Beiträge von Numerius Duccius Marsus

    Amon:
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    Auch der Kelte wurde freundlich von Amon begrüßt. "Salve. Mein Name ist Amon. Wie kann ich helfen?" Er besah sich kurz seinen Kunden. Gedrungen, bärtig, machte einen bodenständigen Eindruck. Ein ganz normaler Kerl also. Wie immer war Amon gespannt, was dieser Mann wohl von ihm erwerben wollte. Alltäglichen Kram, oder doch irgendeine spezielle Anfertigung?

    Amon:
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    Amon zog kurz die Stirn kraus, warf der Römerin jedoch einen dankbaren Blick zu. Es tat ihr leid. Ihre Worte jedoch klangen irgendwie...wissend. Sie schien also zumindest ein paar grundlegende Informationen über den Händerzusammenschluss zu besitzen, dessen Verkaufsstände sie nun nach Waren durchforstete. "Duccius Marsus ist das neue Sippenoberhaupt," erwiderte er, wobei er ihre vorangehende Bemerkung überging. Mit gehobener Augenbraue und einem bemüht plauderhaften Ton fuhr er fort. "Und damit leitet er von nun an auch das Konsortium." Caras Frage der Todesursache beantwortete Amon ohne zu zucken mit der gängigen Lüge. "Er starb einen ehrenvollen Tod bei einem Überfall im Wald."
    Nachdem die junge Frau sich also als neugierig bewiesen hatte, musste sie diesen Umstand noch einmal bekräftigen, indem sie nun nach dem neuen Soldatenführer der Römer fragte. Amon jedoch war die Lust auf Tratsch vergangen und so entgegnete er nur knapp: "Ich weiß nichts näheres über ihn." Vielmehr ging es ihm hier jetzt ums Geschäft. So stieg er voll auf ihre Feilscherei ein.
    "Einer strahlenden jungen Frau wie dir sollte wahrhaft noch ein Blumenstrauß zu dieser Vase beigefügt werden. Doch bin ich kein Blumenhändler." Gespielt bedröppelt zuckte er die Achseln. Dann hellte seine Miene sich jedoch auf. "Aber ich könnte dir einen kleinen Preisnachlass mitnichten abschlagen, sollte dein Interesse an diesem großartigen Kunstwerk gar so groß sein." Uff, das war schwer zu sagen gewesen. Amon war kein Redner, nur ein Kaufmann. Aber Charme musste er hier und dort oft genug zeigen. "Ich gebe sie dir für unschlagbare zwölf Sesterzen!" Dabei schaute er äußerst erwartungsvoll, in der Hoffnung, dass die Römerin das bereits für einen annehmbaren Preis hielt. Er musste jedoch vorsichtig genug sein, sie nicht zu unterschätzen. Offenbar war sie geübter im Feilschen als die ganzen anderen dümmlichen Gänse, die mit ihrer Sklavenbagage einkaufen gingen.

    Es war bereits mehr als eine Woche nach Landos Bestattung vergangen und Witjon hatte endlich die Zeit gefunden, abends Gäste zu empfangen. Es handelte sich um den Quintilius, der sich als Arbjons Freund vorgestellt hatte. Witjon hatte den Mann für den heutigen Abend zum Essen eingeladen. Er hatte auch das Weib des Quintilius mit eingeladen und Elfleda ebenfalls mit eingeplant, auch wenn sie nach der Geburt vielleicht noch nicht völlig auf der Höhe war. Das Kaminzimmer war etwas umgebaut worden. Wo für gewöhnlich ausschließlich Sessel standen, waren nun nach römischem Geschmack ein paar Liegen aufgestellt worden. Römer aßen bekanntlich vorzugsweise im Liegen. In der Mitte der insgesamt vier Klinen war ein niedriger Tisch platziert worden, wo dann das Mahl serviert würde. Im Kamin glommen die spärlichen Reste eines kleineren Feuers vom Vormittag, das jedoch schnell wieder entzündet werden konnte, denn die Tage wurden wieder kühler. Witjon stand vor dem Kamin und starrte gedankenverloren in die Glut, während er auf Elfleda und die Gäste wartete.

    Witjons Blick glitt von seinem Becher zur Tür des Legaten. "Das kommt ganz auf die Stimmung bei Tisch an denke ich. Es gibt Tage, da flüchtet er zügig vor der miesen Laune seines Weibs. An anderen Tagen bleibt er gefühlte Ewigkeiten." Witjon schmunzelte beim Gedanken an zickige Weibsbilder. Ob der Terentius da ähnlich dachte wie er? Der Mann wirkte recht steif auf ihn, als habe man ihm seinen Reiterspeer in den... jedenfalls fand Witjon den Praefectus beizeiten recht sonderbar.

    Es waren nun etwa zwei Wochen vergangen seit Landos Tod. Genau konnte Witjon das nicht sagen, denn sein Zeitgefühl hatte ihn seitdem verlassen. Er hatte viele Entscheidungen treffen müssen in letzter Zeit und eine war ihm besonders schwer gefallen. Doch er musste es tun, musste sich Zeit und Raum verschaffen, um sich anderen Aufgaben zu widmen, die seine Familie betrafen. Er klopfte und betrat das Officium seines Vorgesetzten. Es war noch früh am Tag und er hatte bisher weder irgendwelche Post, noch Bittstellerschreiben, noch andere Berichte hereingebracht.
    "Vinicius, ich würde dich gern in einer persönlichen Sache sprechen."

    Die Männer saßen zusammen und aßen und tranken. Und sie würfelten und gewannen oder verloren und fluchten und frohlockten. Und sie warteten und horchten und schreckten auf, wenn der nächste fiese Fluch aus Elfledas hübschem Mund hervorbrach. Und sie warteten und tranken und warteten und entleerten ihre Blasen - gemeinsam, selbstverständlich im Weitpinkelwettbewerb - und sie tranken weiter. Witjon hielt sich halbwegs zurück, denn er wollte als Sippenoberhaupt in diesem wichtigen Augenblick nicht völlig blau sein. Es ging um Leben und Tod. Um neues Leben und um weiteren Tod. Zwischendurch legten sie eine Pause ein, eine Gebetspause. Sie stellten sich um den Küchenstich, vergossen ihr Bier auf dem Boden - zumindest so viel wie sie wieder problemlos aufwischen konnten - und Witjon sprach ein Stoßgebet an Frigg und Freya und alle göttlichen Gestalten droben in den übermenschlichen Gefilden. Und dann spielten und warteten und tranken sie weiter. Sie machten Späße und verfielen in berührende Erinnerungen. Sie dachten an Abenteuer und Gefahren und scherzten über lustige Geschichten. Die ganze Zeit begleitete sie das dumpfe Schreien, das durch die Deckenbalken zu ihnen durchdrang.
    Und dann wurde es plötzlich still.


    "Hört ihr das?" fragte Witjon in die Runde. Er erntete verwirrte Blicke und stellte fest: "Stille." Sie horchten in die Stille hinein, um sicherzugehen, dass die Geburt vorüber war. Und sie horchten gespannt darauf, ob das schrille Plärren eines Neugeborenen erklingen würde. Nichts war zu hören. Da erhob Witjon sich so hastig, dass sein Stuhl nach hinten wegkippte. Er wollte lossprinten, da hörte er erneut das schmerzerfüllte Stöhnen. Was war da nur los? Witjon setzte sich wieder und verlor eine weitere Runde im Würfelspiel, dann war plötzlich wieder Stille. "Was bei Freyas göttlichen Titten ist da oben denn los?" Fragte er in die Runde, als plötzlich das helle Schreien erklang, das sie so lange ersehnt hatten. "Endlich!" rief er erleichtert aus und diesmal stürmte er die Stufen hinauf zu Elfledas Gemach.
    Vor der Tür hielt er kurz inne und atmete tief durch. Dann öffnete er und trat ein. Er sah Elfleda, die ihr Kind im Arm hielt. Welch erleichternder Anblick. Alle Last fiel von Witjon ab in diesem Moment und er atmete tief ein und aus. Dann ging er langsam auf die zweifache Mutter zu, wobei er ein breites Lächeln zeigte wie schon lange nicht mehr. "Meinen Glückwunsch, Elfleda. Ist es ein Sohn?" Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante, um das Kind näher zu betrachten. Wahrhaft, ein prächtiges Balg hatte sie da geworfen. Er betete, dass das neue Leben die ersten Wochen und Monate überstehen würde.

    Die Männer bedienten sich, was Witjon recht war. Die Frage des Terentiers ließ ihn nur mit den Achseln zucken. "Sonderlich viel Neues aus Rom gibt es nicht zu wissen. Bald stehen die Wahlen zum Cursus Honorum an, aber das ist hier gewiss nicht interessant. Höchstens für die Leute, die es mit einem neuen Quaestor Provincialis zu tun bekommen. Ansonsten..." Er grübelte kurz, bevor er fortfuhr. "Wie dir gemeldet wurde, ist Senator Decimus Livianus als neuer Legatus Legionis der Zweiten eingesetzt worden. Gegen ihn liegt eine Klage wegen...Amtsmißbrauch oder so etwas vor, aber das wird von seinem Anwalt in Rom erledigt. Tja...ach und der Senat hat angeblich endlich eine neue Provinzreform beschlossen. Zumindest berichten die fahrenden Händler davon, denn ein offizielles Dekret wurde noch nicht veröffentlicht. Aber das betrifft dich nicht sonderlich, denke ich mal." Soviel konnte er sagen. Zumindest was Nachrichten aus Rom betraf. "Und Misenum? Keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal wo das liegen soll." Völlig ahnungslos zog er die Augenbrauen hoch und schenkte sich selbst etwas Bier ein. Ja, hier im Officium trank er gelegentlich auch schon während der Arbeitszeit Bier, denn es erfrischte an heißen Tagen mehr als abgestandenes Wasser und machte nicht so betrunken wie Wein. Und im Winter wärmte es, denn Bier wurde in kalten Zeiten üblicherweise auch aufgewärmt, ähnlich wie Glühwein.

    Sim-Off:

    8o Huch sorry, hab Lucius und Ocellus völlig überlesen!


    "Einen Rapport," wiederholte Witjon und nickte verstehend. Sein Blick fiel auf die beiden Offiziere, die der Praefectus sich mitgebracht hatte. "Salvete Milites," begrüßte er diese beiden ebenfalls und wandte sich dann wieder an Primus. "Dann bitte ich noch einen Moment Platz zu nehmen, da der Legatus gerade seine Mittagsmahlzeit zu sich nimmt. Er wird in kürze verfügbar sein, ein Sklave wird ihm bescheidgeben." Während er sprach ging er zur Tür, die die Verbindung zu den Schreibstuben seiner Sekretäre bildete und gab ein paar knappe Anweisungen, denen hastiges Fußgetrappel folgte.
    Danach widmete er sich wieder den Gästen, die er nun zwangsweise am Hals hatte. "Darf ich euch etwas zu trinken anbieten? So ein Ritt macht jeden Mann durstig." Auf einem Beistelltisch waren wie immer Karaffen mit Wein, Wasser und einige Becher vorzufinden. "Den Wein verdünnt, oder pur?" Und mit einem Schmunzeln ergänzte er: "Leider kann ich euch kein Posca anbieten, ich hoffe ihr verzeiht das." Witjon konnte sich nämlich gut vorstellen, dass die Soldaten das Essiggetränk purem Wasser vorziehen würden, falls sie den Wein ablehnten.

    Es klopfte. Witjon bat den Klopfenden herein, hob allerdings noch nicht den Blick von seinen Unterlagen, da er lediglich seinen Scriba mit einer Anmeldung oder der Post erwartete. Dass dann jedoch der Praefectus Alae ohne Anmeldung beim Scriba hereinmarschierte, wunderte ihn zwar nicht wenig, entrang ihm allerdings als Reaktion nur einen kritischen Blick. "Sei gegrüßt Praefectus Terentius," adressierte Witjon den Ritter förmlich. Aus Höflichkeit erhob er sich umgehend bei seinen Worten und fuhr fort. "In dienstlicher Angelegenheit? Ein Rapport? Oder gibt es Meldungen von dringender Wichtigkeit?"


    Sim-Off:

    Wir können hier noch etwas plaudern, Hungi hat sich ja fürs Drachenfest abgemeldet.

    "Das....öh....ist eine gute Frage," stammelte Witjon herum, als Valgiso nach Maecenas' Wissenstand bezüglich der Provinzreform fragte. Wenn er ehrlich war, hatte er keinen blassen Schimmer. "Hm, ich denke du solltest noch einmal mit ihm darüber sprechen. Vielleicht sieht er die Sache ja ähnlich wie ich. Ansonsten rede ich nochmal mit ihm."


    Sim-Off:

    Sieh das nicht so eng. Die Reform ist im Senat bereits durchgewunken worden, das Ergebnis wurde lediglich noch nicht veröffentlicht. Sollte nicht mehr lange dauern und der sim-on Beschluss wird auch sim-off umgesetzt.

    Uh, alles klar. Witjon hob nur entschuldigend seine Arme in die Höhe und zog in Unschuldsmiene die Augenbrauen hoch. "Bin schon weg," warf er in den Raum und schloss schnell die Tür hinter sich, bevor Elfleda ihn nicht nur mit Worten hinauskomplimentieren konnte, sondern diese auch noch in Landostyle mit geworfenen Schuhen oder ähnlichem unterstrich. Auf dem Flur begegnete ihm dann auch noch Rodrik. "Jep, geht los. Hört man, eh?" Er ging einfach mal davon aus, dass der Goldschmiedslehrling ebenfalls von Naha oder Albin aus dem Bett geworfen worden war. Ein herzhaftes Gähnen folgte, woraufhin er sich gen Treppe wandte. "Frühstück?" war seine Frage, als er Rodrik auf die Schulter klopfte und ihn beiläufig in entsprechende Richtung dirigierte, aus der der Junge gerade gekommen war. Keiner wollte alleine essen, auch Witjon nicht. Und heute würde ein verdammt langer Tag werden, wenn die Geburt genauso nervenaufreibend würde wie die letzte. Herrje, immer diese Blagen!

    Witjon wischte Valgisos Dank mit einer lapidaren Handbewegung beiseite und nickte nur verstehend. Für ihn war es selbstverständlich, vielversprechende Männer für die Regia einzustellen und bei Valgiso hatte er offensichtlich einen guten Riecher gehabt. Valgiso sprach weiter, Witjon hörte zu. Er hatte mit Maecenas gesprochen? Interessant. Agrimensor wollte er werden? Interessant. Witjon nickte noch einmal verstehend und setzte dann zu einer Antwort an. "Ganz ehrlich? Ich würde dir zu diesem Wechsel raten." Ein bedauerndes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. "Purgitius Maecenas ist ein guter Vorgesetzter. Aber das wird er nicht mehr lange sein. Mein Vetter, Duccius Vala, ist derzeit in Rom dabei eine Provinzreform in den Senat zu bringen...also, nicht persönlich, sondern über Kontakte. Diese Reform wird Änderungen mit sich bringen, die auch den Agrimensor und den Comes betreffen. Ich würde sagen du solltest diese Veränderung abwarten und dann weitersehen."

    Amon:
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    Sehr gut, die Dame wirkte sehr interessiert und stellte auch gleich eine Frage. Die bezog sich zwar nicht direkt auf seine Waren, aber lieferte doch guten Gesprächsstoff. "Die neueste Neuigkeit dürfte wohl der Tod von Tiberius Duccius Lando sein. Er kam vor kurzem bei einem Überfall um und wird praktisch von der ganzen Civitas betrauert, denn er war ein einflussreicher und viel gemochter Mann in Mogontiacum." Er hielt kurz inne beim Gedanken an den besten Arbeitgeber, den er je gehabt hatte, dann fuhr er in gehabter Plaudermanier fort. "Ah und man erzählte mir von einer stattlichen Bagage, die ein hoch dekorierter römischer Offizier mit sich führte. Offenbar wurde der Statthalter Vinicius von seinem Posten als Legatus Legionis abgelöst."
    Nebenbei deutete die Römerin auf eine der Vasen und fragte nach dem Preis. Jetzt begann der Teil, der Amon am meisten lag: Das Feilschen. "Fünfzehn Sesterzen," fuhr Amon dem Verkäufer über den Mund und lächelte die Römerin dabei so überfreundlich an, als hätte er ihr gerade einen Strauß Blumen geschenkt.

    Witjon trat einen Schritt zur Seite, als Naha an ihm vorbeiflitzte hinein in Eilas Arme. Es machte ihn betroffen, dass das Kind ihn offenbar nicht gut leiden konnte. Wieso das so sein sollte, konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Als Eila und Naha abgedampft waren, warf Witjon noch einmal einen Blick ins Zimmer während eines ruhigen Momentes. "Also dann, alles Gute," wünschte er Elfleda und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. Er hatte Frigg bereits einige Tage zuvor ein Opfer dargebracht, in der Hoffnung dadurch die Geburt zu beschleunigen und durch göttliche Hilfe die Schmerzen der Gebärenden zu lindern. Und ihren Tod zu verhindern, denn den Nornen traute er zu, nun auch noch die Mutter aus Midgard zu entreißen und die Sippe erneut ins Unglück zu stürzen. Er hoffte, dass diesmal alles gut ging und zumindest die ersten Tage während und nach der Geburt keine Komplikationen auftreten würden.

    Es war nachmittags nach Witjons Frustbesäufnis. Der junge Mann saß hinterm Schreibtisch im Arbeitszimmer der Casa Duccia und starrte gedankenverloren auf die Aktenberge, die er in einem Kraftakt abgearbeitet hatte. Es hieß Betriebe zu verwalten, Schreiben an weiter entfernte Bekannte und Vertragspartner aufzusetzen und noch vieles mehr.


    Albin hatte er nun rein formal als seinen neuen Vilicus eingestellt, was er vorher in Landos Diensten gewesen war. Nun hatte er die Arme auf der Schreibtischplatte verschränkt und glotzte vor sich hin. Die durchsoffene Nacht hatte ihn völlig geplättet, aber er hatte nach einem deftigen Essen und einer winzigen Mütze Schlaf die Kraft gefunden sich doch noch an die Arbeit zu machen. Er starrte und starrte und überlegte was noch allerlei zu tun war, als plötzlich seine Lider herunterklappten. Was zum? Er schreckte aus dem Halbschlaf hoch und sah sich um, als wäre er ertappt worden. Da war aber niemand im Raum, also grummelte er vor sich hin und ergab sich dem Schlaf, dem er dann sogleich anheim fiel. Bald wurden ganze Wälder in Germania Magna umgesägt, so gewaltig war das Sägewerk, das sein Schnarchen symbolisierte.

    Witjon sah auf und erblickte Valgiso. Kurz fuhr er sich mit beiden Händen durchs Gesicht und seufzte knapp, dann nahm er die Wachstafel entgegen, überflog sie und nickte. "Ich kümmere mich drum." Der Scriba hatte aber noch etwas persönliches auf dem Herzen, was Witjon zu einem fragenden Blick anregte. Er deutete auf den beistehenden Stuhl und forderte Valgiso dann auf zu sprechen. "Schieß los, womit kann ich behilflich sein?"

    Na toll. Die Frau MUSSTE es einem aber auch schwer machen. Seine Stirn legte sich in Falten, als er sich dafür entschied, nicht weiter dummes Zeug reden zu wollen. Lieber erstmal aufräumen, ausnüchtern, sacken lassen. Es gab später noch genug Zeit zu reden. So drehte er sich einfach mit einem gegrummelten 'joa' um und machte sich daran die Möbel gerade zu rücken und die Scherben aufzusammeln. Das tat er selbstverständlich unter halbwegs unterdrücktem Ächzen und versuchte nicht ganz so sehr zu wanken, aber eine gute Figur konnte wohl kein Mann machen, der so arg mit Restalkohol vollgepumpt war. Er hatte jedenfalls nicht vor jetzt seine eigenen Probleme vor der gerade verwitweten Duccia darzulegen und kehrte ihr daher den Rücken zu, um in Ruhe seine Arbeit tun zu können.

    Amon:
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    "Einen wunderschönen guten Tag, junge Frau," begrüßte Amon die Kundin erfreut. "Ich bin Amon, Verkaufsgehilfe des Handelskonsortiums Freya Mercurioque." Oft kamen irgendwelche alten, beleibten Tratschtanten her, um die neuesten importierten Stoffe anzupatschen mit ihren Wurstfingern. Umso mehr jubelte er innerlich, als eine so schön anzuschauende Römerin sich seinen Ständen näherte. Er hörte sich ihren Wunsch genaustens an und nickte verständnisvoll. "Blumenvasen, ja gern. Wenn du mir bitte folgen würdest, ich habe da eine grandiose Auswahl..." Während er sprach, drehte er sich bereits um und ging einige Schritte entlang der vielen Marktstände. Das Handelskonsortium hatte nämlich etliche unterschiedliche Stände, die zwar den unterschiedlichsten Kaufleuten aus der näheren oder weiteren Umgebung gehörten, jedoch allesamt von Amon verwaltet wurden. Er kümmerte sich darum, dass genügend Marktschreier an den Ständen ihre Arbeit taten und sorgte sich persönlich um die betagtere Kundschaft, von denen mittlerweile etliche Stammkunden eine sehr gute Beziehung zu ihm hatten. Nach einigen Schritten an Stoffauslagen und einem Broschenstand vorbei gelangten sie zum Keramikhändler. "Bittesehr. Hier findest du eine Auswahl wundervoll bemalter Blumenvasen in verschiedensten Größen. Dort haben wir einige Motive aus der römischen Mythologie, ein Großteil zeigt aber auch Jagdszenen, Festgesellschaften, oder hier auch eine Darstellung von spielenden Kindern am Ufer des Rhenus..." Er wies auf die verschiedenen Keramikwaren, die in unterschiedlichsten Farbtönen bemalt waren. Manche waren bunt verziert, andere schwarz mit beigen Motiven, wieder andere waren in ihrem Ursprungston mit einfachen schwarzen Linien. Erwartungsvoll sah er die rothaarige Kundin an und machte sich bereit Fragen zu beantworten.

    Nachdem er so unsanft geweckt worden war, stand Witjon wenig später im Türrahmen zu Elfledas Zimmer und schaute vorsichtig herein. Die werdende Mutter war gerade im Gespräch mit Naha. Der junge Ubier liebte dieses Mädchen, das so viele Züge seines verstorbenen Vetter in sich vereinte und Witjon so oft zum lachen brachte. Doch noch immer trübte es ihn, dass das Kind offenbar eine Abneigung gegen ihn hegte, die er sich nicht recht erklären konnte. Natürlich liebte er auch seinen Sohn. Audaod war mittlerweile fast ein Jahr alt und es sah gut aus für ihn. Er war ein kräftiger kleiner Windelscheißer geworden, der Ida oft genug die Ohren klingeln ließ. Krankheiten hatte er noch keinerlei erlitten, was für seine Widerstandskraft sprach. Hoffentlich blieb das so, denn Witjon fürchtete sich derartig vor dem Kindstod des kleinen Geschöpfes, dass es jedem Außenstehenden unvorstellbar sein musste. Praktisch jede Nacht betete er für seinen Sohn und auch für seine verstorbene Frau. In seine Gebete schloss er dann auch Lando mit ein und ebenso dessen Witwe, die nun ein gesundes Kind zur Welt bringen mochte, so es die Götter wollten. Aber bis es zum entscheidenden Augenblick kam, der über Leben und Tod entschied, würde es wohl noch einige Stunden dauern. Und eben dies versuchte Elfleda gerade ihrer Tochter zu erklären, die gewiss eine schlaue Frage dazu äußern würde oder gar eine kindlich-kluge Antwort parat hätte. Naha war nämlich verflucht gerissen und verstand viele Dinge sehr schnell, auch wenn sich ihr Weltbild bisher eher wie ein gewaltes Puzzel gestaltete, das sie erst in vielen Jahrzehnten vernünftig würde zusammensetzen können. Bisher war es wohl eher eine große Box aus Teilen, die nirgendwo so richtig zusammenpassen wollten. In Gedanken versunken stand Witjon also da und betrachtete Mutter und Tochter verträumt, während Marga in einer Zimmerecke ein paar Laken entfaltete und Lanthilda irgendwo in der Küche herumwuselte, um einen mit Wasser zu füllenden Bottich für spätere Notwendigkeiten zu organisieren. Ein bisschen sentimental wurde Witjon ja schon bei diesem Anblick, der ihn ihm plötzlich wieder die Sehnsucht nach Callista hochkommen ließ. Wie ein ekelhafter fetter Kloß setzte sich dieses Gefühl in seinem Hals fest, das ihn manchmal sprachlos machte vor Trauer um Vergangenes.