ZitatOriginal von Tiberius Germanicus Probus
Er hatte schützend seine Hände auf ihre Schultern gelegt und starrte uns nachwievor mit brennenden Augen an. Ruhig hielt ich seinem Blick stand.
Nachdem die Familie die Hütte verlassen hatte, drehte sich Victor zu mir um. „So, wo jetzt alle draußen sind, können wir in Ruhe die Hütte durchsuchen. Wir fangen hier unten an. Danach den Zwischenboden. Und dann den Stall. Du fängst da drüben an. Und ich hier!“
Ich nickte stumm. Victors Gesichtsausdruck hatte etwas von einem Jagdhund. Er schien sogar mißtrauisch in der Luft zu schnüffeln. Ich ging zu den Schemeln und arbeitete mich Richtung Feuerstelle durch. Die paar Habseligkeiten waren schnell durchsucht. Nichts auffälliges befand sich unter ihnen. Einige landwirtschaftliche Geräte, einige Amphoren, Besteck und Geschirr. Alles typisch für einen bäuerlichen Haushalt.
Als ich zum Kessel kam, der über der Feuerstelle hing, hob ich den Deckel hoch, um zu sehen, was leckeres in ihm wäre. Verdammt, fluchte ich leise und ließ den Deckel fallen. Mit einem lauten Geräusch fiel er auf den festgestampften Lehmboden. Der Deckel war heiß gewesen und ich hatte mir die Finger verbrannt. Ich drehte mich um, um schnell nach draußen zu gehen und meine Hand in den Schnee zu stecken, da sah ich Victor vor der Truhe knien. Der Inhalt der Truhe lag um ihn herum zerstreut auf dem Boden. Er selbst klopfte gerade den Boden der Truhe ab und lauschte angestrengt. Scheinbar hatte er meinen Blick bemerkt, denn plötzlich sah er mich an.
„Was ist?“ herrschte er mich an. Böse funkelten seine Augen. „Nichts. Ich habe nichts gefunden.“ ,antwortete ich ausweichend. Er schien wie ausgewechselt. Einen kurzen Moment konnte ich die Gier in seinen Augen aufblitzen sehen. Da wusste ich, dass Victor nicht nur nach verdächtigen Gegenständen suchte. Und ich ahnte, warum die Dorfbewohner uns gegenüber so ablehnend sein könnten. Einige Römer waren vielleicht nicht besser als die Banditen, dachte ich.
„Mist, hier ist auch nichts!“ sagte Victor und schlug den Deckel der Truhe zu. Er machte keine Anstalten die Sachen zurückzulegen. Er stand auf und schlug sich mit den Händen den Dreck von den Knien. „Na gut. Jetzt ist der Dachboden dran. Du bleibst hier!“
„Ich muss kurz raus. Ich habe mir die Finger am Kesseldeckel verbrannt und muss sie kurz im Schnee abkühlen, damit sich keine Blasen bilden.“, erwiderte ich. Victor sah mich aus zu Schlitzen verengten Augen misstrauisch an und schien abzuwägen, ob ich die Wahrheit sagen würde. Dann sah er zur Feuerstelle und entdeckte den Deckel. „In Ordnung. Aber beeile dich!“ knurrte er.
Ich verließ schnell die Hütte. Links neben der Tür stand die Familie und sah mich erwartungsvoll an. Bis auf den Fünfzehnjährigen. Seine Wut schien unvermindert. Ich schüttelte den Kopf und gab ihnen mit einer Geste zu verstehen, dass sie noch warten müssten. „Helius, sage ihnen, dass es noch etwas dauern wird.“ Er nickte und sprach kurz mit der Frau. „Habt ihr was gefunden?“ fragte er mich. „Nein.“ anwortete ich wortkarg.
Während ich mich bückte, um meine Hand in den Schnee zu stecken, sah ich mich kurz um. Cato stand wie zu einer Statue erstarrt auf ein und der selben Stelle und war durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Auf dem Dorfplatz standen mehr Menschen als vorhin. Scheinbar waren einige Einwohner aus ihren Hütten gekommen. Auch wenn einige Dörfler etwas aufgeregter gestikulierten, sah es so aus, als wäre alles in Ordnung.