Beiträge von Manius Aurelius Orestes

    Zwei Äpfel in der Hand kam er zurück in sein Zimmer, das Gerede, die gute Stimmung, das Gewusel in der Küche, all dies war noch ein wenig zu viel für Orestes, und so war er froh wieder in seinem Cubiculum angekommen zu sein, wo er sich auf die Kline fallen ließ und in den einen Apfel biss, während er den anderen neben sich legte.


    Was war nur mit ihm los. Seit Wochen, fast schon Monaten, saß er hier und erledigte brav seine Pflichten, aber mehr war nicht drin. Er kaute, der frische leicht säuerliche Geschmack des Apfels tat ihm, wie Niki (und Theophrast!) vorausgesagt hatte, gut. Und wie er so kaute, viel ihm auf, dass er nicht grübelte. Seit langem das erste Mal.

    Die Nachricht über eine Dringlichkeitssitzung der palatinischen Salier hatte Orestes gerade noch erreicht, so dass er mit - wie er hoffte - nur geringer Verspätung in den Versammlungsraum kam. Als er dort ankam, staunte er nicht schlecht, als er Ursus sah. Flavius Gracchus hatte er erwartet, ebenso die anderen der schon anwesenden Sodalen, sie alle einschließend sagte er:
    "Salvete, consodales.", dann setzt er sich neben Ursus. "Salve, Titus, bist Du nicht eigentlich bei den Collinern?"


    Der private Haruspex

    Zitat

    Original von Decimus Annaeus Varus
    Die unangenehme Sache mit dem Buffet war nun auch bereinigt und eine handvoll Sklaven hatten soeben das Opfertier hereingebracht und befestigten dies kopfüber an den Ketten, die an der Stirnseite des Atriums angebracht waren. Auch der Haruspex schien diese Zeremonie mit Wohlwollen zu verfolgen. Jetzt also kann es bald losgehen, dachte ich mir und bahnte mir den Weg durch die Menschen.


    Tatsächlich betrachtete er das ganze mit Wohlwollen, auch die Sache mit dem Buffet war kein großes Problem für ihn, da er ja die nächsten Tage Fleisch essen würde. Das Opfer das nun folgen würde, würde der Bräutigam darbringen müssen, zuerst ein paar Kekse und etwas Wein als Voropfer, wobei erstere nach der dextrarum iunctio von den Brautleuten verzehrt werden würden. Dann, wie es sich für ein Opfer gehörte die Reinigung, die Darbringungsformel, die Händewaschung und die mola salsa und alle diese Riten, schließlich der Stich und das Ausnehmen, dann käme die Stunde des Haruspex, der allerdings schon jetzt wusste, was er antworten würde. Alles etwas viel drumherum, wie er fand, aber so waren die althergebrachten Riten nun einmal. "Von mir aus kann es losgehen, hast Du den Wein und die Kekse? Mola Salsa und die anderen Utensilien habe ich mitgebracht, ich könnte auch die Flöte spielen, wenn Du diese Untermalung wünschst."

    Orestes war zwar nicht mit Corvinus aufgebrochen, doch war es ihm ein Pflichtgefühl (und nur dieses trieb ihn in diesen Tagen aus dem Haus, der Zeremonie beizuwohnen. Es tat ihm gut, auch wenn es für seine Gefühl schon wieder zu kalt war, die frische Luft zu atmen, die durch keine Öfen verschmutzt (daher aber auch nicht erwärmt) war. So gesellte er sich zu den Klienten seines Verwandten und harrte.

    Der Tempeldiener rollte die Schriftrolle wieder ein, als auch schon die Sacerdos anderen Dienern ein Zeichen, die nun das einen Krug mit Wasser und eine Schale, sowie das mallulium brachten, um die Handwaschung zu vollziehen.


    Hinter diesen beiden standen schon weitere bereit, mit der mola salsa und dem Opfermesser. Der Moment des Opfers rückte näher, die vorbereitenden Riten kamen ihrem Höhepunkt entgegen.


    Der private Haruspex Aulus Segulius Sulca - auch bekannt unter dem Namen Lev Usilcan:


    Der Bräutigam hatte anscheinend an alles gedacht, auch die Idee ein Schwein zu nehmen, gefiel Lev Usilcan, schließlich hatten sie ausgemacht, dass er das Fleisch würde bekommen sollen:
    "Ein Schwein ist genau das richtige, ihr habt es doch richtig genährt? Das ist ganz wichtig, damit alles glatt geht."

    "Passt schon", sagte Orestes und wusste, dass er Fragen dieser Art hatte vermeiden wollen, so dass diese offene und nichts sagende Antwort ihm genau richtig erschien. Wenn er etwas aufmerksamer gewesen wäre, hätte er mitbekommen, dass Corvinus direkt zuvor mit Nuala gesprochen hatte und das sein Name gefallen war, aber diese Art von Aufmerksamkeit, die er sonst zu seinen wichtigsten Eigenschaften zählen würde, ging ihm momentan einfach ab.



    "Du hast Recht, Niki, zwei Äpfel sind auch nicht schlecht.", und als Alexandros ihm kurz darauf auch schon zwei in die Hand drückte, hatte er ja alles erledigt und bewegte sich auch schon wieder in Richtung Ausgang. Zu Nuala gewandt sagte er aber noch: "Bringst Du mir nachher noch einen Krug Wein vorbei?"


    Der private Haruspex Aulus Segulius Sulca - auch bekannt unter dem Namen Lev Usilcan:


    Er wurde vom Bräutigam begrüßt und hereingebeten, so stand er dann als sich - früh am Morgen - das Atrium füllte inselbigem und tat wichtig. Er grüßte und begrüßte - und wurde natürlich auch begrüßt, schließlich wussten die Leute ja, dass er Lev Usilcan für die die Zeremonie wichtig war. Nach einigen Minuten begab er sich zum Bräutigam und sprach ihn an:"Ich nehme an, ihr habt ein Tier bereit, dessen Leber ich untersuchen kann? Oder sollen wir es mit den fliegenden Vögeln versuchen?"

    Sacerdos Ennia Iuniana:


    Seit vielen Jahren - nicht das sie alt wäre, gereift an Weisheit, vielleicht aber nicht an Jahren - aber doch seit vielen Jahren tat sie nun ihren Dienst und immer wieder waren Heiratswillige gekommen um zu opfern, doch selten waren es Paare denen die Verliebtheit anzusehen war. Meistens war ja gar keine Liebe im Spiel, was nach Ennias Meinung auch nicht unbedingt notwendig war, sogar eher überbewertet bei den jungen, also bei den sehr jungen, Frauen. Diese beiden hatten nicht nur eine prächtige - hoffentlich nicht trächtige - Kuh gebracht, die sie nun opfern wollten. Da die Priesterin nicht mehr genau im Kopf hatte - früher hatte sie sich die Dinge besser merken können, als sie noch jung, also noch jünger, gewesen war - welche Hilfestellung der Annaer brauchte, hatte sie auf jeden Fall einigen der Tempeldiener die Schriftrollen, mit den Texten und Anweisungen gegeben, die sie dem Opferherrn vor die Nase halten würde, wenn er etwas würde sagen müssen.


    Als die Prozession bei ihnen angekommen war, nahm sie selbst das Büschel von Palmzweigen in die Hand tauchte es in das Wasserbecken, das bereit stand, und besprengte die Menge, dann rief der Herold mit geübter Stimme: "Favete Linguis!"


    Nun trat der Tempeldiener mit der Schriftrolle hervor ging zum Opferherrn und wollte ihn zur Kuh begleiten. Dort angekommen öffnete er die Rolle und zeigte auf die Stelle an der stand:


    Darbringungsformel beim Hochzeitsopfer (Art des Opfers einzufügen):
    "O IUNO Pronuba, da es recht ist Dir Opfer darzubringen, sei Dir diese N.N. geweiht, auf dass Du Deine Diener, die ihre Ehe unter Deinen Schutz zu stellen wünschen, segnest."


    Der private Haruspex Aulus Segulius Sulca:


    Es war der frühe Morgen dieses Hohzeitstages als Lev Usilclan, mit bürgerlichem Namen Aulus Segulius Sulca, aber Lev Usilcan klang irgendwie etruskischer und so hatte er diesen Künstler-, will sagen, Weihenamen angenommen, sich dem Haus der Sergier näherte. Man hatte ihn hierher bestellt, um einer Hochzeit die Omen zu deuten, die stattfinden sollte. Er machte dies gerne und gewissenhaft. Sicherlich nur wenn es sich nicht vermeiden ließ, gab er schwierige Vorhersagen, einmal als es wirklich nicht anders ging, hatte er die Eheleute ein paar Tage später bei Seite genommen und ihnen die wahren Vorzeichen gedeutet, während er am Hochzeitsmorgen gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatte. Aber meistens kam es einigermaßen hin.


    So kam er an der Porta an, wo gerade schon ein Troß angekommen war. Er vermutete, dass dies der Bräutigam war - und als er in diesem Moment ein paar Raben rufen hörte, wusste er - auch ohne Augur zu sein, dass er nicht lange würde suchen müssen, um dem Paar gute Vorzeichen deuten zu können, aber so schnell würde er auch nicht wieder gehen, denn schließlich wurde er bezahlt, und die Leute konnten etwas für ihr Geld verlangen, dennoch sagte er mit einer guten Portion Pathos in der Stimme, wohldosiert freilich, um nicht zu übertreiben.: "Salvete, der Ruf des Raben bringt Euch Glück, wie trefflich wenn es der Troß des Bräutgam wäre, der diesen Schrei gehört, beim Grauen des Tages des Zuges."

    Die letzten Wochen waren an Orestes irgendwie vorbeigezogen, Arbeit und Studium, Nebel und Regen. Ihm war sogar verborgen geblieben, dass es kurzfristig Sorgen gegeben hatte, dass der Tiber über die Ufer gehen könnte. Auch das Abbrennen der Tiberischen Villa war an ihm vorübergezogen, ohne dass er Notiz davon genommen hätte. Seine Stimmung hatte sich auch als langsam auf die Saturnalien zu ging nicht richtig heben können, und nun einige Tage vorher merkte er, und allein dies gab ihm wieder etwas Hoffnung, dass er es also etwas bemerkte, er merkte jedenfalls wie Vorfreude durch die Villa wallte und auch wenn er nicht von ihr angesteckt wurde, gab sie ihm doch die Kraft, als er eines schon fast schönen Tages Hunger verspürte und Nuala gerade nicht da war, das erste Mal seit langem in die Küche zu gehen.


    Zumindest in die Richtung derselben, denn als er das Geschnatter und Durcheinandergerede schon aus einiger Entfernung hören konnte, meinte er, dass ihm die schwarze Galle hochkomme, und dass er sich nach der Ruhe in seinem Cubiculum sehne. Als er aber so seine Schritte verlangsamte, und gerade wieder im Begriffe war umzudrehen, kam ihm der Ratschlag Theophrasts in den Sinn, bei einem zuviel an schwarzer Galle einen Apfel zu essen. Diesem Rat zu folgen, beschleunigte er abermals seine Schritte und betrat schließlich, nicht ohne irgendwo aus den Tiefen seines Bewusstsein einen einigermaßen ausgeglichenen Blick aufzusetzen, die Küche, wo er die heiter schnatternde Schar seiner familia antraf.


    Er erblickte Nuala, Ursus und viele andere. Wenn es irgendetwas wichtiges gäbe, warum man hier versammelt wäre, würde er es sich nachher von Nuala berichten lassen, seine Aufgabe war es sich einen Apfel zu besorgen und ohne viele Gespräche wieder in die Ruhe des Cubiculums zu kommen. Also sagte er , während er sich an einigen vorbei in Richtung Vorratskammer drängelte, zu alldenen, die er länger nicht mehr gesehen hatte, ein irgendwie freundlich-unverbindlich klingendes: "Salve!"


    Er kam auch an Nuala und Niki vorbei: "Ähm, Niki, die Äpfel finde ich dort drüben, oder?", sagte und zeigte in die Richtung wo er dieselbigen vermutete.

    "Naja...", antwortete er auf die Frage von Avianus nach seinem Weg, die Ausbildung der Discipuli macht eine Menge Arbeit, und auf Grund mancher Umstände ist meine Konzentration auch nicht so weit her. Also ich bin gut beschäftigt. Mal sehen, ob ich im nächsten Jahr auch das Vigintivirat angehe."


    Sie waren in zwischen in das kleine Triclinium des Vereinshauses gegangen, wo außer ihnen noch einige andere Salier saßen und aßen. Zum Teil junge und aktive, zum Teil 'untersetztere' Herren, die eher aus Dolabellas Generation zu kommen schienen. Bei diesen eher offenen Mahlzeiten bei den Saliern war es nicht zu schlimm, wenn man erst verspätet kam, so wurde die drei freundlich begrüßt und schnell kamen Sklaven, die ihnen Plätze zuwiesen und sie ansonsten auf das Essen vorbereiteten.

    "Ach richtig, der Tiberier, der immer etwas anders war. Jetzt erinnere ich mich. Das muss ja Jahre her sein, dass Du das letzte Mal Deinen Dienst tatest. Inzwischen stehst Du nicht mal mehr auf den Listen.", sagte der alte Sklave, "Aber ich nehme nicht an, dass Ihr nur gekommen seid, um in der Tür zu stehen. Ihr kommt gerade rechtzeitig zu einem kleinen Mahl. Kommt doch rein.", sagte er verbeugte sich und lächelte etwas hämisch.


    Orestes nahm dies zur Kenntnis, allerdings nicht missbilligend, sondern wohlwollend, schließlich wußte dieser alte Sklave, warum sie gekommen waren. "Avianus, Dolabella, ein paar kleine Häppchen?", sagte er zu den anderen beiden und ohne eine weitere Antwort abzuwarten, spazierte er in das Vereinshaus.

    Nicht unverwundert blickte Orestes als der Fremde, der sich als Tiberier vorstellte seinen Großvater nannte. Fast verschlug es ihm sogar die Sprache. "So zu Zeiten des Aurelius Crassus. Das ist tatsächlich schon lange her. Ich bin erst seit kurzem in dieser ehrwürdigen Sodalität Mitglied, deswegen kann ich Euch nichts über die Mitgliederlisten sagen, doch...", sagte er dann aber doch noch bevor Avianus zu ihnen stieß. Eheu, Aviane! Das ist ja ein Zufall in der Casa sehen wir uns so gut wie nie und hier vor unserem Vereinshaus treffen wir uns, das ist doch gut. Wie lief der Wahlkampf?, begrüßte er ihn kurz, dann wieder zu Dolabella sich wendend, sprach er: doch. Komm doch ersteinmal herein. Es könnte sein, dass es eine Kleinigkeit zu essen gibt, schließlich wäre es fast schon Zeit dafür."


    Er wiederholte das Klopfen, mit dem es Dolabella einige Minuten zuvor schon probiert hatte allerdings im Rhythmus ihres Tanzes und so dauerte es nicht lange bis der alte Sklave, der das Haus hütete an die Tür kam. "Ah, die jungen Aurelier und... ah ich kenne Dich...warte" sagte er mit seiner zittrigen Stimme.

    Es war mehr zufällig, dass sich Aurelius Orestes an diesem Tag zum Vereinshaus der palatinischen Salier begab. Mal wieder nach dem rechten Schauen, sehen ob jemand anderes sich eingefunden hatte in diesem erlauchten Herrenclub, vielleicht einen Becher Wein, oder ein Gespräch.


    So sah er Dolabella, den er freilich nicht kannte an der Tür stehen und klopfen, als er selber gerade an kam. "Salve, Du willst zu den palatinischen Saliern?"

    Gur, dann blieb die Decimerin, das stellte Orestes nur vor das Problem, dass er nur eine Kopie des Textes hatte. Sich nichts dabei denkend, sagte er deshalb: "Ich habe leider nur eine Abschrift des Textes, vielleicht könnt ihr ja zusammen reinschauen.", das die beiden dabei näher würden zusammenrücken müssen, schien ihm unproblematisch. "Hier ist der Text, er ist von einem Gelehrten mit Namen Tacitus. Er hat in jüngster Zeit über die Germanen gearbeitet und dies sind ein paar Auszüge, die von seiner Wahrnehmung der Religion handeln. Lest ihn Euch durch. Und beantwortet mir dann die Frage: Was ist die Interpretatio Romana. Und dann vielleicht für Dich Verus: Worin hat Tacitus recht und wo missversteht er vielleicht auch die Religion der Germanen?


    Er gab ihnen einen Papyrus folgenden Inhalts:


    De origine et situ Germanorum
    Germanien insgesamt ist von den Galliern, von den Rätern und Pannoniern durch Rhein und Donau, von den Sarmaten und Dakern durch wechselseitiges Mißtrauen oder Gebirgszüge geschieden. ...


    Von den Göttern verehren sie am meisten den Merkur; sie halten es für geboten, ihm an bestimmten Tagen auch Menschenopfer darzubringen. Herkules und Mars stimmen sie durch bestimmte Tiere gnädig. Ein Teil der Sueben opfert auch der Isis. Worin der fremde Kult seinen Grund und Ursprung hat, ist mir nicht recht bekannt geworden; immerhin beweist das Zeichen der Göttin – es sieht wie eine Barke aus –, daß der Kult auf dem Seewege gekommen ist. Im übrigen glauben die Germanen, daß es der Hoheit der Himmlischen nicht gemäß sei, Götter in Wände einzuschließen oder irgendwie der menschlichen Gestalt nachzubilden. Sie weihen ihnen Lichtungen und Haine, und mit göttlichen Namen benennen sie jenes geheimnisvolle Wesen, das sie nur in frommer Verehrung erblicken.Auf Vorzeichen und Losorakel achtet niemand so viel wie sie. Das Verfahren beim Losen ist einfach. Sie schneiden von einem fruchttragenden Baum einen Zweig ab und zerteilen ihn in kleine Stücke; diese machen sie durch Zeichen kenntlich und streuen sie planlos und wie es der Zufall will auf ein weißes Laken. Dann betet bei einer öffentlichen Befragung der Stammespriester, bei einer privaten der Hausvater zu den Göttern, hebt, gegen den Himmel blickend, nacheinander drei Zweigstücke auf und deutet sie nach den vorher eingeritzten Zeichen. Lautet das Ergebnis ungünstig, so findet am gleichen Tage keine Befragung mehr über denselben Gegenstand statt; lautet es jedoch günstig, so muß es noch durch Vorzeichen bestätigt werden. Und der verbreitete Brauch, Stimme und Flug von Vögeln zu befragen, ist auch hier bekannt; hingegen ist es eine germanische Besonderheit, auch auf Vorzeichen und Hinweise von Pferden zu achten. Auf Kosten der Allgemeinheit hält man in den erwähnten Hainen und Lichtungen Schimmel, die durch keinerlei Dienst für Sterbliche entweiht sind. Man spannt sie vor den heiligen Wagen; der Priester und der König oder das Oberhaupt des Stammes gehen neben ihnen und beobachten ihr Wiehern und Schnauben. Und keinem Zeichen schenkt man mehr Glauben, nicht etwa nur beim Volke: auch bei den Vornehmen, bei den Priestern; sich selbst halten sie nämlich nur für Diener der Götter, die Pferde hingegen für deren Vertraute. Sie beachten noch eine andere Art von Vorzeichen; hiermit suchen sie den Ausgang schwerer Kriege zu erkunden. Sie bringen auf irgendeine Weise einen Angehörigen des Stammes, mit dem sie Krieg führen, in ihre Gewalt und lassen ihn mit einem ausgewählten Manne des eigenen Volkes, jeden in den Waffen seiner Heimat, kämpfen. Der Sieg des einen oder anderen gilt als Vorentscheidung....


    An die Markomannen und Quaden schließen sich weiter rückwärts die Marsigner, Kotiner, Oser und Burer an. Von ihnen geben sich die Marsigner und Burer durch Sprache und Lebensweise als Sueben zu erkennen. Bei den Kotinern beweist die gallische, bei den Osern die pannonische Mundart, daß sie keine Germanen sind, und überdies ertragen sie Abgaben: sie müssen sie als landfremde Stämme teils an die Sarmaten, teils an die Quaden entrichten. Die Kotiner fördern sogar Eisen, was sie noch verächtlicher macht. Alle diese Stämme haben nur wenig ebenes Gebiet; meist wohnen sie auf bewaldeten Höhen. Denn der Kamm einer fortlaufenden Gebirgskette teilt und durchschneidet das Suebenland. Jenseits des Kammes hausen noch zahlreiche Völkerschaften. Von ihnen haben sich die Lugier am weitesten ausgebreitet; sie gliedern sich in mehrere Einzelstämme. Es genügt, die bedeutendsten zu nennen: die Harier, Helvekonen, Manimer, Helisier und Naharnavaler. Bei den Naharnavalern zeigt man einen Hain, eine uralte Kultstätte. Vorsteher ist ein Priester in Frauentracht; die Gottheiten, so wird berichtet, könnte man in der Interpretatio Romana Kastor und Pollux nennen. Ihnen entsprechen sie in ihrem Wesen; sie heißen Alken. Es gibt keine Bildnisse; keine Spur weist auf einen fremden Ursprung des Kultes; gleichwohl verehrt man sie als Brüder, als Jünglinge. Im übrigen sind die Harier den soeben genannten Summen an Kräften überlegen. Ohnehin von schrecklichem Aussehen, kommen sie der angeborenen Wildheit durch Kunst und Ausnutzung der Zeit zu Hilfe. Schwarz sind die Schilde, gefärbt die Leiber; dunkle Nächte wählen sie zum Kampf, und schon das Grauenvolle und Schattenhafte ihres Totenheeres jagt Schrecken ein: kein Feind hält dem ungewohnten und gleichsam höllischen Anblick stand. Denn in jeder Schlacht erliegen ja zuerst die Augen.

    "Du hast recht Verus, die genannten sind auch die so genannten Bauleiter. Bene."
    Er überlegte kurz, fuhr dann aber fort. "Also für heute war es das eigentlich. Bleibt nur noch der Text über die Germanen, für Dich Verus. Flava Du könntest jetzt gehen, kannst aber auch noch bleiben, auch wenn das folgende nicht so wichtig für Dich ist."

    Konnte Orestes hier und da vielleicht eine kleine Unsicherheit erkennen und auch die Weintrauben hätte er vielleicht nicht gewählt, aber im großen und ganze konnte er zufrieden sein - mit dem Voropfer.
    Als er dann das Opfertier sah, wurde er bleich - ein Eber. Ein männliches Tier für eine weibliche Gottheit. Es konnte nicht gutgehen. Auch wenn er die Handlungsweise seines Schülers - als der Eber auszubrechen drohte für gelungen erachtete, war er mit den Gedanken beim falschen Geschlecht des Opfertiers. Er schaute zum Pontifex, der die Prüfung leitete.