Beiträge von Tiberius Aurelius Avianus

    Hätte Avianus jetzt noch einen Einblick in die Fantasie des Pfortenmannes erhaschen können, hätte er sich wohl nicht mehr lange halten können, bevor er vor Magenschmerzen, wegen dem Lachen, zu Boden gegangen wäre. So jedoch lachte Avianus auf (sein Lachen gab ihn dabei zu erkennen, denn jeder kannte es wohl) und spuckte anschließend mit der Wahrheit heraus. Wenn er zu lange spielte, war er sich sicher, würde Leone ihn vielleicht wegen Misstrauen und Angst vor der eigenen Haustüre erschlagen. Und das wäre in der Tat eine nicht allzu angenehme Situation mit nicht allzu angenehmen Anlass gewesen.
    Also fing sich der Aurelier schnell wieder. "Ich bin's, Leone. Aurelius Avianus, ich bin wieder aus Germanien zurückgekehrt!"

    Allein schon der Blick seines Vettern verriet dem jungen Aurelier, was diese im Grunde wollte. Es war eine simple Aufforderung, ein Schrei, ein Mittel, um den Aurelier dazu zu bringen, zu sagen, was er eigentlich sagen wollte: "Sag schon, dass du übernehmen willst!"
    Dieser gestikulären Aufforderung folgend, tat Avianus sogar die Lippen auf und wusste nicht ganz, ob es ein Fehler war, seinem Vettern vorweg zu greifen. "Allerdings sähe ich mich dazu imstande, meine Herren - sofern niemand Einwände äußert, würde ich mich der Aufgabe gewachsen fühlen... wenn ich meinem Vettern damit keinen Wunsch zerstöre."

    Der Patron Purgitius Macer, selber für das Amt des Prätors kandidierend, war der Erste, der sich positiv für den Aurelier aussprach und seine Leistungen als Vigintivir und Qualitäten besonders hervorhob. Mehr konnte Avianus in diesem Moment nicht tun, als sich mit einem Nicken zu bedanken und die übrigen Senatoren miteinander murmelnd ihre Entscheidungen finden zu lassen. Der junge Aurelier machte sich jedoch sorgfältig seine geistigen Notizen, um Leuten bei einer Gelegenheit zu helfen, die ihm geholfen hatten. Und da er nicht das schlechteste Gedächtnis hatte, würde er seinen Patronen ohnehin als Ersten erwägen!


    Dann folgte eine geschätzte Halbe Minute, bis der Senator Germanicus eine Frage an den Aurelier in die Halle warf. Sie zu beantworten, war leicht - natürlich hatte man sich Gedanken über den genauen Einsatz im Amte gemacht, aber Avianus wollte nicht zu allererst mit Wünschen um sich werfen, sondern sich selbst präsentieren.
    Als er den Senator in der Menge ausmachte, kam es wie aus der Pistole geschossen:


    "Für das Amt des Quaestor Consulum, Senator Germanicus!"


    Eine kurze Antwort auf eine Frage, die ebenso kurz war - jemanden, der um den heißen Brei herumredete, ohne auf eigentliche Tatsachen einzugehen, brauchte im Senat ohnehin niemand.

    Obwohl er liebend gern das Gegenteil gewollt hätte, konnte Avianus die letzte Nacht kaum ein Auge zudrücken und lag somit wach auf seiner Pritsche und dachte wohl, was an dem heutigen Tag passieren würde. Es war ein großer und denkwürdiger Tag, an dem Avianus zum zweiten Mal vor hochrangigem Publikum stehen würde, um mit der ganzen Kraft seiner sprachmotorischen Fähigkeiten und Kreativität beim Reden ein Vorankommen in seiner politischen Laufbahn zu bezwecken. Es fühlte sich nur bedingt toll an, hier zu stehen. Toll vielleicht, weil man Möglichkeiten hatte, seine Träume durch einen kleinen Aufstieg in der Karriereleiter zu verwirklichen. Weniger toll, weil es die Senatoren waren, die über die Erfüllung seiner Träume entschieden, was die Möglichkeit beinhaltete, dass sie sich negativ entschieden. Solche Gedanken verwarf der junge Aurelier jedoch schnell, da er doch wusste, dass eine gehörige Portion Selbstsicherheit der Schlüssel zu einer erfolgreichen Vorstellungsrede sein konnten. Und er hatte es doch trotz allem beim ersten Mal, seiner Kandidatur als Vigintivir, bemerkt, dass er sich selbst beinahe vergaß, wenn er eine Rede hielt.


    Obwohl er sehr wenig Schlaf abbekommen hatte, merkte man Avianus nichts an. Denn was ihm an Schlaf fehlte, um die eigene Energie wieder aufzufrischen, glich die Nervosität und penetrante Aufregung wieder aus, mit welchen er diese heiligen Hallen, die Hallen von mitunter bedeutensten Männern römischer Politik, betrat. Er sah sich im Gehen kurz um - die Halle war prall gefüllt mit älteren und weniger älteren Herren, welche den jungen Aurelier schon erwartet hatten. Schnell fühlte er die Blicke unterschwellig, erdrückend auf ihm lasten.
    Doch unerschütterlich schrat Avianus weiter. Ein Schritt nach dem anderen, eine halbe, gefühlte Ewigkeit. Und er kam vor dem Redepult an, welches für jene gedacht war, die hier im Mittelpunkt standen. Er war stark, er war bereit - er war richtig. Denn hier gehörte Avianus hin, hier sollte er stehen und das wusste er sehr genau. Und er war stark und seiner großen Aufgabe gewachsen!


    "Väter Roms", rief er, um seine zweite Senatsrede zu eröffnen, "Sicherlich werden mich Viele von Euch aufgrund meiner vorausgegangenen Laufbahn schon kennen, sich ein Bild davon gemacht haben, ob ich fähig und gewillt bin, unserem Imperium in einfachen, sowie auch in harten Zeiten zu dienen. Nicht auf dem Schlachtfeld, nicht auf dem Exerzierplatz, nicht außerhalb des Reiches, sondern in nicht weniger, als in unserer wertvollen und wichtigen Politik, im Cursus Honorum, unter anderen Politikern, die genau so wie ich gewillt sind, dem Imperium zu dienen! Ich möchte die Gelegenheit erhalten, viel leisten zu dürfen - ich verlange jedoch nichts dafür, denn Rom zu dienen ist mein Lohn und dieser ersetzt nicht die größte Menge an Macht und Reichtum, die sich ein gewöhnlicher Mensch vorstellen kann!"
    Eine kurze Redepause trat ein, während Avianus schluckte und sich Kehle und Lippen befeuchtete. Er vergaß sich schon wieder in seiner Rede, genau wie beim ersten Mal...
    "Ich habe Rom schon einmal gedient, sogar mehrmals über gleich drei Amtszeiten hinweg! In der Ersten, als Decemvir Litibus Iucandis, habe ich Rom und seinem Volke gedient, indem ich Leuten ihr Erbe übertrug, welches ihnen rechtmäßig zustand und bis heute noch zusteht! Meine letzten zwei Amtszeiten verbrachte ich als senatorischer Tribun der Legio II Germanica Fidelis Constans in Mogontiacum!
    Und seid euch versichert, werte Senatoren, dass ich diese mir gestellten Aufgaben gewissenhaft durchgeführt habe und keine Mühen in ihrer Bewältigung gescheut habe, egal wie unangenehm es war, egal wie weit mein Weg führte, egal, wie viel Zeit mich das gekostet hat! Ich habe es getan! Und ich will es erneut tun, doch dieses Mal möchte ich voranschreiten und meinen Teil zum Imperium als Quaestor beitragen. Mehr brauche ich nicht, als eure Erlaubnis, diese Pflicht an mich zu nehmen, so wie es das Erbe meiner Vor- und Vorvorfahren ist! Und ich würde euch, Senatoren, nie enttäuschen und Schande über mich und meinen Stammbaum bringen!"


    Der junge Aurelier trat, nachdem diese Worte verhallt und in die Senatoren eingewirkt haben, zurück und verneigte sich leicht - eine dankende Geste für das Gehör der Senatoren.

    Avianus stand besorgt und nachdenklich in seinem Cubiculum, während drei Sklaven voll und ganz damit beschäftigt waren, ihm die strahlend weiße Toga anzulegen, welche er sich für den heutigen Tag im Senate angeschafft hatte. Pingelig und höchst genau achteten die Sklaven auf die kleinste Falte und dass alles so aussah, wie es vor solch hochrangigen Zuhörern aussehen sollte. Das Vigintivirat und zwei Amtszeiten als Tribun hatte der junge Aurelier hinter sich, welche viel an Nerven- und Zeitaufwand gekostet hatten, ihn jedoch bis viel stärker gemacht haben. Es war vielleicht etwas, was ihm fehlte und was der verstorbene Regulus sich für ihn gewünscht hätte...
    Während sie Sklaven ihre gegebene Arbeit höchst effizient vollbrachten, so stand der junge Mann, welcher heute seine Kandidatur als Quaestor antreten würde, wie eine Wachsfigur im Zentrum des Raumes, was ihm angesichts der bevorstehenden Rede vor mächtigen Senatoren auch so schon schwer genug fiel. Er wusste nicht, an was er lieber denken sollte.
    "Welches Datum schreiben wir heute", fragte der junge Kandidat ein Mädchen, welches gerade ein Stück Stoff über seinen Arm warf. Er kannte dieses Mädchen. Es war still, doch es tat, was man ihr befahl.


    "Der 29. September."
    Schweigend senkte Avianus den Kopf und gedachte seinem Vater. Noch suchte er nach den Mördern.
    "Sein Todestag", flüsterte er.
    "Es tut mir leid", entgegnete das Mädchen kleinlaut.
    "Nein. Ich bin stärker geworden. Stark war ich jedoch zu der falschen Zeit, es hat mir leid zu tun."


    Er hob den Kopf und blickte wieder nach vorne. Die Sklaven waren fertig und mit einem Nicken entließ er sie aus dem Raum. Still packten sie ihre Sachen, gingen und schlossen leise klacksend die Tür hinter sich. Avianus sah sich im Spiegel an - er sah makellos aus. "Wir haben uns kaum Ähnlichkeit, Vater... merkwürdig, dabei fällt der Apfel doch nicht weit vom Stamm."
    Der junge Aurelier verließ das Haus, um sich auf in Richtung Senat zu machen. Schließlich erwartete man ihn!

    Wenig überraschend für den jungen Aurelier, dass gerade Leone hier war, die Tür zu öffnen. Er tat seine gewöhnliche Aufgabe, denn er hatte die Verantwortung für alles, was durch die Eingangspforte hinein und hinaus kam. Diese Verantwortung schien ihren Besitzer weder gewechselt noch verfehlt zu haben... so vorsichtig und Fremden (für welchen Avianus gehalten wurde) gegenüber war der Ianitor schon immer, vielleicht hielt ihn das sogar mit dieser Pflicht beschäftigt!
    Und Avianus nahm es dem Sklaven nicht einmal besonders übel, dass dieser ihn nicht erkannte. Wie hätte er das auch können? Avianus hätte sich vielleicht selbst nicht wieder erkannt, doch da die Situation so gelungen war, konnte er ja daraus Kapital schlagen und einen kleinen Scherz daraus machen. Grinsend, was man jedoch nicht sah, senkte Avianus den Kopf und verstellte die Stimme, so dass sie ein wenig tiefer klang, als gewöhnlich.

    "Salve. Du kennst mich nicht? Weißt du denn nicht, wer vor dir steht?!"

    Immer schade, wenn die Besten Spieler aus Gründen gehen, die man eigentlich bereinigen oder wenigstens hätte vermeiden können - das tut mir sehr leid, dass du gehst, Aristides, aber ich hoffe, dass du es dir nochmal überlegst oder zurück kommst!

    Avianus war sich zunächst unsicher, ob er nicht einfach aufstehen solle, um zu gehen und ob diese lästige Ruhe nicht vielleicht das Signal war, dass die Sitzung der Salier ihr Ende gefunden hatte. Doch zum Glück musste er zum Aufstehen nicht einmal ansetzen, da der Flavier diese Stille den Göttern sei Dank brach - er selbst hätte wahrscheinlich weiterhin geschwiegen oder sich in der Gegend herumgeräuspert!
    Nun war Tiberius jedoch verwirrt, als es am Ende hieß, dass einer der hier anwesenden Aurelier - Ursus oder er - das Amt der Magisters übernehmen sollten. Etwas ratlos blickte Avianus Aristides an und anschließend sah er Ursus an und zuckte mit den Schultern. Er hätte zwar übernommen, aber wenn Ursus diese Ehre haben wollte, so würde Avianus sie ihm überlassen. Sie waren als Vettern immer gut miteinander klargekommen. Letztendlich wollte Avianus ihm jedoch den Vortritt lassen!


    Sim-Off:

    Das hat jetzt gedauert... aber bin frisch aus Germanien gekommen! ;)

    Sie waren allesamt von der Reise geschafft und Avianus war in seiner Eile (sie waren dafür erstaunlich schnell gekommen) noch nicht einmal dazu gekommen, sie richtig zu rasieren, was hoffentlich die Wiedersehensfreude mit der Familie nicht trüben sollte. So groß war der Bart nun auch wieder nicht und man konnte den jungen Aurelier wenigstens noch erkennen. Die Straßen Roms waren bei anbrechender Dunkelheit nicht so überfüllt wie am hellichten Tage, was das Navigieren durch die Stadt für die kleine Eskorte und Avianus selbst sehr erleichterte. Alles war ihm doch so bekannt, doch er wusste nicht so recht, ob er froh sein sollte, zurück in die Stadt zu kommen, in welcher sein Vater umkahm. Bekannt war ihm jedoch alles, weshalb er auch den schnellsten Weg zur Villa Aurelia nahm, wobei er sogar die riskante Abkürzung durch die Subura nahm.
    Vor der Villa von seinem Pferd steigend, stellte Tiberius fest, dass es nun schon Nacht war und hielt zielstrebig auf die Eingangspforte des guten Hauses zu, während die Sklaven die Lasttiere von ihrem Gepäck befreiten. Vielleicht war es mittlerweile dunkel genug, dass man Avianus mit seinem Bart viel schlechter identifizieren konnte, als er kräftig an die Pforte klopfte.

    Mittlerweile war Avianus schon zum zweiten Mal durch die Alpen gereist und konnte nun völlig zu recht behaupten, dass er es hasste, diese besonders kalte und schwierige Gebirgskette zu überwinden. Die Reise durch die Alpen hatte den jungen Aurelier und sein Gefolge satte 4 Tage Marsch (mit wenig Schlaf) gekostet und die kalten Nächte waren besonders im nahenden Herbst nicht ausgesprochen einfach, Vorbereitung hin oder her. Doch es ging voran, sie aßen ihren Hunger weg, ertränkten ihren Durst, doch zu tun hatten sie immer etwas - denn zu diesen Zustand ließen sie es nie kommen, weil sie einfach weiterliefen.


    Am Ende war es wie eine Erlösung, als sie die Alpen hinter sich ließen und die Gebirge hinter ihnen lagen. Avianus warf so glücklich, wie er über diesen Umstand war, auch keine Blicke zurück, sondern legte sogar fast ein wenig an Tempo zu. Nun waren sie in Italien, worüber sie endlos froh waren, da sie sich so allmählich wieder so fühlten, als wären sie zurück zu Hause. Und da alle Wege nach Rom führten, so war es doch kaum verwunderlich, dass die ersten Meilensteine schon dick den Schriftzug "Roma" eingemeißelt trugen. Der Aurelier wusste genau, dass es sich nur noch um wenige Tage handeln konnte und der halbe Weg war schließlich schon bewältigt.
    So gingen sie entlang der friedlichen italienischen Ebenen mit Bauernhöfen, Wiesen und idyllischen Wäldern in Richtung Mantua. Hier wollte der Herbst noch nicht so richtig einkehren und sie konnten noch ein wenig länger wunderschönes Wetter und wärmenden Sonnenschein auf ihrer Haut spüren. In Mantua rasteten sie ergiebig, um Arretium machten sie einen Bogen und folgten anschließend dem Tiber - quasi der Wasserstraße nach Rom.


    Und dort war es anschließen am Sonnenuntergang, als sich das gewaltige Panorama des Herzens des Imperiums vor ihnen erstreckte. Doch vorbei war für den Aurelier nichts, denn sein eigentlicher Kampf stand noch bevor.

    Sie waren entschlossen, so bald wie möglich nach Hause zu kehren, nach welchem sie sich so sehr sehnten. Die Sklaven und Avianus waren beinahe schon übermotiviert, nach Rom zu kommen, weshalb sie des Abends sogar länger marschierten, als sie für jenen Tag eigentlich planten. Doch genau Avianus war es, dem es bei den Gedanken, nach Rom zu kommen, mulmig war. Er hatte in der Legion gelernt, sich richtig zur Wehr setzen zu können, und er hatte davor, zu oft an Vater erinnert zu werden. Im großen Rom eine Verbrecherbande zu finden, welche immer noch existierte und sich für den Mord an Regulus zu revanchieren war eine große Aufgabe, und obwohl Avianus sie nicht unversucht lassen wollte, wusste er nicht, wie er das anstellen wolle. Oder was er überhaupt tun sollte.
    Es waren erneut die alten Bilder, welche ihn öfter in der Reise belästigten und es schienen immer mehr immer öfter zu kommen, je näher sie an Rom kamen. Avianus hatte Angst vor dieser Stadt, vor dem, was auf ihn wartete und vor allem fragte er sich, wie es dem Bruder seines Vaters, seinem Onkel Corvinus ging. Er achtete den Mann sehr, wie einen Mentor, doch wie ein Mentor konnte er auch streng zu ihm sein. Doch er hatte gut verstanden, was Avianus so sehr geplagt hatte und was ihn immer noch plagte. Und er war bei ihm, als der junge Aurelier sich allein und hilflos fühlte. Eigentlich war Avianus in der Legion stärker geworden - er hatte bessere Voraussetzungen, sein Leben in Rom zu meistern. Er fühlte sich wehrhafter und selbstsicherer. Obwohl er Angst hatte, lernte er, mit Angst umzugehen. Er hatte große Angst, doch Rom lag noch vor ihm und die Suche nach den Mördern ebenso. Der weiche Avianus war nicht mehr - an seine Stelle trat der starke Avianus. Er fragte sich, ob seine Familie in Rom damit klarkommen würde.


    So ritten sie ihren alten Weg, Richtung Borbetomagnus, über den Danuvius, über die Alpen in Richtung Mantua, über Arretium... bis nach Rom!


    Sim-Off:

    Falls etwas in Mogontiacum sein sollte, bitte beeilen... ich werde heute Nacht los müssen, und dies leider nur aus Zeitdrang... tut mir leid! ;)

    Der Sommer war mittlerweile schon vorbei, weshalb sich die Sonne nun nicht mehr lachend über den Horizont erhob, sondern hinter hellgrauen Wolken verschwand, welche den ganzen germanischen Himmel bedeckten. Der Aurelier zog eine Kolonne aus Gepäck tragenden Sklaven hinter sich her, welche für die Reise wohl gerüstet und gestärkt waren - zu diesem Zwecke ließ er sie sogar so viel essen, wie sie wollten, wenn ein Teller nicht ausreichte. Sie waren keine besonders große Kolonne, doch mit großer Zahl kamen sie nun einmal nicht hierher und Lasttiere trugen den Großteil ihrer Sachen. Nur die Alpen würden gerade um diese Jahreszeit eine große Herausforderung werden.
    Auch das gute Pferd des Terentiers hatte Avianus heute morgen wieder in den Ställen abgestellt - und er freute sich, wieder sein eigenes Tier zu reiten...


    Sie marschierten auf geradem Weg aus der Porta hinaus und Avianus war sich bewusst, dass er hier vielleicht nie wieder hinkommen würde. Und er würde die Zeit hier, sein erstes Gefecht, nie vergessen können. Letzteres hatte sich auf negative Weise in seinem Hirn eingebrannt.


    "Aurelius Avianus... ich melde mich ab, und das dauerhaft!"
    Damit trotteten sie weiter, um durch Mogontiacum zu kommen, bevor der Verkehr unerträglich wäre.

    Ein Sklave des Aurelius Avianus hurtete in den Vorraum des Legaten, wo ein Scriba saß, der weniger abgearbeitet aussah - wie denn auch, der sitzte ja den ganzen Tag in seinem Officium, während man sich im Hause Aurelius mit Gepäcktragen abrackerte! In seiner Hand hielt der Sklave eine mit dem Wappen der Familie versiegelte Schriftrolle.


    "Salve", grüßte er weniger motiviert, "Ein Bericht des Dominus Aurelius Avianus... bitte dem Legaten geben."
    Der Mann legte ohne Antwort abzuwarten den Bericht auf den Schreibtisch des Schreibers und sputete schon wieder nach außen.



    Abschlussbericht


    des ehemaligen Tribunus Laticlavius
    Tiberius Aurelius Avianus


    ~~~~~


    Geehrter Legat!


    Dieser Bericht soll Dich über einige wichtige Verhältnisse vor meiner Entlassung aufklären. Es geht vor allem um Dinge, die ich im Rahmen meiner Amtszeit nicht mehr vollbringen konnte, ich muss diese zeitlich bedingt vernachlässigten Pflichten also abgeben.


    Wir haben immer noch die Gefangenen Männer, Frauen und Kinder, welchen wir in dem Waldstück außerhalb Mogontiacums begegnet sind - stur wie sie sind, konnte ich ihnen keine Informationen entlocken. Wir haben sie weiterhin in Gewahrsam gelassen, so dass Du und der Decurio Terentius über das weitere Vorgehen entscheiden müssen.


    Die Toten in unseren Reihen wurden nach allen Regeln der Sittlichkeit bestattet, der Decurio Terentius hat die Vorbereitungen erfolgreich in die Hand genommen - mögen sie in Frieden ruhen.


    Ansonsten habe ich nichts zu erzählen, was eines Berichtes Wert wäre - mehr jedoch möchte ich meine letzten Zeilen nutzen, dir meine besten Glückwünsche auszurichten, Vinicius, Du bist ein guter Mann. Mögen die Götter über Dich wachen!






    Sim-Off:

    Tut mir leid für den Doppelpost, ich wollte aber nur noch geschwind einen Abschlussbericht liefern... hoffentlich ist das okay. :)

    Als das Klopfen ertönte, war Avianus mitten dabei, seine gesamten Bücher und mitgebrachten Schreibutensilien zu packen, während die Sklaven im Haus die Sachen packten und vorbereiteten. Heute war alles, was sie noch brauchten, eine ordentliche Kappe Schlaf für die folgenden schweren Tage der Reise. Und es war schwer, aber Avianus hatte sich nun perfekt auf das Sitzen zu Pferde gewöhnt.
    Etwas geschafft vom Büchertragen rief der Aurelier "Herein!" und sah schon den Decurio hereintreten.

    "Salve, Decurio. Du kommst, dich zu verabschieden, nehme ich an?"
    Wenn dem so war, überraschte dies den Aurelier, hatte er doch keine großen Dienste für die Legion vollbracht... mit einer simplen Gegenfrage gab er sogar die Antwort für den Decurio.

    Avianus nickte, der Legat schien von der Kurzfristigkeit seiner Bitte zumindest nicht erzürnt gewesen sein - aber der gute Mann beherrschte in seinem hohen Amt sicherlich auch, seine Gefühle hinter einer Schicht aus Gleichgültigkeit zu verbergen. Und wenn dem so war, dann musste Avianus sich ehrlich eingestehen, dass er noch viel zu lernen hatte!
    "Ich danke dir, mein Legat", lächelte Avianus höflich, erhob sich und nahm die Hand des Legaten entgegen. Währenddessen sprach er: "Es war mir eine große Ehre, unter dir dienen zu dürfen, Vinicius." Und ein wenig Ironie durfte ebenfalls nicht fehlen! "Ich hoffe, ich habe nicht allzu viel Schaden angerichtet! Vale!"
    Anschließend salutierte er gekonnt ein letztes Mal - er würde den Legaten sicherlich nicht mehr sehen - und verließ zielstrebig das Officium, um im Hause sofort die Reisevorbereitungen starten zu lassen.

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    [/I]


    Avianus nickte, denn er wusste über die Wahltermine schon bestens Bescheid und konnte darüber auch ohne lange nachzudenken berichten:


    "Legat, am 27. diesen Monats enden zunächst die Anmeldefristen. Das ist allerdings kein Problem, denn ich habe für meine Anmeldung den brieflichen Weg genommen... das Schreiben befindet sich schon auf dem Weg nach Rom. Allerdings wäre es mir recht, schon sehr bald, vor Ende der Frist, in Rom zu sein", erklärte der Aurelier und legte eine Pause ein, "Gewählt wird ab dem 11. Oktober, wobei ich noch die Vorstellungen beim Senat und den Wahlkampf davor berücksichtigen muss. Wenn du erlaubt, würde ich mit meinen Dienern heute nach Dienstschluss die Abreisevorbereitungen treffen - um morgen zu gehen."
    Eigentlich war es verwunderlich, dass der Legat selbst nicht über so etwas Bescheid wusste, aber vielleicht forderten die Wahlen in Mogontiacum und die zeitintensive Tätigkeit als Statthalter und Kommandeur der Legion ihren Tribut.

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Der Tribun kam gleich zur Sache. Gut so, denn an diesem Tag hatte er keine Lust für irgendwelche Umständlichkeiten.


    Um was gehts denn?



    "Nun", fing der senatorische Tribun am Ende seiner Amtszeit zu schildern an, "Die Wahlen für den Cursus Honorum stehen bald an und ich muss allmählich mit den Gedanken spielen, nach Rom zurückzukehren. Und ich muss natürlich fragen, wann du mir erlaubst, meinen Dienst zu beenden." Eigentlich war Avianus nicht so eitel, einen großen Abschied zu erwarten, doch er sagte den nachfolgenden Satz immer noch mit einer gebührenden Portion Vorsicht und deswegen, weil er keine Zeit verschwenden wollte. "Ich erwarte keinen großen Abschied... es geht mir eher darum, unauffällig, aber schnell die Legion zu verlassen, denn eine Verspätung kann ich mir nicht leisten."

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Den Scriba hingegen konnte das Wort "dringlich" wenig aus der Ruhe bringen. Jeder, der hierher kam, hatte eine wichtige, dringende Angelegenheit. Die, die es wagten, den Legaten mit Kleinigkeiten oder schlimmer noch unwichtigen Kleinigkeiten zu belästigen, die konnten sich nämlich gleich wieder schleichen... pardon: ihren Rückzug antreten und hoffen, daß der Legat nicht allzu nachtragend sei.


    Dementsprechend gemütlich - von "schnell" hatte der Tribun ja nix gesagt - ging der Scriba ins Officium und kam bald wieder heraus.


    Der Legat lässt bitten. sagte der gelangweilte Scriba und setzte sich zurück auf seinen Platz.



    Zwar hatte das "dringlich" auf den Scriba keine Einwirkung gehabt, was Avianus in diesem Fall nichts mehr ausmachen konnte, da dieser sofort aufstand und ohne banale "Warum"-Fragen mit dem Legaten redete. Und siehe da, der Aurelier wurde hinein gerufen und ließ sich nicht zwei Mal bitten. Obwohl es schon sicher war, dass der Legate eh nicht zwei Mal bitten lassen würde, sonst könnte Avianus ohnehin wieder die Beine in die Hand nehmen.
    Also trat der junge Aurelier hinein und hielt einige Schritte auf den Legaten zu. Anschließend gab er nach einem kräftigen "Salve!" seinen Salut für den Oberkommandeur. Avianus wusste, was Hungaricus für ein Typ war und sparte sich die sinnlosen "Ich-hoffe-ich-komme-nicht-ungelegen" oder "Hoffentlich-hast-du-einen-Moment-Zeit"-Fragen. Wenn man die nicht bejahen konnte, wäre er wohl jetzt nicht hier drinnen. Stattdessen jedoch kam Avianus sofort zur Sache!


    "Legatus, ich komme, weil sich meine Amtszeit langsam dem Ende zuneigt. Ich denke, es ist an der Zeit, einige Dinge zu besprechen. Es geht um einige Organisatorische Dinge und natürlich meine Abreise." Er musste wohl nicht weiter erläutern, dass er mit der Abreise meinte, wann er gehen durfte und ob davor noch etwas geplant war.

    Sim-Off:

    Geld ist überwiesen!



    [Blockierte Grafik: http://img152.imageshack.us/img152/4324/aureliasymbolxr8.gif]


    Ad Consulus Gnaeus Afranius Dexter

    Provincia Italia
    ~~~~~
    Roma

    ~~~~~
    Zum Haus des Consulen


    ____________________________________________


    Sehr verehrter Konsul!



    Du wirst wegen der anstehenden Wahlen zum Cursus Honorum mit Sicherheit einen gefüllten Terminkalender haben und so hoffe ich, deine Arbeit mit meinem Schreiben nicht allzu sehr abzubrechen. Doch eben weil die Wahlen anstehen, schreibe ich - denn ich gedenke, für das Amt des Quästors zu kandidieren und sende dir hiermit schriftlich aus Germanien mein Anmeldungsschreiben.
    Gerne hätte ich Dich auch persönlich aufgesucht, doch die Abreisevorbereitungen laufen sehr stark und ich werde zwar nicht zur Anmeldungszeit rechtzeitig in Rom sein, dafür jedoch bei den eigentlichen Wahlen und bei der Vorstellung im Senat.


    Wie dem auch sei - bitte notiere mich als Kandidat zur Quästur, ich werde da sein!



    Mögen die Götter Dich schützen, Consul!



    Eigentlich war es für Avianus eine erfahrungsreiche Amtszeit, in der er der Legion hoffentlich nicht allzu vielen Schaden zugefügt hatte. Im Grunde war er ein sehr geradliniger Typ, der seine Sache nur richtig machen wollte. Und am Ende hat das doch nicht so geklappt, wie er es sich vorgestellt hatte. Die Patrouille, bei der sie angegriffen wurden, hatte ihm zugesetzt, in erster Linie jedoch den Männern, die dabei gefallen sind und der Legion, die ihre Männer verloren hatte. Der Aurelier dachte höchst ungern an die Geschehenisse. Doch er hatte dazugelernt. Und wenn er jemals wieder seinen Fuß in eine Legion setzen sollte, wüsste er wenigstens, wo es entlang geht.


    Nun jedoch war seine zweite Amtszeit als Tribun schon fast zu Ende und die Wahlen zum Cursus Honorum riefen ihn als aufstrebenden jungen Mann. Denn Avianus wollte die Quästur anstreben, ein Schritt, der schon längst überfällig war. Es musste weitergehen und Tiberius musste gefälligst rechtzeitig in Rom antanzen, wenn es etwas werden sollte.
    Dezent und ehrfürchtig trat er in die Schreibstube des Scriba, welcher im Vorraum zum eigentlichen Zimmer des Legaten saß. Ruhig grüßte er und brachte sein Anliegen vor. "Salve, Scriba. Ich wünsche den Legaten in einer dringlichen Angelegenheit zu sprechen." Das Wort "dringlich" verlieh der ganzen Sache sogar ihre Wichtigkeit. Denn das war es für den Aurelier - wichtig!