Witjon fühlte sich gestresst. Er war ausnahmsweise mit einer Sänfte von der Villa Duccia hergekommen, die am Stadttor in einer Schlange stecken geblieben war. Irgendein auswärtiger Kaufmann hatte einen Zwergenaufstand bei der Kontrolle seines Wagens geprobt und alle aufgehalten. Die Wachsoldaten hatten Witjons Sänfte offenbar bewusst ignoriert, so dass er einen Handlanger nach vorn schicken musste, um sie über seinen Status und seine Eile zu informieren. Daraufhin zeigten die Milites sich plötzlich ganz hastig dazu bereit, ihn an der Schlange der Wartenden vorbei durch das Tor zu winken.
Aber damit nicht genug, bereits zuvor war ihm die Zeit gestohlen worden. Seine geliebte Tochter hatte wegen einer Nichtigkeit einen fürchterlichen Schreikampf bekommen und dafür gesorgt, dass seine holde Gattin Petronia Octavena völlig entnervt irgendwann entschied: Geh allein zu dem blöden Bankett, ich fechte hier noch den römisch-germanischen Endkrieg aus.
Nun stand Witjon endlich hier, bemüht um würdiges Auftreten und einen gelassenen Blick. Trotz seiner Verspätung schienen noch nicht die allermeisten Gäste angekommen zu sein. Er verkniff sich, überrascht die Augenbrauen hochzuziehen. Vermutlich trödelten die städtischen Honoratioren einfach mal wieder, das kam ja durchaus häufiger vor.
Der Blick in die Runde jedenfalls offenbarte ihm schnell, dass der Statthalter umringt war von der Augusta und einer handvoll militärischer Gäste. Die attraktive Augusta zog mit ihrem pupurroten Kleid und ihrem prächtigen Goldschmuck natürlich sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Weil sie die Augusta war, verbot Witjon sich aus reinem Selbstschutz aber jeglichen anzüglichen Gedanken in Bezug auf ihre Person. Doch auch die andere Dame in der Runde zog Witjons Blicke an wie Honigwasser die Fruchtfliegen. Wenn Witjon sich recht entsinnte, war das die selbe Dame, die den Statthalter bereits beim Einzug nach Mogontiacum begleitet hatte. Sie war eine wahre Schönheit, stellte er fest. Ihre dunkelblonden Locken waren zu einer modischen Frisur gesteckt, ihre feinen Gesichtszüge zeigten ein Lächeln. Ihr Bombenkörper zeichnete sich unter dem hellblauen Kleid erkennbar ab. Und der Pelzsaum zeigte deutlich auf, wo man bei bestimmten Bewegungen Haut zu sehen bekam. Witjon war bezaubert.
Allerdings war er nicht so dull, die versammelte Damenschaft hirnlos anzugaffen. Er bewegte sich also gemessenen Schrittes auf das Grüppchen zu und richtete ein allgemeines "Salvete" an die Gäste, als er bemerkt wurde. Er hoffte, dass er auf die Augusta, den Statthalter und seine Begleiterin in seiner Aufmachung keinen allzu hinterwäldlerischen Eindruck machte. Witjon trug eine dunkelgrüne Toga aus Leinen über einer Tunika. Den Faltenwurf hatte er eben im Innenhof der Regia noch einmal penibel richten lassen. Der Angustus Clavus, der schmale Purpurstreifen, wies ihn als Eques Imperii aus, ebenso der Ritterring. Daneben zeigte jedem Informierten sein Siegelring seine familiäre Herkunft an. Einzig seine Haar- und Barttracht entsprachen nicht ganz der aktuellen römischen Mode. Wobei, wenn man sich den decimischen Statthalter ansah, war er davon ja gar nicht so weit entfernt.
Der Statthalter stellte soeben seinen Ziehsohn vor. Nachdem die Augusta ihn begrüßt hatte, konnte Witjon nicht umhin, sich vorzustellen: "Verehrte Augusta Veturia, es ist mir eine Ehre. Numerius Duccius Marsus, Procurator Rationis Privatae, zu deinen Diensten. Dein Besuch lässt Mogontiacum strahlen vor Glückseligkeit." Er hauchte der Kaiserin einen Kuss auf die Hand, der selbstverständlich bloß eine züchtige Andeutung einer Berührung blieb.
Sodann wandte er sich der dunkelblonden Schönheit zu. "Auch dich darf ich herzlich willkommen heißen in Mogontiacum. Ich bedaure, wir wurden einander noch nicht vorgestellt. Numerius Duccius Marsus." Auch sie bedachte er mit einem höflichen Handkuss und einem charmanten Lächeln.
Schließlich entbot er freilich auch den Herren in der Runde einen Gruß. "Legatus Decimus, danke für die Einladung zu diesem Bankett. Ich freue mich sehr, dass diese Hallen wieder einmal einer Festgesellschaft Raum bieten dürfen." Und an die Offiziere gewandt: "Tribunus Decimus, Tribunus Prudentius, salvete."
Sim-Off:Ich hoffe ihr verzeiht, wenn ich die Begrüßung durch den Statthalter vorwegnehme. Dadurch kommen wir denke ich etwas schneller durch die ganzen Begrüßungsfloskeln, ohne dass Livianus uns alle einzeln gegenseitig vorstellen muss.