Beiträge von Tiberius Aurelius Avianus

    Und sie begannen zu tanzen: Rythmisch, in völligen Einklang vollzogen sie ihren Ritus und begaben sich wie in einen Zustand der Trance. Jeder Ton hatte gesessen, jeder Schritt wurde schon instinktiv zu einem richtigen Schritt. Die Stunden der Übung waren nicht vergebens und gleichsam gelassen konnten sie nun ihre Körper bewegen, ihre Speere und Schilde, für ungeübte Hände nur schwer und unbeweglich, mit in ihren Tanz miteinbeziehen. Was mit dem Voropfer geschah, sickerte allmählich ins Unterbewusste.
    Nach den Opfergaben wurde nun auch der Stier für das blutige Opfer geweiht. Ruhig, wie ein Tier, das wusste, es könne nichts mehr unternehmen, ließ der Stier die Prozedur über sich ergehen.


    Nun war es an der Zeit, die Prozession über den Platz anzuführen und nur eine kleine Pause war ihnen zwischendrinnen vergönnt gewesen. Avianus sah sich wenige Sekunden lang um, man wartete auf ihn als Magister, anzufangen. Und so kam es auch: Sie tanzten weiter, der Magister führte die Prozession um den Platz an...

    Wenn einem so viele Leute ihre Unterstützung zusagten, dann war dies für Avianus nur wertvoll, aber auch ein Zeichen, dass er wiederum vielen seine Unterstützung und seinen Dank schuldete. Und wenn sein Vetter auch noch Kontakt zu einer namhaften Persönlichkeit wie Aelius Quarto hatte, dann konnte doch fast nichts mehr schief gehen!
    "Nun ja, trotzdem wäre eine Erwähnung nicht schlecht... nur so. Du weißt es selbst, je mehr Unterstützer, desto besser. Wie, Titus, kann ich mich bei dir erkenntlich zeigen?"

    Wenn Corvinus es nicht eilig hatte, sich schnell wieder schlafen legen zu können, dann konnte Avianus sich eben Zeit lassen und dies mit einem Nicken zur Kenntnis nehmen.
    Stutzig wurde er, als er feststellte, dass seine Worte ein klein wenig verwirrender waren, als von Avianus gewollt. Oder schlief sein Onkel schon halb? Es war nun auch egal, denn letzten Endes hatte sein Onkel eine etwaige Ahnung, worum es ging. "Ja, so ist es, Marcus", bestätigte er, "Germanien spielt hierbei keine Rolle. Darüber hat er Informationen. Vielleicht eine andere Provinz... Britannia, Gallia, Hispania? Oder eine im Osten?"

    Ohne eigene Klienten, denn diese hatte Avianus nicht, erschien auch er auf dem Forum Romanum, just in dem Moment, als sein Patron Macer seinen Amtsbericht begann. Der Aurelier wischte sich den Schweiß von seiner Stirn. Das war knapp! Aber er war noch rechtzeitig angekommen! Avianus stand lieber auf der Rostra als in der Menge, und das sah man ihm auch an. Wo wäre er nur gewesen ohne die Sklaven, die ihm eifrig in der Menge Platz zum Laufen verschafft hatten, indem sie einige Leute zur Seite schoben? So hatten sie ihm sogar einen Platz weit vorne erkämpft, von wo aus Avianus sehr genau seinen Patronen bei der Rede erkennen konnte.


    Sie lauschten gebannt der Rede des Purgitiers, der einen guten Stil und die richtigen Worte an den Tag legte. Nur dann stockte Avianus, als Macer offen erwähnte, dass diese Pflicht, die er hatte, ermüdend war. Es mochte Avianus persönliche Einstellung sein, dass er solche Dinge lieber dachte, als sie offen zuzugeben. Eine Ausnahme mochte sein, wenn man ihn nachfragte, doch hier in der Menge war dies vorteilhafterweise nicht möglich. Nickend konnte er sich jedoch den Reim machen, dass dies vielleicht zur Taktik des Purgitiers gehörte: Popularität durch Selbsteingeständnis. Ja, vielleicht war das gar nicht schlecht... Avianus könnte von seinem Patronen noch viel lernen.
    Als die Rede vorbei war, stimmte auch Avianus mit schallendem Händeklatschen und einem Jubelruf mit ein. Natürlich waren auch die drei Sklaven mit angewiesen, zu jubeln.

    Wie immer, wenn eine Amtszeit vorbei war, so musste auch traditionsgemäß der Res Gestae der Amtsinhaber folgen, welche vorher ein Amt im Cursus Honorum in der römischen Politik ausgeübt haben. Der Tatenbericht, der aufzeigen sollte, was der Amtsträger geleistet hatte. Als sich die Männer des Cursus Honorum versammelten, war auch Avianus unter ihnen, der sicherlich, so ehrlich musste er zu sich selbst sein, nicht einer der besten Quaestoren gewesen war. Doch er hatte sich keineswegs auf die faule Haut gelegt, ganz im Gegenteil: Immerhin konnte er dem Consulen bei der Vorbereitung der Feriae Latinae helfen und auch sinnvolle Vorschläge zu Gesetzesänderungen aufbringen.


    Als der letzte der Redner geendet hatte und von der Rostra stieg, war Avianus an der Reihe. Schnell sputete er die Treppen hinauf und fühlte die Blicke eines weiten Teils der Bevölkerung auf ihn lasten. Er redete in der Regel ohne Notizzettel, denn bis jetzt hatte er noch nie einen gebraucht. Für ihn war er vorteilhafter, sich mehr auf die Gestik konzentrieren zu können, stattdessen ging er den Inhalt seiner Rede viele Male durch, so dass sein gutes Gedächtnis ihm als Notizzettel zur Seite stand.


    Er hob die Arme und die Bevölkerung wurde ein wenig ruhiger, um ihn anzuhören. Avianus feuchtete sich die Kehle an und kam zu Wort:


    [color="darkblue"]"Bürger Roms! Auch für mich als Quaestor Consulum geht nun eine Amtszeit zu Ende - eine Amtszeit, die mich geprägt hat und die für mich wertvolle Erfahrungen für meine Laufbahn bereithielt. Nun ist es meine Pflicht, meine Taten hier festzuhalten, so dass sie jeder hören und in seiner Erinnerung tragen möge!


    Es war eine Zeit, in der ich in erster Linie den Consulen Tiberius Durus unterstützt habe! Bei der Vorbereitung der Feriae Latinae hat dieser mich mit der Organisation aller Mittel und des Festes beauftragt, welches äußerst erfolgreich verlaufen war! Die Opfer des Festes wurden vollzogen und die Feier wurde auch für die latinischen Städte ein Erfolg auf ganzer Linie!
    Zusätzlich dazu habe ich dem Consulen in seiner Arbeit, viele Gesetzesänderungen durchzuführen als Helfer zur Seite gestanden! Einige der Änderungen, die vorgebracht wurden, habe zum Beispiel ich vorgeschlagen, beispielweise die Änderungen am Strafmaß für Mörder und Räuber vorzunehmen!


    Ich blicke nunmehr zurück auf die Amtszeit und bereue es nicht, sie angetreten zu haben. Nein, im Gegenteil! Ich würde es noch einmal und immer wieder tun, wenn die Götter mögen! Ich danke für euer Gehör![/color]


    Avianus nickte in die Menge und verließ die Rostra, um Platz für den nächsten Redner zu machen.

    Der Zeremonie setzte sich fort und die Salii folgten den Rex Sacrorum, der diesen Bereich deutlich zu scheuen wusste. Doch er ging weiter und als er dies tat, gab auch Avianus eine Geste, dass sie ihm alle folgen sollten. So erreichten sie bald den Ort, an dem das Voropfer stattfinden sollte. Mittlerweile lag das Schild schwer im Arm der Aureliers, welcher dieses dennoch fest im Griff hatte und mit entschlossenem Blick der Zeremonie beiwohnte. Der Rex Sacrorum wusch sich die Hände und murmelte seine Gebete, während auch die Salii endlich zum stehen kamen.


    Der Opferhelfer begann routiniert und effizient mit seiner Tätigkeit. Nacheinander besprengte er die umliegenden teilnehmenden Leute, so auch die Salier mit Wasser und vollzog die rituelle Reinigung. Währenddessen wurde im Hintergrund der Foculus aufgebaut. Anschließend sollte das Voropfer bald vollzogen werden...

    Der große Tag, für den sich die Salier wochenlang vorbereitet hatten, war nun gekommen. Lange hatten sie geübt und ihren Tanz sowie ihren Gesang zur Perfektion gebracht, nur um heute ein würdiges Bild abzugeben. Es war ein großer Tag und ein bedeutender Feiertag und Avianus war sich bewusst, dass heute wirklich alles perfekt sein musste. Jeder Tanzschritt musste sitzen und im Gesang durfte kein einziger falscher Ton vorkommen. Dafür hatten sie sich immerhin vorbereitet und viele Stunden der Übung investiert.
    Gewandet in ihrer traditionellen Kleidung, langen Speeren und Schilden erschienen die Salii Palatini wohl geordnet auf dem Comitium, mit Avianus als Magister an ihrer Spitze. Dieser spürte schon die Aufregung, die sich immer in ihm breit machte, wenn man eine ganz besondere Pflicht auf sich sitzen hatte und man sich darauf verlassen musste, dass alles perfekt lief. Er vertraute auf seine Fähigkeiten und ebenso auf jene der anderen Sodales.


    So näherten sie sich der Curia Iulia und fanden auch bald Lanatus, den Rex Sacrorum. Avianus fragte sich, wie der Mann sich wohl vor einer solchen Zeremonie fühlte. Er war einer von jenen, die nach dem Opfer fluchtartig den Platz verließen. Natürlich, dachte Avianus, immerhin durften sie hier ja nicht sein... doch meistens waren sie dann aufgeregt. Der Zug der Salier hielt an und versammelte sich vor dem Rex Sacrorum, Avianus nickte zum Signal, dass sie bereit waren.

    Nun... die Götter hatte Avianus zwar noch nicht befragt, aber er hatte durchaus noch vor, zu ihren Ehren und für seinen Erfolg ein kleines Opfer zu veranstalten. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte er dies noch nicht getan. "Noch nicht... ich meinte damit die andere Sorte von Vorzeichen", erklärte Avianus, was sein Patron schon wusste. Aber wie hätte er auch in seine Gedanken sehen können?


    Avianus lächelte im Folgenden auf die Worte von Macer. "Dann wird es zu einem guten Vorteil gereichen, dass im Senat einer mehr sitzt, der dich und deine Klienten unterstützen kann." Anschließend schwieg Avianus und musste merken, dass er nicht mehr viel zu sagen hatte. Denn alles Wichtige war besprochen, obwohl er sich vergenommen hatte, über solche Dinge heute nicht zu reden - er brach seine eigene Regel, die er sich für heute gesetzt hatte. Und dennoch fühlte er sich erstaunlich erfreut darüber!
    Der Aurelier erhob sich. "Macer... wenn es deinerseits nichts mehr gibt, werde ich dich jetzt in Ruhe lassen."

    Avianus war still geworden, bis Imbrex das Wort ergriff und seinen Dank für die Wahl seiner Person ausgesprochen hatte. Der Magister klopfte seinem Verwandten leicht auf die Schulter und nickte ihm zu. Schade jedoch, dass man sich nicht für Cotta ausgesprochen hatte, denn er hätte sich eine Mitgliedschaft ebenso verdient gehabt.


    Kaum hatte Imbrex abgeschlossen, kam sein Onkel Corvinus zu Wort. Ein Thema, mit welchem sie sich früher oder später hätten beschäftigen müssen.


    "Übungsstunden werden wir auf jeden Fall einplanen. Ich schlage vor, wir beginnen in drei Tagen mit dem Treffpunkt hier. Es mag früh sein, allerdings wäre es besser, entspannter an die Sache heranzugehen.


    *Wir werden am Tage der Festlichkeiten den Rex Sacrorum begleiten, bis er auf dem Comitium Stellung bezogen hat, wo er das Voropfer vollzieht. Später wird der Stier als Opfertier geweiht und hier sind wir gefragt: Wir führen unsere archaischen Tänze auf, gewandet in unserer traditionellen Kleidung. Dies machen wir so lange, bis der Stier geopfert wird. Das kann ein wenig Zeit in Anspruch nehmen, also schlafen wir uns gut aus, denn wir werden Ausdauer an diesem Tag brauchen."


    Anschließend sah er in die Runde... zu sagen hatte er nichts mehr.


    "Wenn niemand dazu Fragen hat, ist die Sitzung damit beendet. Danke für eure Anwesenheit."


    Damit verließ Avianus die Curia.


    Sim-Off:

    * Den Plan hat Gracchus ausgearbeitet, da ich nicht da war... sorry und vielen Dank an dieser Stelle.

    "Ja, wenn ich es nur gewusst hätte", musste auch Avianus grinsen, nachdem die Tür von innen geöffnet wurde und trat anschließend in den Raum. Die Tür schloss er brav hinter sich zu und folgte seinem Onkel zu seiner Sitzgruppe, welche bequem anmutete und den jungen Aurelier direkt zum Sitzen einlud... er ging davon aus, dass Corvinus ihm den Sitzplatz nicht verwehren würde und nahm Platz.
    Im Raum spendete nur eine seicht vor sich her brennende Öllampe ein warmes Licht.


    "Wie ich sehe, wolltest du gerade schlafen. Also fasse ich mich kurz", begann Avianus, "Womöglich wird dir nicht entgangen sein, dass der Consul Tiberius Durus eine Inquisitio Senatus ins Leben gerufen hat, aufgrund des Personalmangels in den Provinzen. Mein Patron Purgitius Macer leitet diese und braucht Informationen aus so vielen Provinzen wie möglich, wie dort der Stand ist... er hat gehofft, du würdest auf meine Nachfrage hin Auskunft geben, eventuell hast du ja verwertbare Informationen aus den Archiven der Acta?"

    Wenn sein Patron gerne Schreckensszenarios erfand, so hätte Avianus mit gutem Wissen und Gewissen zugeben können: Er war verdammt gut darin! Der Aurelier lachte kurz auf. "Aber zum Glück habe ich es richtig gemacht. Immerhin ist die Unterstützung eines solch mächtigen Mannes sehr wertvoll. Die Aufnahme wäre zum Greifen nahe... es soll nicht länger ein Traum bleiben, der in weiter Ferne liegt. Und als vollwertiger Senator könnte ich intensiver an der Politik mitwirken, was sicherlich auch für jene interessant sein dürfte, die mich so lange unterstützt haben", sprach Avianus lächelnd. Sicher verstand Macer, was er damit meinte.


    Wobei es auch reizvoll klang, die Macht der Acta auszunutzen, aber dies lag dann an Corvinus. "Wir werden sehen", meinte Avianus, die Zuversicht quoll förmlich aus seinen Augen heraus, "Die Vorzeichen stehen außerordentlich gut."

    Avianus musste schon fast ein wenig neidisch sein, dass der Diener seines Vettern mit so viel Eifer und den richtigen Aktionen zugange war. Der Sklave musste ein guter Beobachter sein oder sogar schon das richtige Gespür für die Verlangen seines Herren entwickelt haben, denn ein neuer Sklave fand sich anfangs noch nicht sehr gut zurecht. Die Frage, warum der Onkel dem jungen Aurelier wohl keines seiner zahlreich vorhandenen Grundstücke übertrug, war ihm persönlich ein wenig unangenehm... natürlich hatte er sich bei vielen Personen umgehört. Doch Marcus schien sehr an seinen Grundstücken zu hängen.


    "Ich weiß nicht", meinte Avianus ernüchtert und versuchte anschließend, das Thema zur Seite zu schieben... irgendwie. "Aber das spielt keine Rolle... der Consul und mein Patron haben mir ihre Unterstützung zugesagt. Sieht aus, als hätte ich gute Karten, Titus. Danke."

    Avianus winkte ab, als der Consul ihn nach weiteren Anliegen fragte. Nein, er hatte immerhin einen guten Vorschlag gebracht und sich die Unterstützung eines mächtigen Mannes gesichert. Den Tag hatte bis jetzt doch unter dem Strich sehr gut genutzt.


    "Nein, Consul. Wenn du nichts weiter hast, wären wir am Ende angelangt."

    Scheinbar ging es Ursus wohl vorrangig darum, zu erfahren, weshalb Avianus gekommen war. Nun denn, der junge Aurelier wollte darum nicht streiten, wer zuerst an der Reihe war. Ursus schien es prächtig zu gehen. Avianus befeuchtete sich kurz den Hals, ehe er zu Wort kam:


    "Du weißt Ursus, dass meine Amtszeit bald zu Ende geht... und wenn ich weiter kommen möchte, muss ich in den Senat aufgenommen werden. Die Gemahlin von Marcus, Flavia Celerina, hat mir ein Grundstück verkauft. Doch ich brauche Fürsprache, so viel wie möglich." An dieser Stelle hielt Avianus an, denn sein Vetter schien schon zu erahnen, worauf dies hinauszulaufen vermochte.

    Auch Avianus nickte... er würde so bald wie möglich seinen Onkel an einem Abend aufsuchen, um sich darüber zu erkundigen, was er über die Provinzen des Imperiums berichten konnte. Die Acta war eine nicht zu unterschätzende Organisation, die sicher Leute in anderen Provinzen hatte, weshalb man schnell solche Kleinigkeiten aufschnappen konnte. "Das werde ich", bestätigte Avianus.


    Wenige Sekunden später war das Strahlen in Avianus' Gesicht nicht zu übersehen - auch Macer unterstützte ihn. Und da der Consul auch seine Unterstützung zusagte, standen die Vorzeichen gut für ihn!
    "Zufälligerweise habe ich auch, bedingt durch die Nähe zu Tiberius Durus, auch ihn um Befürwortung gebeten. Er sagt zu. Und ich denke, ich bin bereit für diese Herausforderung." Was wohl sinnlos war, zu erwähnen - würde er denn sonst den Senatssitz anstreben?

    Dass er nicht viel mehr getan hatte, als ihm aufgetragen wurde, mochte auch einen Grund haben: Avianus war als Quaestor mehr einem Vorgesetzten unterstellt und innerhalb dieser Tätigkeit war für Eigeninitiative seiner Ansicht nach nicht allzu viel Platz gewesen. Deshalb strebte er doch nach oben...
    "Du hast die Dinge erledigt, die ich dir auftrug."
    Das waren ehrliche, aber trockene Worte, die der Quaestor mit einem zähneknirschenden Nicken quittierte. Selbst wenn der Consul ihn unterstützte, hatte er das scheinbar nicht verdient... er wollte nie zu Erfolg kommen, weil andere in seiner Familie Erfolg hatten. Das war kein Können, das waren einfach nur Glück und die Lorbeeren, welche die anderen noch nicht geerntet haben!


    "Jawohl, Tiberius", nickte Avianus, seine getrübte Freude ließ er sich nicht anmerken, "Ich danke dir."

    "Aber nur stark verdünnt für mich. Aber bitte nicht mehr", meinte Avianus unauffällig zu Ursus und störte den Sklaven nicht weiter. Dieser tat brav, was ihm aufgetragen wurde und schenkte alsbald auch Avianus etwas Nass in den Becher, welchen er mit einem Nicken annahm.
    Für mehr als verdünnten Wein hatte Avianus momentan auch keinen Appettit. Es war immer so, wenn er im Alltag etwas erlebte, was ihn an seinen Vater erinnerte. Zuletzt hatte er den Briefbeschwerer in der Hand, der ihm vermacht wurde. "Ich habe momentan eh nicht sonderlich viel Apettit... die Gedanken an Vater suchen mich immer mal wieder heim", erzählte er schwerherzig, "Da kriege ich meistens keinen Bissen oder keinen Schluck mehr runter."


    Wäre es nun egoistisch gewesen, wenn Avianus im Grunde nur gekommen war, um Ursus' Unterstützung zu erbitten? Dies wäre es wohl gewesen. Also zügelte sich Avianus ein wenig, denn seine Bitte hatte ja noch Zeit, wenn Ursus ihm nicht vor den Augen weglaufen würde. "Nun... eigentlich wollte ich dich um etwas bitten. Etwas Großes", begann Avianus und winkte entschlossen ab. Eine Geste, die ihn eher in den Hintergrund stellte. "Aber das muss nicht sofort sein. Fangen wir bei dir an, Vetter. Was machen deine Ambitionen? Dein Ziel?"

    Ein "Ja" ertönte aus dem Inneren des Cubiculums, welches Avianus das Gefühl vermittelte, dass er sich wohl doch einen ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht hatte, seinen Onkel zu besuchen. Dieser schien im Begriff, etwas früher schlafen zu gehen, als der Neffe es eigentlich von ihm kannte. Nun stand er schon hier und zu gehen, nachdem er Corvinus' Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, schien Avianus unerhört zu sein. Also musste er da durch, selbst wenn dies für sie beide unbequem sein mochte. Er wusste, dass Corvinus ein sehr beschäftigter Mann war. Womöglich war er sogar mit Schreibkram beschäftigt?


    "Marcus", rief Avianus durch die hölzerne Türe, was seine Stimme leiser und stumpf werden ließ, "Ich störe wirklich ungern... ich hatte gehofft, du hättest heute Abend einen Moment Zeit für mich. Es ist mir wichtig." Der letzte Satz wurde von ihm nicht so ausgesprochen, als hätte er damit eine positivere Reaktion bezwecken wollen. Eher betonte er damit, dass er nicht umsonst gekommen war, was sicher auch Corvinus interessieren durfte.

    Avianus stand schweigend vorne und sah mit fragenden Blicken in die Menge. Er sah viele verschiedene Gesichtsausdrücke. Einer schien beleidigt. Die anderen schienen froh über den Zuwachs, wiederum andere überlegten, rieben sich nachdenklich, inne haltend das Kinn. Einige der Zustimmungen kamen relativ schnell, weshalb Avianus für Imbrex' Aufnahme nur positive Vorahnungen hatte.


    Als die meisten seiner eigenen Verwandten abgestimmt haben und auch andere Mitglieder der Salii Palatini ihre Stimme abgegeben haben, war dies nun endlich entschieden - Imbrex sollte beitreten!
    "... Damit hat die Mehrheit der Salii Palatini für die Aufnahme des Aurelius Imbrex gestimmt."

    Avianus öffnete endlich die Tür, nachdem er von Ursus die Zustimmung dazu erhalten hatte und sah sicherlich keinen Anblick, der ihn in Scham versetzt hätte - er war keine Frau, die sich hätte bei dem Anblick schämen müssen, zumal nur der Oberkörper seines Vettern frei war. "Wie geht es dir, Titus", fragte der junge Aurelier und trat näher. Im nächsten Moment erschien einer der Diener von Ursus und Avianus trat einen Schritt zur Seite, um dem Mann zur Erfüllung seiner Aufgaben Platz zu machen.
    Es war ein schöner, belebender Duft, der sich nun im Raum entfaltete.


    Doch wo waren sie nun stehen geblieben? Genau, Ursus hatte einen Platz angeboten, den Avianus auch sofort in Beschlag nahm. "Keinesfalls, Vetter", winkte Avianus ab, "Ich hoffe nur, ich komme nicht ungelegen, um über Karriere zu sprechen?"