Auch Witjon liebte Jul. Dieses Fest war für ihn seit jeher ein Fest der Gemeinschaft, der Familie. Ein Fest, das er mit seinen Liebsten im engsten Kreis feiern konnte, wenn es draußen stockfinster war und man sich um das große Feuer scharte, um diese längste Nacht zu feiern. Dass sie Jul diesmal im ganz großen Kreis im Rahmen eines Stadtfestes feierten, entsprach leider nicht ganz dem Bild, das Witjon von Jul hatte. Heute würde er wohl auch einige politische Gespräche führen müssen, zumindest in den frühen Stunden. Später würde er einfach alle abwimmeln und über Saufen, Fressen und...Frauen palavern.
Da es hieß, duccische Flagge zu zeigen, war die gesamte Sippe erschienen. Der komplette Hausstand war zugegen, sämtliche Duccii und ihre Brut und alles, was noch dazu gehörte. Die Kinder waren bereits irgendwo in der Menge verschwunden, zumindest Landulf war auf und davon. Naha würde wohl bald folgen, sobald sie von ihrer Mutter losgekommen war. Witjons Sohn war ohnehin schon längst auf Erkundungstour. Audaod hatte sich mit der Zeit nämlich sehr gut mit Leifs Söhnen angefreundet, deren Mutter Ida ihn damals als Amme großgezogen hatte. Bodo und Iring waren zwei Prachtburschen, mit denen Audaod des öfteren schon Streiche und Chaos verzapft hatte. Wenn der heutige Abend nicht wenigstens mit blauen Flecken und einem aufgeschürften Knie endete, wäre Witjon schon beinahe enttäuscht.
Während also die ganze Stadt zusammenkam und der Platz um das Feuer sich füllte - langsam wohl gemerkt, denn die Wege aus der Stadt heraus waren schmaler als sonst vor lauter Schneemassen - hielt Witjon sich erstmal in der Nähe seiner Familie auf, als eine ihm wohl bekannte Stimme seine Aufmerksamkeit einforderte.
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/a-germanen-maenner-jung/08.jpg]
Ortwini, Sohn des Siguhelm:
"WITJOOON!" Mit zwei Bechern - gefüllt mit heißem Met - drängelte Witjons Freund sich durch die Menge auf ihn zu. "Du elender Schreibtischtäter! Komm ran hier und trink mit mir!" grölte der Hallodri lautstark lachend. Witjon fiel ausgelassen in das Lachen ein. Er liebte Ortwinis Gabe durch sein bloßes Erscheinen Feierlaune aufkommen zu lassen. "Ortwini, du Taugenichts! Gib her das Zeug. Auf uns! Auf Jul! Auf die Frauen!" Sie stießen miteinander an und tranken - vorsichtig, um sich nicht die Zunge zu verbrühen bei dem heißen Gesöff - einen ordentlichen Schluck, bis Ortwini die beistehende Elfleda bemerkte. "Ah, schau an. Elfleda, sei mir gegrüßt. Der Schnee spiegelt den Glanz deiner Schönheit so sehr, dass ich dich beinah vor Blindheit nicht zu erkennen vermochte..." Witjon musste laut auflachen, als er diese schmierige Schleimerei aus Ortwinis Mund hörte. "Mann, sag doch einfach, dass sie gut aussieht!" kommentierte er gut gelaunt, dem Möchtegerncharmeur einen Schlag auf die Schulter verpassend.