Zitat
Original von Petronia Octavena
"Genau genommen sogar Nichte", korrigierte Octavena ihren Mann bei ihrer Vorstellung und überspielte so parallel mit einem höflichen Lächeln die ungeschickte Begrüßung durch Proculus. Der Mann bemühte sich offenbar, aber Octavena fand das Gehabe dennoch reichlich albern. "Tochter seines Vetters."
Lächelnd begrüßte sie auch Quadratilla, die direkt einen deutlich souveräneren Eindruck bei Octavena hinterließ als ihr Mann, was die Petronia in einer anderen Situation vielleicht neugierig zur Kenntnis genommen hätte, aber sie bezweifelte, dass sie diese Bemerkung noch weiter brauchen würde. Stattdessen ließ sie ihren Blick beiläufig weiter über ihre Umgebung gleiten, sehr viel neugieriger darauf, ob sie nicht doch das eine oder andere bekannte und interessantere Gesicht entdecken würde.
Witjon zuckte unmerklich mit den Schultern. Nichte, Großnichte, Nichte ersten oder zweiten Grades, er kam da immer durcheinander. Seine eigene Sippe war derart weit verzweigt, dass er ständig vor dem Stammbaum an der Wand in der Villa stand und nachschauen musste, wenn er die genauen Verwandtschaftsbeziehungen wissen wollte.
Nachdem die beiden Frauen einander vorgestellt worden waren, tat Quintus Genucius Proculus eine einladende Geste in Richtung der Loge, wo bequem gepolsterte Stühle für die Ehrengäste aufgestellt worden waren. Bisher standen dort vier Stühle, zwei für den Hausherren plus Gattin und zwei für Witjon und seine Gattin. Damit keine überschüssigen Stühle leer blieben, würden weitere Stühle erst mit Ankunft weiterer Gäste hinzugestellt werden. So wirkte es nicht so leer. Und Proculus fürchtete tatsächlich, dass bis auf den Duccier keine weiteren Gäste mehr kommen würden, er hatte das irgendwie im Urin.
Sie nahmen also Platz und hielten noch ein wenig Smalltalk, während sich die Zuschauerränge leidlich füllten. Witjon entdeckte Susina Alpina unter den Zuschauern. Er stupste Octavena an und wies in Alpinas Richtung, der er dann freundlich zuwinkte.
Proculus verzog leicht unzufrieden das Gesicht. Es waren deutlich weniger Leute gekommen als gehofft, aber länger warten konnten sie nicht. Also erhob er sich von seinem Platz, setzte ein großmütiges Lächeln auf und gab einem Sklaven einen Wink. Der Sklave schlug mehrmals einen Gong, um auf den Beginn der Schaukämpfe aufmerksam zu machen. Dann breitete Proculus die Arme aus und erhob die Stimme:
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"Liebe Zuschauer, ihr Leute aus Mogontiacum! Ich heiße euch herzlich willkommen im Ludus Genucii. Mein Name ist Quintus Genucius Proculus, Lanista dieser traditionsreichen Gladiatorenschule. Heute will ich euch in drei Schaukämpfen die tapferen Gladiatoren vorstellen, die die Arenen Germania Superiors in ihren Bann ziehen!"
Eine Pforte öffnete sich und aus dem Schatten des Gebäudeinneren traten zwei Gerüstete auf den Übungsplatz heraus. Beide trugen ihre Rüstung und Waffen, den Helm trug allerdings jeweils ein junger Sklave, damit die Zuschauer vor dem Kampf die Gesichter der Kämpfer sehen konnten.
"Dies ist Gordius, seines Zeichens Thraex" - Gordius hob die Hand und winkte mit grimmiger Miene den Zuschauern - "Er wird antreten gegen den Hoplomachus Arbaces." Auch der Genannte Hoplomachus winkte den Leuten, allerdings mit weitaus freundlicherem Gesichtsausdruck. Beide Gladiatoren waren vor dem Kampf eingeölt worden, so dass ihre muskelbepackten Körper glänzten und einen beeindruckenden Anblick boten.
"Gladiatoren, macht euch bereit! Der erste Kampf möge beginnen!", rief Proculus nun und die Kämpfer zogen ihre Helme auf. Drei Schiedsrichter betraten den Kampfplatz und die Gladiatoren gingen in Stellung.