Beiträge von Numerius Duccius Marsus

    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir…manen-maenner-jung/44.jpgEckwin


    "Ist gut", sagte Eckwin einfach. "Ihr findet mich tagsüber immer in meiner Werkstatt im Vicus Navaliorum." Daraufhin beschrieb er Alpina den Weg zur Schreinerei. Notfalls sollte sie sich einfach durchfragen, denn er war im Viertel bekannt. Dann verabschiedete er sich freundlich, denn er wollte im Anschluss gleich mit der Arbeit beginnen. Dieser Auftrag stimmte Eckwin glücklich, denn er bedeutete guten Umsatz.

    Der Morgen verging und es wurde früher Vormittag, als endlich die Zellentür geöffnet wurde.


    "Aufstehen, mitkommen!", befahl eine herrische Stimme. Zwei kräftige Kerkerwächter packten Myrddin an den Armen und hieften ihn hoch, um ihn dann aus der Zelle zu führen.


    Ohne weitere Worte mit dem Gefangenen zu wechseln, wurde dieser nun zu seinem Verhör geführt. Einige Schritte vor Myrddin Ariamir wurde auch dessen Angreifer in die Aula geführt.

    Zum ersten Mal seit einigen Wochen wurde die Aula für eine Anhörung hergerichtet. Drei große Sessel wurden am Kopfende der Halle aufgestellt, daneben Schreibpulte und Tische für die Ablage von Akten und Protokollen. Zwei große Wandteppiche im Rücken der drei Sessel zeigten den römischen Adler auf dunkelrotem Grund.


    Witjon betrat zusammen mit dem Legatus Iuridicus Kaeso Veturius Gratus und dem Pontifex Decimus Duccius Verus die Halle. Es war früher Vormittag. Witjon hatte sich Zeit damit gelassen, den Druiden vorführen zu lassen. Erstmal hatte er dringendere Amtsgeschäfte erledigt, denn immerhin musste er zusammen mit dem Legatus Iuridicus wegen der gesundheitsbedingten Abwesenheit des Statthalters eine Provinz verwalten. Er gab den anwesenden Apparitores einen Wink, woraufhin jemand geschickt wurde um die beiden Gefangenen zu holen.


    Witjon und seine Kollegen nahmen derweil auf den Sesseln Platz, wobei der Senator Veturius den mittig platzierten Sessel in Anspruch nahm. Er würde das Verhör auch leiten. Einige Schreiber und sonstige Amtshelfer wuselten im Rücken der Provinzbeamten herum und bereiteten sich auf das Verhör vor.

    Witjon brummte nur verdrießlich als Antwort auf die Worte seines Vetters. Die beiden Gefangenen wurden mit einem gesunden Abstand voneinander ferngehalten. Der Attentäter machte nun jedoch keine Anstalten mehr sich dem Zugriff seiner Häscher zu entziehen.


    "Den nehmen wir auch mit", beantwortete Witjon die Frage des duccischen Pontifex und wendete sein Pferd. Für ihn war dieser Fall nicht ganz so klar wie für Phelan. Er wollte auch die Version des Beinahe-Mörders hören.


    "Geht nach Hause!", rief er nun den Leuten zu, die den Mumm gehabt hatten sich diese Festnahme noch anzusehen. "Hier gibt's nichts mehr zu sehen!"


    Daraufhin trieb er sein Pferd an, gefolgt von den Bütteln, und machte sich auf den Weg zur Regia Legati Augusti Pro Praetore, wo man Myrddin Ariamir und seinen Angreifer in ihre Zellen im Keller verbringen würde.

    Am Haupttor der Regia angekommen, hatte der duccische Procurator Rationis Privatae die Büttel angewiesen, die Gefangenen in getrennten Zellen einzuschließen. Er wollte am nächsten Tag wiederkommen und mit den Verhören beginnen. Den Rest der Nacht wollte er sich damit nicht um die Ohren schlagen.


    So schleiften zwei stämmige Kerle Myrddin nicht gerade zimperlich durch eine schmale Tür und eine Treppe hinunter, wo sie ihn an einem Wärterraum vorbei in den Zellengang brachten. Es roch faulig und es war viel kühler als draußen und Sonnenlicht war hier tagsüber auch nur in geringem Umfang zu genießen.


    "Hier hinein!", pampte einer der Kerkermeister Myrddin an, woraufhin dieser durch eine offenstehende Zellentür unsanft in sein 'Gemach' befördert wurde. Quietschend fiel die Tür ins Schloss. Nur ein schmaler vergitterter Ausschnitt ermöglichte einen Blick hinaus auf den düsteren Gang. "Schlaf schön", wünschte der Kerkermeister gehässig und sein Kamerad kicherte. Angesichts der Bequemlichkeiten dieser Zelle fiel es jedoch schwer an Schlaf zu denken: Eine Häuflein feuchtes Stroh auf einer harten Holzliege diente als Schlaflager, ein morscher Holzbottig erfüllte die Funktion des Pisspotts und fließend Wasser kam nur an Regentagen aus einem schmalen Spalt in der Wand.


    An diesem herrlichen Ort musste der Druide nun auf den folgenden Tag warten, an dem die Herren der Provinz ihn zum Verhör zu sich holen lassen würden. Ebenso erging es dem Mann, der Myrddin hatte umbringen wollen. Er wurde unter lautem Protest in eine Zelle am Ende des Ganges gesteckt.

    Vom Officium des Princeps Praetorii kommend betrat Witjon die Postannahmestelle. "Salve. Zwei Briefe an die Kanzlei. So schnell wie möglich, bitte", sagte Witjon und ergänzte: "Ist Verwaltungpost, geht also beides über die Wertkarte der Provinzverwaltung."


    Procurator ab epistulis
    Potitus Maenius Firminus
    Kaiserliche Kanzlei
    Mons Palatinus | Roma


    N. Duccius Marsus Proc. P. Maenio Firmino s. d.


    Ich schreibe dir im Namen des Legatus Augusti Pro Praetore der Provinz Germania Superior Marcus Vinicius Hungaricus. Der Statthalter befindet sich derzeit in einem Gesundheitszustand, der ihm die Führung der Provinzverwaltung unmöglich macht. Der Legatus Iuridicus, Senator Kaeso Veturius Gratus, der Princeps Praetorii Volusus Palfurius Bolanus und ich führen die Amtsgeschäfte vorübergehend an seiner Stelle. Sollte sich der Zustand des Statthalters mittelfristig nicht zum besseren wenden, bitten wir um Benennung eines Nachfolgers. Ich werde in Kürze erneut Bericht erstatten.


    Ein Bericht über die Lage der Provinz liegt diesem Schreiben bei.



    Vale bene


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    Procurator Rationis Privatae
    Regia L.A.p.P.| Mogontiacum | Germania Sup.


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    Procurator ab epistulis
    Potitus Maenius Firminus
    Kaiserliche Kanzlei
    Mons Palatinus | Roma


    LAGEBERICHT
    PROVINCIA GERMANIA SUPERIOR


    V. Palfurius Bolanus Proc. P. Maenio Firmino s. d.


    Die Provincia Germania Superior ist stabil, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch.


    Legatus Augusti Pro Praetore Vinicius hat dafür gesorgt, dass keinerlei Unruhen im Zuge der beiden schnellen Kaiserwechsel auftraten. Die Stimmung in der Bevölkerung ist von Erleichterung über die anstehende Friedenszeit geprägt. Getreideengpässe wegen des zweimaligen Durchzugs der siegreichen Legionen konnten unter Beteiligung der Provinzen Aquitania, Belgica und Gallia Lugdunensis vermieden werden.
    Kurzzeitige Blockaden der Handelswege nach Italia und in den Osten des Reiches erwiesen sich als nur geringer Dämpfer für die Großhändler der Provinz. Das Steuer- und Zollaufkommen konnte zügig nach Beendigung des Krieges auf den status quo zurückgehoben werden.


    Die hiesigen Einheiten des Exercitus Romanus waren in der Lage, die Verluste des Bürgerkrieges weitestgehend auszugleichen. Umfangreiche Rekrutierungsprogramme sorgten für einen steten Strom an Tirones. Der Schutz der Grenze ist dementsprechend wieder sichergestellt.


    Was die Grenzsicherung angeht, so weise ich hiermit auf verstärkte Kampfhandlungen zwischen einzelnen Stämmen der Germania Magna jenseits des Limes hin. Es mehren sich Berichte darüber, dass der Stamm der Chatti in unmittelbarer Nähe zum Limes Machtansprüche gegenüber kleineren Gemeinschaften geltend macht und mit Waffengewalt durchsetzt. Entlang des Abschnittes zwischen Confluentes und dem Moenus kam es zu Beobachtungen von Kampfhandlungen zwischen Kriegerverbänden, die die Größe einer Cohors in der Regel - noch - nicht überschritten. Die Kommandeure sind angehalten die Entwicklungen in Germania Magna aufmerksam zu beobachten. Sollten sich gravierende Probleme auftun, wird das Officium des Legatus Augusti Pro Praetore erneut Bericht erstatten.


    Soweit ein überblickartiger Bericht über die Lage der Provinz. Für detailliertere Rückfragen stehe ich der kaiserlichen Kanzlei immer zur Verfügung.


    Vale bene


    Volusus Palfurius Bolanus

    Regia L.A.p.P.| Mogontiacum | Germania Sup.

    http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/e-roemer-maenner/29.jpg "Procurator", erwiderte der Princeps Praetorii die Begrüßung des Ducciers ebenso knapp. "Ich habe ihn hier", erwiderte er und zückte eine Wachstafel. Er reichte dem Procurator Rationis Privatae das Schreiben und gab diesem Zeit den Text zu überfliegen.


    Procurator ab epistulis
    Potitus Maenius Firminus
    Kaiserliche Kanzlei
    Mons Palatinus | Roma


    LAGEBERICHT
    PROVINCIA GERMANIA SUPERIOR


    V. Palfurius Bolanus Proc. P. Maenio Firmino s. d.


    Die Provincia Germania Superior ist stabil, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch.


    Legatus Augusti Pro Praetore Vinicius hat dafür gesorgt, dass keinerlei Unruhen im Zuge der beiden schnellen Kaiserwechsel auftraten. Die Stimmung in der Bevölkerung ist von Erleichterung über die anstehende Friedenszeit geprägt. Getreideengpässe wegen des zweimaligen Durchzugs der siegreichen Legionen konnten unter Beteiligung der Provinzen Aquitania, Belgica und Gallia Lugdunensis vermieden werden.
    Kurzzeitige Blockaden der Handelswege nach Italia und in den Osten des Reiches erwiesen sich als nur geringer Dämpfer für die Großhändler der Provinz. Das Steuer- und Zollaufkommen konnte zügig nach Beendigung des Krieges auf den status quo zurückgehoben werden.


    Die hiesigen Einheiten des Exercitus Romanus waren in der Lage, die Verluste des Bürgerkrieges weitestgehend auszugleichen. Umfangreiche Rekrutierungsprogramme sorgten für einen steten Strom an Tirones. Der Schutz der Grenze ist dementsprechend wieder sichergestellt.


    Was die Grenzsicherung angeht, so weise ich hiermit auf verstärkte Kampfhandlungen zwischen einzelnen Stämmen der Germania Magna jenseits des Limes hin. Es mehren sich Berichte darüber, dass der Stamm der Chatti in unmittelbarer Nähe zum Limes Machtansprüche gegenüber kleineren Gemeinschaften geltend macht und mit Waffengewalt durchsetzt. Entlang des Abschnittes zwischen Confluentes und dem Moenus kam es zu Beobachtungen von Kampfhandlungen zwischen Kriegerverbänden, die die Größe einer Cohors in der Regel - noch - nicht überschritten. Die Kommandeure sind angehalten die Entwicklungen in Germania Magna aufmerksam zu beobachten. Sollten sich gravierende Probleme auftun, wird das Officium des Legatus Augusti Pro Praetore erneut Bericht erstatten.


    Soweit ein überblickartiger Bericht über die Lage der Provinz. Für detailliertere Rückfragen stehe ich der kaiserlichen Kanzlei immer zur Verfügung.


    Vale bene


    Volusus Palfurius Bolanus

    Regia L.A.p.P.| Mogontiacum | Germania Sup.



    MUNICEPS - MOGONTIACUM

    Witjon betrat ohne anzuklopfen die Schreibstube des Princeps Praetorii Volusus Palfurius Bolanus. "Salve Palfurius", grüßte er den alten Bekannten knapp und legte eine Tabula auf dessen Tisch. "Schau, ich habe das Schreiben für die Kanzlei fertig. Wie weit bist du mit deinem Bericht?"



    Procurator ab epistulis
    Potitus Maenius Firminus
    Kaiserliche Kanzlei
    Mons Palatinus | Roma


    N. Duccius Marsus Proc. P. Maenio Firmino s. d.


    Ich schreibe dir im Namen des Legatus Augusti Pro Praetore der Provinz Germania Superior Marcus Vinicius Hungaricus. Der Statthalter befindet sich derzeit in einem Gesundheitszustand, der ihm die Führung der Provinzverwaltung unmöglich macht. Der Legatus Iuridicus, Senator Kaeso Veturius Gratus, der Princeps Praetorii Volusus Palfurius Bolanus und ich führen die Amtsgeschäfte vorübergehend an seiner Stelle. Sollte sich der Zustand des Statthalters mittelfristig nicht zum besseren wenden, bitten wir um Benennung eines Nachfolgers. Ich werde in Kürze erneut Bericht erstatten.


    Ein Bericht über die Lage der Provinz liegt diesem Schreiben bei.



    Vale bene


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    Procurator Rationis Privatae
    Regia L.A.p.P.| Mogontiacum | Germania Sup.


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    Mit leichtem Amüsement beobachtete Witjon die Verhandlungsparteien. Die Brautleute machten einen verständlicherweise angespannten Eindruck, was Witjon an seine eigene erste Vermählung erinnerte. Damals war er jünger als Curio gewesen und bestimmt doppelt so nervös. Der alte Haudegen Curvus erinnerte Witjon dagegen an Petronius Crispus, der genau wie der Helvetier nicht von gewissen Gepflogenheiten aus seiner Militärzeit lassen konnte. Beim Anblick des Vitis kam Witjon der beklemmende Gedanke, dass Curvus auch für seine Söhne der erbarmungslose Drillmeister gewesen sein mochte. Um diesen unsäglichen Gedanken abzuschütteln lenkte Witjon seine Aufmerksamkeit auf seinen Vetter, der bisher in knappen Worten die Grundvoraussetzungen für eine gute Verbindung bejaht hatte. Jetzt kam der spannende Teil der Verhandlungen. Erwartungsvoll lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und beobachtete nun die Reaktionen von Curios Eltern, die auf Phelans Angebot folgen würden.

    Witjon beäugte kritisch die Gestalt des Fremden Heilers, Magiers, Druiden, wie auch immer man ihn nennen wollte. Das entblößte Gesicht des Mannes mit seinen Narben entlockte Witjon ein argwöhnisches Stirnrunzeln. Er fühlte sich äußerst unbehaglich in der Nähe dieses Mannes, widerstand jedoch der Versuchung ängstlich zurückzuweichen. Vielmehr hielt er sein Pferd ruhig und hörte sich aufmerksam die Worte an, die der Fremde nun vortrug. Er nannte seinen Namen. Myrddin Ariamir. Das klang äußerst fremdländisch und machte den Mann nicht wesentlich sympathischer, denn Fremde brachten stets Ärger, oder nicht?


    "Myrddin Ariamir also", sagte Witjon, wobei ihm der merkwürdige Name schwer über die Lippen kam. "Du kommst mit uns, freiwillig oder nicht. Diese Männer werden dich in Gewahrsam nehmen, ob es dir passt oder nicht, denn deine Anwesenheit hier hat Unruhe ausgelöst."
    Witjon bedeutete seinen Helfershelfern, dass sie den Mann zwischen sich nehmen sollten. "Nehmt ihn", befahl er zusätzlich. Die Entscheidung, ob sie ihre Schwerter wegsteckten oder blank trugen, überließ er ihnen.


    "Ich denke wir bringen ihn erstmal in der Regia unter", wandte Witjon sich anschließend an seinen Vetter, dessen temperamentvolles Auftreten er mit einem leisen Lächeln hingenommen hatte. "Vielleicht...", setzte er gerade weiter an, als seine beiden anderen Männer mit dem Attentäter im Schlepptau in den Feuerschein traten. "Ah, da ist ja der andere Krawallmacher", versetzte er ätzend und verzog das Gesicht. Er konnte es nicht leiden, wenn unverantwortliche Leute in Mogontiacum Unruhe stifteten.

    Der Procurator Rationis Privatae beobachtete das Treiben des Fremden eine ganze Weile, ohne einzugreifen. Er hatte die Warnung seines Vetters zur Kenntnis genommen, konnte jedoch vorerst keine Anzeichen dafür erkennen, dass der Heiler Unruhe stiftete oder gegen die römischen Autoritäten aufstachelte. Gerade beugte er sich zu seinem Vetter Phelan herüber und sagte: "Scheint, als gäbe es heute nichts für uns zu tun", da kam es dann doch zu einem Zwischenfall.


    Witjon sah eine Klinge aufblitzen und rief "Obacht!", doch die beiden Reiter und die Büttel standen zu weit abseits, um direkt eingreifen zu können. Das folgende Geschehen ließ Witjon vor Schrecken erstarren. Grüne Flammen schossen aus dem Feuer empor und der Fremde offenbarte sein wahres Gesicht. Ein Zauberer wahr er, ein Herrscher über dunkle Künste, das war nun offensichtlich. Witjon machte eiligst das Zeichen gegen den Bösen Blick und spuckte erneut aus. Atemlos sah er wie die Menge angsterfüllt zurückwich. Der Mann, der Myrddin abstechen wollte, gab ebenfalls Fersengeld.


    "Packt ihn! Du und du!", rief Witjon und zeigte auf zwei seiner Büttel, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. "Packt den Kerl!", wiederholte er und zeigte auf den davonlaufenden Attentäter. Die Büttel zuckten zusammen, rannten dem Mann dann jedoch eiligst nach.
    Den beiden anderen Büttel befahl er: "Nehmt den Fremden fest!" Dies sagend trieb Witjon sein Pferd nun auf den Magier zu, hielt jedoch mit einem gewissen Vorsichtsabstand. "Fremder, hiermit nehme ich, Procurator Rationis Privatae Numerius Duccius Marsus, dich im Namen des Kaisers fest wegen aufrührerischen Verhaltens!" Die Büttel kamen nun zögerlich auf den Fremden zu, die Schwerter gezückt.

    Vielleicht? Witjon wusste ja, dass Octavena nicht das innigste Verhältnis zu ihrem Vater gehabt hatte. Aber dass die Abneigung der beiden offenbar so weit ging, dass Witjons Weib nicht einmal sicher war, ob sie ihrem verstorbenen Vater göttlichen Segen mit auf den Totenweg geben wollte, das alarmierte Witjon. Erst recht, als Octavena zugab mit der Situation überfordert zu sein.


    "Verstehe", sagte Witjon ohne eine bestimmte Wertung. Kurz hielt er inne, suchte nach den richtigen Worten. Er wollte nicht zu offensiv danach fragen, was damals schief gelaufen war, denn seine Frau hatte seit ihrer Heirat nie sonderlich offen, meist einfach gar nicht, über ihren Vater gesprochen. Er wollte in dieser Situation lieber nicht alte Wunden aufreißen, deren Gründe noch nicht verarbeitet waren.


    "Willst du mir davon erzählen?", fragte er daher in der Hoffnung, dass Octavena sich ihm in dieser Sache nach dieser langen Zeit anvertraute.

    Witjon betrat die Casa Helvetia zum ersten Mal und sah sich dementsprechend mit verstohlenen Blicken neugierig um, als der Ianitor sie ins Haus führte. Viel Zeit blieb nicht zur Befriedigung seiner Neugierde, denn Witjons Aufmerksamkeit wurde bald von Iullus Helvetius Curio in Anspruch genommen, der seine Gäste begrüßte. Wie abgesprochen überließ der duccische Sippenführer seinem Vetter Phelan die Führung in dieser ganzen Angelegenheit. Es kam nun zur Vorstellung der Familien. Witjon wartete ab, bis Curios Vater Phelan begrüßt hatte, dann erwiderte er den festen Händedruck des Veteranen. Decria Timarchia begrüßte Witjon wiederum mit einem sanfteren Händedruck. Ihr schenkte er auch ein freundliches Lächeln und ein paar nette Worte, anders als dem Primipilaris, der gewiss keinen Sinn für Nettigkeiten hatte.


    Schließlich übernahm Curio die Initiative und führte die Anwesenden ins Triclinium, wo sie Platz nahmen. Dort begann Curios Vater mit den Verhandlungen, auch wenn offenbar niemand sie als solche Bezeichnen wollte. Witjon verkniff sich ein amüsiertes Schmunzeln.

    Haakons Frage wollte Witjon bereits leichthin bejahen, als jener einen Einwand vorbrachte. Eigentlich wäre es für den Duccier ein Leichtes, im richtigen Moment Haakons Namen an der passenden Stelle beziehungsweise bei der passenden Person ins Spiel zu bringen. Aber die Bedenken, die Haakon hinsichtlich einer Schuld gegenüber Witjon hegte, ließen diesen erstmal innehalten.


    "Öh", machte Witjon daraufhin recht uneloquent in der erfolglosen Bemühung seine Ideenlosigkeit für einen Moment zu überspielen. "Tja." Nein, es ließ sich nicht verhindern, dass Haakon die Gedankenpause seines Gegenübers erkannte. "Dein Patron ist doch derzeit nicht in der Stadt", begann Witjon schließlich laut zu denken. "Vielleicht gibt es ja die eine oder andere Gelegenheit, dich erkenntlich zu zeigen." Und, weil er Haakons Frage noch nicht eindeutig beantwortet hatte, ergänzte er: "Womit ich sagen will: Ja, ich werde dir einen Hinweis geben. Und bis dahin ziehen ja womöglich noch ein paar Wochen ins Land, in denen du dich für die längst vergangene Sache damals erkenntlich zeigen kannst, wenn du darauf bestehst." Womit Witjon dem Borchter nicht sagen wollte, dass er eine Dankesgeste von diesem erwartete. Sein Ton zeigte vielmehr an, dass Witjon die ganze Angelegenheit recht locker sah. Immerhin war Haakon nicht sein Klient und hatte demgemäß auch keinerlei gesellschaftliche Verpflichtung gegenüber dem Duccier, irgendwelche Gefälligkeiten tatsächlich zu vergelten. Andererseits wusste Witjon, dass er damit rechnen musste, den Mann eventuell bei seiner Ehre zu packen. So oder so, mit der Zeit würde Witjon den Vorarbeiter des petronischen Steinbruchs noch eine Spur besser einschätzen können.

    Amon:
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/z-spezielle/amon.jpg]


    "Salve, Susina Alpina!", erwiderte Amon fröhlich den Gruß der jungen Frau, die einen runden Bauch vor sich her trug. "Einen ausgefallenen Wunsch für Eckwin? Ein Möbelstück, schätze ich? Doch nicht etwa eine Wiege...?" Amon schmunzelte breit und in seinen Augen blitzte der Schalk auf. Mit einem schelmischen Blick bedachte er Alpina, deren Frage er eigentlich nicht wirklich beantwortet hatte. Aber wieso musste man auch gleich immer auf den Punkt kommen, wenn man sich auch noch etwas ausführlicher mit so einem netten Weib unterhalten konnte?

    Als Procurator Rationis Privatae war Witjon unter anderem für die Kontrolle des Kaiserkultes zuständig. Er hatte nun von diesem Druiden gehört, der in der nähe der Iuppitersäule ein Spektakel veranstalten wollte. Da hatte den Duccier einerseits die Neugierde gepackt, andererseits die Sorge, dass der Mann einen Aufruhr provozieren könnte. Und als Kaiserkultbeauftragter hatte er sich gedacht, dass er ebenso auch ein Auge auf fremdländische Kulte haben sollte. So nahm Witjon vier Büttel mit sich, die mit Gladii bewaffnet und mit ledernen Rüstungen bewehrt waren, und machte sich in Begleitung seines Vetters, des Pontifex Decimus Duccius Verus, hinunter zu den Ufern des Rhenus auf. Dort hieß es, hatte dieser Myrddin Ariamir sein Lager aufgeschlagen. Witjons Vetter war als Pontifex ebenfalls an dieser Zeremonie oder was auch immer der Mann vorhatte interessiert, weshalb Witjon ihm erlaubte mitzukommen.


    Die beiden Duccii erreichten zu Pferd den Vicus Salutaris, an dessen südlichem Ende die Iuppitersäule stand. Von dort aus waren die Feuer nicht zu übersehen, die den Ort kennzeichneten, an dem der Druide seinem Werk nachging. Witjon lenkte sein Pferd dorthin, gefolgt von seinem Vetter und den vier Bütteln. Eine große Menschenmenge hatte sich versammelt. Manche gafften nur, manche hatten sich in einer Schlange aufgereiht und erwarteten die Linderung ihrer Leiden. Witjon stoppte sein Pferd in einigen Schritten Entfernung zu dem Druiden. Trotz der Dunkelheit konnte man dabei im Feuerschein erkennen, dass er die römische Tunika trug sowie den Ritterring und seinen Siegelring, die ihn beide für sich schon als mächtigen Mann auswiesen.
    "Bei den Göttern", stieß er beeindruckt hervor, als er der Kulisse angesichtig wurde. Brennende Feuer, ein kapuzenbewehrter Zauberer, etliche Bittsteller. Er spuckte eilig aus, um böse Geister abzuwehren. Dann warf er seinem Vetter Phelan einen unschlüssigen Seitenblick zu, während er verstohlen den Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger schob, um weitere böse Einflüsse von ihm fern zu halten. So abergläubisch war Witjon durchaus. Wichtig war nun aber, wie die beiden Duccii weiter vorgingen. Sollten sie einfach dazwischengehen und die Versammlung auflösen? Oder sollten sie erstmal abwarten und das Geschehen beobachten?


    Witjon entschied sich dafür, erstmal zuzusehen. Noch konnte er keine aufrührerischen Handlungen oder Reden erkennen, weshalb er keinen Grund zum Eingreifen sah. Solange der Frieden des Kaisers, die Pax Romanorum gewahrt war, juckte Witjon diese Scharlatanerei - Witjon war sicher, dass es eine solche war - nicht.
    "Was meinst du?", fragte er seinen Vetter. "Sieht nach 'nem normalen Heiler aus." Womit er meinte: Einer von den üblichen Halsabschneidern und Möchtegernwunderheilern.

    Witjon begleitete seinen Vetter mit einer Mischung aus freudvoller Erwartung und leichter Spannung. Eigentlich war es für ihn ein Leichtes, diese Verhandlungen zu begleiten, so schien es. Andererseits hatte Witjon die Familie des Helvetiers noch nicht kennen gelernt, von dessen Bruder Corvinus einmal abgesehen. Witjon mochte Curio, aber das musste ja nicht heißen, dass er dessen Eltern ebenso gern hatte. Aber das ließ der duccische Sippenführer jetzt erstmal auf sich zukommen. Denn eines war klar: Nicht er war heute derjenige, dem der Schweiß auf der Stirn stehen sollte, sondern Phelan. Sein Vetter war der Mann, der heute die Verhandlungen über die Verlobung seiner Tochter führen würde. Und das war etwas, was wohl keinen Mann unberührt ließ. sofern er ein Stückchen Herz in sich trug. Witjon saß demnach ganz entspannt im Sattel, warf hin und wieder einen Seitenblick auf seinen Vetter, dessen Tochter und Frau und sah mit einer gewissen Vorfreude den anstehenden Verhandlungen entgegen.

    Erwartungsvoll hob Witjon die Augenbrauen. Mit seiner Vermutung hatte er offenbar richtig gelegen. Octavena brauchte einen Moment, um die richtigen Worte zu finden, wobei man ihr ansah wie schwer es ihr fiel über den Inhalt dieses Brief zu sprechen. Witjon ahnte langsam, welche Art Nachricht das Schriftstück transportiert haben mochte. Um seiner Frau Halt zu geben legte er einen Arm um sie und blieb einfach still, um sie nicht zu unterbrechen. Als Octavena dann die Herkunft des Briefes verriet, verstärkte sich Witjons Verdacht. Da musste etwas passiert sein, das nichts Gutes verhieß.
    Seine Ahnung wurde schließlich bestätigt. Lucius Petronius Bassus war tot. Wenigstens schien er friedlich gestorben zu sein, was auch nicht jedem vergönnt war. "Das tut mir leid", sagte Witjon mitfühlend. Er fasste seine Frau noch etwas fester, um sein Mitgefühl auch körperlich auszudrücken. "Tut mir wirklich leid", wiederholte er, weil er daraufhin nicht wusste was er sonst sagen sollte. Dann fiel ihm etwas ein: "Möchtest du seinem Geist am Lararium opfern?", fragte er mit vorsichtiger Zurückhaltung. Er selbst hatte am neu im Atrium aufgestellten Lararium bisher nur ein paar pflichtsgemäße Opfer an die Penaten der Villa und an die Laren dargebracht und sah nun eine Chance, Octavena einen Ort zu bieten, an dem sie ihre Trauer bündeln konnte. Wenn sie denn wollte. Denn was Witjon bisher noch nicht so richtig erkannt hatte war, dass seine Frau offenbar nicht erschüttert oder tief ergriffen war, sondern vielmehr noch etwas unschlüssig über ihre Gefühlslage.

    Alpina war nicht die einzige Zuschauerin, die bei der Ode über den friedlichen Ort auch sorgenvolle Gedanken hegte. Witjon dachte ebenfalls daran wie schnell der Frieden am Limes gestört werden konnte, denn er erinnerte sich noch gut an die Strafaktion gegen die Räuber von Borbetomagus und kannte die fürchterlichen Geschichten über den Kriegszug des Marbod nach Raetia hinein, der noch lange Jahre später seine Folgen gezeigt hatte. Im Bemühen diese Sorgen abzuschütteln warf Witjon einen etwas genaueren Blick auf die Darstellerin der Fortuna, verstohlen wohlgemerkt, um nicht zu offensichtlich eine andere Frau anzugaffen während sein Weib neben ihm saß. Mit Octavena wechselte er daraufhin auch einen glücklichen Blick und als die Musik einsetzte, verflogen seine Zukunftsängste. Beinahe neidisch betrachtete er den Mann, der aus Fortunas Füllhorn Trauben und Wein erhielt. Oh ihr Götter, es stellt wahrlich eine helle Freude dar auf Mogontiacums Wiesen die Vorzüge des Lebens zu genießen, dachte Witjon bei sich.


    Am Ende des Auftritts applaudierte Witjon eifrig. "Bravo!", rief er und warf einen Seitenblick auf den Veranstalter des Abends, Iullus Helvetius Curio, der in diesem Moment erleichtert wirkte. Witjon lächelte ihm freundlich zu und nickte als Zeichen seiner Anerkennung.