Beiträge von Tiberius Germanicus Probus

    Immer wieder knallten die Steine in einem ohrenbetäubenden Lärm auf die Scuta der Probati. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis es aufhörte. Ich hielt den Schild noch oben, wie alle Probati. Denn man konnte nach dieser Überraschung nicht wissen, was der Centurio noch so alles in der Hinterhand hätte. Doch schließlich kam die Entwarnung der Probati aus der ersten Reihe, konnten sie doch im Gegensatz zu den anderen sehen, was vor der Formation passierte. Langsam setzte sich diese Erkenntnis durch die restlichen Reihen fort und man konnte ein Aufstöhnen der Erleichterung gedämpft aus der Testudo hören. Endlich gab der Centurio den Befehl, die Testudo aufzulösen. Mit einem Seufzen ließ ich mein Scutum sinken. Erst jetzt merkte ich, wie sich meine Muskeln durch die Anstrengung leicht verkrampft hatten. Aber es schien vielen Probati so wie mir zu gehen, sah ich doch etliche ihre Schultern oder ihre Arme massieren.


    Die Probati traten etwas langsam wieder an und wartete auf die nächsten Befehle. Ich war erstaunt darüber, wie effektiv die Testudo gegen die Steine standgehalten hatte, obwohl sie einen relativ simplen Aufbau hatte. Ein raunendes Grinsen ging durch die Linie der Probati, als sie den Befehl des Centurio hörten. Mit später, aber um so süßerer Genugtuung sahen sie zu, wie die Legionarii die Steine wieder einsammeln mussten, mit denen sie sie beworfen hatten. Während die Probati ihnen zusahen, warteten sie auf die nächsten Befehle vom Optio.

    Nun stand ich mit den anderen Probati in dieser Formation und wartete auf den Befehl des Centurios, dass wir sie auflösen könnten. Zu meiner Verwunderung hörte ich einen Pfiff. Was hatte das denn nun schon wieder zu bedeuten? Die Antwort kam prompt von den Probati aus der ersten Reihe, denn von meiner hinteren Position konnte ich nicht allzu viel sehen. Sie fingen an zu murmeln. Und ich hörte so was, wie: „Ach du Scheiße!“ „Was ist denn jetzt los?“ „Das kann doch nicht sein Ernst sein!“ Bevor ich nachfragen konnte, gab der Centurio Befehle an irgendwelche Legionarii. Ich fragte mich noch besorgt, was er wohl mit dem Verletzen meinte, als auf einem Mal ein Gedonner einsetzte, dass es mir in den Ohren wehtat. Kurz vorher kam von vorne noch die Warnung, dass wir die Köpfe einziehen sollten. Was immer da passierte, es machte jedenfalls einen barbarischen Lärm. Ich merkte, wie etwas mit einem lauten Krach mein Scutum traf.


    In den Reihen der Probati war während dieser Aktion leichte Unruhe ausgebrochen. Doch die Testudo hielt. Denn keiner von ihnen wollte eines der geworfenen Geschosse abbekommen. Somit blieben sie zwangsläufig in der Formation und ertrugen diese Überraschung des Centurios. Durch diese Übung bekamen sie einen Eindruck davon, wie es im Ernstfall sein könnte. Jeder hielt sein Scutum fest, hoffte das er nicht von einem Stein getroffen werden würde und wartete sehnsüchtig auf das Ende dieser Übung, denn der Lärm beim Aufprall der Steine auf die Scuta zerrte mit der Zeit an den Nerven der Probati.

    Kaum hatte ich den Gedanken gehabt, da erschallte die Stimme des Centurios. Enttäuscht musste ich feststellen, dass ich sie nicht minder laut hören konnte als sonst. Also half diese Testudo doch nur gegen Feindbeschuss. Die Probati ließen ihre Schilder wieder sinken und hörten der Anweisung des Centurios zu. Na das hätte er aber wirklich gleich sagen können, dachte ich, aber ließ mir äußerlich nichts anmerken.


    Wie angewiesen fingen die Probati mit ihrer Übung wieder an. Zuerst hob die erste Reihe ihre Schilder vor sich. Gleichzeitig hob die zweite Reihe die Schilder über ihre Kameraden in der ersten. Kaum hatten sie ihre Schilder oben, begann die dritte Reihe mit derselben Prozedur. Reihe für Reihe hob jetzt ihre Schilder. Und es klappte tatsächlich. Natürlich gab es hier und da einige kleine Kollisionen. Aber im großen und ganzen war die Testudo wirklich gut gelungen. Ich merkte aber schnell, dass man diese nicht ewig würde halten können. Denn die Schilder mit ihrem Gewicht würden mit der Zeit ganz schön auf Arme und Schulter drücken. Und außen würde ich auch nicht stehen wollen. Waren die Kameraden an den Seiten nun ungeschützt.


    So hielt die Probatischar die Testudo aufrecht und hoffte, dass der Centurio damit zufrieden wäre. Auch wenn es bestimmt noch etwas zu lange gedauerte hatte, bis sie die Formation eingenommen hatten.

    Die Probati standen wie jeden Morgen pünktlich auf dem Campus. Sie waren heute etwas ausgelassener als sonst und erzählten sich die haarsträubensten Geschichten über das gestrige Abenteuer im See. Mich hätte es nicht gewundert, wenn ein Ungeheuer dabei noch eine Rolle gespielt hätte. Aber dafür hatten wir ja unseren Centurio, der uns wie immer mit seiner markerschütternden Stimme den Morgen versüßte.


    Alle liefen zu ihren Plätzen. Kurz musste ich an die erste Übung denken, in der wir antreten sollten. Wenn man uns heute so sieht, dachte ich, wer würde dann noch das damalige Chaos vermuten. Formationsübung hörte sich für mich sehr interessant an. Zumal das Wort einen netten Tag versprach. Aufmerksam hörten die Probati zu und versuchten sich alles zu merken. Das hörte sich schon komplizierter an als ein Pilumwurf. Ich hoffte nur, dass auch der letzte Dorftrottel aus der Gruppe verstanden hatte, was ein Testudo war. Leicht war das bestimmt nicht.


    Auf Befehl des Centurio versuchten die Probati solch eine Testudo zu bilden. Leider stand ich nicht in der ersten Reihe. Denn die hatten es schön einfach und mussten nur ihre Schilder vor sich halten. Ich war in der dritten. Die Probati in den weiteren Reihen versuchten nun, der Beschreibung des Centurios zu folgen. Nur leider alle gleichzeitig. So hatte ein Hintermann sein Schild schon oben, während der Vordermann sein Schild gerade mal angehoben hatte. Der nächste stieß seinen Schild seinem Vordermann gegen den Nackenschutz am Helm, dass es nur so schepperte. Man hörte ein Fluchen, Meckern und Aufschreien aus der Gruppe, die mich nun doch wieder an unseren Anfang erinnerten. Ich hatte mittlerweile mein Schild oben und bekam dafür das meines Hintermannes in den Rücken. Also wenn der Centrio bei dem Anblick nicht vor Lachen umgefallen ist, dachte ich. Aber ich war mir sicher, dass das nicht so sein würde und hielt mein Schild fest. Vielleicht hilft so ein Testudo auch gegen Centurio Artorius Orkanstimme, hoffte ich.

    Als ich die Worte des Optio hörte, nachdem ich ihm das Übungsgladii überreicht hatte, dachte ich, ich höre nicht richtig. Kampf zu viert? Wer gegen wen? Offensichtlich hatte ich gerade etwas sehr wichtiges verpasst. Probatus hatte der Optio gesagt. Also konnte das nur auf Lupus Mist gewachsen sein. Der alte Streber, dachte ich etwas wütend. Konnte sich mal wieder nicht zurückhalten. Meine Lippen waren nur noch zwei dünne Striche. „Wenn ich so nett zu einem Übungskampf gedrängt werde, kann ich nicht nein sagen.“, sagte ich in die Runde, denn nun war es für mich unmöglich einen Rückzieher zu machen. Dabei hätte ich so gerne einfach dem Kampf zugeschaut. Aber da hatte mir Lupus einen Strich durch die Rechnung gemacht. Hatte ich ihm irgendetwas getan? Vielleicht zuviel von seinen leckeren Würsten gegessen?


    Ich nickte dem Tribun wortlos zu, als er mich für die Wahl des Gladius lobte. In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, während ich aus den Augenwinkeln sah, wie Lupus in Richtung der Kisten verschwand. Die nächste Frage erstaunte mich. Auch noch ohne Schild? Hoffentlich nicht, dachte ich. Die Aufteilung der Kämpfer war mir ehrlich gesagt in diesem ziemlich egal.


    Da kam auch schon Lupus wieder und hielt mir ein Gladius entgegen. „Danke Lupus!“, sagte ich sarkastisch zu ihm. Ich machte schnell einige Dehnübungen der Beine, Arme und Schultern. Mein Körper war noch warm genug von der Übung, so dass ich mir einen Lauf um den Campus sparen konnte.

    Ich sah, wie aus der Gruppe der Dorfbewohner plötzlich ein Mann heraustrat. War das etwa Aribert? Ich war mir unsicher, hatte ich ihn doch vorher ohne Waffen gesehen. Doch bevor ich etwas tun konnte, wurde der Mann zum Centurio gebracht. Jetzt konnte ich erkennen, dass es tatsächlich Aribert war. Scheinbar versuchte er dem Centurio zu erklären, wo sich das Lager befand, denn er machte mit seinem Schwert eine Zeichnung im Schnee. Kurz darauf hörte ich, den Centurio nach den anderen Offizieren rufen, die sich wie befohlen um ihn sammelten.


    Ich sah mich nach meinen Kameraden um und sah Drusus in meiner Nähe stehen. Da es höchstwahrscheinlich noch etwas dauern würde, bis wir wieder losmarschierten, ging ich zu ihm. Unterwegs kam ich an einer Gruppe von Veteranen vorbei, die sich leise mit besorgten Mienen unterhielten. Auf ihrer Höhe angelangt, hörte ich ein paar Wortfetzen ihrer Unterhaltung. „Wahnsinn“...“Wald gehen“...“sage nur Varus“...“Auxiliarkräfte holen“...“Hinterhalt“ Als ich stehen blieb, um genauer zuhören zu können, wurden sie still und sahen mich an. Ich erkannte Victor unter ihnen. „Was willst du denn hier? Geh weiter!“, sagte er mit drohendem Blick zu mir. Ich zuckte nur mit den Schulter, schnaufte kurz durch die Nase und ging weiter zu Drusus.


    „Drusus, mit gefällt das Ganze irgendwie nicht. Ich bin eben an ein paar Veteranen vorbei gekommen. Und die sahen echt besorgt aus. So als würde die Sache hier nicht gut ausgehen. Ich habe kaum was verstanden, aber scheinbar halten sie es für keine gute Idee, dass wir in den Wald gehen.“ Ich sah Drusus mit besorgter Miene an. Von meiner Angst vor dem Kampf brauchte er nichts zu wissen. „Was meinst du?“

    So langsam waren alle Probati aufgetaut und unterhielten sich laut und lachend über das eben Erlebte. Alle waren froh, wieder aus dem kalten Wasser heraus zu sein. Mir war mittlerweile wieder warm geworden. Das mit dem Feuer war wirklich eine gute Idee gewesen, dachte ich. Nach den bisher erlebten Strapazen hatte ich das Gefühl, langsam Mitglied einer kleinen verschworenen Gemeinschaft zu sein. Einer Art Schicksalsgemeinschaft, die alles zusammen ertrug. Ich fühlte mich mit den anderen Probati auf eine Weise, die mir fremd war. War das die vielgerühmte Kameradschaft, von der ich schon soviel gehört hatte?


    Doch ich kam zu keinen weiteren Überlegungen, da der Centurio Marschbereitschaft befahl. Überrascht sah ich, dass der Centurio mit dem Inhalt seiner Feldflasche das Feuer löschte. Der denkt wirklich an alles, dachte ich. Und schon ging es los zurück Richtung Lager. Trotz des wärmenden Feuers freuten sich alle auf die Rückkehr. Und bis dahin würde es auch dem letzten Probati, dem vielleicht noch etwas kalt war, warm unter seinen Tuniken geworden sein. So marschierten wir in Marschordnung zurück.


    Sim-Off:

    ist schon ok :)

    Das Lager nahm mittlerweile langsam Gestalt an. Auf zwei Seiten hatten die Legionäre kleine V-Gräben ausgehoben und einen kleinen Wall aufgeschüttet. Da bei der geringen Anzahl von Soldaten nicht genügend pila muralia für eine Palisade vorhanden waren, hatten einige Legionäre aus einem Waldstück in der Nähe des Lagers kleine abgestorbene Bäume und große Äste geholt. Diese legten sie auf den Wall zwischen die in Abständen aufgestellten pila muralia und befestigten sie mit Seilen untereinander und an den Pfählen. Somit bauten sie ein kleines behelfsmäßiges Hindernis auf, dass wenigstens etwas Schutz vor Angriffen bot.


    Der dritte Graben in dieser Art war auch schon fast fertig. Die Zelte standen mittlerweile und die Maultiertreiber machten sich auf die Suche nach Brennholz, denn so langsam wurde es wirklich dunkel.

    Scheinbar war ich doch ein wenig zu laut gewesen. Aber das war ich eben so gewohnt. Laut, zackig und knapp. Ich nickte dem Tribun zu. "Es wird mir eine Ehre sein." antwortete ich leiser. Aber was hieß entkommen? War ich den auf der Flucht? Bei diesen Gedanken bekam ich einen leicht roten Kopf, denn scheinbar hielt mich der Patrizier für einen Feigling. Mir war das einerseits peinlich und andererseits wurde ich leicht wütend darüber.


    Doch da forderte mich der Optio auf, Übungsgladii zu besorgen. "Jawohl, Optio Iulius!" antwortete ich ihm und rannte zu den Holzkisten, die in kurzer Entfernung am Rand standen. Dort angekommen, wühlte ich ein bisschen, um auch zwei wirklich gute Gladii zu bekommen. Kurze Zeit später hatte ich zwei gefunden und rannte mit ihnen in den Händen zum Optio zurück. Ich wollte ihm schon eines geben, aus reiner Gewohnheit, hatte er mir doch den Befehl erteilt, als mir einfiel, dass es vielleicht besser wäre, wenn ich dem Tribun das Gladius zuerst geben würde. So ging ich zum Tribun und reichte ihm ein Gladius. "Hier Tribun", sagte ich zu ihm. Dann drehte ich mich zum Optio um und reichte im das zweite Schwert. "Optio", sagte ich knapp und ging wieder einen Schritt zurück.

    Während ich dem Tribun lautstark, aber keineswegs schreiend, meinen Namen sagte, sah ich aus den Augenwinkeln, wie Lupus den Campus betrat. Er kam auf uns zu und stellte sich wortlos neben uns. Vielleicht könnte ich ja mit ihm einige Übungen absolvieren, dachte ich. Aber den Übungskampf zwischen dem Tribun und dem Optio würde ich mir nicht entgehen lassen. Nur zu gespannt war ich auf seinen Verlauf.

    Als mich der Tribun so schief ansah, war es mir irgendwie unangenehm, dass ich seinem Wunsch nicht entsprochen hatte. Aber ich machte mir keine Illusionen über meine Fähigkeiten im Fechten. Zwar drillten uns der Centurio und der Optio in dieser Disziplin hart. Doch trotzdem war ich noch in der Ausbildung. Allerdings ärgerte ich mich doch ein bisschen darüber, dass ich nicht zugesagt hatte. Wann bekam man schon einmal die Möglichkeit gegen einen Tribun zu kämpfen? Und zu dem gegen einen Patrizier?


    Aber irgendetwas sagte mir auch, dass der Tribun hinsichtlich seiner Fechtkünste sich etwas zu bescheiden gab. Trainierten die nicht schon von klein auf solche Dinge, fragte ich mich. Nun egal, ich würde ja nun sehen, was die beiden auf dem Kasten hatten.


    Plötzlich fragte mich der Tribun nach meinen Namen. Hatte ich ihm den noch nicht gesagt? Oder hatte der Optio ihn nicht erwähnt? Mist!

    "Germanicus Probus ist mein Name, Tribun Aurelius
    " sagte ich schnell zu ihm mit lauter Stimme. Denn laut war immer gut. Das hatte ich mittlerweile herausgefunden. Meine beiden Ausbilder waren in dieser Hinsicht ja zwei prächtige Vorbilder.

    Ich atmete auf. Manchmal muss man eben Glück haben. Und er schien soweit auch ganz nett zu sein. Jedenfalls stauchte er mich nicht gleich zusammen, nur weil ich ihn nicht ganz korrekt gegrüßt hatte. Da sah ich auch schon den Optio zu uns kommen. Scheinbar hatte er seine Übung unterbrochen und hatte uns dabei entdeckt. Meine Herren, dachte ich, hier ist ja was los. Fehlt nur noch der Centurio.


    Auf sein Nicken nickte ich kurz zurück. Als er den Tribun fragte, freute ich mich schon darauf, einen interessanten Fechtkampf zu sehen. Doch starrte ich ihn nur mit großen Augen an, als er mich auch fragte. War das sein Ernst? Ich würde doch keine Chance haben. Doch sicher könnte ich noch vieles von ihm lernen. Aber mit einem Vorgesetzten trainieren ging das? Ich nickte dem Optio nur zu und schluckte innerlich.


    Also der tribunus laticlavius stand hier vor mir. Aus dem Geschlecht der Aurelier. Das wird ja immer besser. Ein Patriziert. Als mich dann noch der Tribun fragte, ob ich mit ihm fechten würde, war ich ganz baff. Ich, ein einfachter Probati? Das erschien mir doch ein wenig unpassend. Auch wenn ich mich durch sein Angebot sehr geehrt fühlte.


    „Ich fühle mich durch dein Angebot sehr geehrt, Tribun Aurelius. Doch da ich, wie du es sicher bemerkt haben wirst, noch Probatus bin, wäre ich aufgrund meiner geringen Erfahrung kein geeigneter Gegner für dich.“ Ich hoffte, dass das höflich genug war. Mir war es in dieser Situation lieber, den beiden bei ihrem Kampf zuzuschauen.

    Bibbernd und zitternd vor Kälte stieg ich aus dem Wasser und bekam durch den kalten Wind am ganzen Körper eine Gänsehaut. Er schien durch einen hindurch zu wehen, so schneidend kalt fühlte er sich auf der Haut an. Ich lief schnell zu meinen Sachen und blieb unschlüssig vor ihnen stehen. Was war jetzt besser, fragte ich mich. Sich mit der Woll- oder mit der Leinentunika abzutrocknen? Ich entschied mich für die Wolltunika. Ersters war sie sowieso dafür gedacht, bei schlechtem Wetter die Nässe abzuhalten. Und zweitens wärmte eine trockene Leinentunika besser. Also zog ich mich wieder an.


    Zu meinem Erstaunen hatten der Centurio und der Optio in der Zwischenzeit ein Feuer entfacht, an dem wir uns aufwärmen sollten. Dankbar scharten sich die Probati, die die zwei Runden mittlerweile hinter sich gebracht hatten, um das Feuer. Auch ich stand unter ihnen. Die Wärme des Feuers brannte förmlich auf der Haut. Es fühlte sich an, als würden tausende kleiner Nadeln hineinstechen. Doch dieses Gefühl verging nach einiger Zeit und der Körper wurde langsam wieder warm. So viel Fürsorge hätte ich den beiden garnicht zugetraut, dachte ich. Hatte ich sie doch bisher als strenge Ausbilder auf dem Campus kennengelernt. Aber so konnte man sich angenehm in jemandem täuschen.


    Endlich hatten alle Probati ihre Runden im See geschafft. Die letzten, die dem Wasser entstiegen, hatten dunkelblaue Lippen und knallrote Haut durch die Kälte bekommen. Doch nachdem sie sich angezogen und an das Feuer gestellt hatten, tauten selbst diese lebenden Eiszapfen wieder auf.

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus
    "Salve, Miles", grüßte er den Mann, von dem er nicht wußte, ob er noch ein Probatus oder schon ein Legionär war, und blieb in seiner Nähe stehen, um sich die Übung des Unbekannten genauer anzuschauen. War das nun gut oder eher nicht gut, was der Mann da leistete? Er selbst bezweifelte, daß er ein Pilum so weit und kraftvoll werfen konnte, doch das hatte natürlich noch lange nichts zu sagen, da er so ein Ding noch nie in seinem Leben in der Hand gehabt hatte.


    Ich versuchte mir das eben Gesehene gerade zu merken, als mich jemand ansprach. Erstaunt blickte ich nach oben und sah einen Soldaten. Ich kannte ihn nicht und wollte gerade ein einfaches Salve erwidern, als mir seine Uniform auffiel. Also ein Legionarius war er nicht, überlegte ich schnell. Aber auch kein Optio. Vielleicht war er ein Centurio dachte ich. Aber weder seine Uniform noch sein jugendliches Gesicht sprachen dafür. War er am Ende sowas wie ein Tribun?


    Bei diesem Gedanken schoss ich schnell in die Höhe. „Salve Tribunus!“ grüßte ich ihn laut, wobei ich das letzte Wort fast wie eine Frage aussprach. Na hoffentlich lag ich damit nicht allzuweit daneben und kniff leicht das rechte Auge zusammen, während ich ihn ansah.

    "Na wenn ich dein Wissen hätte, dann wäre ich stolz darauf. Natürlich sollte man es nicht alle Nase lang den Leuten aufdrängen. Aber verstecken würde ich es auch nicht.", antwortete ich auf Lupus Worte und zuckte mit den Schultern. Ich wusste nicht, ob es Bescheidenheit war, die sich in Lupus Worten widerspeigelte. "Und mir kannst du etwas von der geistigen und der gegenständlichen Nahrung geben. Ich denke, dass ich sie beide ganz gut vertragen könnte." Ich lachte. Tatsächlich lief mir bei Lupus Aufzählung, was das Essen heute beinhalten könnte, das Wasser im Mund zusammen. "Na dann, nichts wie los."

    Ich war mit einigen der Probati auf dem Weg zur Porta pr. Sinistra, als auf einmal einer aus der Gruppe stehen blieb und sich umdrehte. „Kameraden, dass müsst ihr euch mal anschauen.“ , rief er uns zu. Ich blieb ebenfalls stehen und versuchte zu entdecken, was er gemeint haben könnte. „Na schaut euch doch mal den Optio an.“, sagte er nachdrücklicher und zeigte über den Campus. Da sah ich, was er meinte. Scheinbar nutzte der Optio das frühe Übungsende, um selbst noch etwas zu trainieren. „Das muss ich mir ansehen.“, sagte ich zu meine Kameraden. „Wer von euch kommt mit?“, fragte ich in die Runde. Mehrer winkten gleich ab, andere lachten nur auf. „Nö, lass mal. Nachher scheucht der uns nur wieder rum. Ich gehe lieber in mein Contubernium zurück.“, sagte einer zu mir. Der neben ihm zeigte mir einen Vogel. „Also da habe ich wirklich besseres zu tun!“, blaffte er mich an. „Na gut, wer nicht will, der hat schon.“ Ich zuckte mit den Schultern. Vielleicht könnte ich mir beim Optio noch einiger abschauen. Und für die restlichen Arbeiten hatte ich noch genügend Zeit. Ich drehte mich um und ging zum Rand des Campus. Dort setzte ich mich auf den Boden und schaute dem Optio zu. Dieser nahm sich gerade ein Pilum und warf es. Das sah gekonnt aus und auch die Weite konnte sich sehen lassen. Gespannt wartete ich auf seine nächste Übung.

    Das Lächeln von Lupus wirkte auf mich etwas versteinert. "Entschuldige, ich wollte dir nicht wehtun." sagte ich zu ihm etwas verlegen. Ich hatte nicht daran gedacht, dass er vor kurzem erst eine riesen Tracht Prügel hatte einstecken müssen. Jedenfalls kursierten darüber die merkwürdigsten Geschichten im Lager.


    Doch dann grinste ich ihn wieder an. "Na klar und mein Name ist Hase. Ich glaube dir nicht so ganz...Aber egal, ich glaube, dass selbst der Centurio von deiner letzten Antwort beeindruckt war. Einfach Wahnsinn!" Ich wollte ihm schon wieder herzlich auf die Schulter klopfen. Doch rechtzeitig erinnerte ich mich und kratzte mich verlegen am Kopf.

    Als endlich alle Probati im Wasser waren, gab der Centurio den Befehl zwei Runden um den See zu schwimmen. Ich staunte, dass er die Zögernden nicht angemotzt hatte. Aber wichtig war nur, dass ich die Runden so schnell wie möglich hinter mich brachte. Ich sah, wie die Lippen bei einigen Probati vor Kälte schon langsam blau anliefen, so dass ein bisschen Bewegung nicht schaden konnte. Die Entscheidung des Centurio, dass wir um den See schwimmen sollten, gab denen unter den Probati, die nicht gut oder gar nicht schwimmen konnten, die Chance, bei dieser Übung wenigsten nicht zu ertrinken.


    So machte ich mich auf meine zwei Runden. Ich war zwar nicht der Schnellste, hielt mich aber im guten vorderen Drittel. Das Schwimmen ließ mir das Wasser nicht ganz so kalt erscheinen. Nach meiner ersten Runde sah ich, dass die Probati, die nicht oder nur schlecht schwimmen konnten, noch nicht mal die Hälfte der ersten Runde hinter sich gebracht hatten. Aber sie bemühten sich nach ihren Kräften, so schnell wie möglich vorwärts zu kommen. Trotz des anstrengenden Schwimmens merkte ich auf der zweiten Runde langsam die Kälte in meinen Gliedern. Die Bewegungen fielen mir immer schwerer und es spürte sich auf meiner Haut an, als würde jemand mit einem Messer in sie schneiden. Doch schließlich erreichte ich zähneklappernd das Ziel und wollte nur noch aus dem See raus. Einige der Probati hatten noch eine dreiviertel Runde vor sich. Wie sie sich im Ziel fühlen würden, mochte ich mir gar nicht vorstellen.

    Als Sedulus und Lupus das Contubernium verließen schaute ich ihnen nach. Immer noch erstaunt darüber, einen meiner besser gestellten Verwandten getroffen zu haben, starrte ich noch auf die Tür, nachdem sie schon längst hinaus gegangen waren.


    Da hatte ich doch tatsächlich einen jener hohen Tiere aus der Gens getroffen, die ich nur vom Hörensagen kannte. Aber er kannte Lupus. Natürlich kannte er ihn. Lupus war doch sein Klient. Aber ich wäre so nie darauf gekommen.


    Ich schüttelte den Kopf und ließ mich auf meine Pritsche fallen. Was für eine unverhoffte Begegnung, dachte ich. Was Sedulus nur hier wollte? Und warum war er hier? Ich begann mich über mich selbst zu ärgern. Ich sah mich vor Augen, wie ich dämlich wie ein Esel die Fragen von Sedulus beantwortete hatte. Verdammt! Der muss jetzt einen Eindruck von dir haben. Als wärst du ein Vollidiot, beschimpfte ich mich selbst und schlug mit der rechten Faust auf die Pritsche. Na wenigstens hat er mich zur Casa eingeladen. Aber wer weiß, ob das nicht eher aus Höflichkeit geschehen war. Jedenfalls beschloss ich, Lupus nachher zu fragen, wie es dazu gekommen war, dass er Sedulus Klient geworden ist.

    Meine Herren, dachte ich. Und wieder war Lupus Antwort korrekt gewesen. Nicht zu fassen! Vor Freude hätte ich mir fast auf die Schenkel geklopft. Doch die Anwesenheit des Centurios und seine Stimme, mit der er nun die Belagerungsgeräte erklärte, hielten mich davon ab.


    Ich hörte aufmerksam zu. Ich hatte einige dieser Geräte schon im Lager gesehen. Dann hatten Legionäre sie repariert, geputzt usw. Aber in Aktion hatte ich sie noch nie erlebt. Ich stellte mir vor, wie die riesigen Bolzen zwei oder mehr Männer aufspiessen konnten. Eine furchterregende Waffe. Oder wie dass Katapult auf dem Schlachtfeld wahre Schneisen in die feindlichen Schlachtreihen reißen musste. Hoffentlich stehe ich immer auf der richtigen Seite des Katapults, dachte ich und musste dabei lächeln.


    Als der Centurio das Ende der Übung bekannt gab, sprang ich auf und rannte zu Lupus. "Du alter Streber!", sagte ich zu ihm grinsend, während ich ihm mit meiner rechten Hand herzhaft auf die Schulter schlug. "Deine Antworten waren ja der reine Wahnsinn. Woher weißt du denn all die Dinge?"