Als Procurator Rationis Privatae war Witjon unter anderem für die Kontrolle des Kaiserkultes zuständig. Er hatte nun von diesem Druiden gehört, der in der nähe der Iuppitersäule ein Spektakel veranstalten wollte. Da hatte den Duccier einerseits die Neugierde gepackt, andererseits die Sorge, dass der Mann einen Aufruhr provozieren könnte. Und als Kaiserkultbeauftragter hatte er sich gedacht, dass er ebenso auch ein Auge auf fremdländische Kulte haben sollte. So nahm Witjon vier Büttel mit sich, die mit Gladii bewaffnet und mit ledernen Rüstungen bewehrt waren, und machte sich in Begleitung seines Vetters, des Pontifex Decimus Duccius Verus, hinunter zu den Ufern des Rhenus auf. Dort hieß es, hatte dieser Myrddin Ariamir sein Lager aufgeschlagen. Witjons Vetter war als Pontifex ebenfalls an dieser Zeremonie oder was auch immer der Mann vorhatte interessiert, weshalb Witjon ihm erlaubte mitzukommen.
Die beiden Duccii erreichten zu Pferd den Vicus Salutaris, an dessen südlichem Ende die Iuppitersäule stand. Von dort aus waren die Feuer nicht zu übersehen, die den Ort kennzeichneten, an dem der Druide seinem Werk nachging. Witjon lenkte sein Pferd dorthin, gefolgt von seinem Vetter und den vier Bütteln. Eine große Menschenmenge hatte sich versammelt. Manche gafften nur, manche hatten sich in einer Schlange aufgereiht und erwarteten die Linderung ihrer Leiden. Witjon stoppte sein Pferd in einigen Schritten Entfernung zu dem Druiden. Trotz der Dunkelheit konnte man dabei im Feuerschein erkennen, dass er die römische Tunika trug sowie den Ritterring und seinen Siegelring, die ihn beide für sich schon als mächtigen Mann auswiesen.
"Bei den Göttern", stieß er beeindruckt hervor, als er der Kulisse angesichtig wurde. Brennende Feuer, ein kapuzenbewehrter Zauberer, etliche Bittsteller. Er spuckte eilig aus, um böse Geister abzuwehren. Dann warf er seinem Vetter Phelan einen unschlüssigen Seitenblick zu, während er verstohlen den Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger schob, um weitere böse Einflüsse von ihm fern zu halten. So abergläubisch war Witjon durchaus. Wichtig war nun aber, wie die beiden Duccii weiter vorgingen. Sollten sie einfach dazwischengehen und die Versammlung auflösen? Oder sollten sie erstmal abwarten und das Geschehen beobachten?
Witjon entschied sich dafür, erstmal zuzusehen. Noch konnte er keine aufrührerischen Handlungen oder Reden erkennen, weshalb er keinen Grund zum Eingreifen sah. Solange der Frieden des Kaisers, die Pax Romanorum gewahrt war, juckte Witjon diese Scharlatanerei - Witjon war sicher, dass es eine solche war - nicht.
"Was meinst du?", fragte er seinen Vetter. "Sieht nach 'nem normalen Heiler aus." Womit er meinte: Einer von den üblichen Halsabschneidern und Möchtegernwunderheilern.