Beiträge von Quintilia Flava

    Flava grinste zufrieden. Witjon war nach ihrem Geschmack! So gehörte sich das! Das letzte Mal hatte sie als kleines Mädchen zusammen mit ihrem damaligen Kumpel Mäuschen gespielt und die Situation jetzt erinnerte sie irgendwie stark daran.
    „Dort!“, flüsterte sie und deutete auf eben jene Tür, durch die etwas Licht fiel und schlich dann auf Zehenspitzen dorthin und lehnte sich dort knapp neben die Wand und spitzte die Ohren. Den Platz zum reinspähen am Türspalt wollte sie gnädigerweise zunächst einmal Witjon überlassen. Natürlich völlig uneigennützig!

    Naja, ob sie es geschafft hatten oder nicht, war Ansichtssache. Sie waren zumindest nicht bis auf die Knochen durchnässt, sondern ihre Mäntel hatten sie gut geschützt, aber sie waren noch in den Regen geraten. Dennoch grinste Flava, als sie Witjon ihren Mantel reichte und dann auf ein paar Haken in der Nähe deutete. „Dorthin.“


    Und auf die Frage nach der Küchenschlacht grinste sie nur und zuckte mit den Schultern. „Das werden wir gleich sehen“, sprach sie. „Wollen wir uns bemerkbar machen, oder doch lieber Mäuschen spielen und mal in die Küche luren?“

    Flava fühlte, wie sich ihre Position wechselte, und regte sich unwohl. Ihre Augenlider flackerten kurz und sie murmelte etwas Unverständliches, während sie Bashir in die Arme gelegt wurde.
    Wenn sie wach und voll bei Sinnen gewesen wäre hätte sie Lando wohl gerne eine gescheuert, weil er ihr andauernd nachgeschenkt hatte. Doch zugleich hätte sie sich wohl bei ihm bedanken wollen, für den eigentlich schönen Nachmittag und die Sorge zuletzt.
    Doch da sie eindeutig nicht bei Sinnen war stöhnte sie nur kurz, weil sich wieder alles drehte und lehnte den Kopf dann gegen Bashirs Schulter.

    „Na, ich frage mich, ob sie noch genug Mehl übrig gelassen hat, m den Kuchen fertig zubekommen“, erwiderte Flava grinsend und schritt rasch neben Witjon einher, während das Tröpfeln stärker wurde.


    „Ob wir das noch vor dem Regen schaffen?“, fragte sich Flava laut, und klang dabei sehr zweifelnd. Sie hatte noch ein paar Minütchen zu gehen, aber der Wind wurde stärker und die Tropfen dicker.

    Flava spürte, wie ihr Träger sich um die eigenen Achse drehte, was zur Folge hatte, dass sich ihr Kopf noch etwas schlimmer anfühlte. Jetzt war schon oben und unten vertauscht, dann drehte sich der auch noch! Sie schlug kurz die Augen auf, schloss sie jedoch gleich wieder, weil der Schwindel dadurch nur noch schlimmer wurde. Doch sie schien wieder aus der Phase heraus zu sein, wo sie überhaupt nicht mitbekam.

    Drusus schien ihre Beweggründe zu verstehen und das erleichterte Flava. Sie lächelte sachte und nickte dann. Doch ehe sie zusagte kam die neugierige Frage durch: „Darf man als Frau denn so einfach ins Castellum gehen?“ Wenn dem so wäre hätte doch auch Valentina ihren Bruder häufiger besuchen können! Was war Drusus eigentlich? „Oder ist das bei dir anders? Du bist doch kein normaler Legionär, oder? Du sagtest eben etwas davon, du würdest ausbilden.“ Sie legte ihren Kopf leicht schief und sah ihn fragend an.

    Flava blieb überrascht stehen, als Witjon plötzlich stehen blieb. Hatte er sie jetzt ernst genommen? Doch dann lachte er schon wieder und auch Flava grinste.
    „Sollst du auch nicht.“, erwiderte sie, lief weiter neben ihm her und schüttelte ihren Kopf unter der Kapuze. „Auf ein Gewitter hab ich dann doch keine Lust. Aber ist schon schade, dass wir jetzt schon wieder zurück müssen!“ Sie zuckte mit den Schultern. „Dann bleibst du wenigstens ein bisschen bei uns!“, entschied sie einfach. „Wir müssen ja auch noch Valentinas Kuchen probieren!“

    Flava drehte sich nach dem Donner um und zog überrascht die Augenbrauen hoch. Jetzt auch noch ein Gewitter? Sie zog sich den Mantel etwas fester ums ich und schüttelte den Kopf.


    „Die verweichlichte Römerin an deiner Seite ist nicht aus Zucker! Ich glaub, wenn du so weiter machst, dann nimmt sie die Herausforderung draußen zu bleiben noch an!“


    Sie funkelte ihn amüsiert an, und hoffte zugleich dass Witjon nicht darauf einging.

    Flava grinste breit über Witjon Worte, als dieser ihren Gedanken weiter spann. Jaja, die armen Söhne, die hatten es schon nicht leicht, dachte sie sich und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, während sie weiter dem Abbauen der Stände zusah.


    Flava verstand zunächst nicht, wieso Witjon auf einmal zurück zur Casa wollte, da bekam auch sie einen Regentropfen ab. Sie folgte ihm lachend und konnte nicht anders als ein bisschen zu frotzeln: „Wer hat grad noch mal wen Weicheier genannt, weil sie vor dem Regen flohen?“ Sie grinste Witjon frech an, zog sich aber schon mal die Kapuze ihres Mantels über den Kopf.

    Flava bemerkte kaum, dass sie angekommen waren. Lando hatte eh die ganze Zeit irgendwas gesagt, warum sollte das jetzt wichtiger sein? Sie war auch grad in einer Phase in der sie wieder nicht so ganz da war und so bekam Lando keine zufriedenstellende Antwort. Um genau zu sein gar keine, weil Flava sich einfach nicht angesprochen fühlte.


    Hätte sie gehört, dass sie an ihrer Trinkfestigkeit arbeiten musste, hätte sie wohl gelacht und die Wahl peinlich oder peinlicher, hätte sie wohl nur zu gern verpasst gehabt. So gesehen, war Flava wohl ganz gut dran damit, dass sie sich nicht angesprochen fühlte.

    Flava kam in einer recht interessanten Pose nach Hause, kurz nachdem die Sonne untergegangen war. Es war noch recht hell, doch die rote Scheibe war schon hinter dem Horizont verschwunden.


    Obwohl es recht unbequem war von Lando so getragen zu werden und sicher auch äußerst peinlich, wehrte Flava sich nicht eine Sekunde lang. Sie dämmerte in einem Zustand zwischen schlafen und wachsein einher und war nur kurze Momente lang genug wach um sich der beschämenden Situation bewusst zu werden.

    „Naja, ich freu mich auch nicht wirklich darüber!“, erwiderte Flava grinsend, folgte jedoch Witjon weiter und sah den Händlern beim abbauen zu. „Aber du hast recht, sie sind etwas schnell beim Abbauen, vermutlich lassen sie jetzt ihre Sklaven oder ihre Söhne auf die abgedeckten Stände aufpassen und setzen sich selbst in die Taverne!“, stellte Flava einfach mal die freche Behauptung auf und blinzelte Witjon amüsiert zu.

    Flava hatte wieder die Augen geschlossen und war erleichtert, als sie Landos unterstützenden Arm fühlte. Wenn Lando genau hinhörte, konnte er Flava „Verfluchter Met!“ murmeln hören, während sie sich noch zusätzlich ein bisschen mehr auf Lando lehnte.
    Irgendwie war diese Stütze wunderbar, so überhaupt nicht anstrengend im Gegensatz zu dem schwierigen Weg bisher. Auch wollten Flavas Augen nicht mehr so recht aufgehen. Sie klappte nicht zusammen, aber sie lehnte nun auch den Kopf gegen Landos Schulter und murmelte etwas von wegen: „nich’ weitergehen“

    „Ja, den Markt kenne ich!“, bestätigte Flava schmunzelnd und blickte dann in die gewiesenen Richtungen. Es war immer recht nützlich zu wissen, wo die Regia oder die Tempel waren.


    „Wo kann ich denn meine Briefe abschicken?“, fragte sie auch gleich eine der wohl wichtigsten Fragen. Immerhin wollte ihre Tante unbedingt geschrieben bekommen. Und Valerian wollte Flava auch schreiben, wenn er sich nicht bald meldete.

    Er verneinte, also musste da wohl etwas dran sein, oder nein, falsch, dann musste da wohl nichts dran sein, auch wenn Flava die anschließenden Worte nicht mehr so ganz verstand.
    „Lando...“, sprach Flava auf einmal und blieb wieder stehen. Sie schwankte ziemlich und eine ihrer Hände fuhr ihr an die Stirn. „Könntest... kann ich deinen Arm haben?“ Flava meinte eigentlich ob sie sich auf seinen Arm stützen könnte, weil sie grad das Gefühl hatte gleich zu fallen, doch irgendwie konnte sie die Bitte nicht mehr richtig formulieren...

    „Deine Familie ist also sehr einflussreich... hm, doch, damit könnte ich mir die Begeisterung zumindest ansatzweise erklären. Immerhin sind wir nur ziemlich einfache Leute hier und wenn dann einer aus der Führenden Familie der Provinz plötzlich auftaucht...“


    Flava zuckte mit den Schultern, weil sie doch nicht so genau weiter wusste und grinste ebenfalls amüsiert.


    „Nein, in der Schola sind wir zum Glück nicht!“, lachte sie.


    „Weißt du denn, wo wir jetzt ungefähr hingehen?“

    Immer geradeaus, Lando hatte gut reden.
    Aber wenigstens verließen sie endlich die Taberna und ließen damit auch die neugierigen Blicke den anderen Besucher hinter sich zurück. Die frische Luft wehte Flava kühl um die Nase und sie blieb stehen und schloss kurz die Augen, während sie tief durchatmete.
    „Ist es nicht genau das, was du tust?“, fragte Flava mit einem amüsierten Unterton und zugleich angestrengt, weil sie jedes Wort im Geiste genau vorformulieren musste, damit es auch einigermaßen klar heraus kam. Sie öffnete die Augen wieder und kniff sie sogleich zusammen, streckte die Hände etwas zur Seite aus, um aus zu balancieren. Warum, bei den Göttern, wurde das verfluchte Schwanken jetzt auf einmal stärker?

    „Orpheus und Euridice hätte mich schon gereizt, aber wenn das schon halb um ist, dann geh ich doch lieber wann anders, wenn ich es komplett sehen kann.“


    Auch Flava sah nach oben und erkannte die dunkeln Wolken sofort als Regenbringer.


    „Ich denke es wird bald zu regnen anfangen... Erkunden wir lieber noch ein bisschen die Stadt und verschieben einfach den Theaterbesuch auf wann anders. Vielleicht können wir dann ja auch Valentina davon überzeugen mitzukommen. Dann kommt sie mal raus!“


    Flava lächelte Witjon an, und fragte sich zugleich was er von dem Vorschlag hielt. Da fiel ihr eine Frage wieder ein, die sie ihm schon vorhin hatte stellen wollen.


    „Warum war Valentina eigentlich so begeistert davon, dass du ein Duccier bist? Seid ihr was besonderes?“, sie lächelte verlegen, als sie ihre eigene Wortwahl hörte. „Entschuldige die einfältige Ausdrucksweise.“

    Wollen, müssen, was machte das für einen großen Unterschied, dachte sich Flava während sie möglichst rasch auf die Tür zuging, den Blick nur auf das Ziel fixiert. Zumindest solange, bis Lando sie über ihre Alkoholgeschichte befragte.


    „Das kommt ganz darauf an, was du mit ernstzunehmend meinst... Aber ich vermute einfach mal ja...“


    Sie machte den Fehler zu Lando zu schauen und dadurch aus dem Rhythmus zu kommen. Sie stolperte etwas und hielt sich automatisch mit einer Hand an Landos Arm fest.


    „Entschuldige!“, meinte sie sofort und ließ gleich wieder los.