Zitat
Original von Marcus Petronius Crispus
Die Antwort ließ Crispus tatsächlich ein wenig erschrecken - 'könnte' klang doch sehr unbestimmt. Als er dann aber auf die Gebräuche zu sprechen kam, wirkte das ganze doch schon wieder so, als ob der Konjunktiv nur auf die Bedingungen abzielte, nicht aber grundsätzlich zu verstehen war. Die Bedingungen selbst kamen dem Alten dabei erstaunlicherweise doch berechtigt vor - immerhin war es Marsus' Familie, in die Octavena einheiraten sollte. Von einem Brautraub wusste er sowieso nichts - oder meinte er den Brautzug? Und überhaupt, was meinte er denn mit diesen Sitten?
Bei Heila hatten sie auf so eine Zeremonie verzichtet - sie waren ja faktisch sowieso schon Ewigkeiten zusammen gewesen, hatten sogar einen Sohn gehabt. Fast etwas peinlich, dass er in all den Jahren nie auf einer germanischen Hochzeit gewesen war. Er räusperte sich und sagte
"Wie läuft denn so eine Hochzeit bei euch ab?"
Witjon hatte befürchtet, dass Crispus diese Frage zunächst stellen würde. Dennoch setzte er zu einer Erklärung an.
"Zunächst einmal erbitten beide Brautleute von der Sippe des jeweils anderen das Einverständnis zur Vermählung. Die Erlaubnis erteilt das Sippenoberhaupt oder ein Stellvertreter. Dann verbrüdern sich die beiden Sippen, indem deren beide Stellvertreter sich einander symbolisch die Hand geben. Es folgen Anrufungen an die Götter und die Naturgeister, die ein Gode durchführt. Dabei wird für Fruchtbarkeit, Beständigkeit und all das gebetet, was eine Ehe stärken und bewahren soll und um den Schutz vor Unheil natürlich auch. Schließlich werden noch die Ahnen der Brautleute angerufen."
Er legte kurz eine Pause ein, während der Witjon die Maserung des Bodens betrachtete.
"Dann werden ein Bock und eine Henne geopfert. Das Blut des Bocks wird dem Mann auf die Stirn gestrichen und das der Henne der Braut, als Zeichen der Fruchtbarkeit. Nun werde erneut die Götter angerufen, um ihre Aufmerksamkeit auf das Zeugnis zu lenken, das das Brautpaar nun einander ablegt. Der Gode erklärt daraufhin beide zu Ehemann und Eheweib."
Witjon machte wieder eine kurze Pause um zu ergründen, ob der Petronier ihm soweit folgen konnte.
"Und dann werden Schwer und Ring getauscht. Der Mann schenkt dem Weib sein Schwert als Zeichen seiner Wertschätzung und Treue und steckt ihr einen Ring an den Finger. Ebenso hält es die Frau. Und am Ende...springen beide Hand in Hand über ein Feuer."
Er grinste verschmitzt. Das war vielleicht das am wenigsten einleuchtende an der ganzen Zeremonie.
"Achja, gewöhnlich wird natürlich alles in den Worten meiner Ahnen gesprochen, aber ich denke das würde Octavena wohl kaum so schnell lernen. Insofern wäre Latein auch in Ordnung für mich...dann verstehen die römischen Gäste immerhin auch alles."