten. Sie staunte nicht schlecht, als ein junger attraktiver Mann das Atrium betrat. Sofort steckte sie die Blume, die sich noch in der Hand hielt, zurück in die Vase und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn. Fassungslos blickte sie ihn mit ihren dunklen Augen an. Sollte das etwa Ursus sein? Ihr Bruder? Sicher, es war nur natürlich, dass er sich in den ganzen Jahren, in denen sie sich nicht gesehen hatten, verändert hatte. Dennoch war sie äußerst erstaunt als sie ihn so sah. Sie erkannte ihn kaum wieder. Doch die Art, wie er mit ihr sprach, verriet ihr, dass sie zweifelsohne ihren Bruder vor sich hatte. Das waren die Sprüche von Ursus, wie sie sie noch aus früherer Zeit kannte. Ein verschmitztes Schmunzeln umspielte ihre Lippen. "Eindeutig ein Irrtum. Ich bin davon ausgegangen, dass mein vorlauter Bruder mich empfangen würde. Stattdessen treffe ich auf einen so charmanten jungen Mann."


    Dann konnte sie sich nicht länger zusammenreißen. Voller Freude eilte sie ihm entgegen. Wenn man die stürmische Begrüßung so betrachtete, hätte man meinen können, dass die jahrelange Erziehung bei Tante Matidia völlig umsonst gewesen waren. Doch in diesem Moment war es Minervina herzlich egal, ob ihr Verhalten nun damenhaft erschien oder nicht. "Ursus! Mein liebster Bruder!" Mit größter Herzlichkeit erwiderte sie seine Umarmung. War es doch ein wunderbares Gefühl ihn nach all den Jahren wieder in den Armen halten zu können. Wie sehr hatte sie sich danach gesehnt. Jetzt endlich musste sie sich nicht mehr so allein fühlen. Nicht, dass sie es bei ihrer Tante nicht gut gehabt hätte, doch hatte sie sich dort oft einsam gefühlt. "Wie schön dich endlich wiederzusehen. Sag, wie geht es dir? Und was macht der Rest der Familie?" Sie löste sich allmählich aus der Umarmung und musterte Ursus von Kopf bis Fuß. Äußerlich hatte er sich sehr verändert. Er war zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen. "Athen scheint dir gut getan zu haben. Du siehst blendend aus!"

    Mit pochenden Herzen war sie dem Ianitor ins atrium gefolgt. Sie nickte ihm noch einmal zu und nahm anschließend Platz. Sogleich wurde sie von einem anderen Sklaven versorgt. Sie empfand es als angenehm, wie aufmerksam man sich um sie kümmerte. "Danke, ich nehme etwas Wasser." Eine kleine Erfrischung konnte sie nach der langen Reise gut gebrauchen. Nachdem man ihr einen Becher Wasser gereicht hatte, nahm sie einen Schluck und ließ dabei ihren Blick über das atrium schweifen. Es war elegant und luxuriös eingerichtet, dennoch wirkte es nicht zu übertrieben. Ihre Familie hatte halt Geschmack. Sie freute sich schon den Rest der Villa zu erkunden.


    Ihre Aufregung wurde immer größer und sie fragte sich, wen sie gleich als erstes zu Gesicht bekommen würde. Ihren Onkel? Oder doch ihren Bruder? Um sich etwas abzulenken und diese nervenauftreibende Warterei zu verkürzen, erhob sie sich und steuerte auf eine kunstvoll geschwungene Vase mit exotischen Blumen zu. Welch wunderschöne Farben ihre Blüten hatten! Sie nahm eine Blume in die Hand und roch mit geschlossenen Augen daran. Was für einen Namen sie wohl hatten?

    Dankend nickte Minervina dem dunklen Sklaven zu. "Hab meinen Dank." Bevor sie endgültig die Villa betrat, blickte sie sich noch einmal um. Gut. Die Sklaven, die sie auf der Hinreise begleiteten, bewachten wie erhofft ihre ganzen Habseligkeiten. Beruhigt darüber, dass mit ihrem Gepäck kein Schindluder getrieben wurde, folgte sie dem Ianitor ins atrium.

    Anscheinend hatte man den Ianitor bereits über ihr Kommen informiert. Sie nickte, als er auf ihren Bruder zu sprechen kam. "Mein Bruder soll von meiner Ankunft unterrichtet werden." Einen kurzen Moment überlegte sie sich, wie es wohl wäre, wenn sie ihn überraschen würde? Ach nein, er wäre sicherlich schon genug überrascht sein, wenn er erst einmal sieht, wie sehr sich seine Schwester in den letzten Jahren verändert hatte.


    Bevor sie jedoch eintrat, zupfte sie noch schnell an ihrer Tunika und überprüfte den Sitz ihrer Frisur. Schließlich wollte sie gleich zu Beginn an einen guten Eindruck bei ihrer Familie machen.


    Gut, alles saß an seinem Platz. Sie atmete noch einmal tief ein und schritt anschließend an dem Ianitor vorbei. Während sie ihn passierte, bemerkte sie sein breites Grinsen. Seine strahlend weißen Zähne bildeten einen starken Kontrast zu seiner dunklen Haut, welcher Minervina faszinierte. Doch dann sah sie plötzlich etwas, was sie stutzen lies. Irritiert beäugte sie den Mund des Ianitors etwas genauer. Blutete er etwa?! Aber ja doch, sie sah es ganz genau! Er musste es gewesen sein, dessen Ausruf sie vorhin gehört hatte. Doch wieso grinste er so, obwohl er blutete? Hatte er denn keine Schmerzen? Nun gut, das war nicht ihre Angelegenheit. Also sagte sie nichts und schritt schnell an ihm vorbei.