Na, wirklich zu freuen schien Serrana sich aber nicht. Oder Aber Axilla kannte sie zu wenig, um die mikroskopischen Anzeichen wirklich zu erkennen. Sie sah eigentlich nur das Zögern und Überlegen, und fühlte sich gleich nochmal verunsicherter. Sie fand es nach wie vor keine gute Idee und wäre lieber heute als Morgen mit Archias von hier geflohen. Nur im März ging das ja sowieso nicht, unter dem Marsmond wurde nicht geheiratet. Aber selbst das wäre ihr egal gewesen, Hauptsache, sie wäre bei ihm und würde diese ganzen Erwartungen und Regeln entfliehen können. Axilla fühlte sich so eingeengt und beobachtet, seit sie in Rom war. In Alexandria war das alles viel leichter gewesen. Freier. Sie vermisste die Metropole am Nil richtiggehend. Hier musste sie andauernd aufpassen, wem sie was sagte, wie sie sich gab und wie das bei ihrem Gegenüber ankam. Es erdrückte sie so langsam. Was gäbe sie darum, einfach nur hinauszureiten und den Wind zu fühlen? Wenigstens eine kleine Weile.
Serrana fragte etwas und Axilla wurde jäh aus ihrem Tagtraum gerissen. Sie kratzte sich kurz verlegen am Unterarm, weil sie unaufmerksam gewesen war, und antwortete dann.
“Ich werd es Silanus sagen, aber ich weiß nicht, ob er dazukommt. Er kennt ihn ja auch schon, die beiden Arbeiten ja fast nebeneinander. Und er hat ja auch schon sein Einverständnis gegeben.
Ich dachte, ich lad ihn einfach hierher ein. Er würd uns zwar sicher auch in den Palast einladen, aber ich denke, hier ist das doch auch ganz gut, oder?“ Vor allem waren hier weniger Augen, die alles genau beobachteten.
Dass Serrana ja noch nicht wusste, wen Axilla heiratete, daran dachte sie wie üblich im Moment gerade nicht. Für sie war es so klar, dass es nur Archias überhaupt sein konnte, dass sie diese Information einfach vergessen hatte, mitzuteilen und es nichtmal bemerkte.
Beiträge von Iunia Axilla
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So schusselig und blind Axilla normalerweise war, den Blick auf ihren Bauch bekam sie sehr genua mit, und als wäre er ein Angriff, wanderte ihre linke Hand wie ein Schutzschild vor ihren Bauchnabel und legte sich dort kurz ab. Axilla hasste es, diese unbewusste Geste immer wieder zu vollziehen, daher nahm sie die Hand auch kaum eine Sekunde, dass sie dort war, wieder weg, aber dennoch war sie kurz dort gewesen, als müsse Axilla das Kind schützen. Verrückter Gedanke, und Axilla schüttelte ganz leicht den Kopf, als könne das diesen konfusen Gedankengang vertreiben.
“Ähm, nein, ich hab keinen Durst.“
Axilla kam also näher und ließ ihren Blick dabei über den Stoff gleiten. Ganz akkurat war er gewebt, Reihe an Reihe, nirgends eine Schwachstelle oder gar ein Loch. Ob sie die Fäden auch selber gewebt hatte? Die sahen so gleichmäßig aus, keine Knötchen. Alles in allem sah es so perfekt aus. Und damit ganz anders als alles, was Axilla jemals hinbekommen würde. Sie wusste, wie es funktionierte, nur... bei ihr funktionierte es eben nicht. Sie atmete einmal durch und wusste gar nicht, wo sie anfangen sollte.
“Ich werde heiraten“, begann sie also, kaum, dass sie sich gesetzt hatte. Irgendwo musste sie ja anfangen, warum nicht damit? “Und Caius möchte meine Familie gerne kennenlernen. Also dich. Wenn du nichts dagegen einzuwenden hast.“
Das war vermutlich nichts, womit Serrana gerechnet hatte, aber das eines der beiden großen Themen, die Axilla auf den Nägeln brannten. -
Es war schon Abend, nach der Cena, aber noch nicht so spät, als dass man wirklich damit rechnen musste, jemand könne schon schlafen. Dennoch wusste Axilla, dass Serrana sich in ihr Cubiculum zurückgezogen hatte. Zur Zeit kam sie da ja kaum mehr heraus, wenngleich Axilla nicht so neugierig war und fragte, was sie da denn die ganze Zeit machte. Aber wenn Serrana daheim war, war sie zur Zeit sehr häufig darin wie eingeschlossen.
Nicht, dass das Axilla gestört hätte. Seit dem Streit im Garten hatten sie beide nicht mehr miteinander wirklich gesprochen – was die Cenae zu einem recht schweigsamen Ereignis gemacht hatte werden lassen – und Axilla war noch nie jemand gewesen, der dann von sich aus wieder Versöhnung gesucht hatte. Was auch größtenteils daran lag, dass sie bis zu ihrem 14. Lebensjahr auf einem Landhof gelebt hatte, auf dem neben ihren Eltern nur die Sklaven gelebt hatten und damit nie die Notwendigkeit bestanden hatte, sich mit jemandem wieder so vertragen zu müssen. Denn wenn sie sich mal gestritten hatte – was selten vorkam – war sie einfach in die umgebende Natur gerannt und sich so eine Auszeit von allem genommen. Und bei ihrer Rückkehr hatte sie einfach so getan, als wäre nie etwas gewesen. Hier in der Stadt allerdings gestaltete sich das alles sehr, sehr schwierig. In Alexandria hatte sie ja schon gelernt, sich mit ihren verwandten auseinanderzusetzen, aber noch immer zog sie sich eher zurück, als irgendwelche Versöhnungen anzustreben. Das war einfach nicht ihre Art.Nur in diesem Fall hier ging es nicht anders. Sie musste mit Serrana reden. Es blieb ihr gar nichts anderes übrig. Aus mehreren Gründen. Da biss die Maus keinen Faden ab. Da musste sie jetzt durch.
Sie atmete also noch einmal tief durch und klopfte dann an. Als sie sowas wie eine Zustimmung von drinnen hörte, trat Axilla einfach ein und sah sich um. Sie war noch nie in Serranas Cubiculum gewesen, also siegte kurz die Neugier. Es war definitiv ordentlicher als ihr Zimmer. Und es beinhaltete etwas, das in ihrem Zimmer nie einen Platz gefunden hätte: Einen Webstuhl. An dem Serrana saß. Und wob.
Einen Moment blinzelte Axilla noch, ehe sie ihre Sprache fand. “Hast du einen Augenblick Zeit? Es gibt da ein paar Sachen, die ich gern mit dir besprechen wollte.“
Was bei den Manen machte Serrana da? So arm, dass sie sich keine Stoffe leisten konnten, war die gens Iunia nun ja auch nicht. Es dauerte noch ein paar Sekunden, bevor Axilla ein Grund einfiel, warum man selber Stoffe weben könnte, und innerlich stöhnte sie auf. Das kam ja auch noch auf sie zu. Verdammter Mist aber auch. -
Eigentlich wollte sie gar nicht, dass er herkam und sie in den Arm nahm. Nun, ganz eigentlich wollte sie das schon, aber uneigentlich sah er jetzt erst recht, wie verheult sie war. Schon wieder. Und Axilla wusste, dass ihre Augen dann ganz rot wurden und ihre Haut so glänzte und man es ihr einfach ansah, dass sie geheult hatte. Und sie wollte nicht, dass Archias sie so sah.
Auf der anderen Seite tat es unendlich gut, ihn jetzt hier zu haben und zu fühlen, dass er sich Sorgen machte. Wenngleich es sie erschreckte, dass er glaubte, sie würde so sehr wegen dem Kind weinen. Sie umarmte ihn, als er sie an sich zog, und vergrub ihr verheultes Gesicht erstmal an seiner Halsbeuge. Dass sie ihn dabei – schon wieder – vollheulte, war Axilla egal. Aber so sah er nicht, wie grauenvoll sie gerade bestimmt aussah, und gleichzeitig konnte sie sich an ihm festhalten und sich von seiner Nähe beruhigen lassen. Etwas ungelenk drehte sich Axilla ein wenig, so dass sie ihre Beine, auf denen sie eben noch gesessen hatte, freibekam und über seine legen konnte, um sich so noch besser an ihn schmiegen zu können. Sie versuchte eine Antwort, weil er sich wirklich sehr zu sorgen schien, aber wenn sie tief genug Luft holte, um sprechen zu können, schüttelte es ihren ganzen Körper und kein Ton kam heraus. Also beschränkte sie sich erstmal auf ein vehementes Kopfschütteln und legte dann seine Hand auf ihren Bauch. Noch war der ja ganz flach, aber dennoch merkte er so vielleicht, dass alles in Ordnung war. Irgendwie halt. Axilla wollte sich darüber keine Gedanken machen und hielt sich nur noch einige weitere, schluchzende Augenblicke an ihm fest, bis sie ihre Atmung soweit unter Kontrolle hatte, was sagen zu können.
“Ich.. ich war... bei Seiana, und sie.. sie war... so... so... so.... kalt!“ Als wär ihr jetzt noch kalt, spannte sich Axillas Körper etwas an und sie zog die Knie etwas heran, als könne sie so die Wärme ihres und Archias' Körper besser halten. Wieder ging ein Schütteln und Schluchzen kurz durch ihren Körper, aber Axilla musste sich noch einmal zusammenreißen, denn sie war noch nicht fertig. Was sie wirklich bewegte, war ja noch was anderes. “Ich.. ich hab... keine Ehre.. ich hab.. gewusst... gewusst... dass ihr... heiraten... *schnief*... und hab trotzdem... hätte nein... sagen müssen, … aber ich hab.... und jetzt... bin ich... so schlecht geworden...“
Ein erneuter Heulkrampf brachte Axillas ohnehin sehr abgehackte und unzusammenhängende Worte wieder zum Erliegen. Sie fühlte sich so schlecht, und das schlimmste war ja noch, dass sie sich gut fühlte, wie Archias sie jetzt hielt, was direkt wieder dazu führte, dass sie sich noch schlechter fühlte. -
Axilla war dem Jungen ins Atrium gefolgt, Leander bei ihr im Schlepptau. Wenn sie denn empfangen würde, würde er brav und gehorsam auf sie warten, und ansonsten das Haus mit ihr wieder verlassen. So aber hinderte seine Anwesenheit sie noch daran, an ihrem Kleid herumzunesteln vor lauter Nervosität.
Der Junge hieß sie also, zu warten, und ging zu einer Türe, in deren Schwelle er stehen blieb. Axilla musste grinsen ob der Dreistigkeit, mit der der Kleine die Tür aufriss und um einen Termin für sie fragte. Als er dann aber meinte, sie sei 'echt hübsch' wurde das Grinsen doch sehr verlegen und sie fühlte die Wärme auf ihren Wangen und wusste, dass sie ein wenig rot geworden war. Vielleicht sollte sie doch anfangen, sich zu schminken, denn sie wurde viel zu häufig unmatronenhaft rot.
Sie schaute gerade sehr interessiert den Fußboden an, um ihre Reaktion zu verbergen, als sie auch schon hörte, dass sie wohl eintreten könne. Beim Blick auf den Jungen musste sie aber doch wieder Lächeln, und sie betrat das officium so mit einem freudigen Ausdruck – wenngleich etwas roten Wangen. Nur hatte sie sich so ablenken lassen, dass sie nicht bemerkte, wie Leander ihr noch die lederne Dokumentenrolle mitgeben wollte, in der die wahrscheinlich benötigten Urkunden für die ganzen Betriebe enthalten waren. Allerdings würde der Grieche ihr sicher nicht nun nachgehen, nur um die zu übergeben. Er sah den Jungen nur kurz an und meinte leise “Ich warte hier mal.“ und lächelte etwas verlegen. Konnte ja nicht lange dauern, bis es seiner Herrin auffiel und sie nochmal herauskam.Die war inzwischen im Officium und bemerkte, wie ein etwas streng dreinschauender Schreiberling gerade hinter ihr beim hinausgehen die Türe schloss, während sie noch immer damit kämpfte, ihr Lächeln einigermaßen im Zaum zu halten. Den angebotenen Platz nahm sie auch gerne wahr und sie setzte sich sogleich hin. Sie war noch immer sehr nervös, und das kindlich direkte Kompliment von eben machte das nicht unbedingt wirklich besser, aber sie überspielte es, so gut sie konnte. Der Senator durfte nur nicht zu sehr darauf achten, wie ihre Augen abgelenkt den Raum nebenzu erfassten, wie ihre Hände sich im Schoß falteten, damit die Finger nicht an einer Kleidfalte spielten und lauter solche Kleinigkeiten, die geradezu Axillas Schauspielkünste boykottierten.
“Salve... Senator Aurelius.“ Axilla war sich einen Moment nicht sicher, was nun die richtigere Anrede war, Senator oder Ädil. Sie wollte ja zum Ädilen, aber Senator war ihres Erachtens nach dennoch der höhere und damit passendere Titel. Sie hoffte das zumindest. “Ich bin hier... nein, anders. Du bist ja Ädil, und ich müsste Lizenzen für ein paar Betriebe umschreiben lassen. Die waren in Alexandria, aber sollen nun hier nach Rom verlegt werden. Oh, und eine Neugründung, dafür gibt es noch kein Dokument. Und ich wollte fragen... naja, ob das geht.“ Verlegen lächelte sie nun doch wieder und sah Corvinus offenherzig dabei an. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, sie hätte sich vorher mehr erkundigt, was genau zu tun war. Aber das hatte sie nicht. Und wozu war Corvinus Ädil, wenn nicht, um genau so Personen wie ihr weiterzuhelfen? -
“Gut, ich frag sie dann einfach mal....“ Wirklich überzeugt klang das zwar nicht von Axilla, aber sie würde es wohl machen. Sie war sich nur gänzlich unsicher, was dabei herauskommen würde. Seit dem Streit hatten sie und Serrana nicht gesprochen. Und dabei war das ganz dringend nötig! Axilla fand ja schon die Idee mit dieser Doppelhochzeit bescheuert – hauptsächlich, weil sie Calvena nicht leiden mochte – aber als sie mitbekommen hatte, wen die vier alles eingeladen hatten, da war ihr ganz unheimlich geworden. Das musste sie ganz dringen ncohmal besprechen. Die Iunier waren ja nicht Midas mit der Goldhand, als dass sie so viele Leute entsprechend bewirten konnten. Überhaupt, wo in der Casa wollten die beiden Brautpaare ihre Gäste stapeln? Und überhaupt das allerschlimmste für Axilla: Serrana hatte die eigene gens bei ihren Einladungen vergessen. Das war etwas, worüber Axilla wirklich mit ihr reden musste. Denn wenn sie ihre eigene Verwandtschaft vergaß, konnte sie dem Germanicer auch gleich ihre Hand versprechen und seinen Namen tragen.
Bei diesen immer ärgerlicher werdenden Gedanken bekam Axilla Archis Ärger über Crios gar nicht so richtig mit. Sie blinzelte erst nur einmal etwas verwirrt und sah ihn dann fragend an. “Aber Crios ist doch richtiger Arzt? Und ich dachte, du freust dich auf das Kind?“ Ein klein wenig verunsichert war Axilla jetzt schon.Da war es vielleicht gar nicht so schlecht, dass er ihre Avancen zu einem Ende brachte und sich neben sie aufs Bett legte, den Kopf auf den Ellbogen gestützt. Auch wenn Axilla wirklich erregt war, die Frage nach dem Kind ließ sie nicht so ganz los. Und Axilla wusste nicht, ob sie sich mit dieser ganzen Unsicherheit wirklich hätte fallen lassen können, wenn es denn überhaupt gegangen wäre.
Auf der anderen Seite allerdings war sie durchaus erregt genug, es auszuprobieren und Crios' Warnung in den Wind zu schießen. Wenn Archias ein bisschen vorsichtig war... so zumindest am Anfang....
Nein, es war wirklich in mehrerlei Hinsicht gut, dass er sich zurückgezogen hatte, wenngleich ihr seine freche Antwort nicht so ganz gefiel. Sie lächelte aber dennoch erstmal und beugte sich zu ihm rüber, um ihm noch einen kleinen Schmatz auf die Lippen zu geben. “Ahja? Wie willst du mich denn dann bezahlen? Ich hätte da ja schon eine Idee... aber ab und zu wirst du wohl auch mal schlafen müssen.“ Frech grinste sie ihm zu, dann wurde sie ein bisschen ernster.
“Würde es dich denn stören, wenn ich dann woanders arbeite? Ich mein, ich will ja gar nichts großes machen, nur.. hmm... weißt du, ich will halt schon etwas machen. Mein eigenes Geld verdienen, weißt du? Muss ja gar nicht viel sein, will ich ja auch gar nicht. Nur halt... so ein bisschen, was wirklich meins ist. Was ich mir verdient habe. Ich will nicht wie die ganzen verheirateten Frauen nur daheim rumsitzen und meinem Bauch beim wachsen zusehen.“
Axilla war schon immer ein aktiver Mensch gewesen. Zwar betraf das hauptsächlich ihren Körper, der geübt im Rennen, Klettern, sogar dem undamenhaften Reiten war. Sie konnte auch Schwimmen und wusste, wie man ein Schwert hielt – wenngleich sie nie ernsthaft mit jemandem gekämpft hatte, oder gar sowas plante. Aber Axilla war immer in Bewegung gewesen, Zeit ihres Lebens. Nun sich vorzustellen, mit einer Hochzeit nur noch dazusitzen und Kinder zu kriegen und Einkaufen zu gehen und irgendwann wie die ganzen anderen Frauen in der Therme dazusitzen und über Nichtigkeiten zu lästern, war für Axilla ein echter Alptraum. Und sie hoffte, Archias konnte diesen kleinen Freiheitsdrang verstehen.Er schnappte sich ihre Hand und führte sie an die Lippen. Ein bisschen komisch war das ja schon, und Axilla musste lachen. Vor allem, als er ihre Handfläche einmal küsste, das kribbelte den ganzen Arm hinauf.
Seine Worte allerdings waren ernster, und Axilla musste einen Moment kurz überlegen. Wenn sie es nicht eintragen ließen, hatte es gar nicht so wirklich bestand? Nun, im Grunde war ihr die Verlobung nicht so wichtig, solang die Ehe nachher galt. Aber vielleicht hatte er ja recht, und er...
Gerade in Gedanken überraschte er sie dann doch vollkommen, und Axilla schaute einen Moment nur zu ihm runter, wie er grade ihre Fingerspitzen küsste. Es dauerte einen Schockmoment, ehe sie merkte, dass er sie nicht nur aufziehen und veralbern wollte. Kurz ging ein Freudenschauder durch ihren Körper, dann schon stürzte sie sich regelrecht auf ihn, zwang ihn so mit Schwung auf seinen Rücken und lag halb auf seiner Brust, während sie ihn statt einer Antwort erst einmal abbusselte, um ihn dann schließlich lang und sanft zu küssen.
“Ja. Am liebsten würd ich gleich mit dir losreiten. Ob jetzt nach Luca oder nach Asisium oder sonstwohin. Irgendwo kleines, wo es nicht so einen Wirbel gibt.“
Sie küsste ihn nochmal, um es zu bekräftigen. Erst danach holte die Welt sie so langsam ein. Sie zog sich ein wenig zurück, legte sich einfach neben ihn. “Aber können wir das so einfach? Ich meine... Serrana heiratet ja auch bald. Und zu dem Termin muss ich auf jeden Fall auch da sein, denk ich. Mir graut es schon davor...“ Und kurz schüttelte es ihren Körper. Da fiel ihr was anderes ein. “Ähm... wann... also... ich meine... wann würdest du denn überhaupt... wollen? Also... du weißt schon...“ -
Nachdem sie nach dem wahrhaft desaströsen Gespräch mit Seiana gegangen war, hatte sich Axilla von Leander nach Hause bringen lassen. Ihr ging es nicht gut. Ihr ging es ganz und gar nicht gut. Und so sehr sie sich einredete, dass sie alles getan hatte, um sich zu entschuldigen, ihr Gewissen wurde nicht besser. Sie hatte sich ehrlos und schändlich verhalten! Sie hatte einer anderen Frau den Mann ausgespannt, hatte sich ihm hingegeben, war schwanger, und hatte dabei nicht eine Sekunde an die Ehre, ob nun die ihrer Familie oder ihre eigene oder die von Seiana, gedacht. Reuelos war sie zu Archias ins Bett gestiegen, und sie hatte seine Zärtlichkeiten genossen. Und das schlimmste war: sie würde es jederzeit wieder tun. Sie war ein abgrundtief schlechter Mensch. Und diese Erkenntnis traf sie hart.
Zuhause war sie nur in ihr Cubiculum gewankt und hatte sich etwas zu trinken noch bringen lassen. Und dann, als sie endlich ganz allein war, hatte sie sich aufs Bett geworfen, sich ihr Kissen geschnappt und erst einmal hemmungslos geheult. Ihre Schluchzer und Schreie erstickte sie in den Federn und ließ erstmal einfach alles raus.
Sie war ein schlechter Mensch geworden. So jemand, wie ihr Vater es nie zugelassen hätte. Sie hatte jedes Ideal, was sie von ihm gelernt hatte, mit Füßen getreten. Und das tat so unendlich weh, sich so zu sehen. Sie krümmte sich auf der Matratze und hielt sich den Bauch, während sie einfach weiterheulte. Denn sie musste ein schlechter Mensch sein. Sie hatte einen grauenvollen Fluch gesprochen und ihn sogar mit einem großen Opfer an Pluto besiegelt. Das machten nur wirklich abgrundtief schlechte Menschen.So gerade dabei, sich gefühls- und gedankenmäßig selbst zu kasteien, bemerkte Axilla das Klopfen erst gar nicht. Sie hörte nur auf einmal Archias' Stimme und sah auch schon seinen Kopf, wie er in ihr Zimmer zu ihr rüber schaute. Schnell rappelte sie sich einigermaßen hoch, saß dann aber immernoch mitten im Bett auf dem zerwühlten Laken, das Kopfkissen in der Hand, und versuchte, die verräterischen Tränen einigermaßen wegzuwischen. Allerdings hatte sie ihre Atmung nicht schnell genug unter Kontrolle, so dass sie noch ein paar mal sehr heftig schluchzte, und es ihren ganzen Körper dabei durchschüttelte. Eigentlich wollte sie Archias begrüßen. Sie wusste zwar nicht, wie, und eigentlich wollte sie im Grunde allein im Dunkeln sein und sich selbst hassen, aber irgendwas musste sie ihm ja sagen. Nur ging das im Moment nicht, weil sie nicht einmal vernünftig Luft holen konnte.
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Ganz so gerne wurde Axilla nicht an die Unruhen erinnert. Sie hoffte, dass ihre Maske dennoch saß und er es ihr nicht am Gesicht ablesen konnte, als sie kurz etwas verlegen lächelte und dann doch einen winzigen Schluck Wein nahm, um ihr Gesicht kurz hinter dem Becher verstecken zu können, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte.
“Ach, eigentlich sind die Alexandriner gar nicht so rabiat. Sie sind nur ein bisschen eigen und reagieren ziemlich übellaunig darauf, wenn man ihnen die Macht Roms direkt vor der Nase vorführt. Mit ein bisschen Bescheidenheit und Gelassenheit aber kann man dort ganz wundervoll Kontakte knüpfen.“
Axilla mochte es nicht, wenn alle Alexandriner als Aufwiegler dargestellt wurden. Immerhin hatte sie unter ihnen einige Freunde gefunden. Selbst wenn es Peregrini waren, das hieß ja noch nichts. Zumindest nicht für sie. Mit einem ganz gewissen Römer in Ägypten hatte sie da durchaus größere Probleme. Außer Pluto war sehr fleißig, dann könnte sich dieses Problem, so es dem Gott gefiel, in Wohlgefallen auflösen. Doch soweit wagte Axilla nicht zu hoffen.
“Ja, aber mit den Juden hast du wohl recht. Und ganz schrecklich viele Christianer. Ich sag dir, die haben nicht mehr alle Amphoren im Regal“, plauderte Axilla so leicht daher, ehe sie merkte, wie gemein ihre Worte doch klangen. Mit leicht errötenden Wangen meinte sie nur kurz “Entschuldige“ und nippte nochmal an dem Wien, den sie ja eigentlich gar nicht trinken wollte.Aber bei der Aussicht auf eine Stadtführung erhellte sich dann doch wieder ihre Miene. Auch wenn Sermo seine Worte und Gesten so wählte, dass es beinahe etwas Verruchtes an sich hatte, dieses Angebot tatsächlich anzunehmen.
“Oh, ich bin wie alle Frauen, ich liebe Geheimnisse. Und Perlen.“ Ersteres stimmte sogar teilweise, während sich Axilla aus Schmuck eigentlich nicht wirklich was machte. Aber es klang gut. Und Axilla beherrschte noch eine Kunst der Frauen, wenn sie es drauf anlegte: Charmante Lügen. Und so lächelte sie ihren Gesprächspartner nur kurz keck an, ehe sie dann doch beschloss, das ganze nicht zu weit zu treiben. Ihr Blick schweifte wieder durch den Raum. Und diesmal fand sie Serrana wieder! Sie stand da, bei Sedulus, was Axilla etwas irritierte. Hatte Serrana sie nicht versprechen lassen, es für sich zu behalten, dass die beiden ein angehendes Paar waren? Und nun standen sie da in trauter Zweisamkeit... naja, neben jeder Menge anderer Leute, die irgendwie ein Pärchen umringten.
“Aber sag, sermo, die eingekesselten beiden da, ist das nicht das Brautpaar? Dort, neben meiner Cousine.“ Mit dem Becher deutete Axilla in die Richtung, um es dem Quintilier anzuzeigen. -
Wie aus dem Ei gepellt stand Axilla vor der Villa Aurelia und hatte Bammel. Anders konnte man es nicht ausdrücken, was sie fühlte, sie hatte schlicht und ergreifend Bammel für zwei. Seit der Hochzeit mit dem desaströsen Schüssel-Zwischenfall war sie nicht mehr hier gewesen. Nungut, sie hatte sich ja gleich beim Brautpaar entschuldigt und es war ihr auch sofort verziehen worden – und sie konnte ja wirklich nichts dafür, dass Archias ihr nicht früher gesagt hatte, was er für sie fühlte und dass er zu der Hochzeit kommen würde und es dann nicht gut finden würde, wenn sie einen attraktiven Begleiter an ihrer Seite hätte. Aber trotzdem. Trotzdem! Das hieß ja nicht, dass es deswegen weniger peinlich war oder weniger passiert war. Axilla hoffte irgendwie, dass dieser Sensationsreporter, dieser Caius Columnus, nicht am Ende noch Wind davon bekam und einen Artikel darüber verfasste. Wobei es schon fast an ein Wunder grenzen würde, wenn das gar keine Erwähnung fand. Oder eben etwas Schmiergeld und den Umstand, dass der Onkel des Bräutigams einer der Redaktoren der Acta war.
In jedem Fall hatte Axilla gerade fast sämtlicher Mut verlassen, als sie für die Arbeit eigentlich schon sehr herausgeputzt vor der Villa stand und Leander anklopfen ließ. Sie fühlte nochmal, ob die Hochsteckfrisur auch noch saß und erntete dafür einen mahnenden Blick von dem Griechen, der für ihre Frisur fast eine Stunde gebraucht hatte, als sich auch schon die Tür auftat und beide erstmal zu einem höflichen Lächeln verpflichtete.[Blockierte Grafik: http://img705.imageshack.us/img705/5492/leander.gif]
“Salve. Meine Herrin, Iunia Axilla, möchte gerne den Ädilen Aurelius Corvinus sprechen.“
Da Leander ausdrücklich den Ädil verlangt hatte und sich nicht auf den Senatoren berief, ließ er aus, dass es um etwas geschäftliches ging. Das sollte der Ianitor sich denken können. “Wenn er gleich Zeit hätte, wäre das sehr genehm. Allerdings versteht meine Herrin, dass ein so wichtiger Herr wie Ädil Aurelius heute keine Zeit hat und würde in dem Fall gerne einen Termin vereinbaren.“Während Leander sich in formvollendeter Höflichkeit versuchte, stand Axilla nur einen Schritt hinter ihm und versuchte, möglichst unauffällig zu wirken. Wieder einmal merkte sie, wie sehr sie den Griechen eigentlich brauchte und was sie ihm alles so verdankte. Bei ihr selber wäre das ganze viel chaotischer herausgekommen.
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Eine ganze Weile passierte nichts, und Seiana starrte sie einfach nur weiter an. Sagte keinen Ton, rührte sich noch nicht einmal. Da war einfach absolut nichts. Axilla war sich nichtmal sicher, ob sie blinzelte, allerdings konnte sie auch nicht lange genug aufblicken, um das wirklich zu übrprüfen. Also stand sie selber nur da, immer wieder vorsichtig aufblinzelnd, aber ansonsten wie festgefroren, und wartete auf Seianas Reaktion. Sie würde letztendlich auch ohne Erlaubnis gehen, denn die Decima würde sie wohl kaum mit Gewalt hier festzuhalten versuchen. Aber ganz so weit kam es nicht, denn gerade, als Axilla Luft holen wollte, um ihren Abschied zu verkünden, entließ Seiana sie dann doch knapp und eisig.
Kurz blickte Axilla nochmal auf, suchte in Seianas Blick. Gerne hätte sie sie einfach nur einmal kurz berührt, ihr gerne ihre Gefühle für einen Moment übertragen, damit sie wusste, wie ehrlich sie das gesagte gemeint hatte. Axilla war nicht gut mit Worten, das wusste sie selber. Sie redete, wenn sie schweigen sollte, und wenn sie reden sollte, fehlten ihr die passenden Worte. Berührungen waren da einfacher, damit war Axilla besser. Aber sie glaubte kaum, dass Seiana so eine Vertraulichkeit zugelassen hätte. Erst recht nicht von Axilla, und schon dreimal nicht zu diesem Zeitpunkt. Also versuchte Axilla nur, alles Bedauern, das sie verspürte, in diesen einen, abschließenden Blick zu legen. “Vale“, erklang noch ein kurzer Abschiedsgruß, und ein wenig zögerlich ging Axilla aus dem Atrium. Leander kam ihr im Vestibul entgegen, und gemeinsam verließen sie die Casa Decima. Vermutlich würde Axilla sie so schnell nicht wieder betreten dürfen. Aber wenigstens hatte sie gesagt, was sie zu sagen gehabt hatte, mehr konnte ihr Gewissen von ihr nicht verlangen. -
Es war nicht so, als ob Axilla wirklich erwartet hätte, hier und heute Vergebung zu erhalten. So genau wusste sie selbst nicht, was sie erwartet hatte, aber das wusste sie bei den meisten Dingen, die sie tat, nicht. Diese geschahen eher aus dem Gefühl heraus, dass sie getan werden sollten, dass es richtig war, sie zu tun, weil keiner sonst sie tun konnte, oder zumindest nicht so tun konnte, wie sie. Dass es schlicht eine Notwendigkeit war, sie zu tun, um die Ordnung der Dinge wiederherzustellen oder zumindest das gröbste Chaos abzuwenden.
Auch, wenn man es nicht glauben mochte, Axilla hatte eigentlich ein sehr feines Gespür für Gerechtigkeit und Ehre. Und es war zutiefst ungerecht, dass Seiana nun litt und sie glücklich war – zumindest im Rahmen ihrer Möglichkeiten, eben selbiges zu sein. Sie wusste, dass es nicht ehrenhaft war, was sie getan hatte, selbst wenn sie sich weigerte, sich das auch wirklich so einzugestehen. Tief in ihr wusste sie es, das hätte ihr weder Serrana noch Seiana sagen müssen. Daher nahm sie das ganze hier auch nicht leicht und litt jetzt für etwas, das sie nicht ändern konnte. Und eigentlich auch nicht wollte. Denn auch das wusste sie: sie liebte Archias. Auch wenn sie höllisch Angst davor hatte, dieses Gefühl zuzulassen, wenn sie beinahe Panik verspürte, sie könne ihn wirklich lieben, und er würde dann wie jeder andere, der ihr wirklich wichtig war, gehen oder sterben. Axilla spielte immer die Oberflächliche, die nichts wirklich ernst nahm, sogar vor sich selbst, weil sie diese Angst ständig mit sich herumtrug und eine Lüge da barmherziger zu ertragen war als diese Furcht. Und doch wusste sie, dass sie für Archias so tief fühlte, auch wenn sie sich dagegen gewehrt hatte. Es nicht zulassen wollte, bis er es ihr gesagt hatte – wenngleich in einem etwas unorthodoxen Moment.
Hin und hergerissen zwischen Schuldgefühlen und gleichzeitig dem Wissen, es eigentlich so gewollt zu haben, tief in ihr drinnen, stand Axilla da und ließ die Worte der Decima über sich ergehen. Sie bemerkte wieder die förmliche Anrede mit ihrem nomen gentile und schluckte einmal mit gesenktem Blick. Ja, sie hatte wohl alles gesagt, was sie hatte sagen wollen. “Ja, das habe ich. Ich danke dir für deine Zeit, dass du mich empfangen hast. Wenn du erlaubst, werde ich dann wieder gehen.“ Es gab nichts mehr, was sie noch hätte sagen können. Wenn ihr Gewissen sich damit nicht zufrieden gab, dann wusste sie auch nicht, was sie noch hätte tun sollen. -
Als Seiana so schweigsam reagierte und dann schließlich mit einem einzelnen 'Was?' reagierte, stand Axilla einen Moment lang nur verwirrt da und schaute auf. Was hatte sie falsches gesagt? Hatte Archias ihr das nicht erzählt? Sie schaute kurz doch forschend auf, bemerkte die Verwirrung und Kälte in Seianas Augen, die allzu schnell wieder dieser unheimlichen Strenge wich, die Axilla zwang, den Blick doch wieder zu senken. Hatte sie es denn wirklich nicht gewusst?
Schützend legte Axilla eine Hand über den Bauch, blieb aber auf dem Fleck stehen, als Seiana sich doch nochmal rührte und sie fragte, ob diese Gedanken nicht etwas spät kamen. So sehr Axilla auch gerne fliehen wollte, mehr Abstand zwischen sich und diese abweisende Frau bringen wollte, hinaus fliehen wollte in den sich ankündigenden Frühling, das Leben und die Wärme, sie rührte sich keinen digitus von der Stelle. Eine Iunia wich nicht zurück, egal, was geschehen war. Wer zurückwich, gab auf und brachte die Disziplin aller um sich herum in Gefahr, hatte ihr Vater ihr immer eingebläut. Und so stand auch sie da und ertrug die Übelkeit und die Unruhe, die Feindseligkeit und die Anklage, ohne sich der Rettung in der Flucht hinzugeben, so sehr sie sich das auch wünschte.
“Ja, ich weiß. Und es tut mir so unendlich leid. Ich wollte dir das nur sagen, mehr nicht.“ Axilla wusste nicht, was sie sonst noch sagen konnte. Sie wusste sonst nichts mehr, und ihr Kopf fühlte sich noch leerer an als normalerweise ohnehin schon. Sie wollte nur noch gehen und das Gespräch und die ganze Situation hinter sich lassen. Es war alles so viel, und ihr Gewissen war nicht wirklich besser geworden. Eher noch schlimmer, da Seiana das mit dem Kind wohl nicht gewusst hatte und es ihr wohl noch zusätzlich einen Stich versetzt hatte. -
Bei jedem einzelnen Wort von Seiana wurde Axilla noch ein wenig kleiner. Sie war so ja schon nicht die größte oder kräftigste, aber im Moment versank sie fast zwischen den Fugen der steinernen Bodenplatten, oder sie würde es gerne tun. In ihr schien sich alles zu verkrampfen, und sie schaffte es nicht, Seianas Blick auch nur eine Sekunde standzuhalten.
Ehre... ja, vermutlich hatten sie recht, sie alle. Crios und Serrana und auch sie, dass sie ehrlos gehandelt hatte. Dass sie schlicht und ergreifend ihre Gelüste hätte unter Kontrolle haben müssen, dass sie sich nicht hätte darauf einlassen dürfen, weder in Alexandria, noch hier in Rom. Sie hätte sich einfach beherrschen müssen und ignorieren müssen, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Und erst recht hätte sie ihn nach Alexandria nie verführen sollen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
Nun, im Grunde war die Antwort ganz einfach darauf: gar nichts. Sie hatte sich einsam gefühlt und verloren, und sie wollte Halt, Nähe und ein wenig Wärme erfahren. Und er war nunmal der einzige Mann, dem sie so bedingungslos traute, dass sie das von ihm einfordern wollte. Oder nein, nicht einfordern, sich so schwach und verletzlich zeigen und ihn einfach darum bitten. War sie deswegen jetzt wirklich ein schlechter Mensch? Wenn so viele das sagten, vielleicht stimmte es ja doch? Aber... sie hatte es ja nicht böse gemeint. Sie hatte nur nicht nachgedacht. Und schwanger geworden war sie ja schon in Alexandria! Da hatte sie nur nicht nein gesagt. Und... naja, ganz unschuldig war sie ja nicht. Und sie würde auch nicht sagen, dass es ihr nicht gefallen hätte, denn das hatte es. Sogar sehr. Archias und sie passten körperlich gut zusammen.“Ich wollte das wirklich nicht, Seiana“, versuchte Axilla es noch ein letztes Mail, auch wenn sie keine Hoffnung sah, die Decima zu überzeugen. Aber wenigstens einen versuch wollte sie noch unternehmen, einen allerletzten. Vielleicht.. ja, vielleicht, wenn sie wusste, was sie versucht hatte, dass sie dann nicht mehr so kalt zu ihr war? “Ich hab wirklich versucht, es nicht so weit kommen zu lassen. Ich hab ja sogar versucht, es abzutreiben, anstatt es ihm gleich zu sagen. Dass es nicht funktioniert hat... ich weiß nicht, ob das Pech oder Schicksal ist. Aber ich hätte selbst jetzt nicht zwischen euch gestanden, das schwöre ich. Es ist nur... ich kann nicht anders, als so zu fühlen. Und er fühlt das auch für mich.“ Glaubte sie zumindest. Er hatte es gesagt, und Axilla hatte keinen Grund, daran zu zweifeln. Auch wenn sie immernoch einen kleinen Zweifel fühlte, ob er vielleicht nur deshalb sie heiraten wollte, weil sie sein Kind trug. “Ich wollte dir wirklich nicht weh tun. Wirklich nicht. Und er auch nicht.“
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Und das Thema blieb – wie zu erwarten gewesen war – bei den Hochzeiten. Axilla unterdrückte ein Seufzen und nahm sich eine Kleinigkeit zu Essen. Wirklich Hunger hatte sie nicht, dafür war sie noch viel zu aufgewühlt von dem eben geschehenen. Und auch, wenn sie – zum Glück – niemand darauf ansprach, fühlte sie sich ein klein wenig beobachtete deswegen. Vielleicht bildete sie es sich ja auch nur ein, aber andererseits, wenn niemand Interesse gezeigt hätte, wäre das ganze fast noch unheimlicher gewesen. Wobei... eigentlich war diese völlige Un-Neugierigkeit schon unheimlich...
Axilla versuchte, nicht zu viel darüber nachzudenken und nicht zu sehr ihre Gedanken schweifen zu lassen, für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie doch irgendwas gefragt werden würde. So bekam sie so am Rande mit, dass Romana irgendwie komisch reagierte, als Serrana von ihrer Hochzeit mit Sedulus erzählte. Allerdings hatte sie den Anfang total verpasst und konnte die Reaktion nicht einordnen. Vielleicht musste sie ja einfach nur mal eben dringend? In jedem Fall verschwand sie vom Tisch, und Calvena folgte ihr. Damit schied es für Axilla schon kategorisch aus, nach Romana zu sehen, obwohl sie die Claudia eigentlich gern mochte. Die hatte Mumm und Ehre, Axilla mochte das bei ihren Mitmenschen. Aber Calvena hatte sich bei Axilla seit dem Gespräch in den Thermen disqualifiziert, und auch, wenn es kindisch war, Axilla pflegte ihr Geschmolle.
Sie nahm sich noch eine Kleinigkeit von einer der Platten – irgendwas in Speck, Axilla schaute gar nicht so lang, was es genau war. Es sah lecker aus, und wirklich Hunger hatte sie irgendwie sowieso nicht. Da stand Septima auf und kündigte etwas Kurzweil an. Zwei syrische Tänzerinnen mit seltsamen Schwertern traten auf. Aber anstatt eines von Axilla schon fast erhofften Kampfes tanzten die beiden. Das sah zwar auch hübsch aus, und sicher erforderte es viel Können, das Klirren von Metall auf Metall wär aber trotzdem interessanter gewesen. Axilla atmete einmal durch und schaute dann zu, wie die beiden Frauen sich wiegten und ihre Hüften kreisen ließen. Kurz spitzelte sie rüber zum Männertisch, denen dieses Schauspiel sicher besser gefiel als ihr persönlich.
Nach einer Weile aber wurde es Axilla dann doch zu langweilig, und sie wandte sich wieder mehr dem Essen zu. Auch wenn sie keinen Hunger hatte, solange sie aß, kam sie wenigstens nicht in Verlegenheit, etwas sagen zu müssen. Beizusteuern hatte sie ohnehin nichts, kannte sie die meisten hier am Tisch doch nur sehr flüchtig. Und bei ihr selber war eine Hochzeit ja noch in so weiter Ferne (zumindest glaubte sie das zu diesem Zeitpunkt noch), dass sie da nichtmal darüber nachdenken wollte, wer eventuell und unter Umständen vielleicht, wenn der Zufall es ergab, sie mal heiraten könnte. Bei diesem Gedanken suchte sie kurz Vala in der Männerrunde. -
Seiana war so höflich, dass es Axilla Angst machte. Sie sah nur unsicher immer wieder vom Fußboden in die eiskalten Augen der Decima auf, nur um sofort den Blick wieder zu senken. Aber da war nicht wirklich Wut, auch wenn Axilla sich sicher war, dass Seiana sauer war. Archias hatte ihr von seinem Treffen mit Seiana erzählt, wenngleich nur kurz, und auch da gemeint, sie sei sehr kühl gewesen. Aber Axilla hatte keine Ahnung, dass sie so kühl sein konnte.
Leider tat sie ihr nicht den Gefallen, sie rauszuwerfen und damit ihr gewissen zu entlassen. Nein, im Gegenteil, sie trieb die Konversation weiter, was Axillas Gewissensbisse ins unermessliche steigerte. Wie schützend legte sie eine Hand unbewusst wieder auf ihren Bauch, als könne sie damit das Leben vor dieser Kälte im Raum schützen.
“Nein, das Gespräch ist wohl nicht mehr notwendig. Ich möchte dir dennoch dafür danken, dass du das machen wolltest. Ich.. ich hab damals jedes Wort ehrlich gemeint, Seiana.“ Dass Axilla wieder auf die durchaus freundlichere Art des Ansprechens mit dem Cognomen gewechselt hatte, machte sie weder berechnend noch bewusst. Ihr war das ganze nur so unangenehm, und die Kälte, die von Seiana ausging, ängstigte sie. Mit ein wenig Vertrautheit da ein wenig Wärme hineinzubringen, wenngleich sie es unterbewusst tat, war ihre Art, damit umzugehen.
“Und ich werde wohl hier bleiben. Ich meine... jetzt gibt es ja auch keinen Grund mehr. Wenn wir verheiratet sind, muss ich es ja auch nicht verbergen...“
Dass Seiana nichts von der Schwangerschaft wusste, wusste Axilla nicht. Sie nahm es eigentlich an, dass Archias ihr das auch gesagt hatte. Und selbst wenn nicht, soweit dachte Axilla jetzt nicht, als dass sie es verbarg. Immerhin gab es nun dazu wirklich keinen Grund mehr, denn sie würde den Vater des Kindes ja heiraten. Das würde zwar öffentlich machen, dass sie schon vor der Hochzeit mit ihm das Bett geteilt hatte, aber das war nun wirklich kein Weltuntergang mehr. Vielleicht etwas unorthodox, aber sicher bei weitem nicht so schändlich, wo eine Hochzeit doch meistens eher eine Formalität war – und obendrein schnell verändert dank eines sehr flexiblen Scheidungsrechtes.Die frage nach etwas zu Essen aber war es, die Axilla gänzlich aus dem Gleichgewicht brachte. Sie hatte ja nichtmal ihr Wasser angerührt, sondern den Becher nur in Händen gehalten. Gänzlich verwirrt schaute sie doch nochmal richtig auf, nur um sich nach einem Blick in Seianas Augen zu wünschen, es nicht getan zu haben. “Nein, danke. Ich bin nicht hungrig.“
Axilla stand noch einen zittrigen Moment einfach da, dann ging ein Beben durch ihren Körper und sie ging auf die Decima zu. “Seiana, es tut mir wirklich leid. Wirklich! Ich wollte das alles nicht! Ich meine... er hat dich wirklich geliebt, und ich wollte mich da nie dazwischendrängen. Wirklich nicht! Ich hätte mir von Herzen gewünscht, dass ihr beide glücklich werdet. Es tut mir wirklich so sehr leid. Aber ich liebe ihn. Ich wollte das nicht, ganz sicher wollte ich das nicht. Bitte. Seiana.“ Axilla wusste nicht, was sie denn sonst noch sagen sollte. Aber ihr Gewissen zerriss sie beinahe und beharrte darauf, dass sie noch nicht alles versucht hatte, was in ihrer Macht stand. -
Bei seinem ersten Satz nickte Axilla nur stumm und bekräftigend. Wenn sie sich vorstellte, sie würde ihr restliches Leben mit einem alten Mann zusammensein müssen, der keine Ahnung hatte, wie er das ganze so gestaltete, dass es ihr auch Spaß machte... Axilla war sich ziemlich sicher, dass sie dann doch ein Problem mit dem Treusein gehabt hätte.
Dann aber wurde Archias ernster und irgendwie gereizter, und Axilla konnte nur unschuldig zu ihm rüberschauen. “Jetzt bin ich ja dann nicht mehr allein unterwegs, wenn ich Wein trinke, dann bist du ja dabei, oder? Und ich mag Wein sowieso nicht so gern. Der steigt mir viel zu schnell zu Kopf.“ War ja nicht so, als ob Axilla nicht selber schon beschlossen hätte, nie mehr so viel zu trinken. Ihr war das ja selbst über die Maßen peinlich.Ob Serrana noch sauer war, wenn sie ihr den Vater des Kindes vorstellte, wusste Axilla nicht. “Ich weiß nicht, wie sie reagiert. Sie hat da schon sehr altmodische Vorstellungen, weißt du? Ich glaube, die Germanicer haben sie da verhunzt. Wusstest du, dass ihre Großmutter eine Germanica ist und sie großgezogen hat? Ich sag dir, die hat keinen Funken iunischen Blutes mehr in ihr gelassen. Nur so ganz altmodische Anschauungen und so...“ Die ja im Grunde nicht schlecht waren. Im Grunde wusste Axilla ja auch darum und noch viel theoretischer war sie ja auch danach erzogen worden. Nur eben nicht so streng. Und sie selbst definierte das eine oder andere eben anders. “Aber vorstellen sollte ich dich wohl trotzdem mal. Wenn ihr bald verschwägert seid...“ Was immernoch eine zwar schöne, aber gleichzeitig erschreckende Vorstellung war. Sie würde wirklich heiraten! Götter!
Die Sache mit Piso hatte Axilla aber scheinbar wieder zurechtgebogen. Wenn sie auch keine Ahnung hatte, wie sie das gemacht hatte. Sie hätte sich den genauen Wortlaut ja gerne gemerkt, damit sie ihn bei passender Gelegenheit wiederholen konnte. Aber im Grunde war es egal, Hauptsache, er war nicht mehr böse.
Und das war er nicht, im Gegenteil. Er zog sie auf sich und küsste sie, strich ihr durchs Haar – und löste damit noch mehr Strähnen aus ihrer Frisur. Ihre kleine kniende Einlage und die Bekanntschaft seiner vorsichtig unterstützenden Hand hatten ja schon einige Locken gelöst, aber nun purzelten noch mehr herunter. Am besten, sie flocht sich gleich einen Zopf oder so. Aber später, denn erst einmal musste sie auf diese gemeine Provokation eingehen.
Ihre Hände krallten sich in den Kragen seiner Tunika, und sie zog ihn an sich, küsste ihn noch einmal, aber nicht so sanft wie er eben, sondern begehrlicher, während ihr Becken leicht nach vorn gegen seines rutschte. Sollte er ruhig auch mitfühlen, welche Sehnsüchte sie litt. “Wie, du feuerst mich? Oh, dann muss ich mir das wohl nochmal überlegen“, meinte sie frech und küsste ihn nochmal. Diesmal ließ sie seine Tunika los und grub ihre Hände stattdessen lieber in sein Haar. “Du weißt, ich arbeite gern. Und außerdem muss doch noch jemand sich um deine Betriebe kümmern. Und die ummelden.“
Sie grinste Archias frech an und ließ sich dann etwas zurücksinken, gab so sienen Kopf wieder frei. Kurz überlegte sie und legte dabei den Kopf schräg. “Meinst du nicht, das sieht komisch aus, wenn du das gleich eintragen lässt? Ich meine... können wir nicht einfach heiraten und das dann eintragen lassen? Dann gibt es auch nicht so viel Gerede und keiner nervt mit irgendwelchen Fragen deswegen.“ Und Axilla wollte immernoch am liebsten zum Heiraten einfach ein paar Tage abhauen, so dass überhaupt niemand die Chance hatte, sie da zu löchern und mit Erwartungen zu bombardieren. -
Als er auch etwas energisch argumentierte, nickte Axilla ihm nur zu. “Ja, genau. Ich meine, deshalb sind wir doch nicht irgendwie böse Menschen, oder? Ich meine, das heißt ja nicht, dass wir mit jedem...“ Ganz kurz schaute Axilla auf und suchte Archis Blick dabei. Dass er mit Seiana nicht geschlafen hatte, hatte er ihr mehr oder weniger gesagt. Er meinte ja, sie wolle ihn nichtmal küssen. Aber mit wem er sonst noch intim gewesen war, wusste Axilla nicht. Im Grunde ging es sie ja auch nichts an, genausowenig wie ihn das bei ihr eigentlich etwas anging. Sie hoffte aber dennoch, dass sie sich darüber in Zukunft keine Gedanken machen musste. Männer waren zwar so, aber... nein, die Vorstellung gefiel ihr nicht. Sie war zwar nicht eifersüchtig veranlagt, aber es wäre trotzdem schön, wenn sie ihn jetzt wirklich hatte. Vollkommen.
Allerdings beharrte er auf eine Antwort zu Serrana, was Axilla doch wieder mehr in die Defensive drängte und sie in Erklärungsnot brachte. “Ja, sie war in der Nacht da, als ich versucht habe... Leander wollte mich nicht allein lassen, während er den Arzt holte, weil ich so geblutet hab. Und da hat er sie geweckt.“ Axilla zuckte nur mit den schultern und beantwortete dann seine zweite Frage. “Ach, sie hat nur wilde Vermutungen aufgestellt, wer der Vater sein könnte. Als ob ich mit jedem gleich... also, ich meine, das war wirklich haltloses Zeug. Ich meine, wir beide kannten uns schon über ein Jahr... Gut, es ist eigentlich doch sehr spontan passiert dann, war ja nicht geplant oder so, aber... du weißt schon.“
Na hoffentlich war er damit zufrieden und bohrte nicht noch weiter nach. Sonst würden Axilla am Ende noch die Ausflüchte ausgehen.Bei Piso aber schien Archias wirklcih sauer zu sein. Dann hatte der Flavier also nichts gesagt? Weil Archias auch gar nicht darüber reden wollte? Warum fing er dann jetzt bei ihr damit an? Männer! Und dann von einer Sekunde auf die andere grinste er und alles schien in Ordnung zu sein. Weil er besser war. Besser womit?
Es dauerte eine Weile, bis der Groschen bei Axilla gefallen war und sie knallrot anlief. Das hatte sie gar nicht gesagt! Aber gut, sie würde ihm nicht widersprechen, jetzt sowieso nicht. Wenn diese Erkenntnis das wichtigste für ihn war, dann sollte er sie behalten. Sie würde das sicher nicht zerreden jetzt. Lieber ihn in der Meinung noch bestärken und etwas ärgern.
“Und ich muss noch so lange warten, bis du es mir wieder beweisen kannst“, meinte sie übertrieben kokett, was aber durch die immernoch ziemlich rote Gesichtsfarbe wohl nicht ganz so frech rüberkam wie gewünscht. -
Axilla war sich nicht sicher, ob sie mochte, wenn eine andere Frau Archias süß fand. Noch dazu eine, die sie nicht einmal kannte. Und deren Namen er nicht rausrückte. Ein bisschen schmollend sah sie ihn an, ehe sie sich richtig hinlegte. Da konnte er seine Phantasie mit dem Honig auch für sich behalten, so! Sie fragte nicht mehr danach, was genau er sich ausgedacht hatte. Sie hatte ohnehin schon eine Ahnung, was das wohl war.
Als er sie um Stillschweigen wegen dem Kaiser bat, schüttelte Axilla bekräftigend den Kopf. “Nein, natürlich nicht. Ich sag kein Sterbenswörtchen“, versprach sie, während er bereits weiter redete, über ihre Familie.
Axillas Gesicht nahm einen reichlich zerknirschten Ausdruck an, und schon wieder musste ihre arme Unterlippe leiden. Dieses Mal schmeckte sie den leicht metallenen Geschmack von Blut, als einer ihrer Eckzähne die dünne Haut aufripste und ein kleines Tröpfchen Blut hervorkam. Allerdings war das gerade mal genug für den Geschmack, wurde die 'Wunde' doch sofort wieder verschlossen. Dennoch zog Axilla einmal kurz schmerzlich die Luft ein, als sie es merkte.
“Ähm, ja. Muss ich wohl mal machen. Ist eigentlich sowieso nur Serrana. Narcissa ist krank und aufs Land rausgefahren, noch bevor ich angekommen bin. Aber die wohnte eh bei den Decimern und nicht in der Casa. Und Silanus ist... naja, du weißt schon. Ansonsten gibt’s ja nur Merula, und der ist in Ägypten. Oh, und Silanus hat in Germania noch jemand aufgenommen, Brutus. Der ist ganz nett eigentlich. Ich hab mich kurz mit ihm unterhalten, als ich angekommen bin. Er musste ja ein paar Tage später schon weiter. Er ist Soldat, weißt du? Und... ich glaube, in Mantua. Da ist doch ein Kastell, oder? Er ist nämlich Präfekt, soweit ich weiß.“
Sie atmete kurz einmal durch, ehe sie dann nochmal anfing. “Es ist nur... also, Serrana und ich haben uns gestritten. Also, sie weiß, dass ich schwanger bin, und... also, sie war wirklich gemein zu mir! Also, wegen dem Kind, das ich mir das vorher hätte überlegen sollen, und all sowas. Und... naja, ich hab sie geschlagen. Also, nicht richtig, nur mit der flachen Hand ihren Arm weggeschlagen. Aber... naja, sie versteht einfach nicht, dass ich... und du... also, ohne verheiratet zu sein. Ich meine, sie weiß ja nicht, wer der Vater ist. Sie dachte ja... ach, nicht so wichtig.“ Serrana hatte gedacht, dass Vala der Vater wäre. Was natürlich totaler quark war, immerhin kannten sie und Vala sich weder so gut noch so lang. Aber da das Thema Vala gerade eben erst vom Tisch war, wollte Axilla es nicht nochmal aufgreifen.Was ohnehin nicht mehr so wichtig war, als Archias auf einmal im Bett saß und sie so von seiner Schulter schubste, um erschrocken zu ihr runterzuschauen. Der Tonfall seiner Frage erschreckte Axilla ein wenig, das klang so geschockt. Und sie wusste eine Sekunde lang gar nicht, was sie sagen sollte.
“Ich meine... er hat dir doch erzählt, wie..? Oder... nicht? Ich meine, was... was hat er denn gesagt, was...? „
Jetzt setzte Axilla sich auch wieder auf und rutschte richtig aufs Bett. Ihre Beine winkelte sie leicht an, so dass sie ihre Knie mit einem Arm leich umarmen konnte, und rang nach Worten.
“Also, ich glaube ja nicht, dass er es böswillig gemacht hat. Es war nur... ich war halt zu betrunken, um ihm das zu sagen, weißt du? Ich meine... er war ja schon süß irgendwie, aber.. er war halt... er war halt nicht...“ Wieder malträtierte sie ihre Unterlippe, und diesmal blutete es mehr. Vielleicht sah Archias sogar den leichten roten Schimmer, den sie zwar gleich verstohlen mit ihrer Zunge entfernte, der aber ganz sachte wiederkehrte. “Er war halt nicht... du. Ich meine...wir haben ja gesagt, dass wir nicht... aber ich war jetzt nicht verliebt in ihn oder so. Es tut ihm ja auch leid! Weißt du, er hat mir Blumen geschickt. Gestern erst. Araros hat ganz schön geflucht deswegen, murmelte dauernd was von Flora und dem flamen. Und... also, ich glaub ihm ja, dass er das so nicht wollte, und... ich meine, er hat mir nicht weh getan oder so... ich hab halt nur nicht mehr sagen können, dass ich lieber nicht... aber, du musst ihm jetzt nicht böse sein...“
Verdammt, was machte sie nur? Sie wollte ja nicht,d ass er seinen besten freund verlor. Vielleicht sollte sie einfach weiterreden? Ablenken war immer gut. “Und bestimmt macht er nun auch noch das Opfer. Ich mein, ich hab zwar schon Pluto einen Stier geopfert vor ein paar Wochen, aber an Iuno... also, da sollte das schon wer vom Fach machen, oder? Also, nicht, dass das bei Pluto egal gewesen wäre. Und du natürlich, so als Mann, mein ich. Nicht?“ -
“Wer behauptet denn sowas?“ verlangte Axilla gespielt pikiert zu wissen. Dann musste sie aber lachen und stupste ihn schließlich neugierig, als er von seiner Idee erzählte. Sie konnte es sich eigentlich ja schon denken, aber trotzdem wollte sie es gerne von ihm hören.
Dass der Kaiser wohl wirklich nicht kam bei seinem Gesundheitszustand störte Axilla eigentlich nicht. Wahrscheinlich wär sie auf ihrer eigenen Hochzeit dann vor Schreck umgefallen, wenn er wirklich da gewesen wäre. Schon allein die Aussicht, vom Kaiser eine Karte zu kriegen, war beängstigend. Das war alles so groß! Beinahe überlegte Axilla es sich da nochmal. Sie mochte nicht soviel Andrang, erst recht nicht auf ihre Person. Sie war es auch gar nicht gewohnt, lebte sie doch den Großteil ihres Lebens in herrlicher Abgeschiedenheit von allen gesellschaftlichen Verpflichtungen.
Aber was sie beunruhigte, war, dass es dem Kaiser scheinbar wirklich nicht gut ging. Natürlich hatte sie gelesen, was die Acta schrieb, aber das war ja nicht unbedingt viel gewesen. Gerade mal soviel, dass er sich aufs Land wegen der besseren Luft zurückgezogen hatte. Aber sonst? Da war das schon sehr beunruhigend, zu hören.
“Aber er wird doch sicher wieder gesund, oder?“ fragte sie halb hoffnungsvoll, halb ängstlich nochmal nach. Dass er wirklich so krank war, war schon sehr erschreckend. Und soweit Axilla wusste, gab es auch keinen Nachfolger, was noch viel schrecklicher war. Sowas konnte in Bürgerkrieg ausarten.Und das Thema um Piso war auch nicht unbedingt einfacher. Das Thema Vala hatte sie ja scheinbar so klären können, und es war für sie in Ordnung, ihn nicht einzuladen. Aber Piso war da schon etwas schwieriger. Axilla war es zutiefst unangenehm, dass er wusste, dass sie mit Piso geschlafen hatte. Auch wenn es nur das eine Mal und nicht von ihr geplant gewesen war. Im Grunde war es sogar ohne ihr Einverständnis geschehen, zumindest am Abend. Im Moment aber schämte sie sich furchtbar für das, was am Morgen danach geschehen war. Und sie wusste nicht, was sie da sagen sollte, wusste nichtmal, wieviel Archias wirklich wusste. Und ob es ihm nichts ausmachte, was sein bester Freund und sie getan hatten.
“Ähm, ja, wenn du möchtest. Er ist ja dein Freund...“ Axilla kaute mal wieder auf ihrer Unterlippe herum, weil ihr die Worte fehlten. Das Thema war unangenehm. Und unpassend. Aber sollte sie es nicht trotzdem ansprechen? Grade, wenn archias noch meinte, dass er sie und Piso hatte verkuppeln wollen...
“Aber das mit Piso... also, ich meine... er ist ja Patrizier, und das wäre ja eh nie gegangen... und cih meine, ich wollte ja auch gar nicht, dass... also, nicht so wirklich, mein ich... ich war nur betrunken und... also... ich will nicht, dass du glaubst, dass ich... ich meine....“ Sie wollte nicht, dass er an ihrer Treue zweifelte. Oder gar an der Vaterschaft. Noch immer nagte dieser Zweifel irgendwo an Axilla. Auch wenn die Worte vorhin wohl anders angekommen waren und sie ihm glaubte, dass er sich auf sein Kind freute. Aber vielleicht kamen seine Zweifel ja wieder? Und Axilla hatte zum ersten Mal so wirklich Angst, ihn zu verlieren, jetzt, wo sie ihn gerade erst so wirklich und nur für sich hatte. Ohne Seiana. Auch wenn er von ihr redete. “Wenn ich gewusst hätte, dass du... ich hätte niemals... also, noch weniger. Ich meine, so wollte ich ja eigentlich auch nicht so wirklich, aber dann hätte ich doch erst recht nicht...“
Götter, warum gab es unter all den Worten nicht diejenigen, die das ausdrücken konnten, was sie fühlte? -
[Blockierte Grafik: http://img39.imageshack.us/img39/9646/araros.jpg]
Den wuchtigen Blumenstrauß entgegenzunehmen war gar nicht so einfach, aber Araros tat sein bestes. Er hatte ja dank der letzten Wochen darin Übung. Und auch die Rolle fand ihren Weg in seine Hände. Na, da würde er wohl gleich ein gewisses Cubiculum noch ein wenig mehr wie den Flora-Tempel aussehen lassen... Was auch immer Axilla machte, dass die Männer ihr so viele Blumen schickten, Araros war dafür, dass seine Herrin damit aufhörte. Da bekam man ja Anthophobie!
Doch hier und jetzt mühte sich der Ianitor um einen freundlichen Gesichtsausdruck und nickte nur leicht. “Selbstverständlich. Sie wird es erhalten.“
Und offenbar war der Flavier auch schon zufrieden, denn er verabschiedete sich, wenngleich etwas zögerlich.
“Vale und nichts zu danken“ meinte Araros noch und sah dem Flavier hinterher. Kurz schüttelte er den Kopf, dann ging er ins innere seines eigenen, persönlichen Flora-Tempels zurück, um alles zu überbringen.