Oben auf der Rostra stand ich nun. Fürwahr kein neues Erlebnis für mich. Stand ich doch bei meinen erfolgreichen Kandidaturen für die Ämter des Quaestor Consulum, des Tribunus plebis, des Präetor Urbanus und zuletzt für das des Consul doch oftmals schon an dieser Stelle und sprach zum Volke.
Heute jedoch, dass war etwas ganz Anderes. Der Schmerz und die Trauer um Sinona, die geliebte Schwester, würgten in meiner Kehle. Schnell schluckte ich den Kloß herunter und begann mit lauter und fester Stimme zu reden.
"Quirites!
Heute stehe ich hier auf der Rostra um zu euch, dem Volke Roms, zu sprechen, wie ich es schon so viele Male vorher tat. Doch heute ist es das erste Mal, dass ich mir wünschte, es nicht tun zu müssen. Das es den traurigen Anlass dafür nicht gäbe."
Der Anfang war gemacht, nun hieß es weiter die Fassung zu bewahren.
"Bürger Roms, ihr wisst es, seitdem ich gestern den praeco funebris mit der traurigen Kunde durch die Straßen Roms schickte.
Die Flaminca Veneris Didia Sinona Sinona ist tot und wir stehen hier und heute um Abschied von einer großen Römerin zu nehmen, um sie zu trauern und um sie zu weinen.
Gott Neptunius holte sie zu sich in sein Reich. Sie, die noch so jung an Jahren war und noch so vieles für Rom tun und erreichen wollte.
Warum fassten die Götter den Entschluss Sinonas Lebensfaden abzuschneiden? Wir wissen es nicht! Wir verstehen es nicht! Wir sehen den verborgenen Sinn dahinter nicht!
Jedoch steht es uns Menschen nicht an, die Ratschlüsse der Götter anzuzweifeln . Wir haben uns ihnen zu fügen.
Was wir jedoch tun können, dass ist der verstorbenen Flaminca Veneris Didia Sinona zu gedenken, um sie zu trauern und die Erinnerung an sie in unseren Herzen zu behalten. Denn diese Erinnerungen an die Verstorbenen, dass ist der einzige Weg für uns Menschen dennoch endlos weiter zu leben.
Viele von euch kannten Didia Sinona. Jedoch strömen auch täglich viele neue Bürger nach Rom, die noch nichts von ihr gehört haben. Bei denen die sie kannten, werde ich mit meinen Worten Erinnerungen an sie wachrufen und allen anderen erfahren hier erstmals etwas von ihrem Leben und Wirken.
Didia Sinona war Zeit ihres Lebens sehr religiös gesinnt und versuchte in uns allen den Glauben an die Götter zu festigen und zu vertiefen. Sie begann im Cultus Deorum als Camilla und stieg dann schnell zur Popa auf, um danach in den Vestalinnenorden einzutreten, wo sie es von der Amata Prior zur Sacerdos Vestalis brachte. Später erkannte sie aber ihre wahre Berufung und stellte ihr Leben forthin in den Dienst der Göttin Venus, der Göttin der Liebe und der vollendeten Schönheit, und widmete dieser ihr weiteres Leben.
Der Venuskult in unserem Imperium erlebte dank Sinonas Wirken einen wahren Aufschwung und er ist inzwischen zu einer der tragenden Säulen des Cultus Deorum geworden. Für ihre Verdienste wurde Didia Sinona vom Imperator zunächst zur Sacerdos und dann zur Flaminca Veneris des Venuskultes befördert und in das Collegium Pontificium berufen.
Mit hohem persönlichen Einsatz nahm Didia Sinona das Tempelbauprojekt ´Templum Veneris et Romae´ in Angriff. Von der Idee, über die Planung und Finanzierung bis hin zur Umsetzung war Sinona an allen Schritten der Realisierung an verantwortlicher Stelle mit großem Engagement und beispielhaftem Fleiß dabei. Ich bin sicher, dass dieser neue Tempel, den wir nach seiner Weihung in naher Zukunft bestaunen werden dürfen, ein wahres Juwel in unserem Pantheon der Götterverehrung darstellen wird. Leider war es Sinona nicht mehr vergönnt, diese Einweihung des Tempels selbst noch zu erleben, aber ihre Nachfolgerinnen im Venuskult Didia Fausta und Decima Alessa führen das Werk im Sinne Sinonas fort und vollenden es.
Didia Sinonas Initiative ist des weiteren die Gründung der ´Societas Veneris´ zu verdanken, welche sich die Verbreitung des Kultes der Venus und die Mehrung der Liebe unter den Menschen zum Ziele gesetzt hat, und sie wurde zur ersten Magistra dieser Societas gewählt.
Ein weiterer Verdienst von Didia Sinona ist der Aufbau und die Einrichtung der 'Columbae Veneris'. Dabei handelt es sich um eine unter der Obhut der Sacerdotes Veneris stehenden Briefpost.
Auch in der Politik unseres Reiches hinterließ Sinona ihre Spuren als Mitglied der Curia Provincialis Italia und als Quaestorix Principi. Weiterhin wollte sie sich einbringen in der Politik als Tribuna Plebis. Jedoch scheiterten erste Anläufe dazu am Votum der Wähler, wie es in der Politik nun einmal der Fall sein kann. Ich bin mir aber sicher, sie hätte auch die Wähler bald überzeugt, jedoch blieb ihr eine weitere Kandidatur durch ihren allzu frühen Tod verwehrt.
Für ihre Verdienste um Imperium und Volk von Rom wurde Didia Sinona durch die Redaktion der Acta Diurna in die ´Societas Aureata´ gewählt. Eine hohe Ehre, welche nur besonders engagierten und rührigen Bürgern des Imperiums zuteil wird.
Didia Sinona war eine Frau, die sich mit heißem Herzen und mit ihrer ganzen Kraft für das einsetzte, was sie für richtig erkannte. Dabei scheute sie auch vor persönlichen Schwierigkeiten nicht zurück. Ihr Herz schlug stets für die Götter, für den Imperator, für das Reich und für das Volk Roms. Selten erlebte ich einen Menschen, der soviel Kreativität und Schöpferkraft besaß wie sie.
Wäre ihr ein längeres Leben vergönnt gewesen, noch viele Dinge hätte Sinona im Interesse von uns allen anschieben und vollenden können.
Daher ist ihr Tod für uns alle ein schwerer Schlag und ein schmerzlicher Verlust.
Besonders schmerzlich ist ihr Tod jedoch für all die Menschen welche sie liebten.
Für Quintus Caecilius Aventurinus, ihrem Verlobten. Dem Manne, der sie über alles liebte. Einfach tragisch ist es zu nennen, dass Sinona und Aventurinus nach ihrer Reise nach Cyprus, die sie im Interesse des Cultus Deorum unternahm, heiraten wollten und ihnen dieses Glück dadurch verwehrt blieb, weil es für Sinona eine Reise ohne Wiederkehr wurde.
Sehr schmerzlich ist ihr viel zu frühes Dahinscheiden für mich als ihrem Bruder und Pater Familias, für alle Verwandten in der Familia Didia Falco und für die gesamte Gens Didia.
Mein eigenes Herz ist voll von Schmerz und Trauer. Sie war für mich und für viele andere ein starker und großartiger Rückhalt, ein Quell der Lebensfreude.
Ebenso trauern zahlreiche Freunde und Bekannte um sie, genauso wie ihr alle, die ihr euch heute hier zu ihren Ehren versammelt habt.
Freunde, Mitbürger!
Ich danke euch von ganzem Herzen für eure Anteilnahme am Schicksal einer wahrhaft großen Römerin. Ich danke euch dafür, dass ihr gekommen seid um Abschied von ihr zu nehmen. Ich danke euch für eure Teilnahme an der pompa funebris. Es ist das letzte was wir für sie tun können, die letzte Ehre, welche wir ihr erweisen können.
Gott Neptunius nahm ihren Körper zu sich, so dass wir heute an dessen Stelle ein Bildnis von ihr durch die Straßen Roms tragen werden und dieses auf dem Verbrennungsplatz gemeinsam mit zahlreichen persönlichen Gegenständen, die ihr gehörten, und vielfältigen Gaben der ihr Nahestehenden den Flammen übergeben werden und die Asche danach im Grabmal der Gens Didia beisetzen werden, damit ihre Seele der Frieden vergönnt sei, den sie verdient hat.
Volk von Rom, lasst uns gemeinsam um die Flaminca Veneris Didia Sinona trauern und sie auf ihrem letzten Weg begleiten!