Kurz und knackig: In der Politik haben Frauen in keinem Amt was zu suchen. Also auch nicht Decurio, Ritterlaufbahn oder Cursus Honorum eh nicht.
Verwaltende Tätigkeiten (Magister Officiorum irgendwo) sollte gehen, ebenso bei der Schola Atheniensis (was allerdings SimOff-Arbeit bedeutet), bei der Acta Diurna (was ebenfalls mit SimOff-Arbeit verbunden ist), beim Cursus Publicus und im Cultus Deorum. Dort kann frau mit Ordo Senatorius bislang Pontifex Minor werden (wobei ich da ehrlich gesagt nicht ganz durch den neuesten SimOn-Beschluss der Pontifices durchgestiegen bin, da kann dir aber sicher beim CD jemand weiterhelfen).
Darüber hinaus bietet sich natürlich die Chance, die sich jeder Frau auch in der Antike geboten hat (und die damals viel fleißiger genutzt wurde als hier im Forum): Kontakte knüpfen und zum eigenen Vorteil ausnutzen.
Beiträge von Iunia Axilla
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Da Axilla meistens kalt aß, vor allem in letzter Zeit, kaute sie sich anstelle einer Antwort nur auf der Unterlippe herum. Sie beobachtete Seneca, wie er das Essen auf zwei Teller verteilte und ihr die kleinere Portion dann zuschob. Das Gemüse und das Hühnchen dampfte noch, und Axilla war sich sehr sicher, dass sie sich nicht nur die Finger, sondern auch die Zunge verbrennen würde, wenn sie gleich probieren würde. Von daher nahm sie nur ein wenig Brot und tupfte damit an das Gemüse und das Fleisch, ohne wirklich zu essen. Sie wollte erst noch warten, bis es aufhörte, zu dampfen.
Seneca hingegen störte sich nicht an der Temperatur und fing zu essen an. Nebenzu erzählte er von seinem Dienst, und Axilla hörte ihm aufmerksam zu. Es war lange her, dass sie solche Geschichten gehört hatte. Ihr Vater hatte auch immer beim Essen erzählt, wenn er dann daheim war. So lange, bis Axillas Mutter irgendwann immer gemeint hatte 'Jetzt reicht es aber, Atticus! Das Mädchen soll sowas nicht hören!' Mit ein Grund mehr, warum Axilla die Geschichten so gerne gehört hatte.
Doch Seneca hörte fast sofort auf, und Axilla sah kurz hoch. Mochte er davon nicht erzählen, oder durfte er nicht? Sie fragte einfach nochmal. “Und was habt ihr dann mit dem Mann gemacht? Weißt du denn, was er angestellt hat, dass er so zugerichtet wurde? Wer war es denn?“ Wegen ihr konnte eine Geschichte ruhig blutrünstig sein, sie war da sicher nicht so. Jetzt traute sie sich auch mal, ein bisschen was von seinem Essen zu probieren. Ganz vorsichtig pflückte sie mit den Fingern ein ganz wenig helles Hähnchenfleisch auseinander. Mit einer schnellen Bewegung war es dann auch im Mund, nur um mit einem stimmlosen “Hoooohoo“ kundzutun, dass es wirklich noch sehr warm war. Aber ein kräftiger Schluck Wasser schaffte da, dass sie sich nicht weiter verbrannte. Besser, sie wartete noch ein wenig, oder pustete ein wenig. -
Ob Shayan zu irgendetwas bereit war oder nicht, interessierte hier keinen. Während er vom dunklen Gang am Eingang des Ludus verschluckt wurde, wurden bereits alle Vorbereitungen für sein Training getroffen. Ob er bereit war oder nicht, er würde trainieren. Und wenn er es nicht schaffte, würde er sterben. So einfach war es. Zumindest für die angestellten des Ludus.
Shayan wurde mitgeführt, bewacht wie jeder andere Neuling auch. Unterwegs wurden ihm die Regeln erklärt von einem schmächtigen Mann, der definitiv nicht hier war, um zu kämpfen. Er war Schreiberling hier, einer von vielen, und arbeitete dem Archivar zu. Ein Ludus bestand schließlich aus mehr als nur Ausbildern und Rekruten.
“Verstehst du unsere Sprache? Gut, ich wiederhol mich nämlich nicht gerne. Als Novicus ist es dir nicht gestattet, zu sprechen, außer, du wirst etwas gefragt. Solange du hier bist, bist du offiziell Besitz des Ludus, und wie jedes andere Besitzgut zu behandeln. Die Doctores und die Direktion kann dich bestrafen, wie auch immer es ihnen richtig erscheint. Was deinen Tod im Übrigen beinhaltet.“
Sie kamen in einen Raum, wo bereits ein paar Jungen warteten. Diese sahen erwartungsvoll zu Shayan, dem Beamten und den beiden Wachen, die ihn begleiteten. “Leg deine Kleider ab, für den Anfang trägst du nur ein Subligaculum.“ Der Schreiber sah kurz auffordernd zu ihm.
“Den Anweisungen der Doctores ist in jedem Fall Folge zu leisten. Ansonsten wirst du, wie bereits gesagt, bestraft werden. Ebenso ist dem anderen Personal hier – das beinhaltet die Medici, die Scribae der Direktion und vor allem dem Director – Folge zu leisten. Widerspruch wird nicht geduldet.“
Der Scriba blickte nun von seiner Tafel auf und sah Shayan fast schon gelangweilt an. Offensichtlich spulte er diesen text nicht zum ersten Mal ab. “Und fürs Archiv benötige ich noch einige Formalia. Deine Besitzerin ist eine Flavia Nigrina, das habe ich bereits vermerkt. Ich brauche noch dein Alter und deine Herkunft.“ -
Er veralberte sie, und Axilla musste ein wenig lachen. Sie nahm es ihm nicht übel, im Gegenteil, es löste die Spannung. Und sie hatte sich ja auch etwas kindisch ausgedrückt, das würde sie als letzte abstreiten. So lachte sie nur und hörte dann zu, wie Flaccus erzählte.
“Oh, dann hoffe ich, du machst das besser als dein Vetter.“ Eine Sekunde nicht nachgedacht, und schwupps, schon war etwas mit einem halben Lachen heraus, was sie eigentlich nicht hatte sagen wollen. Nur ein Herzschlag später merkte Axilla, was sie da gerade nicht unbedingt charmant von sich gegeben hatte, und sofort wurde sie rot und sah Flaccus beschwichtigend an. Schadensbegrenzung musste her. “Ähm, ich meine, also... ich wollte Piso nicht beleidigen, es ist nur... ich weiß ja nicht, ob du ihn mal singen hast hören. Ich meine... ähm...“ Ablenken! Am besten einfach Thema wechseln und so tun, als wäre nichts gewesen. Im Zweifelsfall: Themenwechsel. Das klappte fast immer. Im Grunde kannte Axilla nur eine einzige Person, bei der es nicht geklappt hatte. Und an die wollte sie gerade nicht denken.
“Ähm, spielst du dann auch ein Instrument, oder beschränkst du dich auf stimmlichen Vortrag? In Alexandria war ich ja sehr gut mit Penelope Bantotakis bekannt. Die war Kitharistin, und hat bei den Spielen damals in Alexandria den musischen Wettstreit gewonnen. Das war wirklich sehr beeindruckend.“
Axilla hoffte, dass ihr Ablenkungsversuch geglückt war. Etwas besseres war ihr nicht eingefallen als das. Dass besagte Griechin und ihr Mann mittlerweile beide tot waren, wusste sie nicht, ansonsten hätte sie vielleicht noch einmal überlegt und ein anderes Thema gewählt. -
Annaeus Modestus, Annaeus Modestus? Axilla überlegte, ob sie den Namen irgendwoher kannte. Es dauerte einen Moment, bis ihr einfiel, woher sie den Namen kannte. Ja, natürlich! Der Prozess gegen Livianus, da war er Prätor gewesen! Und er gehörte auch zu den ewigen Junggesellen, wenn Axilla sich richtig an den Articel der Acta erinnern konnte. Wobei sie da recht zuversichtlich war, denn alle dort vorkommenden Männer waren ledig gewesen, was ja der Grund des Artikels gewesen war.
Aber das war ja auch nebensächlich, und Axilla schob diesen Gedanken daher beiseite. Wichtiger war, dass Seneca sich irgendwie mit diesem angelegt hatte – wobei Axilla instinktiv Partei für ihren Vetter ergriff. “So ein Idiot“, entfuhr es ihr daher wenig charmant. “Der hätte ja auch trotz Senatorentitel mal kurz warten können.“ Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie es wirklich da am Tor gewesen war, aber Unkenntnis verhinderte bekanntlich nicht, eine Meinung zum besten zu geben. Und so beschloss Axilla, ohne auch nur je ein Wort mit dem Annaer gewechselt oder ihn gesehen zu haben, dass sie ihn nicht mochte. Der arme Seneca. Gut, ihr Vater hatte immer gesagt, Strafen gehörten dazu, und ein Mann habe die ohne zu klagen zu ertragen. Das fördere die Disziplin. Aber trotzdem. Trotzdem!Vielleicht echauffierte Axilla sich auch nur deswegen so sehr, weil es sie so schön ablenkte. Es gab der Wut, die sie tief in sich fühlte, ein willkommenes Ventil. Etwas, das weit genug entfernt von ihr war, als dass sie sich da nicht näher damit beschäftigen musste, ob es sie selbst irgendwie betraf. Ob sie selbst daran schuld hatte. Es war geradezu perfekt, und so dachte Axilla auch gar nicht darüber weiter nach, sondern nahm es willkommen an.
Hunger aber konnte sie dennoch keinen so wirklichen entwickeln, auch wenn das Hühnchen besser als erwartet roch. “Ist das nicht noch furchtbar heiß? Nicht, dass wir uns die Finger verbrennen.“ Ein bisschen misstrauisch schaute Axilla schon auf den gekochten Flattermann und das, was Seneca mit diesem anstellte. Sie hoffte nur, er merkte nichts, wenn sie wenig aß, oder dachte, es lag an seinen Kochkünsten. Außer natürlich, es läge an seinen Kochkünsten, aber es roch zumindest sehr lecker. -
Sie war bekannt? Axilla sah ihren Vetter ein wenig zweifelnd an. Wer sollte sie denn kennen? Sie selbst kannte ja so gut wie niemanden. Sie überlegte einen kleinen Moment. “Naja, vielleicht ist das, weil ich bei der Acta arbeite? Bin ja jetzt Lectrix. Ich glaub, das wird ganz schnell gehen, bis man mich nur als die 'Cousine von Seneca' kennt.“ Der letzte Teil klang sogar richtig zuversichtlich. Immerhin war Seneca ein Mann, und bei den Cohortes Urbanae, und vielleicht würde er ja die Ritterlaufbahn einschlagen. Zumindest dachte sich Axilla das so.
Seine andere Frage war da doch weit unangenehmer. Natürlich hatte Axilla erwartet, dass er sie fragte, wie es ihr ging. Das gehörte ja irgendwie auch dazu. Nur hatte sie irgendwo doch gehofft, dass er es vielleicht vergaß, oder aber zu abgelenkt war. Dass sie eben nicht in Verlegenheit kam, ihn anzuschwindeln.
Auch wenn ein Teil von ihr sich bei ihm ausheulen wollte, sogar unbedingt, sie konnte ihm doch nicht sagen, dass sie verliebt war. Gewesen war. Was auch immer. Und dass dieser Mann sie als unwichtig und einen niemand betitelt hatte. Und dass dieser Mann eine andere Frau hatte, die auch viel hübscher war als Axilla. Und dass sie deshalb seit Tagen kaum aus dem Bett kam. Nein, das klang albern.
“Ja, natürlich weiß ich das...“, meinte sie ausweichend, sah Seneca dabei aber nicht an. Sie konnte ihm nicht so ins Gesicht schwindeln. Und zum Glück lenkte er mit seinem Hühnchen auch gleich wieder ab und brachte Axilla zum Lächeln. Was dann aber auch gleich postwendend in einen überraschten Gesichtsausdruck wechselte.
“Strafdienst? Was hast du gemacht? Für deinen Vorgesetzten gekocht, und ihm hat es nicht geschmeckt?“ Die Frage nach dem, was sonst so los war, stellte Axilla momentan hintenan. Dass ihr Cousin Strafdienst hatte, war gerade viel interessanter. Und mit kindlicher Neugier wollte sie einfach wissen, was er angestellt hatte. -
Nachdem es schon TV-Tipps gibt, warum sollten Bücher dann zu kurz kommen?
Angesichts dessen, dass wir gerade so viele neue Gladiatoren haben, möchte ich ein kleines Büchlein vorstellen, das gerade für diese (aber auch für alle anderen) sehr interessant sein dürfte:
Gladiatoren - Leben für Triumph und Tod
von Fabrizio Paolucci
(ISBN: 978-3-86601-602-6)Das kleine Büchlein ist sicher kein wissenschaftliches Werk und erhebt auch keinen Anspruch, eines zu sein. Was allerdings den Vorteil hat, dass es auch nicht trocken wissenschaftlich geschrieben ist, sondern einen leicht verfolgbaren Erzählfluss hat.
Es kommt auf 121 Seiten im Din-A-5-Format daher und enthält so ziemlich alles, was es über Gladiatoren zu wissen gibt. Der Ursprung der Spiele wird vorgestellt, der Autor geht sehr schön auf die verschiedenen Ansätze der Rekonstruktion desselben zurück, ohne dabei langweilig zu werden. Ebenso bekommt man eine Einführung in die verschiedenen Ludi, ihren Aufbau, den Ablauf eines Arenatages, die Ausbildung, die Wirkung in der Gesellschaft, vor allem später unter der Christianisierung des Imperiums bis schließlich zum Verbot der Spiele. Durch passende Bilder von Statuen, Mosaiken etc. inkl. Quellenangaben, wird der Text noch zusätzlich aufgelockert. In hervorgehobenen Kästen wird immer wieder zu einzelnen Aspekten näher Stellung genommen und mit weitverbreiteten Irrtümern aufgeräumt. So wird sowohl die Herkunft des "Morituri te salutant" erklärt (und ebenfalls, dass dieser Satz kein offizieller Gruß war), ebenso wie der berühmte "gedrehte Daumen".Mit 9,80 Euro ist das Buch auch nicht wirklich teuer, und für alle, die sich für Gladiatoren interessieren, bietet das wirklich einen wunderbar informativen ersten Eindruck.
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Als Seneca die Arme ausbreitete, war Axilla einen Moment mehr als nur versucht, ihm in eben jene zu fallen. Ihn einfach umarmen und.. sie würde vermutlich wieder anfangen zu heulen, aber so peinlich das auch war, dennoch hätte Axilla es in diesem Moment am liebsten getan. Allerdings währte der Moment zu kurz, als dass sie es hätte durchführen können.
So setzte sie sich, wie Seneca ihr anbot, und zog die Füße leicht an. Hier in der Küche war es wärmer als im restlichen Haus wegen dem Herd, aber ihr war momentan trotzdem dauernd kalt. “Stimmt, du hast es versprochen. Ich hoffe, es hält auch, was du prophezeit hast.“ Sie neckte ihn ein wenig und versuchte sich an einem schiefen lächeln.“Öhm... was soll ich dir denn erzählen?“ fragte sie ein wenig hilflos und sah Seneca beim kochen zu. Es sah zumindest essbarer aus als ihre eigenen kläglichen Kochversuche. Es gab einen Grund, warum keine Köchin, weder zuhause bei Tarraco noch in Alexandria noch in Rom, je wollte, dass Axilla die Küche benutzte.
“Dass ich einen Gladiator gekauft habe, weißt du? Als Custos Corporis?“ Das war vielleicht etwas, wo sie ein wenig unverfänglich erzählen konnte. -
Die meiste Zeit des Tages verbrachte Axilla im Bett. Sie war nicht wirklich krank. Sie hatte keinen Schnupfen, ihr tat nichts weh, sie musste nicht husten. Aber sie fühlte sich krank. Sie fühlte sich ganz entsetzlich krank, und es gab keine Medizin dafür.
An dem Abend nach der Sponsalienfeier war sie zusammengebrochen und hatte nur geweint. Irgendwann war sie in ihrem Zimmer aufgewacht und ein Medicus hatte sie angesehen und ihre Stirn gefühlt. Er hatte etwas zu ihren Sklaven gesagt. Zuviel schwarze Galle im Blut, zuviel Erde. Sie solle mehr Obst essen. Und gegen die Hysterie, die sie bei ihrem Weinkrampf befallen hatte, solle sie sich doch bitte einen Mann suchen, der sie... entspannte.
Axilla hatte sich nur unter ihre Decke vergraben und alles ignoriert. Die Ratschläge, die Sklaven, die ganze Welt. Sie wusste, dass es nicht an schwarzer Galle lag, und über einen Mann wollte sie gerade nicht nachdenken. Sie fühlte sich nicht nach Mann. Sie fühlte sich nach gar nichts.Und so verbrachte sie die meiste Zeit im Bett, abgesehen von einem beschwinglichen Ausflug zu den Flaviern, und verdöste den halben Tag. Wirklich aufraffen konnte sie sich zur Zeit kaum zu etwas. So auch an diesem Tag. Es brauchte recht lange, bis sie aufgestanden war und sich dann gewaschen hatte. Sie zog einfach an, was ihre Sklaven ihr hingelegt hatten, und setzte sich dann erst einmal ans Fenster, um hinaus in den Garten zu starren. Dort fielen gerade die letzten Blätter von den Bäumen, so dass es prima zu Axillas Untergangsstimmung passte.
Sie hörte in der Küche irgendjemanden hantieren und verdrehte leicht die Augen. Essen wollte sie auch nicht. Sie hatte zwar mittlerweile doch großen Hunger, aber sie wollte nichts essen wollen. Das klappern aus der Küche hielt an, und irgendwann steigen auch Dürfte bis herauf zu ihrem Zimmer. Sie blieb noch eine Weile sitzen, bis sie sich schließlich doch aufraffte und mal nachsah.
Barfuß tappste sie über den kalten Steinboden durch die Gänge, bis sie schließlich bei der Küche angelangt war. Sie wollte die Köchin gerade fragen, was sie denn schon so früh – wie spät es tatsächlich war, wusste Axilla nicht – so viel Krach mache, als sie entdeckte, dass es nicht die Köchin war, die hier hantierte.
“Seneca? Ich wusste gar nicht, dass du hier bist?“
So etwas wie Freude spielte über ihr etwas blasses Gesicht, als sie Seneca sah. Mit einem Mal schämte sie sich, wie sie herum lief, so überhaupt nicht schick hergerichtet und barfuß und blass und verschlafen. Etwas Farbe kam in ihr Gesicht, weil sie darüber leicht errötete. “Und du kochst?“ fragte sie das Offensichtliche, um ihre Verlegenheit zu überspielen. -
Als Fan von "A Song of Ice and Fire" muss ich sagen: Ab in die Ecke und schämen. Das muss heißen "Winter is coming!"
(Und der gute George R.R. Martin soll lieber endlich mal "A Dance with Dragons" fertigstellen, anstatt die vorherigen Bücher verfilmen zu lassen. Wenngleich ich auf die Umsetzung schon sehr gespannt bin)
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Sein Mitleid war Axilla dann doch noch einmal ein wenig unangenehm. Verlegen kratzte sie noch ein wenig mehr an ihrem Arm, so dass die Haut sich dort nun nach dieser wiederholten rauen Behandlung leicht rötete. Auch seine Meinung zu ihrer Rückkehr nach Alexandria fiel in diesen Bereich, und Axilla versuchte, einfach geschickt auszuweichen. “Wie gesagt, ich müsste mich ohnehin erst erkundigen, und vor dem Frühjahr wäre eine Reise ohnehin ausgeschlossen. Mir wird ja schon bei ruhiger See schlecht.“ Gut, Seekrankheit war nicht unbedingt unter die politisch korrekten Smalltalkthemen einzusortieren, aber es war definitiv eine Ablenkung.
Dann aber schaffte Flaccus es, sie mit einer einfachen, ganz unschuldigen Frage, völlig aus dem Konzept zu kriegen. Im positiven Sinn, denn sie hörte augenblicklich auf, ihren Unterarm zu malträtieren und sah ihn einen Moment ertappt an. Dann wandelte sich ihr Gesichtsausdruck in ein Lächeln, als hätte Flaccus sie gerade bei etwas erwischt. Hatte er im Grunde auch, sie wurde sogar ein ganz klein wenig rot und schaute deshalb beiseite.
“Was ich gerne mache?“ fragte sie noch einmal nach, um Zeit zu schinden. Sie konnte ihm ja wohl schlecht die Wahrheit sagen. Dafür kannten sie einander viel zu wenig. Woher sollte sie denn wissen, dass er das nicht doof finden würde. Oder überhaupt akzeptieren würde. “Ich weiß nicht? Als Nymphe müsste ich wohl sagen, Blödsinn anstellen, tanzen und auf Bäume klettern, oder?“ Noch immer lächelte sie von einem Ohr zum anderen und versuchte, ihre Überraschung irgendwie unter Kontrolle zu bekommen. Daher wählte sie eine ausweichende Antwort, die verblüffend nah an der Wahrheit war.
Vielleicht war es das einfachste, sie drehte den Spieß um? “Was machst du denn so wirklich, wirklich, wirklich gerne?“ -
[Blockierte Grafik: http://img823.imageshack.us/img823/1926/malachi2.jpg]
Der Tag begann früh. Wie jeder Tag mit Sonnenaufgang wurde geweckt, Sommer wie Winter, jeden Tag, ohne Ausnahme. Auch die Kranken wurden geweckt. Auch die Verletzten. Wer nicht kämpfen konnte, durfte sich ausruhen, aber Disziplin gab es dennoch. Nach dem Aufstehen wusch sich jeder in seiner Zelle, danach ging es zum Frühstück. Die Kranken natürlich abseits, um die anderen nicht anzustecken. Die Neuen in Ketten, um nicht auf dumme Ideen zu kommen. Denen war auch verboten, zu sprechen. Nur die, die ihre Treue unter Beweis gestellt hatten, durften reden, und auch diese taten es erst einmal nur leise. So früh am Morgen ohnehin. Es gab Puls, Früchte, Käse. Manchmal gab es morgens auch kaltes Fleisch vom Vortag, oder geräucherten Fisch. Heute nicht.
Danach begann das Training. Wie jeden Tag, Sommer wie Winter, ohne Ausnahme. Gleichgültig, welches Wetter war, gleichgültig, welche Temperaturen herrschten. Zu diesem hier war auch Malachi bereit, der wie immer erst nach dem Frühstück kam. Ein wenig fehlte es ihm, diese ersten, stillen Minuten, aber nicht genug, als dass er wieder hier in den Ludus ziehen wollte. Überhaupt hatte er seiner Meinung nach da nicht mitzureden, da seine Herrin dies entschied.Und es wurde trainiert. Die doctores liefen zwischen den Pfählen durch, brüllten ihre Befehle. Schlag, Schlag, Schlag. Härter, präziser, effizienter, immer auf den Pfahl, genau so, wie der doctor es wollte. Hier und da gab er Anmerkungen. Ellbogen hoch, Kopf mehr nach Unten, mehr aus der Seite, Mehr aus der Hüfte, mehr aus den Beinen, Deckung nicht vernachlässigen. Rüstung vernünftig festmachen. Natürlich alles im durchdringenden Ton eines Schleifers. Das waren keine Bitten, die er aussprach, und jeder tat, wie ihm befohlen. Schon lange war Malachi über das Stadium des Zorns hinaus. Er reagierte nur noch mechanisch, führte aus ohne zu denken. Schlag. Schlag. Schlag. Immer gerade zustoßend. Härter, präziser, effizienter. Und als seine Muskeln brannten und der Schweiß an ihm hinunterlief, machte er einfach weiter. Schlag. Schlag. Schlag.
Irgendwann war Mittag. Sie wuschen sich den Schweiß vom Körper, trockneten sich gründlich ab. Auch wenn sie alle robust waren, niemand wollte krank werden. Und es wurde kühler, die Gefahr von Krankheiten damit höher.
Mittags war die Laune schon ausgeglichener. Die Neuen waren vom Training so erschöpft, dass sie nicht einmal daran dachte, aufzubegehren, oder gar zu fliehen. Selbst reden war ihnen zu viel, sie wollten nur etwas Essen und ausruhen. Einige wollten noch nicht einmal essen, sondern nur ausruhen, und wurden wenig sanft darauf hingewiesen, dass auch dieser Teil des Tages nicht auf Freiwilligenbasis funktionierte. Sie mussten essen, und zwar alles, was auf den Tisch kam. Gemecker gab es nicht. (Abgesehen davon, dass das Essen vergleichsweise gut und sehr nahrhaft war. Definitiv besser als das meiste, was der Durchschnittsrömer so auf seinem Teller hatte).
Heute gab es einen Eintopf aus Gemüse und ein wenig Huhn. Überhaupt war Fleisch ein großer Teil der Nahrung, was wohl der größte Unterschied zwischen einem Gladiator und jedem anderen Sklaven, selbst den meisten Bürgern war. Malachi löffelte den Eintopf langsam und schweigend in sich hinein.Einer seiner Kollegen war nicht ganz so schweigend. “Habt ihr das auch gehört? Vom Ludus Magnus?“ Malachi musste nicht aufsehen, um zu wissen, wer sprach. Publius Genucius Matinius war einer der Autoratii hier. Also einer der Männer, die freiwillig dem Ludus beigetreten waren und sich selbst für die Dauer von 2 Jahren dem Director verkauft hatten. Für die Sicherheit, drei Mahlzeiten und ein Dach über dem Kopf zu haben, und am Ende ihrer Zeit 2.000 Sesterzen, plus alles, was ihre amatores ihnen schenken wollten. Und natürlich der Möglichkeit, sich danach erneut zu verkaufen, diesmal allerdings für 12.000 Sesterzen.
“Was denn, Matinius?“ Das war der Nubier. Alle nannten ihn nur der Nubier. Malachi wusste nicht einmal, ob er einen Namen hatte. Interessierte ihn aber auch nicht. Er war großer, schlanker, dunkler Kerl, elegant wie die Panther aus Indien. Dimachaerus.
“Na, die Preise dort? Nicht gehört?“
“Hehe, wieso, bezahl'n die jetzt in Weibern?“ Ferox, ein Thraker (nicht nur von der Waffengattung, sondern auch von Geburt), hatte immer nur Weiber im Kopf. Dabei sah er aus wie der Alptraum der schlaflosen Nächte der römischen Frauen: Narbe vom rechten Ohr (welches zur Hälfte fehlte) zum Mund (in dem einige Zähne fehlten), nur vereinzelt Haare auf dem Kopf, grobschlächtiges Gesicht, zu eng stehende Augen, zu große Nase.
Nachdem das allgemeine Gelächter sich gelegt hatte, sah der Genucier sich nur halb verzweifelt um. “Ihr habt es wirklich nicht gehört, oder?“
“Offensichtlich nicht. Jetzt spuck's schon aus, bevor du noch 'nen Hustenanfall bekommst.“
Malachi aß derweil ruhig und gleichförmig weiter.
“Die nehmen jetzt Sklaven von Privatleuten. Zu Schleuderpreisen. Für die Männer weniger als für die Pferde, die sie da haben.“
Das nun brachte großes Gelächter zutage. Außer bei Malachi, der weiteraß. Der Rest aber lachte so laut, dass die Aufseher nun doch einen Blick zu dem Tisch warfen und näher kamen. Nachdem aber alle Gladiatoren nach diesem kurzen Ausbruch wieder gerade über ihr Essen gebeugt dasaßen und eine Weile diszipliniertes Schweigen übten, widmeten sich die Männer lieber wieder den Neuen, denen Sprechen verboten war. Im Gegensatz zu den Veteranen, die hier am Tisch saßen.
“Jetzt hör aba auf, Mann. Ma ehrlich, Pferde gibt’s genuch, aba Gladiatoren, die brauchen se. Der Direktor dort müsst n Trottel sein, wenn er nem anderen Lanista ne goldene Nase verdient.“
“Naja, kommt drauf an, Dicker, kommt drauf an. Wenn die anderen mitziehen, weil der Staat die Preise senken will, gibt’s weniger Kohle für uns.“
“Das mein ich ja! Was, wenn der Iuventier auch auf so eine Idee kommt? Wenn er muss, weil der Senat das so beschlossen hat?“
“Und?“
“Ja, dass dich das nicht stört, du Arsch, ist mir klar. Du gehst zurück in deine Heimat und vögelst ein paar Schafe, die kannst du von deinem Lohn bezahlen. Aber was sag ich Densa? Die verlässt mich, wenn ich kein Geld mehr für sie und die Kinder hab.“
Matinius vergrub seinen Kopf in seinen Händen, Ferox lachte wieder, aber leiser, der Nubier überlegte.
“Ist sicher nur ein Gerücht“, versuchte der Schwarze zu vermitteln und seinem Waffenbruder die Sorge zu nehmen.
“Und wenn nicht? Ich hab Schulden da draußen, Mann. Ich brauch das Geld! Meine Frau und die Kinder brauchen das Geld auch! Kann das Collegium vielleicht was machen, was meint ihr?“
Die Männer tauschten einen zweifelhaften Blick, keiner sagte was. Das Schweigen wuchs. Malachi aß. Irgendwann hielt der Römer es nicht mehr aus. “He, du, Jude, sag doch auch mal was.“
Malachi schluckte runter, sah auf, sah seine Waffenbrüder einmal an, legte ruhig den Holzlöffel beiseite und atmete einmal ruhig durch. “Ist mir gleichgültig.“ BÄM. Im Grunde fasste das perfekt Malachis Einstellung zu dem ganzen Sachverhalt zusammen. Er hatte seine Herrin, war nach wie vor Sklave, würde nur mit viel Glück seine Freiheit in der Arena erhalten. Und selbst wenn der Kaiser bei öffentlichen Spielen entscheiden SOLLTE, ihm diese zu geben, er hatte nichts, wo er hingehen sollte. Seine Familie war tot, seine Frau, seine Brüder, seine Nichten und Neffen, seine Eltern, sein Heim war in Rauch aufgegangen. Er hatte nichts anderes mehr. Was kümmerte es ihn da, wieviel dafür bezahlt wurde?
Der Genucius ließ den Kopf schwermütig mit der Stirn gegen die Tischplatte sinken, Ferox war sich nicht sicher, ob das nun ein Scherz war oder ernst und war irgendwo zwischen Lachen und Verwirrung gefangen, und der Nubier sah ihn vorwurfsvoll an. “Danke Mann, große Hilfe.“
Ein Signal erklang, und die Ausbilder brüllten wieder Befehle. Alle Mann erhoben sich und gingen wieder in Richtung Trainingsplatz. Das Training ging weiter. -
Ist schon wieder alles ratzeputze weg. Ich produzier nächste Woche nochmal voll
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Wie auch immer Meletes das gemacht hatte, Codrus wurde getroffen. Er spürte den Biss des Eisens in seiner Seite und sprang instinktiv rückwärts. Sein Gegner gab ihm die Zeit, die Wunde zu realisieren, die im ersten Moment des Schocks und so voller Adrenalin nicht weh tat.
Völlig ohne Rüstung abgesehen von dem galerus an seiner Schulter war ein Retarius sehr verletzlich. Weshalb Codrus auch keinen Gegner so nah an sich heranließ. Eigentlich hatte er auch gedacht, er hätte den Kampf gut unter Kontrolle gehabt und den Murmillo auf Abstand gehalten. Dass der schwerfällige Meletes sich mit den zig Pfund an Rüstung so nach vorne werfen konnte, war doch eine kleine Lektion gewesen. Vielleicht auch die letzte seines Lebens. Er zeigte dem Schiedsrichter noch im Rückzug eine Pause an. Sofort wurde diese umgesetzt.
Sowohl zu ihm als auch zu seinem Gegner eilten ein paar harenarii, einige mit Wasser bewaffnet. Zu ihm kam zudem der Medicus des Ludus gesprungen, besah sich die Wunde. Sie blutete heftig und fing nun auch an zu schmerzen. Codrus nahm nur einen Schluck Wasser, ließ sich von den Helfern seine Rüstung mit ein paar geschickten Handgriffen fester zurren. Den Rest des Wassers leerte er über seine Seite. Es war eine glatte Wunde, die sich gleich wieder geschlossen hatte. Auch wenn das Publikum Blut liebte, er wollte nicht mehr als nötig vor sich hin saften.Insgesamt dauerte die Unterbrechung nicht einmal eine Minute, ehe sich die Gegner wieder gegenüberstanden und der Schiedsrichter den Kampf wieder freigab. Codrus griff an. Ihm blieb keine Wahl, er musste angreifen. Passivität wäre jetzt sein Tod. Überhaupt fragte er sich, warum Meletes ihn nicht getötet hatte, nachdem er durch seine Deckung gekommen war. Vermutlich war der Murmillo doch zu weich, ganz so, wie Codrus es immer sagte. Er hätte tot sein MÜSSEN, wenn er einen Stich in die Seite abbekam. Dass er es nicht war sprach nicht gerade dafür, dass Meletes ihn unbedingt besiegen wollte. Gut, es war ehrenvoller, den anderen zur Aufgabe zu zwingen, aber Furien und Parzen, die Gelegenheit zu so einem Stich bekam man nur ein einziges Mal.
Codrus griff wieder an, beherzter, heftiger, schneller. Mit dem Netz versuchte er, den Murmillo einzufangen, mit dem Dreizack dirigierte er die Bewegungen, engte ihn ein. Er hörte nicht auf, anzugreifen, gab seinem Gegner keine Chance, ihm noch einmal auszubrechen. Er musste es nun schnell beenden.Nur Meletes gab ihm keine Gelegenheit dazu. Er parierte die Schläge, wich dem Netz aus, ließ den Retarius seine Beweglichkeit nicht ausspielen. Codrus Atmung wurde schwerer, die Waffen ihm schwer. Die Wunde war wieder aufgegangen und blutete sehr heftig. Rot und klebrig lief es an seiner Seite hinunter, über das nackte Bein bis hinunter zu den Füßen. Stetig tropfte es in den Sandboden der Arena. Meletes hingegen hatte bis auf einige Kratzer nichts abbekommen.
Und doch jammerte Codrus nicht, oder klagte über sein Schicksal. Ein Gladiator nahm sein Schicksal mit Ruhe hin. Er beklagte sich nie, oder war schwach. Noch einmal hob er mutig seinen Dreizack, führte einen weiteren Angriff auf seinen Gegner. Langsam aber sicher war die Kraft aus Codrus Schlägen gewichen, auch wenn das johlende Publikum es wohl nicht sehen konnte. Meletes hatte es sicher bemerkt. Codrus ließ das Netz vorfliegen in einem letzten Versuch, verfehlte, und der Hieb des Murmillo riss es ihm aus der Hand. Nun packte er seinen Tridens mit beiden Händen, wehrte die Schläge des Murmillo ab. Das Schwert gab bei jedem Schlag auf die metallene Stange des Dreizacks ein heftiges TONG von sich, das bis in die letzte Reihe des Theaters hallen musste. Stetig musste Codrus zurückweichen, bekam keine Gelegenheit, sich sein Netz zurückzuholen. Seine Seite blutete und schmerzte. Mit einer letzten Kraftanstrengung stieß er Meletes von sich und ließ den Dreizack fallen. Er gab auf.
Noch nie hatte er einen Kampf verloren, und doch waren die folgenden Bewegungen in endlosen Stunden im Ludus trainiert worden. Er streckte seinen Arm nach vorne, Zeige- und Mittelfinger nach vorn gestreckt, und ließ sich auf seine Knie nieder. Erst das eine, dann das andere. Sein Brustkorb ging noch schwer von der Anstrengung, Schweiß rann in die noch immer blutende Wunde und brannte heftig. Und doch verzog er nicht einmal das Gesicht.
Ruhig wartete er, bis Meletes hinter ihn getreten war, das Schwert an seinen Nacken ansetzte. Während sein Blick stoisch geradeaus gerichtet blieb, sah der Schiedsrichter, der den Kampf unterbrochen hatte, erwartungsvoll zu der Ehrenloge hoch. Eigentlich war der Kaiser der editor dieser Spiele, in seiner Abwesenheit oblag wohl dem Präfectus Urbi das Urteil über diesen Kampf, sowie über alle noch folgenden. Würde er entscheiden, dass Codrus sterben sollte, würde Meletes ihn mit einem schnellen Stich töten, in den Hals knapp am Schlüsselbein vorbei gerade hinunter bis tief in die Lunge. Und Codrus würde es ertragen. War er hingegen der Meinung, dass der Retarius gut gekämpft hatte und Gnade verdiente – wie zumindest die treuen Anhänger von Codrus lautstark in diesem Moment forderten - würde er eines anderen Tages diese Gefilde wieder betreten. Und sich sicher nicht mehr überrumpeln lassen. -
Als Axilla geendet hatte, sagte Flaccus nichts. Gar nichts. Wie verzückt starrte er Löcher in die Luft, und Axilla überlegte schon, ob denn alles in Ordnung war. Das Schweigen breitete sich aus bis zu dem Punkt, an dem es für sie unangenehm wurde. Sie hatte nichts gegen Stille an und für sich. Sie konnte auch mit einem guten Freund schweigen und einfach nur die Zeit zu zweit genießen. Aber das hier war anders. Sie kannte Flaccus ja kaum, sie war in seinem Haus, und sie hatte keine Ahnung, was ihn hatte so abwesend sein lassen. Vielleicht hatte ihr Gerede ihn ja auch gelangweilt und er war nun eingeschlafen? Mit offenen Augen zwar, und irgendwie glücklich wirkend, aber...
Axilla begann gerade damit, etwas unruhig sich aufzurichten und einen klugen Einwurf zu finden, um die Stille zu brechen, als Flaccus sich doch nochmal rührte und sich erklärte. Also hatte er doch geträumt. Ob es war, weil er ihre Worte so berauschend gefunden hatte, oder doch eher, weil sie ihn langweilten, wusste Axilla nicht genau zu sagen. Und auch seine darauf folgende Frage, wenngleich mit hehrer Begeisterung gestellt, machte das unangenehme Gefühl bei ihr nicht unbedingt besser. Ja, warum sie Alexandria verlassen hatte...
“Naja, es hat sich irgendwie so ergeben...“ fing sie an, sich etwas unsicher am Unterarm kratzend. Ihre Unterlippe wurde auch mal wieder malträtiert, denn wie immer, wenn sie nervös wurde, kaute sie leicht darauf herum. “Es war ja eigentlich gar nicht geplant, dass ich so lange weg bleibe, ich wollte nur den letzten Winter in Rom verbringen und wenn die Frühjahrsstürme dann vorüber sind, wieder zurückfahren. Du musst wissen, dass Decimus Livianus der Patron meines Cousins war. Und das war gerade zu der Zeit, dass dieser aus seiner Gefangenschaft in Parthia heimgekommen ist, und naja, ich hab ihm da halt geschrieben. Und daraufhin hat er mich nach Rom eingeladen, weil er mich kennenlernen wollte.“ Axilla zuckte leicht die Schultern. Einige essentielle Teile ihrer Geschichte ließ sie wohlweißlich weg, weil die sicher nicht zu den Dingen gehörten, die man erzählte. Wie beispielsweise, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Abreise aus Ägypten schwanger war von Aelius Archias. Oder auch, dass es Urgulania sehr recht war, dass sie nach Rom ging, weil es in Ägypten zu unsicher geworden war, dank der Drohungen von Terentius Cyprianus. “Und in Rom habe ich dann Aelius Archias wiedergetroffen. Wir kannten einander schon aus Ägypten und... naja, er hat seine Verlobung mit Decima Seiana gelöst, um mich zu heiraten. Und da war dann eine Rückkehr ja ausgeschlossen.“ So, wie sie das erzählte, klang es sehr politisch. Und widersprach damit den eigentlichen tatsächlichen Begebenheiten. Allerdings war Axilla nicht so treuherzig, dass sie jemandem, den sie kaum kannte, die ganze Geschichte erzählte. Immerhin würde sie dann den vom Kaiser eingesetzten Statthalter Alexandrias des Mordes bezichtigen. Und das war sicher nichts, was sie laut aussprechen sollte. Abgesehen von der kleinen unrühmlichen Tatsache, dass es so aussehen könnte, als wäre sie eine Lupa, weil sie mit Archias schon vor der Ehe geschlafen hatte.
“Aber vielleicht gehe ich zurück, wenn die Erbschaft meines Mannes endlich freigegeben und geregelt ist. Mal sehen. Meine Cousine wurde während meiner Abwesenheit vor dem Tempel der Tyche ermordet. Der Mörder ist noch immer nicht gefasst, obwohl es bereits über ein halbes Jahr her ist. Ich muss erst meine Freunde befragen, ob eine solche Rückkehr ratsam wäre.“ Dass sie Feinde hatte, das wiederum war nichts, worüber sie nicht sprechen konnte. Jeder Mensch hatte Feinde und jemanden, der ihn am liebsten tot sehen würde. Das gehörte fast shcon dazu, wenn man einen großen Namen trug. Und wenn die Iunii sonst schon nicht mehr viel hatten, einen Namen hatten sie. -
Die Frage nach dem Museion fiel erst einmal unter den Tisch. Zu schnell war die Sprache auf ihre Väter gekommen, und Axilla hatte darüber das Museion im ersten Augenblick vollkommen vergessen.
Allerdings war das Thema ihres Vaters auch schnell wieder vorüber. Flaccus fragte nicht weiter nach. Niemand fragte jemals weiter nach, als wüssten alle, in welche Not sie Axilla damit brachten und wie schwer es ihr fiele, da weiterhin beschwingt und leichtherzig zu klingen. Noch nie hatte jemand mehr als diese anfängliche Frage gestellt, und Axilla war durchaus dankbar dafür. Wenigstens ein klein wenig Gnade, das die Welt mit ihr zu haben schien, wenn auch sonst schon alles im Chaos versank. So machte sie auch von sich aus keine Anstalten, auf ihren eigenen Vater noch einmal zurück zu kommen, wenngleich dieser durch ihre Gedanken nun ein wenig stärker als sonst spukte. Vor allem, als Flaccus davon sprach, was sein Vater für ihn genau wünschte, was dessen letzte Worte gewesen waren. Die letzten Worte, die ihr Vater an sie gerichtet hatte, waren 'Komm nun schon von dem Baum herunter, und gib mir einen Abschiedskuss, kleines Eichhörnchen'. Was sie im übrigen mit einem kindlich schmollenden 'Nein' beantwortet hatte. Sie hatte nicht gewollt, dass ihr Vater wieder ging, er war damals gerade nur ein paar Tage daheim gewesen. Sie hatte es ungerecht gefunden, dass er so schnell wieder zurück zu den Legionen gemusst hatte, und hatte einen rechtschaffenen Zorn auf die Aufständigen empfunden – nicht wegen der Auflehnung gegen den Kaiser, sondern weil deshalb ihr Vater so rasch schon wieder gehen musste. So war es nicht einfach, sich davon nun nicht die Stimmung verderben zu lassen, sondern weiterhin möglichst leicht und unbekümmert zu sein, wie die Nymphe, die Flaccus vielleicht in ihr sah. “Ach, das schaffst du bestimmt. Du bist ein Mann, du bist Patrizier, dir stehen da doch alle Wege offen, deiner Familie Ehre zu machen.“ Axilla lächelte zuversichtlicher, als sie sich eigentlich bei ihrem inneren Gefühlschaos fühlte. Aber sie wusste, sie hatte recht. Wäre sie ein Mann, sie würde zur Legion gehen. Ritter werden, aber auf dem militärischen Weg. Sie würde alles daran setzen, ihrer Familie zu Ruhm und Ehre zu helfen, vielleicht sogar so viel Ruf erwerben, bis der Kaiser ihr seine Provinz, sein Ägypten als LAPP übergab. Ja, das würde sie. Wenn sie ein Mann wäre. Aber sie war keiner. Und für einen Patrizier war die senatorische Laufbahn wohl auch angemessener als die ritterliche.Ein kurzer Moment des Schweigens entstand, als die Sklavin Axilla das weiße Tuch reichte. Ein wenig schlechtes Gewissen hatte sie ja schon, das schöne Tuch nun total zu verkleben, aber besser das Tuch als ihr Kleid oder das Polster, auf dem sie saß. Sie bedankte sich noch einmal ganz leise, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob die Sklavin sie überhaupt verstand. Die sah sie nicht einmal an, sondern verharrte ganz still und stumm einfach auf ihrem Platz, bis jemand etwas brauchte. Bis dahin war sie eigentlich vollkommen unsichtbar und stumm. Eigentlich so, wie Sklaven sein sollten, dennoch war es für Axilla etwas auffällig. Die iunischen Sklaven waren zwar auch alle gehorsam und gut erzogen, aber dennoch sah Levi ihr in die Augen, wenn er ihr etwas gab, oder sprach sie mit ein paar Worten auch an.
Nachdem Axilla ihre Hand abgewischt hatte, streckte sie sich, um das Tuch zurückzugeben. Es wurde auch gleich ebenso anstandslos wieder zurückgenommen. “Dankeschön, flüsterte Axilla noch einmal leise, begleitet von einem leichten Lächeln, ehe sie sich wieder ihrem Gastgeber zuwandte. Thema... Gesprächsthema... sie brauchte einen Augenblick, ehe ihr die Frage von vorhin wieder einfiel.
“Oh, du wolltest etwas über das Museion wissen, nicht? Also...“ Wie fing man da am besten an? Etwas hilflos blähte Axilla kurz die Backen und atmete geräuschvoll aus, setzte sich etwas gerader hin. Dass sie dabei in ihrem grünen Kleid aussehen mochte wie ein Frosch kurz vor dem Quaken, bedachte sie nicht. Ansonsten wäre sie wohl rot angelaufen und hätte keinen Ton herausbekommen. “Also, das Museion ist wirklich großartig. Ich meine... ich hab sowas noch nie gesehen. Es ist unglaublich schwer, zu beschreiben, weil man es wirklich erst erfassen kann, wenn man es gesehen hat. Die Anlage ist... RIESIG. Also, wirklich groß. In der Mitte steht der große Tempel der Musen... weil das Museion ist ja eigentlich auch ein Tempel. Die Kultbilder der Musen sind auch wunderschön. Aus wundervollem Marmor, mit Gold teilweise überzogen, und so riesig und schön! Das ist wirklich... also wirklich atemberaubend. Und die Bibliothek ist auch mit in dem Gebäude.“ Zu der sollte Axilla wohl ein wenig mehr sagen als nur 'die war da'. Denn DIE war wirklich das, was einem am meisten den Atem raubte. “Die Bibliothek musst du aber wirklich sehen, um sie zu begreifen. Da sind so unendlich viele Bücher, Schriftrollen, Karten... das KANN ein Mensch gar nicht alles lesen, und wenn er zehn Leben Zeit hätte. Da ist so unendlich viel Wissen. Ich meine, stell dir einen Raum vor, viermal so groß wie dieser ganze Garten, getragen von riesigen Säulen und einer Kuppel so hoch wie der Himmel selbst, und darin Regal, vom Boden bis ganz nach Oben, voll mit abertausenden von Schriftstücken! Und überall laufen Akroatoi herum, um dir das an den Tisch zu bringen, was du brauchst. Weil du darfst kein Buch einfach so berühren, nein, es wird dir gebracht. Und die kostbarsten davon bekommt auch nicht jeder zu lesen. Es gibt da eine Schriftrolle, von Aristoteles, die soll er selbst geschrieben haben. Alexander selbst soll sie mitgebracht haben, als er mit seinem Feldzug in Alexandria ankam und die Stadt gegründet hat, und dort zur Verwahrung gelassen haben. Kannst du dir das vorstellen? Wie ALT die sein muss? Dieses Wissen kann man gar nicht mit Gold aufwiegen.
Und jeden Tag kommen neue Schriftstücke hinzu. Kein Schiff darf den Hafen verlassen, ehe es den Schreibern des Museions Gelegenheit gegeben hat, die mitgeführten Bücher zu kopieren. Es gibt Bücher aus Parthien, sogar aus Indien! Ich hab davon sogar welche gesehen. Ich war ja Scriba von Nikolaos Kerykes. Er hat einen gesucht, als er Gymnasiarchos wurde, und als er dann Epistratos tou Museion wurde, blieb ich ja weiterhin sein Scriba und durfte dann auch ab und an etwas für das Museion machen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was für Schriftwerke es alles gibt...“ Wenn Axilla so daran dachte, konnte sie selbst es nicht fassen. Und gleich musste sie ungläubig und verzückt zugleich den Kopf schütteln. Auch wenn sie andere Dinge eigentlich lieber tat, als zu lesen, vom Museion war sie verzückt.
“Und über sie alle wird diskutiert. Es gibt Räumlichkeiten für die Lehrer, auch in dem Gebäude oder kleinere Pavillions in den großen Gärten, oder Nebengebäude, wo sie diskutieren. Über alles. Wirklich alles. Ich meine, es gab einen Philosophen, der die Meinung vertreten hat, die Götter existieren nicht, und damit könne auch der Kaiser kein Gott sein, sondern nur ein Mensch. Und keiner wäre gekommen, um ihn zu verhaften, nein. Gut, er hat öfter einmal mit einem anderen Philosophen sich so heftig gezankt, dass man ihr Gebrülle über den gesamten Campus hören konnte, aber ansonsten... Sie reden wirklich über alles. Und kein Gedanke scheint zu unwichtig, als dass man ihn nicht anbringen könnte. Ich meine... ich hab nie etwas gesagt, ich hab mich nie getraut. Ich bin ja immer nur vorbeigelaufen und hab hier und da mal zugehört. Aber, so im Prinzip, was die Schüler alles gefragt haben...“ Axilla lächelte wieder dieses verschämte, kleine Lächeln, wenn sie nicht wusste, ob sie doch zu viel plapperte. Aber sie liebte Ägypten, und vor allem liebte sie Alexandria.
“Oh, und natürlich gibt es da noch die Sternenwarte. Da gibt es ganze Gruppen von Philologen, die nichts anderes machen, als Sternkarten anzufertigen. Und sie haben da so Geräte, so runde Scheiben... ich weiß nicht, wie die heißen, Astro... irgendwas. Labium oder Latrium oder Lasium. Da sind viele Kreise und Linien drauf, und ein Winkel zum Einstellen, und damit messen sie, wie die Sterne sich bewegen. Ich hab nicht verstanden, wie es funktioniert, aber ich finde es... atemberaubend, dass sie das überhaupt können und Geräte haben, um das zu tun.“
Axilla merkte gar nicht, wie viel sie erzählte. Sie redete einfach und erzählte mit Hingabe von dem Ort, den sie nun schon fast ein ganzes Jahr nicht mehr gesehen hatte, und merkte dabei nicht einmal, wie ihre Sprache immer mehr und mehr vom griechischen gefärbt wurde. Ein Schritt noch, und sie würde wohl ins Koine wechseln, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein. -
Vor allem, was viele wohl noch nicht verstanden haben: Man muss das auch nicht in einem Tempel machen, der Hausaltar reicht vollkommen. Man muss nicht gleich einen Stier opfern, es reichen auch Blumen (dann ist es halt unblutig). Man muss das noch nicht einmal mit einem Aedituus machen, das wär sowieso unhistorisch, aber man kann sich von einem helfen lassen.
Von daher kann ein Germane auch genausogut auf einer geweihten Lichtung seinen Göttern auf seine Art und Weise opfern, wenn er oder sie parstout nicht in einen römischen Tempel will. (Wenngleich, wie Vala schon ausgeführt hat, die Menschen damals das bei weitem nicht so eng sahen. Es ging um die Funktion der Gottheit, nicht um ihren Namen.)
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Ich weiß, früher oder später werde ich von euch erschlagen. Ich weiß es einfach. Auf meinem Grabstein wird dann stehen "Sie trieb Spurius Purgitius Macer in den Wahnsinn" oder sowas
Aber: Kann man bei den Farbmischer noch eine klitzekleine Anpassung vornehmen? Bisschen weniger Farbe, und dafür ein bisschen mehr Tinte?
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Furien und Parzen, er war aufgewacht. Ein Glück, sonst wurde das hier noch blutiger enden, als Codrus das beabsichtigte. Meletes machte ein paar geschickte Schritte und angedeutete Attacken, denen der Reatius leichtfüßig auswich. Er hatte die höhere Reichweite, warum also sollte er den Murmillo an sich heranlassen? Die beiden umkreisten einander wie in einem komplizierten Tanz: Schritt, Schritt, Ausfall, über Kreuz. Nur Drehungen fehlten. Immer wieder ein Hieb, ein Stoß, nichts ernstes.
Codrus begann schon, seinen Angriff zu planen, als Meletes ihn doch überraschte. Mierda, schoss es durch seine Gedanken, als sein Gegner die Distanz zwischen ihnen beiden dermaßen verkürzte, dass er in Reichweite kam. Zum Glück schlug er gegen das Netz und nicht gegen die ungewappnete Brust des Retarius. So hatte Codrus noch eine Chance, er ruckte an dem Netz in der vagen Hoffnung, das Schwert könne sich verfangen. Tat es aber nicht. Gleichzeitig wich er nach links aus, das Schild des Murmillo, das ihn am Waffenarm getroffen hatte, nun selbst als Schutz vor weiteren Schlägen ausnutzend. Der befürchtete, weitere Angriff blieb aus, stattdessen vergrößerte Meletes den Abstand. Zur Sicherheit zuckte der Dreizack nach vorn, während Cordrus sich aus der für ihn gefährlichen Nähe löste, aber dann waren sie beide getrennt.
Meletes griff nicht weiter an, atmete einen Moment nur. Ein kurzer Blick zum Schiedsrichter, ob eine Pause verlangt worden war. Vielleicht hatte er es nicht bemerkt, und einen Regelverstoß, indem er dennoch angriff, wollte er sich nicht leisten. Aber ein ganz leichtes Kopfschütteln, ein nein. Keine Pause. Codrus griff also an, jetzt heftiger. Stoß, auf Schild, geblockt, Stoß, höher, abgeblockt. Das Netz schnellte vor, traf das Schwert, traf den Arm. Kurz gab es Widerstand, er zog am Netz, entwaffnete den Murmillo aber nicht. Wieder Stoß, hoch angetäuscht, aber nicht gut genug. Dann ein Hieb, ein gefährlich offenes Manöver, seitlich mit Schwung geführt. Kurz war die eigene Deckung dadurch offen, der Stand gefährdet, aber Meletes zu weit entfernt für die entstehende Lücke. Er zielte auf die Beine, Metall kreischte, als er an einer Beinschiene entlangschrappte und ihr einen ordentlichen Kratzer verpasste. Dann Rückzug, außer Reichweite von der Gegenattacke, halbgeduckt die Attacke abwartend, die folgen musste. Das Netz wog schwer in seiner Hand. Nur ein perfekter Wurf, nur ein einziger, den er brauchte. Da kam sie, die Attacke, sein Netz flog vor, dem Gladius entgegen, die Maschen öffneten sich. Er drehte sich seitlich weg, gab dem Zug des Netzes damit mehr Dynamik. Er musste ihn entwaffnen, oder umreißen. Dann war alles gewonnen. Zur Sicherheit den Dreizack noch hinterhergestoßen, um seinen Gegner aus dem Gleichgewicht zu zwingen.
Götter, seid mir hold. -
Axilla zuckte etwas verlegen mit den Schultern. “Nunja, ich hab viel Zeit und wenig zu tun.“ Sie würde nicht sagen, dass sie gerne las. Gerne hatte sie andere Dinge getan. Auf Bäume klettern. Ihrem Vater zuhören. Laufen. Oder später für Nikolaos arbeiten. Lesen tat sie zwar alles andere als ungern, aber nicht so gern wie andere Dinge. Nur dass sie die nicht tun durfte (was wohl mit ein Grund war, warum sie so im Nachhinein betrachtet umso erstrebenswerter erschienen). Flaccus fragte ein wenig näher nach und brachte Axilla da leicht in Verlegenheit. Was sollte sie jetzt sagen, was nicht zu kitschig klang? “Ach, ich weiß nicht. Ich mag Ovid und Catull und Propertius, aber genauso mag ich auch Homer und Vergil. Ich les gern von Geschichten und von Mut und Verzweiflung und... naja, Geschichten eben.“ Axilla blickte einen Moment leicht verträumt vor sich hin, ehe sie merkte, wie kitschig das ganze jetzt doch klang. “Aber ich hab auch viele philosophische Werke gelesen. Plato und Sokrates und... noch einige. Vor allem in der Bibliothek des Museions.“ Das klang sicher weitaus beeindruckender als Liebeslyrik.
Flaccus lud sie auch gleich in die flavische Bibliothek ein. Axilla lächelte und nickte, noch immer etwas verlegen. Sie fand die Möglichkeit, mal wieder in einer großen Bibliothek ein wenig zu stöbern und vielleicht etwas zu lesen, was sie noch nicht kannte, aufregend. “Ja, das wäre sehr schön. Bestimmt gibt es da etwas, was ich noch nicht kenne. Sofern ich mir das dann leihen darf.“ Sie konnte ja schlecht mehrere Stunden täglich in der Villa Flavia vorbeikommen, um ein Buch zu lesen. Das sähe dann vielleicht doch etwas seltsam aus.Flaccus fragte bei ihren Betrieben noch einmal nach und brachte das Thema auf Ägypten. Das wiederum fiel ihr weitaus leichter und ihre Haltung entspannte sich. Sie nahm einen Schluck Apfelsaft und nickte dann beinahe kindlich, ehe sie zu erzählen anfing. “Ja, mein Vetter schenkte mir eine Färberei, als ich neu nach Alexandria kam. Damit ich ein wenig Beschäftigung habe, weil er war damals Tribun bei der Zweiundzwanzigsten und hatte nicht so viel Zeit. Und deshalb steht sie in Alexandria, am Rand des Deltas. Also, das ist ein Stadtteil. Da leben hauptsächlich Juden und Christianer, aber das stört ja beim Standort der Färberei nicht. Die Waren haben wir sowieso auf dem Xenai Agorai verkauft, oder eben direkt an die Stammkunden geliefert. Und...“ Just in diesem Moment merkte Axilla, dass sie plapperte. Mehr noch, sie plapperte Dinge, die vermutlich niemanden interessierten. Ihr Lächeln wurde wieder etwas verlegen. “... ähm, naja, weil es dort unten die Materialien viel besser gibt und eben wegen den Stammkunden steht sie da noch und wird verwaltet. Von Ivander, einem Griechen.“
Die Sklavin brachte ein Tablett mit Früchten herbei. Axilla sah darauf und traute sich erst nicht, etwas zu nehmen. Erst, als Flaccus anfing, zu erzählen, nahm sie dann doch eine Marille. Sie kannte die Frucht nicht und war neugierig, was das wohl sein sollte. Als sie hineinbiss, bemerkte sie die klebrige Konsistenz und den aufgrund der Trocknung süßen, aber leicht schwefeligen Geschmack. Und dass es saftete, denn ihre Hand wurde ganz klebrig. Axilla schluckte das Stück Aprikose und überlegte gerade, ob sie sich jetzt die Hand einfach heimlich ablecken sollte oder doch besser nach einem Tuch fragte, als Flaccus auf seinen Vater zu sprechen kam. Der letzte Wunsch eines sterbenden Vaters...
Axilla wurde ruhiger, kleiner. Sie blieb einfach sitzen und ließ den leichten Wind über sich streichen. Es war schon recht kühl, und sie fröstelte ganz kurz leicht. Und doch war ihr nicht kalt.
Ihre Hand wanderte nach unten mit der halbgegessenen Marille und blieb auf ihrem Bein liegen. Allerdings glücklicherweise so, dass sie sich nicht mit dem Saft beschmierte. Ihre Gedanken waren ganz weit weg, und erst, als Flaccus sie direkt fragte, schreckte sie halb hoch. “Mein Vater?“ Etwas verwirrt legte sie die Frucht weg und fuhr sich mit beiden Händen übereinander, als wolle sie sie abwischen, und merkte dann, dass da ja noch immer der klebrige Saft war. Etwas missmutig schaute sie auf ihre Handflächen, dann zuckte sie die Schultern.
“Nein, man Vater war kein Unsterblicher, auch wenn er es verdient hätte, einer zu sein. Er war... großartig.“ Bei dem letzten Wort ging ihr Blick noch einmal wehmütig lächelnd in weite Ferne. “Er war Tribun bei der Legio in Hispania. Er fiel bei einem Hinterhalt von Aufständischen im Norden Hispanias, als ich etwa 12 Jahre alt war.“ Meistens erzählte sie das weit trockener, ließ es nicht an sich heran. Aber im Moment hatte Flaccus sie doch recht kalt erwischt, so dass sie sich verlegen am Arm kratzte und man ihr durchaus ansehen konnte, dass sie das Thema mit Wehmut erfüllte.
Sie räusperte sich leicht und erzählte weiter, jetzt wieder unemotional. Der nächste Teil fiel ihr weiter. “Ich blieb dann noch bei meiner Mutter auf dem Hof in Hispania, bis sie auch gestorben war. Sie war immer sehr krank, hatte einen Husten, der ihren Körper ausgebrannt hat. Als sie starb, war ich fünfzehn. Danach bin ich dann zu meinen nächsten Verwandten gereist. Das waren mein Cousin Silanus und meine Cousine Urgulania, in Alexandria.“ Sollte sie davon erzählen, dass Terentius Cyprianus Urgulania hatte umbringen lassen? Nein, besser nicht. “Und vor etwa einem Jahr bin ich nach Rom gekommen, hab geheiratet, und... naja, bin jetzt immernoch hier. Klingt nicht sehr aufregend, nicht?“ Axilla versuchte es mit einem leichtherzigen Lächeln, auch wenn ihre Betrübnis nicht mehr ganz weichen wollte und sie es nicht überspielen konnte. “Und dein Vater hat sich gewünscht, dass du Senator wirst?“ lenkte sie daher das Thema wieder schnell auf ihn.