Beiträge von Appius Decimus Drusus

    Drusus sah seinen Gegner enttäuscht an.


    "Gerade, wo wir uns aufeinander eingestellt hatten, müssen wir die Partner wechseln; schade, du warst wirklich gut!"


    "Ist nicht wahr, du warst nicht, du bist besser. Aber es hat mit dir Spaß gemacht, du hast fair gekämpft!"


    Er drehte sich nach links, als ein untersetzter Bursche auf ihn zu kam, und ihm ohne Vorwarnung den rechten Arm auf den Rücken drehte und ihm diesen fast ausrenkte.


    Drusus zog mit seinem rechten Bein aus und stieß dem anderen seinen rechten Fuß derart in das linke Bein, daß ihn der losließ, das Gleichgewicht verlor und wie ein Sack zu Boden fiel.


    "Eines Römers würdige Ringkämpfer, hat der optio gesagt!"


    Und noch einmal wie schon gehabt: Sie schnauften, preßten, drückten, wurden schnell zu Boden geworfen, standen noch schneller wieder auf, hielten den "Schwitzkasten" und lösten ihn wieder auf.


    Der Untersetzter war ein guter Ringkämpfer. Aber nach dem letzten Schwitzkasten konnte er nicht mehr.


    "Wann hat der optio endlich ein Einsehen?"

    Drusus sah seinen Nebenmann, der sich nach Luft schnappend von der letzten Liegestütze erhob, an. Er wie wie er von gleicher Statur und wischte sich den Schweiß von der Stirn.


    "Was meinst du, ringen wir miteinander?"


    "In Ordnung, bringen wir`s hinter uns!"


    Nur mit einem Schurz bekleidet gingen die "Gegner" aufeinander zu. Der stank so nach Schweiß, daß Drusus unwillkürlich zurücktrat. Der wiederum nutzte die Situation aus und preßte ihn mit aller Kraft an sich.


    Dies kam wiederum Drusus zugute, denn der glitschige Körper des anderen ließ ihn seinem Gegner regelrecht aus den Händen gleiten, der dies nicht bedacht hatte und sich unwillkürlich in einem "Schwitzkasten" befand.


    "Hör` auf zu drücken, du hast gewonnen," winselte der andere.


    "Ich bin nicht so, du bekommst eine Revanche," meinte Drusus, der sich an den unangenehmen Geruch des anderen gewöhnt hatte, wohlwollend.


    Bei ihrem zweiten Treffen versuchten die beiden, wie es der optio befohlen hatte, sich wie eines Römers würdige Ringkämpfer verhalten.


    Sie schnauften, preßten, drückten, wurden schnell zu Boden geworfen, standen noch schneller wieder auf, hielten den "Schwitzkasten" und lösten ihn wieder auf, kurzum, selbst ein eingeweihter Beobachter mochte nicht mehr zu entscheiden, wer von den beiden besser oder schlechter oder gar ein Sieger war.



    Letzte Instanz hierfür war jedoch der optio!

    Liegestütze! Nichts lieber als das! Weit besser als das Ringen!


    So ging es Drusus durch den Kopf. Dann ließ er sich zu Boden fallen, federte seinen Körper mit den Armen ab und begann, wie schon einmal, laut zählend mit den Liegestützen, wobei er sich an sein bereits bewährtes System hielt.


    "Unus, duo, tres,"


    Drusus stemmte sich hoch und tippte kurz mit der Brust den Boden an ...


    "quattuor, quinque, sex,"


    ... gleichmäßig und ohne Hast pumpte er weiter ...


    "decem, undecim, duodecim,"


    ... und gleichmäßig atmete er aus und ein ...


    "sedecim, septemdecim, duodeviginti",


    ... er verspürte ein leichtes Kribbeln in den Oberarmen ...


    "viginti duo, viginti tres, viginti quattuor",


    ... noch hielt er die Gleichmäßigkeit der Liegestützen ein ...


    "triginta".


    Und wieder geschafft! Und wieder nur ein paar Schweißperlen auf der Stirn. Er stand auf und schüttelte zur Entspannung Arme und Beine aus. Nicht gerade erfreut sah er dem Ringen, für das ihm jeglicher Sinn fehlte, entgegen. Für ihn stand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, daß er nie mit einem Feind auf diese Art kämpfen würde.

    Drusus hatte damit gerechnet, nun von Brutus einen zumindest kurzen Lebenslauf geboten zu bekommen. Aber nichts dergleichen!


    Darum war er froh, von sich nicht allzuviel und nur das, was zwar wesentlich, aber nicht für irgendwelche Rückschlüsse geeignet erschien, über sich erzählt zu haben.


    Der Puls begann köstlich zu riechen wodurch sich Drusus` Magen nur noch deutlicher bemerkbar machte.


    "Das ist der erste Puls den ich esse. Wenn er so schmeckt wie er duftet, dann kann es an nichts mehr fehlen,"


    meinte Drusus und hielt Brutus seine Holzschale für den ersten Schlag hin.

    Zitat

    Original von Faustus Duccius Brutus
    "Und? Wo kommst du her, Drusus? Du scheinst mir genauso wenig wie ich ein junger Heißsporn zu sein, der bisher nur das Haus seines Vaters gesehen hat."


    Drusus zuckte zusammen. Auf alles war er gefaßt, vielleicht sogar vorbereitet; aber noch nicht auf diese Frage.


    Sollte er dem Kameraden, den er erst vor kurzem kennengelernt hatte, schon jetzt seine vita anvertrauen?


    "Weißt du, Brutus, wenn ich es so bedenke, habe ich bereits sehr viel erlebt und etliches hinter mich gebracht. Aber darüber, finde ich, reden wir einmal zu einem anderen Zeitpunkt und an einem anderen Ort.


    Nur so viel: ich stamme aus Tarraco, ging von zuhause weg, weil mich die Mutter nur zum Soldatenberuf animierte und führte dann ein mehr oder weniger freies Leben. Ich landete hier in der Germania in der Nähe von Mogontiacum. Dann folgt eine Zeit, über die ich nicht sprechen möchte. Anschließend ging ich nach Rom, wohnte bei einem Freund und besuchte meinen Onkel. Reifer und einsichtiger geworden und, da es mich wieder in die Germania zog, ging ich zur legio. Das ist in Kürze das Wesentliche.


    Nicht, daß ich es vergesse, vielen Dank für deine Hilfe beim Verstauen."

    Drusus hatte sich die Haken zwar nicht wundgelaufen, aber das lange Marschieren machte sich in seinen Beinen doch bemerkbar.


    Endlich beendete das Abite des optio den ersten Ausbildungstag und das Einrücken in die Unterkünfte bedeutete für diesen Tag zunächst einmal Ruhe ... zunächst!


    Sim-Off:

    Ich finde es besser gleich einen neuen Tag zu starten :]

    "Und das ist die ganze Kunst?"


    Enttäuscht sah Drusus Brutus an.


    "Hast du wirklich nichts vergessen? Ich war der Meinung, daß puls als Hauptmahlzeit eines Soldaten auch dementsprechend gehaltvoll sein muß.


    Wie sieht es aus? Hast du noch ein wenig Zeit für mich, um mir beim Verstauen der Ausrüstungsgegenstände zu helfen?"

    Ein wenig in sich gekehrt betrat Drusus die Unterkünfte. Er legte seine Rüstung ab und wandte sich an den mit den Vorbereitungen zum Essen beschäftigten Brutus.


    "Ich melde mich zur Unterweisung in der Kunst des Kochens,"


    grinste er,


    "wenn es nicht schmecken sollte, kann ich immerhin sagen, daß ich es so von meinem Vorgänger gelernt habe."

    ... links, zwo, drei, vier ...


    Drusus marschierte und marschierte.


    Laevum, laevum ... Geradeaus zu marschieren ist doch keine Kunst.


    Laevum, laevum ... Er bewunderte die Geduld des optio.


    Laevum, laevum ... Hoffentlich kommen keine Wendungen!


    "Verdammt, paß` doch auf", rief Drusus seinem Hintermann zu, als dessen Fuß seine Ferse erwischte.


    Laevum, laevum ... Wann kommt der Befehl zum Halten?

    Ehe sich Drusus versah, fand er sich in der ersten Viererreihe der Marschkolonne, wobei "Marsch" vielleicht in Ordnung, die "Kolonne" jedoch sehr zu wünschen übrig ließ.


    In der ersten Reihe hatte er den Vorteil, keinen Vordermann zu haben, auf dessen Abstand geachtet werden mußte, und so konnte er sich voll auf die Ausführung des Kommandos konzentrieren.


    Auf das Kommando Pergite aequatis passibus trat er mit dem linken Fuß an und marschierte los. Doch das, was er neben und hinter sich sah, war alles andere als "aequatis passibus".


    An die Folgen wagte er nicht zu denken!

    Der optio hatte sein Los noch nicht ausgebrüllt, da spurtete Drusus los und die anderen probati hinterdrein.


    Wäre schön gewesen, dachte Drusus, wenn sich der optio an die Spitze gesetzt und uns erst einmal angeführt hätte. Das hätte gewirkt! Nur brüllen können wir auch!


    Als erster hatte er die Runden absolviert und blieb vor dem optio stehen. Die anderen probati kamen nach und nach an bis schließlich der letzte nach Luft schnappend herankeuchte.


    Neben Drusus stellten sie sich dann auf und versuchten eine Linie zu bilden. Es war ihr erster Versuch, und ein jeder hoffte, daß dies der optio bei seiner Wertung anerkennen würde.

    "Danke dir",


    meinte Drusus,


    "das mit der Montur schaffe ich. Im Augenblick ist mir jedoch wichtiger, von dir einige Tipps für das Kochen zu bekommen. Schließlich müssen über das Ergebnis hungrige Mäuler entscheiden und die hungrigen Mäuler sind nun mal unsere Kameraden und die sind mitunter sehr kritisch!"

    Auch Drusus hatte sich in die Schar der Neuen eingereiht.


    Das fängt ja gut an,


    dachte er,


    der da vorne brüllt so laut, daß man ihn kaum versteht. Optio ist er, richtige Männer will er aus uns machen und gerecht ist er.


    Drusus war zur Armee gegangen, um Soldat zu werden. Daß er hier mehr Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen und meist nur Schwierigkeiten gegenüberstehen würde, dessen war er sich von vorneherein bewußt.


    Folglich ließ er die Einführung des optio über sich ergehen, war sie doch im Grund nichts Neues und bei allen Einheiten gleich, zumindest wie sie ihm sein Bruder beschrieben hatte.

    Je näher Drusus dem sacellum kam, desto aufrechter wurde sein Gang.


    Der Posten gab den Eingang frei, und Drusus stand vor dem marmorenen Imperator und den signa seiner neuen Einheit, in der er dem imperium dienen wollte.


    Er kniete nieder und legte seinen Helm ab. Dann öffnete er seinen Beutel, entnahm einen Teil als Opfergabe für die Götter und legte sie auf den Altar. In der Überzeugung, mit dem Eintritt in die Armee und nun hier in die LEGIO II GERMANICA F C die richtige Wahl getroffen zu haben, begann er:


    " ... Iovi Optimo Maximo et Marti patri et Iano ...


    hört mein Gebet und bezeugt meinen Eid""


    und schwor, wie das Gesetz es befahl, das sacramentum, dessen Wortlaut ihm sein Onkel eingeprägt hatte.


    "IVRANT AVTEM MILITES OMNIA SE STRENVE FACTVROS
    QVAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AVGVSTVS,
    NVMQVAM DESERTVROS MILITIAM
    NEC MORTEM RECVSATVROS PRO ROMANA REPVBLICA"


    Drusus erhob sich wieder und setzte seinen Helm auf. Einen Moment lang verharrte er ehrfurchtsvoll vor der Statue des Imperators, dann trat er zurück, salutierte und verließ gemessenen Schrittes das sacellum.


    Nach dieser heiligen Handlung nahm er den kürzesten Weg zu seinem Quartier. Er hoffte dort seine künftigen Kameraden anzutreffen.

    Unwillkürlich mußte Drusus grinsen.


    "Ja, ja, wenn es sich bei dem Einstandsritual gerademal um einen aktiven Küchendienst handelt, das kriege ich schon hin. Schließlich ist ein satter Soldat ein guter Soldat! Ich bitte mir aber zuzugestehen, daß ich heute erst einmal den Puls meines Vorgängers koste."


    Und lachend fügte Drusus hinzu:


    "Es wäre bestimmt interessant zu wissen, welche Geschmacksrichtung hier vorherrscht. Aber jetzt mal im Ernst. Du sagtest, daß hier sehr viel Wert auf Kameradschaft gelegt wird. Und da seid ihr sicher die Letzten, die einem ungelernten Koch auch einen mißglückten Puls übelnehmen und ihm notfalls bei der Zubereitung unter die Arme greifen.


    Jetzt werfe ich mich in Schale und leiste meinen militärischen Eid, dann komme ich wieder zurück. Bist du dann noch anwesend?"

    Keuchend legte Drusus sein scutum mit den Ausrüstungsgegenständen auf einer Pritsche, die ihm die Beste schien, ab.


    "Salve Brutus. Ich bin Drusus und neu in der legio. Natürlich bist du kein Offizier, aber trotzdem bist du, wenn auch indirekt, mein Vorgesetzter, da du einerseits schon länger hier bist und andererseits die Sitten hier im Lager kennst. Dein Angebot, mir zu helfen, nehme ich gerne an. Für einen Neuen ist jegliche Hilfe willkommen, bei dir wird es bestimmt genauso gewesen sein.


    Aber ich muß noch den militärischen Eid im sacellum ablegen. Ist hierfür eine besondere Anzugsordnung vorgeschrieben?"


    Erwartungsvoll sah Drusus den neuen Kameraden an.

    Zum Glück brauchte Drusus nicht lange zu suchen. Das mußten die Baracken der COH II sein! Centuria IIII, Contubernium III --- er war am Ziel!


    In Ermangelung einer freien Hand stieß er mit seinem Fuß die Türe auf.


    Vollbepackt wie er war fiel es ihm schwer, sich über all die Ausrüstungsgegenstände auf seinem scutum hinweg in dem Raum umzusehen und so blieb ihm nichts anderes übrig als sich laut und deutlich bemerkbar zu machen.


    "Salvete. Ich bin Appius Decimus Drusus. Centurio Artorius beauftragte mich hier Quartier zu beziehen. Ich möchte mich beim Stubenältesten melden und bitte um Zuweisung eines Schlafplatzes".

    "Ich habe keine Fragen, centurio",


    antwortete Drusus seinem neuen Vorgesetzten.


    "Ich danke dir für deine Ausführungen und melde mich in mein Quartier ab".


    Er deutete eine einigermaßen militärische Kehrtwendung an und verließ die habitatio centurionis.


    Vor der Tür überflog er kurz seine militärischen Habseligkeiten, stellte fest, daß nichts fehlte und machte sich auf den Weg zu seinem künftigen Zuhause.