Firas wusste nicht so recht, wie er es bewerten sollte, dass der Herr Archias mit einem derartig freudvollen Ausdruck in den Augen seinen Ausführungen über das Glücksspiel folgte. Doch immerhin brachte es ihn kurz zum Überlegen, ob er dem Ganzen noch etwas hinzufügen sollte, um einen möglichst guten Eindruck von seiner eigenen Person bei ihm zu hinterlassen. Das war aber bestimmt doch nicht nötig, auch wenn er bisher nicht wirklich als Botschafter der Unterhaltungsbranche Alexandriens dienlich war. Zumindest wäre das Hütchenspiel schnell erklärt. Firas deutete wirre, kleine Konturen in der Luft an und wollte zu einer Erläuterung ansetzen. “Also, man hat da drei so kleine Hüte und einen kleinen Gegenstand....“ Weiteres war allerdings gar nicht nötig. “Wobei...warte mal...“ Ja? Der Herr Archias hatte wissen wollen, was er mit „und so“ meinte. Firas hatte inne gehalten und erwartungsvoll dreingeschaut, doch er wusste mit einem Mal selber nicht mehr, was er mit „und so“ gemeint hatte. Vielleicht dieses Brettspiel, mit diesem Gitternetz, wo es darum ging, fünf Steine in eine Reihe zu bekommen, aber damit kannte er sich absolut nicht aus. Auf jeden Fall hatte er schon einmal herausgefunden, dass es die Spiele waren, bei denen es etwas zu gewinnen gab, die den Herrn Archias interessierten. Aber er war eben ein Römer und somit war das völlig normal. Nikoláos hatte einmal gesagt, dass Glücksspiele den Charakter schwächten, und dass man sie deshalb meiden musste, wo es nur ging. Für den Griechen war das sicherlich die richtige Entscheidung gewesen, auch wenn seinerseits eindeutig Unternehmungen fehlten, die dem Charakter eventuell eine Stärkung erfahren lassen hätten.
Wie gut, dass Firas zuvor schon erkannt hatte, dass dieses Gebiet nicht unbedingt seins war, auch wenn alles was damit zusammenhing ihn sehr interessierte. Die Ausführungen über sein zukünftiges Betätigungsfeld seitens seines neuen Herrn klangen überaus zufriedenstellend. Aufräumen. Das war schon einmal recht gut, auf jeden Fall besser als bei Gaius, wo der Begriff des „Aufräumens“ immer zwangsläufig etwas mit einer Mistgabel zu tun hatte und in den Ställen stattfand. Hier schien es definitiv keine zu geben, auch wenn Firas persönlich den Umstand schade fand, dass es wohl auch keine Pferde gab. Er vergötterte Pferde, und sogar Gaius war immer wieder erstaunt gewesen, wie sehr die Pferde auch Firas zu vergöttern schienen. Aber es war nicht zu ändern.
Etwas überrascht war Firas dann doch, dass er als Leibwächter mitgenommen werden sollte. Bewachen stellte kein Problem dar, doch er war noch nie ein Leibwächter gewesen, und so würde sich schon herausstellen, was geschehen würde, wenn er ausgiebig gewacht, und eine Gefahr dabei entdeckt haben sollte.
Mit einem Schulterzucken folgte er der Aufforderung, sich diesbezüglich Katander zu betrachten. So richtig eindringlich wurde sein Blick jedoch nicht, um sich nicht möglicherweise etwas mit diesem zu verscherzen, was noch nicht einmal begonnen hatte. Immerhin verdankte er es Katander, dass er hier war, wie auch immer dieser Umstand zu bewerten war. Nein, Firas lächelte stattdessen lieber. Das war eine Weisheit von seiner Mutter. Schenke der Welt ein Lächeln und vielleicht hast du Glück und sie beachtet dich dann nicht weiter.
“Und ach, wir brauchen dringend jemanden, der kochen kann. Damit abends was auf dem Tisch steht, wenn ich heim komme.“ Firas konnte zwar ausgezeichnet gut essen, aber kochen? Gaius hatte das Katander erzählt und nur der kreisende Pleitegeier wusste warum er das getan hatte. Natürlich um ihn loszuwerden! Firas kratze sich am Kinn. Mit viel Glück konnte er Eier kochen, Fleisch auf einem Rost braten und er verstand sich auch auf deftiges Allerlei, das man in ein Brot stopfte, Soße drüber goss, nur um sich dann daran die Kiefergelenke auszuhebeln. Leibwächter klang da schon eindeutig besser, doch so recht spannend schien das Leben hier dann doch nicht zu werden, auch wenn die Aussicht auf ein nagelneues Bett recht vielversprechend klang. Nach dem Aufräumen und dem Kochen, hatte er dann gewiss viel Zeit, um dieses auch gebührend zu würdigen. Wenn dass kein Glück war!
“Ja, das ist alles kein Problem,“ gab dann mit diesen Worten zwar eine feste, aber auch recht globale Antwort auf alles und schaute auf, als sein neuer Herr sich erhob und reckte. Auch ihn hielt es nicht mehr auf seinem Platz und er erhob sich ebenfalls. So ganz konnte er nicht glauben, dass das wirklich alles gewesen sein sollte. In ihm jedoch war schon längst der Entschluss gereift, sich redlich zu bemühen und sein Bestes zu geben. “So,“ sagte dann auch er und trat recht unschlüssig von einem Bein auf das Andere, um einen Tatendrang unter Kontrolle zu bringen, von dem er selber nicht wusste, in was er diesen einmünden lassen sollte. Schließlich patschte er die Hände zusammen, sah auf Katander, sah auf seinen neuen Herrn, und schaute sich weiter um. Sein Blick glitt über das Geländer, hinunter auf die Straße, und dann wieder am gegenüberliegenden Haus empor. “Nette Aussicht,“ sagte er mit einem beiläufig klingenden Tonfall und einem sympathie-heischenden Lächeln im Gesicht.