"Skeita! Skeita! Skeitaaaaa!"* hallten Witjons verzweifelte Schreie über den Platz. Es war noch beinahe Nacht, die Sonne blinzelte noch verhalten am Horizont. Eine gewaltige Rauchsäule stieg aus dem Herzen der Stadt auf, aus einem Häuflein Schutt und Asche zehrend. Wo noch wenige Stunden zuvor ein Flammenmeer an Holz, Putz, Schindeln und Stroh gefressen hatte, war nun nur noch ein großer rauchender Geröllberg übrig, dessen Überreste noch vor Glut schwelten. "Verflucht noch eins, wie konnte das passieren? Welch Katastrophe!" Sich die Haare raufend kniete der Procurator Consortii auf dem Pflaster des Forum. Wie ein Wahnsinniger war er hierhergestürmt, als des Nachts ein Vigil die Schreckensnachricht mitgeteilt hatte.
Denn die Männer der 'Feuerwehr' waren nicht erfolgreich gewesen bei ihrem Löscharbeiten. Wie denn auch? Diese Leute waren allesamt Handwerker und engagierte Knechte aus den Betrieben der Stadt, ausgerüstet mit persönlichen Werkzeugen. Unterstützung erhielten sie von den wenigen Nachtwächtern und Bewohnern der benachbarten Häuser. Doch eine professionelle Löschtruppe wie sie gar in Rom selbst existierte waren diese Männer nicht. Man hatte Glück gehabt, dass die umstehenden Gebäude nicht zu schnell Feuer gefangen hatten. Dennoch war der Schaden fatal: Das Römisch-Germanische Handelskonsortium war bis auf die Grundmauern abgefackelt, während die beiden nebenstehenden Häuser ebenfalls nicht unerheblich durch die Flammen angegriffen worden waren. Die Dächer waren völlig hinüber, ebenso die oberen Geschosse. Ein Glück für die Bewohner, dass das Konsortium eigene Nachtwächter angestellt hatte, die in letzter Sekunde die Menschen aus dem Schlaf gerissen hatten, sonst wäre es wohl auch sie zu spät gewesen.
Auf dem Forum stand trotz der frühen Morgenstunde schon eine große Menschenmenge beisammen, die meisten Gaffer, manche Helfer, manche Opfer. Die Vigiles standen bedröppelt herum und redeten sich ins Gewissen, dass sie wenigstens einen Stadtbrand hatten verhindern können. Die Nachtwächter der Freya Mercurioque saßen auf dem Straßenpflaster, den Kopf in die Hände gestützt in Erwartung eines noch ausstehenden Donnerwetters. Witjon derweil kniete immer noch vor dem Haufen Trümmer, der ihm so viel bedeutet hatte. Und nicht nur ihm. Was Lando wohl sagen würde!? Er hatte das Konsortium immerhin gegründet. Er war von Anfang an dabei gewesen, hatte den Aufstieg in Mogontiacum angeleitet und die Erfolge auch über die Provinzgrenzen hinaus erlebt. Jetzt schien es Witjon, als wäre all das vorbei. Im Feuer untergegangen.
Sie konnten nicht einmal versuchen irgendetwas zu retten. Der Hauptmann der Vigiles hatte Witjon erklärt, dass es viel zu gefährlich sei die glühende Ruine jetzt schon zu betreten. Da wäre sowieso nichts mehr übrig, was es zu retten lohnte. Alles war zu Asche verkommen! Die Waren, die Dokumente, alles! Einzig einige Kopien von Urkunden und Produktionslisten war übrig, die in den Archiven der Casa Duccia lagerten. Wundervoll!
"Ihr Götter, warum hasst ihr uns? Freya, womit haben wir das verdient?!" murmelte er zu sich selbst, nah daran in Selbstmitleid zu verfallen.
Da fühlte er plötzlich einen freundlichen Händedruck auf seiner Schulter. Verwundert wandt Witjon sich um und blickte einem seiner teuersten Freunde ins Gesicht.
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Ortwini, Sohn des Siguhelm:
"Witjon..." setzte der beste Freund des Duccius an, wusste jedoch nichts hilfreiches zu sagen. Statt dessen drückte er noch einmal dessen Schulter und schenkte dem jungen Mann einen mitfühlenden Blick.
"Ortwini!" stellte Witjon fest, erleichtert den Freund am Ort des Unglücks an seiner Seite zu sehen. Er erhob sich und deutete händeringend zum Schutthaufen, ehemals Handelskonsortium. "Wenn ich den erwische, der wird seines Lebens nicht mehr froh..."
Ortwini nickte verständnisvoll und zog die Augenbrauen zusammen. "Meine Hilfe sei dir gewiss, mein Freund."
Der Duccius nickte dankbar. Er wusste, er konnte sich auf Ortwini verlassen. Mit dieser Gewissheit fasste er neuen Mut und in seinem Kopf schmiedete er bereits Pläne zur ununterbrochenen Weiterführung der Geschäfte. Ein suchender Blick glitt dann über die Versammelten. Wo waren eigentlich die anderen Duccii? Und waren die restlichen Consortii benachrichtigt worden? Wobei Witjon sich sicher war, dass eine Nachricht von solcher Tragweite sich ohnehin in Windeseile verbreiten würde.
*germ. Skeita = Sch**ße