Beiträge von Iunia Axilla

    Hah, da war die erwartete Attacke! Was nichts daran änderte, dass er trotzdem ihren Bauch traf und Axilla lachen musste. Gespielt schnappte sie mit den Zähnen nach seiner Nase.“Na, wer weiß schon, was ich dann alles mit dir machen würde? Vielleicht schmier ich dich auch von oben bis unten mit Honig ein und lass dich einfach liegen?“, meinte sie frech und kuschelte sich dann wieder etwas mehr in seinen Arm.


    Der Kaiser war also wirklich so krank? Axilla hörte Archias aufmerksam zu, während er von ihm erzählte, und ihr Gesichtsausdruck wurde leicht besorgt. Sie kannte den Kaiser zwar nicht, aber es war der Kaiser. Wenn der krank war, dann war das schlecht. Und als Archias erwähnte, dass es ein schlimmer Husten ausgerechnet war, wurde ihre sorgenvolle Miene noch etwas sorgenvoller. Ihre Mutter war an Husten gestorben.
    “Hm?“ machte sie im ersten Moment nur etwas in Gedanken, ehe sie registrierte, was Archias sie gefragt hatte. “Schlimm? Nein, ich meine... ich kenn ihn ja auch gar nicht, und ich hab noch nichtmal dran gedacht, bis du es eben gesagt hast, dass überhaupt die Möglichkeit bestehen würde.... Ich meine... huh...“ Axilla machte eine winkende Geste über ihrem Kopf. Das war alles immernoch ein bisschen groß für sie. “Ich meine, wenn ich bei dir bin, denk ich gar nicht daran, dass du mit ihm ja verwandt bist. Ich will ja bei dir sein und nicht bei einem Verwandten des Kaisers.“ Axilla schaute treuoof zu ihm auf. Ihretwegen könnte er auch jeder anderen Gens angehören, sie würde ihn trotzdem gern haben. Und sie dachte ja wirklich nie daran, dass er mit dem Kaiser verwandt war, wenn sie nicht grade mit der Nase draufgestupst wurde.


    Doch dann kam das Thema auf Vala, und Archias machte seine Abneigung gegen ihn nur allzu deutlich. Axilla lächelte ein wenig verlegen und streichelte ihm sanft über die Wange. “Wir müssen ihn ja nicht einladen“, meinte sie versöhnlich, nur um dann selber etwas zögerlicher zu werden, als er Piso erwähnte. Sie nahm ihre Hand wieder runter und schaute zur Decke hoch.
    “Was ist mit Piso?“ fragte sie mit unsicherer Stimme einfach nach. Am liebsten woltle sie das ganze Geschehen da vergessen, aber sie interpretierte Archis Worte so, als wolle er darüber gern reden.

    Da kam... nichts. So absolut gar ncihts. Seiana stand einfach nur da und hörte sich alles an. Man hätte sie mit einer Statue vertauschen können, in etwas die selben Regungen wären dabei herausgekommen. Da kam nichts, weder Schimpfworte noch irgendwelche Attacken. Einfach nur... nichts. Und dieses nichts war fast noch erschreckender als jeder Angriff gewesen wäre. Irgendwie fröstelte Axilla, während sie auf eine Reaktion wartete.
    Und als diese dann endlich kam, fröstelte sie noch viel mehr. Das war's? Kein 'Ich hasse dich', kein 'du Schlampe hast mir den Verlobten ausgespannt' noch nicht einmal ein 'scher dich zum Orcus'? Gar nichts? Dass Seiana ihr nicht gleich vergeben würde, hatte Axilla ja schon angenommen, aber das so gar keine Reaktion kam, das verunsicherte sie jetzt doch.
    “Ähm, nein. Ich wollte nur, dass du das weißt. Und mich entschuldigen.“ Verlegen kratzte sich Axilla am Unterarm und schwieg. Vielleicht wollte Seiana sie ja wenigstens hinauswerfen? Diese Genugtuung wollte sie der Decima nicht nehmen. Und vor allem wollte sie sich selbst nicht um die Möglichkeit bringen, durch eine, wenngleich kleine, Strafe ihr eigenes Gewissen zu entlasten.

    Oh, genau, das Picknick! Und Spielschulden waren ja Ehrenschulden, also musste er das unbedingt einlösen. Axilla grinste ihn an, nur um einen Augenblick ein empörtes “Hey!“ von sich zu geben und sich in seinen Armen zu winden, weil er sie piekste und kitzelte. Sie kicherte und versuchte, sich vor seiner Hand zu schützen, aber er fand spielerisch die Lücken in ihrer Deckung, und sie musste immer wieder lachen. “Das ist gemein!“, meinte sie gespielt geschmollt, als er damit aufhörte und legte schützend eine Hand auf ihren Bauch, um sich vor der nächsten befürchteten Attacke zu schützen. “Wart ab, das kriegst du alles wieder, wenn du es am wenigsten erwartest. Dann wachst du ans Bett gefesselt auf und wirst durchgekitzelt“, drohte sie ihm grinsend.


    Die Hochzeit hingegen war weit weniger spaßig als Thema und Axilla hörte Archias aufmerksam zu. Puh, alle Senatoren? Und, Götter, an den Kaiser hatte sie ja noch gar nicht gedacht!
    “Oh, der Kaiser? Meinst du denn... also, dass er... selbst, ich meine... so richtig in echt dann kommen könnte? Zu unserer....“ Und mit einem Mal hatte Axilla noch mehr Angst vor der Feier und die Variante, mit Archias einfach ein paar Tage von der Bildfläche zu verschwinden und so heimlich zu heiraten erschien ihr verlockender denn je. Nicht, dass sie was gegen den Kaiser hätte, aber... Der IMPERATOR! Auf IHRER Hochzeit? Bona Dea!
    Zum Glück – oder wie man's nahm – kam Archias gleich auf den anderen zu sprechen. Es dauerte einen Augenblick, bis Axilla verstanden hatte, wen er meinte, und dabei wurde sie doch ziemlich rot. Archias dachte doch wohl nicht, sie würde nach diesem Antrag ihm mit Vala untreu werden?
    “Caius, ich liebe dich.“ Sie sah ihm treu in die Augen und suchte darin nach dem Grund, warum er jetzt so war. “Seine Familie ist schon lange Geschäftspartner von mir. Wenn du willst, lad ich ihn nicht ein. Aber du musst dir keine Gedanken um ihn machen. Wirklich.“ Ihre Hand legte sich auf sein Herz, während sie ihn weiterhin treuherzig anschaute.
    Allerdings versprechen, dass sie Vala nie wieder sehen würde, das konnte Axilla auch nicht. Der Germane hatte ja schließlich nichts schlimmes getan. Und sie konnte ihn ja auch nicht wegen Archis Eifersucht strafen. Das wär ja fast so, als würde Axilla von ihm verlangen, Piso nie mehr zu sehen, weil der sie betrunken abgeschleppt hatte! Vor der Begegnung hatte sie ohnehin ein klein wenig Muffensausen...

    Ach, Axilla hatte Seemänner weitaus schlimmer auf die Götter schimpfen hören, und dennoch waren ihre Schiffe nicht gesunken, während abergläubige Frömmchen, die täglich in die Tempel rannten, eines Tages tot und vergewaltigt im Straßengraben aufgefunden worden waren. Daher fürchtete sie auch jetzt keinen Blitz,d er sie wegen dieser hitzig gesprochenen Worte erschlagen würde, sondern schnaubte nur ärgerlich und rieb sich die schmerzende Hand. Der Schmerz tat seltsam gut, denn er linderte die Angst, die sie fühlte und die sie zu ersticken schien. Der Schmerz aber war greifbarer, begründbarer, realer. Da wusste sie genau, warum er da war, und sie wusste auch genau, wie es dazu gekommen war. Und sie wusste auch genau, wann er enden würde. Das war alles kontrollierbar, und damit nicht so schwierig zu verkraften wie das andere.


    Axilla hörte Serranas Worte und sagte dazu nichts. Hatte sie denn darum gebeten, dass Serrana ihr half? Hatte sie darum gebeten, moralische Ratschläge zu erhalten, oder eine Ansprache an ihr Gewissen? Als wüsste Axilla nicht, in welchen Problemen sie steckte! Hielten denn alle sie für so dumm, dass sie das nicht merken würde?
    Sie schnaubte nochmal, boxte nochmal gegen den Pfahl, diesmal aber nicht mehr so hart, sondern mehr frustriert, und ging dann davon. Sie hatte die Nase voll davon, dass alle Welt scheinbar besser als sie wusste, was zu tun war. Erst Crios, und nun Serrana! Nein, die kannten alle Axilla nicht. Woher also sollten sie wissen, was das Beste für sie wäre, wenn sie selber noch nichtmal wusste, was das Beste wäre?
    Ohne ein weiteres Wort zu sagen oder auch nur einmal zurückzublicken ging Axilla wieder ins Haus. Ihr war kalt und schlecht, und sie brauchte ihre Kraft für den morgigen Tag, wenn sie Archias beichten musste, dass das Kind noch da war.

    Irgendwie wäre es Axilla lieber gewesen, Seiana hätte sie angebrüllt, wie sie es wagen könne, nach allem, was sie ihr angetan hatte, hierher zu kommen. Was sie sich einbilde, wer sie sei. Wie sie hier stehen könne und mit ihr reden wolle. Dass sie sich zum Orcus scheren solle und nie, nie wieder hier auftauchen solle. Damit hätte Axilla umgehen können, darauf war sie vorbereitet. Aber da kam nichts. Seiana war ganz ruhig und schaute sie an, als wäre nichts. Und diese Ruhe machte Axilla nervös.
    Sie nahm einen Schluck Wasser, um Zeit zu schinden, und suchte dann einen Moment nach Worten. Ihr Mund öffnete sich ein paar Mal, schloss sich dann aber auch gleich wieder, weil ihr das, was sie sagen wollte, dann doch doof vorkam. So dauerte es eine ganze Weile, in der sie die Geduld der Decima strapazierte, ehe sie doch ihren Mut zusammennahm und einfach anfing, zu reden.
    “Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Für alles. Also, ich meine... ich hab das nicht geplant. Ich meine, das zwischen Caius und mir, das hat sich einfach ergeben und... also, ich wollte dir damit nicht weh tun. Und ich wollte auch nicht, dass das hier jetzt passiert. Ich wollte... also, ich meine, ich wollte nicht, dass du denkst, dass wir das mit böser Absicht gemacht haben.“
    Axilla sah nicht eine Sekunde auf, während sie sprach. Sie starrte mehr ins nichts vor sich hin, während sich ihre Rechte an den Becher klammerte, während sich die Linke leicht auf ihren Bauch legte. Sie fühlte sich sehr, sehr unwohl im Moment, das alles zu sagen. Aber sie musste es sagen, sonst fand sie bestimmt nie wieder Schlaf.
    “Ich kann verstehen, wenn du mich jetzt hasst deswegen. Es ist dein Recht. Es war nicht richtig, was ich dir angetan hab, auch wenn es nicht mit Absicht war. Ich wollte nur... ich weiß auch nicht...“ Axilla war sich nicht wirklich sicher, was sie hier bewirken wollte. Vermutlich nur ihr eigenes Gewissen beruhigen, damit niemand sagen konnte, sie hätte nicht versucht, sich auszusöhnen.
    Axilla stand da, den Blick stetig gesenkt, und wartete darauf, dass nun vielleicht endlich die befreiende Schimpftirade über sie einhergehen würde. Danach würde sie sich besser fühlen können und auch dürfen.

    Ein klein wenig verwundert war Axilla schon, als nach einer Weile des Streichelns und Küssens sich ein bestimmter Teil von Archias nochmal meldete. Sie war sich einen Moment etwas unsicher, ob sie vielleicht nicht alles richtig gemacht hatte, und auch, ob er vielleicht dasselbe nochmal wollte. Sie tat so, als hätte sie es nicht bemerkt, und auch Archias schien es eher verbergen zu wollen, denn er ließ seine Liebkosungen abebben und hielt sie nur noch sanft im Arm. Eine Woche, und keinen Tag länger... schwor sich Axilla in Gedanken. Länger würde sie es vermutlich auch nicht aushalten. Nicht, wenn er sie so reizte und auf diese Weise ansah wie gerade.


    Als sie so vor sich hinstotterte, schien Archias eher erfreut zu sein. Ja, er grinste sogar. Und er gab ihr recht. Erst noch ein wenig unsicher, dann aber immer mehr musste Axilla selber grinsen. “Also, ich muss noch nichtmal unbedingt irgendwo eingeladen sein. Sich mit irgendwelchen Leuten zu unterhalten, die man eigentlich gar nicht kennt und die sich nur präsentieren wollen... neeee. Weißt du, was ich am liebsten machen würde?“
    Sie rutschte näher zu seinem Ohr und legte eine Hand halb über ihren Mund, eine wirklich kindliche Geste, wenn man ein Geheimnis verriet. Aber Axilla fühlte sich gerade recht beschwingt und frei, da konnte sie auch so kindlich sein. “Am liebsten würd ich mit dir raus aus der Stadt gehen. Nur du, und ich, und sonst niemand. Einfach in die Natur reiten, zu einem Wald.“ Sie musste grinsen, was er sicher auch in ihrer geflüsterten Stimme hören konnte. “Und dann unter den Bäumen dich solange lieben, bis alle Waldgeister neidisch auf uns herabschauen.“
    Sie gab ihm einen kleinen Schmatz auf die Wange und rutschte dann wieder ein Stück tiefer auf seine Schulter. Ihre Füße guckten zwar auch vom Bettrand, aber mit leicht angewinkelten Knien ging es eigentlich.


    Aber leider hatte Archias recht, sie würden nicht einfach so abhauen können. Tradition war eben Tradition. Auch wenn Axilla ein wenig zusammenzuckte, als er Piso erwähnte. Ohwei, daran hatte sie ja noch gar nicht gedacht.
    “Nein, nicht so wirklich Freundinnen. Claudia Romana vielleicht. Oh, und weil ich auf ihrer Hochzeit war, werd ich wohl Tiberia Septima auch einladen. Sofern die da kommen würde.“ Sie knuffte Archi ein wenig neckisch in die Seite. “Und sonst... puh, Familie eben. Die kann man ja schlecht ausladen. Vielleicht noch Duccius Rufus, aber der ist ja in Germania. Keine Ahnung.“ Axilla konnte sich für eine große Feier nicht so wirklich begeistern. Die würden sie dann sicher alle den ganzen Tag lang anstarren. Ganz sicher. Schreckliche Vorstellung.

    Am liebsten hätte Axilla Leander bei sich behalten, aber das hätte wohl sehr komisch ausgesehen. So war der Grieche mit in Richtung Küche gegangen, während Axilla im Atrium wartete. Ein sehr ungutes Gefühl der Nervosität machte sich in ihr breit, während sie so dastand und sich umsah. Das letzte Mal hatte man sie ins Tablinum gebracht, das natürlich sehr prunkvoll und repräsentativ war. Das Atrium war bestimmt nicht weniger prunkvoll, wenngleich nicht ganz so repräsentativ. Doch im Moment hatte Axilla ohnehin keinen Sinn für die Schönheit des Hauses oder die Erlesenheit der Ausstattung.
    Als sie Schritte hörte, drehte sie sich fast schon erschrocken in die Richtung, von wo sie kamen, und als sie Seiana dann schließlich sah, sank ihr das Herz in die Tunika. Sie bemühte sich, möglichst gerade zu stehen und sich nichts anmerken zu lassen, aber ihre Finger spielten noch einen Moment unsicher miteinander, ehe sie es merkte und die Hande ertappt runternahm.
    “Salve... Decima.“ Natürlich hatte Axilla gehört, wie förmlich sie angesprochen worden war. Aber auch, wenn sie natürlich anderes gehofft hatte, hatte sie nichts anderes angenommen. Dennoch lag ihr einen Moment lang das freundschaftlichere 'Seiana' auf der Zunge, allerdings hätte das wohl sehr anmaßend geklungen.
    “Trinken? Ich... oh... danke. Wasser, wenn es keine Umstände macht“, bat sie. Eigentlich hatte sie keinen Durst, aber es gab zwei Gründe, dennoch etwas anzunehmen. Zum einen war sie Gast, wenn sie etwas zu essen oder zu trinken annahm und unterstand damit dem Schutz des Gastrechtes. Auf die Idee, dass das Getränk auch vergiftet sein könnte, kam Axilla nicht. Und zum anderen hatten ihre Hände dann was, an dem sie sich festhalten konnten und waren so nicht in Versuchung, herumzuspielen
    Sie wartete, bis sie den Becher hatte und der Sklave sich pflichtschuldig wieder entferte. Ihre Nägel trommelten leicht nervös auf der Oberfläche herum, während sie ihn hielt und nicht wusste, wie sie anfangen sollte.
    “Ähm... also... danke, dass du Zeit hast...“, fing sie also etwas unbestimmt an und wich dabei beständig Seianas Blick aus. Am liebsten wollte sie gleich wieder rauslaufen, doch nun war sie ja schonmal hier. Außerdem sähe das wohl noch doofer aus als ohnehin schon.

    “Komm schon, Leander, trödel nicht so rum.“
    Axilla sah über die Schulter zu ihrem Leibsklaven, der wie immer etwas langsamer als sie unterwegs war. Was vielleicht auch daran liegen mochte, dass Axilla sich auch gerne mal zwischen zwei grobschlächtigen Kerlen hindurchzwängte und beide nur mit einem charmanten Lächeln belohnte, während Leander bei gleicher Vorgehensweise wohl mit Prügeln belohnt worden wäre. Der Grieche also war damit beschäftigt, seine Herrin wenigstens halbwegs in dem Gewühl der Straßen noch zu schützen und sie davon abzuhalten, ohne ihn mit einem Mal mitten durch die Subura zu spazieren. Überhaupt, dass sie so gar nicht auf ihn hören wollte, was das mitführen eines Custos Corporis anging! Dabei war Rom alles andere als ungefährlich, und er als Leibwächter wohl nicht wirklich furchteinflößend.
    Aber Axilla lachte nur und schüttelte den Kopf, als er aufschloss, und war schon wieder ein Stück weiter. “Domina! Nicht so schnell!“ meinte er noch und hastete ihr hinterher.


    Aber Axilla wollte nicht langsamer gehen. Endlich waren die vermaledeiten Wochen des Wartens vorbei. Alles war verheilt! Ganz sicher! Alles war wieder so, wie es sein sollte. Archias und sie würden heiraten, und auch, wenn es wegen Seiana nach wie vor einen schalen Beigeschmack hatte, Axilla war glücklich. Sie konnte sich sogar zum ersten Mal vorstellen, wie es wäre, wenn dieses Kind hier gesund auf die Welt käme. Was es werden würde. Wie es dann sein würde, mit ihm als Vater. Nun, das war eine eher schräge Vorstellung, aber dennoch eine schöne.
    Und heute fühlte Axilla sich gut. Sie hatte sich diese Frist gesetzt, bis heute zu warten, sicherzugehen, nichts zu riskieren, auch wenn es schwer war. Aber heute war alles perfekt, und deshalb hatte sie es eilig und achtete nicht darauf, ob Leander auch Schritthalten konnte. So schnell war sie ja nun wieder auch nicht, nur eben aufgedreht und unbedacht.
    Und so merkte sie auch nichts von der Gestalt, die sie beobachtete und ihr unauffällig folgte. Selbst, wenn sie ihn gesehen hätte, sie hätte sich nichts dabei gedacht, wenn er in dieselbe Richtung ging wie sie. Immerhin war es ja kein Schleichweg, den sie zum Palast ging, und in diese Richtung mussten genug Leute, als dass man sich da nichts dabei denken musste.

    Ein bisschen unsicher schaute Axilla noch auf zu Archias, als er ihr antwortete, verlagerte sich dann aber auf ein wohliges schnurren, als er an ihrer Seite entlangstreichelte und schloss genießerisch die Augen. “Was soll ich da erst sagen?“ meinte sie mit diesem leicht bedauernden Unterton. Sie rutschte ein wenig weiter und entblößte Archias die Seite ihres Halses, damit er noch weiterstreichelte. Wenn sie sich schon nicht vereinen konnten und sie so ebenso wie er Erleichterung für ihr körperliches Begehren erhielt, wollte sie wenigstens dieses schöne Gefühl etwas mehr auskosten, das ihr eine Gänsehaut verursachte. Die Woche würde wirklich lang werden, wenn sie nun öfter solche Situationen provozieren würden.
    Komisch eigentlich, denn wenn man es so sah, war seit dem letzten Mal ja auch schon eine lange Zeit vergangen. Definitiv weit mehr als eine Woche, sogar mehr als 4. Und dennoch erschienen die gar nicht so langsam vergangen zu sein. Andererseits hatte Axilla in denen auch keinen Freischein gehabt, Archias aufs Bett zu drücken und körperliche Zuwendung einzufordern.


    Sie genoss seine Berührungen, als er sie dann nochmal nach der Hochzeit fragte. Erst da merkte Axilla, dass sie ihn ja eigentlich selber noch viel mehr hätte fragen wollen, nur hatte sie das jetzt irgendwie bei seinen Streicheleinheiten vollkommen vergessen. Verlegen biss sie sich kurz auf der Unterlippe herum, während sie auch gleichzeitig eine Antwort überlegte.
    “Ich weiß nicht... wird wohl erwartet, oder? Ich meine, wenn eine Iunia einen Verwandten des Kaisers heiratet und so... von wegen alte Familiengeschichte und so....“ Ein wenig unwohl rutschte Axilla tiefer und kaute dabei weiter auf ihrer Unterlippe herum. Allein, wenn sie sich das vorstellte... sie hatte ja jetzt schon das kalte grausen vor der Hochzeit von Serrana und Gemanicus Sedulus, weil dann wieder so viele Leute da sein würden mit ihren Erwartungen und sie da dann auch noch teilweise gastgeben mussten... grausig! Und sich nun vorzustellen, was dann erst bei so einer Hochzeit wäre, und wen sie alles einladen müssten, und was da alles erwartet werden würde.... Axilla stieß einmal seufzend die Luft aus. Freude sah definitiv anders aus. “Also... willst du denn groß feiern?“ Fast etwas Mitleid heischend schaute sie zu ihm hoch und kaute sich weiterhin immer wieder auf der Unterlippe herum, weil sie mal wieder nicht wusste, wie sie sich ausdrücken sollte. “Also... wegen mir müssen wir nämlich nicht... außer du magst gerne, ich meine, dann natürlich schon. Aber... also, wegen mir könnten wir auch einfach ausreiten, zwei Tage wegbleiben und dann sagen, dass wir verheiratet sind... also, theoretisch mein ich jetzt...“

    Auch, wenn Archias das ganz alleine bis zum Ende hatte klären wollen, Axilla konnte das nicht. Sie ging gern Problemen aus dem Weg, ignorierte sie, so gut sie es konnte und stellte sich einfach taub und blind. Aber manche Probleme verschwanden dann nicht einfach, indem man sie einfach unter den Tisch fallen ließ, sondern wuchsen weiter, drückten aufs Gewissen und verursachten dieses üble, kleine Gefühl, etwas böses getan zu haben. Und genau dieses Gefühl hatte sie gerade täglich, seitdem Archias sie gefragt hatte, ob sie ihn heiraten wolle. Und das, obwohl er da ja noch mit Seiana verlobt gewesen war...


    So stand sie also vor der Porta und ließ Leander für sie anklopfen. Es dauerte nicht lange, da wurde die Tür geöffnet und der Ianitor erschien.


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    “Salve. Meine Herrin Iunia Axilla möchte gerne Decima Seiana sprechen, wenn sie einen Moment Zeit hat“, meldete der Grieche pflichtschuldig und höflich.

    Eigentlich hatte Axilla nicht wirklich eine Ahnung, was sie da machte, aber scheinbar machte sie es gut, denn nach nicht allzu langer Zeit war das Ziel erreicht und Archias lag japsend auf dem Bett. Sie blieb noch ein wenig, wo sie war, streichelte über seine Schenkel, bis er sie schließlich zu sich hochzog. Beinahe wär sie auf dem Kissen, auf das sie sich gekniet hatte, ausgerutscht und auf ihn gefallen, aber so ließ sie sich gerade so eben neben ihn fallen. Sogleich zog er sie auch ganz dicht an sich und hielt sie so fest, dass sie schon meinte, er wolle sie zerquetschen.
    Er suchte nach Worten, einer Erklärung, aber was er dann sagte, war dann doch überraschend. Zumindest für Axilla. Einen Moment sagte sie gar nichts, dann küsste sie ihn – und ignorierte dabei den Geschmack in ihrem Mund im ersten Moment. Nach dem ersten stürmischen Moment aber beschränkte sie ihre Liebkosungen auf seinen Hals und die Wange, während sie sich an ihn schmiegte. Er liebte sie? “Ich liebe dich...“, flüsterte sie zurück und war einen Moment nur glücklich.


    Erst im nächsten schlichen sich Fragen ein, die ihre Freude dämpften. Vielleicht sagte er das ja auch nur, weil sie ihn gerade befriedigt hatte? Und weil sie schwanger war? Oder beides miteinander. Da war so ein fieses, kleines Stimmchen in ihrem Hinterkopf, dass ihr beständig einredete, dass man auf Versprechen, die Männer direkt nach dem Sex von sich gaben, keinen zu hohen Wert legen sollte.
    Etwas grübelnd schaute sie daher Archias an und legte sich auf seine Schulter, kraulte über seine Brust. “Das hat dir gefallen, ja?“ fragte sie etwas unsicher nach und versuchte so, etwas weiträumiger das diffizilere Thema anzugehen. Von hinten durch die Brust ins Auge, sozusagen.

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    Hatte der Aelier etwa Araros Gedanken gelesen? Nicht, dass er etwas dagegen hatte, dass das Haus von noch mehr Blumen verschont bliebe, dennoch schaute er den Mann vor ihm etwas fragend und skeptisch an bei seiner Bemerkung.
    “Ja, Dominus Silanus ist zugegen. Ich werde ihn fragen, ob er dich in seinem Officium empfängt“, verkündete Araros höflich und machte sich auch schon daran, eben selbiges zu tun.

    Je mehr Axilla fühlte, dass er sie wollte, umso mehr stachelte es sie an, weiterzumachen. Seine Hände auf ihrem Körper jagten ihr Schauer über den Rücken, und seine Küsse waren so verdammt verlockend, dass Axilla nicht genug von seiner Zunge bekam. Dennoch löste sie sich immer wieder von dieser, um noch mehr von seiner Haut zu küssen, vor allem sein Hals hatte er ihr angetan. Aber warum roch er auch so gut?
    Er ließ sich langsam immer weiter zurücksinken, und Axilla merkte, wie sie ihm immer mehr entgegendrängte. Sie wollte ihn, und die Gefahr für sie war ihr dabei fast egal. Was gäbe sie darum, wenn es jetzt ginge?
    Zum Glück aber zog Archias die Bremse. Naja, so halb, seine eine Hand lag immernoch ziemlich aufreizend an ihrem Po, wo sie ihr Becken mehr oder weniger sanft gegen seines drängte. Und auch hielt er sie nicht im Mindesten davon ab, ihn weiterhin zu küssen. “Zu lange...“, raunte sie ihm kurz zu und drängte dabei ihr Becken noch mehr gegen ihn, um es ihm zu verdeutlichen. “Eine Woche... oder zwei...“ Sie kratzte ihm leicht über die Tunika und schnurrte dabei, ohne den Kuss zu unterbrechen. “...eine...“ meinte sie bestimmt und rutschte dann langsam von ihm runter, bis sie schließlich auf dem Boden vor ihm kniete. Als er sich vor zu ihr beugte, stieß sie ihn mit einer ungeduldigen Geste wieder zurück und begann damit, ihm die Tunika hochzuziehen. Das obere Ende ihres Körper war schließlich vollkommen intakt.

    Häuflein Elend? Wohl kaum. Axilla fühlte sich viel zu wütend, um elend zu sein. Wütend auf sich selber, wütend auf das Kind in ihr, wütend auf Serrana, die sich erlaubte, ihr Vorwürfe zu machen, wütend auf die Gesellschaft, die so strikte Regeln vorgab, wütend auf die Götter, die sich einen derben Spaß mit ihr erlaubten, einfach wütend auf alles.
    Serrana fragte erstmal nach, und Axilla riss sich zusammen, sich nicht zu ihr umzudrehen und sie niederzubrüllen. Ja, das verdammte Kind, das sie nicht hatte haben wollen, dieses Kind war noch da! Von genau dem redete sie! Wovon denn sonst?
    Und dann lachte Serrana! Axilla drehte sich kurz ruckartig halb zu ihr herum und starrte sie nur entgeistert an, wie sie dastand und lachte, kicherte und gluckste. Was war denn bitte daran lustig? Axilla hatte just in diesem Moment nicht wenig Lust, ihre Cousine, die sie sonst für so lieb und zart und rein hielt, blutig zu prügeln. Sie wandte sich von ihr ab und ging ein paar Schritte, um nicht in Versuchung zu geraten, eben jenes zu tun.
    Und erst die Aussage dann! Axilla verdrehte die Augen gen Himmel und starrte ins kalte Frühlingsblau über ihr hinauf. Fortuna hatte einen Plan mit dem Kind? Dann sollte doch bitte sie es bekommen. So ein Schwachsinn! Ein Zeichen sollte das sein? Wofür? 'Wenn du willst, dass es richtig gemacht wird, vertrau keinem Peregrinen', oder was? Sie schnaubte und blieb noch eine Sekunde stehen, als sie auch schon Serranas Hand auf ihrer Schulter fühlte und die nächsten Worte hörte.
    Und dann reichte es Axilla! Sie drehte sich so schnell auf den Hacken um, dass Serrana noch direkt vor ihr stand, als sie ihr die Hand wütend beiseite schlug. Außer sich vor Zorn beugte sich Axilla aggressiv vor, um ihrer Cousine direkt ins Gesicht brüllen zu können. “Ich will aber deine verdammte Hilfe nicht! Ich will von niemandem die Hilfe, und die scheiß Götter mit ihren scheiß Plänen für dieses scheiß Kind können mich mal!“ Sie schaute noch einen Moment wie eine Wahnsinnige, die kurz davor war, ihr Gegenüber zu zerfleischen, und fügte noch ein nicht minder wütendes “Scheiße!“ an, ehe sie an Serrana vorbeistapfte.
    Natürlih meinte sie das nicht so, auch wenn sie wenig von den Göttern hielt, würde Axilla sie nicht so beleidigen. Aber in der Wut sagte man schnell Dinge, die man gar nicht so meinte.
    Sie wollte eigentlich nun nach drinnen stapfen, ihre Gleichgültigkeit demonstrieren, ihr die eiskalte Schulter zeigen und so als überlegen aus dem Geplänkel gehen, aber sie war zu wütend. Es reichte noch nicht. Auf halbem Weg blieb sie nochmal stehen, drehte sich um und brüllte weiter.
    “Und was heißt da gutheißen? Hab ich dich um Erlaubnis gefragt? Ich brauch von niemandem eine Erlaubnis!“
    Wieder ein paar wütende Schritte, dann nochmal umgedreht und weitergemault. “Und überhaupt, was weißt du denn schon? Bist zum ersten Mal verliebt und denkst, du weißt alles darüber!“
    Wieder umgedreht und weitergelaufen, nur um zu merken, dass es nicht besser wurde. Axilla blieb stehen, atmete einmal ganz tief durch. Half auch nicht. Vor ihr stand ein aufgerichteter Pfeiler aus Holz, ein Teil des Laubengangs, an dem der Wein emporwuchs. Wütend boxte Axilla so heftig dagegen, dass das Holz knirschte. Schmerz zuckte durch ihre Hand, und für einen kurzen Moment half es, die Anspannung in ihrem inneren zu lindern.

    Warum er jetzt so grummelig war, verstand Axilla wirklich nicht. Und was meinte er denn nur mit seinem 'das hat er jetzt davon'? Axilla konnte sich wirklich keinen Reim darauf machen. Dass es um Crios ging, war klar, aber was hatte der wovon? Und widersprach Archias sich nicht gerade selber?
    “Ich wusste gar nicht, dass ihr miteinander gesprochen habt?“ meinte Axilla verwirrt. Aber es klang ja so, wie sonst könnte Archias ihm irgendwas gesagt haben? Wirklich seltsam, wie er sich benahm.


    Doch das war sehr schnell vergessen, als er anfing, sie zu Küssen. Erst auf den Kiefer, dann weiter in Richtung Mund, und dort schließlich so richtig. Axilla stöhnte leise auf und öffnete ihm bereitwillig den Mund. Sie hatte seine Küsse vermisst seit dem letzten Mal. Wann war das überhaupt gewesen? An dem Tag nach dem Tag, als sie das von Urgulania erfahren hatte? Oder danach nochmal?
    Ein kleiner Teil von ihr schalt sie eine Närrin, dass sie jetzt darüber nachdachte, anstatt einfach zu genießen, und sie musste leicht lächeln, ohne den Kuss dadurch aber zu unterbrechen. Und dennoch endete er mit einem Mal abrupt, als Archias sich zurücklehnte und sich somit außer Reichweite ihrer Lippen begab. Und dann entschuldigte er sich.
    Axilla schaute ihn zwei erregte Atemzüge lang nur verwirrt an, dann fasste sie mit beiden Händen in sein Haar und zog seinen Kopf leicht zurück in seinen Nacken, nur um sich selber in seinem Schoß weiter aufzurichten und nun ihn mit Leidenschaft zu küssen.
    “Halt die Klappe“, meinte sie nur kurz atemlos und hatte seinen Mund auch gleich schon wieder mit ihrem verschlossen. Sie wusste zwar, dass es noch nicht ging, das hatte Crios ihr ja gesagt, aber ein wenig wollte sie noch fühlen, ob er sie begehrte. Denn selbst, wenn er sie nicht lieben sollte, Begehren war ja auch schon etwas. Und dass sie sich nicht so vereinigen konnten hieß auch nicht, dass sie nicht dafür sorgen konnte, dass Archias auf seine Kosten kam.

    Sie erhielten die erhoffte Absolution vom Brautpaar, und Axilla war erleichtert. Noch immer fragte sie sich zwar, warum Archias nur so ausgeflippt war, und wieso Vala meinte, daran schuld zu sein, aber sie stellte diese Gedanken erst einmal hinten an. Im Augenblick war sie nur froh, dass das Ganze scheinbar glimpflich ausgegangen war und sich irgendwie keiner so wirklich daran zu stören schien. Komisch irgendwie, aber Axilla war noch nicht auf genug Festen, um mitzubekommen, ob sowas öfter passierte oder nicht. So ruhig wie alle blieben, schien das ja durchaus so zu sein.


    Sie folgten dem Brautpaar ins Triclinum, und die Gruppe der Personen spaltete sich nach Männlein und Weiblein. Axilla ließ Vala los und gesellte sich zu den Frauen, allerdings nicht, ohne ihm noch einen etwas wehmütigen Blick zuzuwerfen. Abgesehen davon, dass sie noch gerne bei ihm geblieben wäre, wäre sie auch viel lieber in der Männerrunde gesessen und hätte sich dort am Gespräch beteiligt. Wenn die Frauenrunde so werden würde wie in den Thermen, dann gute Nacht. Dann würde sie entweder einschlafen oder für den nächsten Skandal sorgen.
    Sie nahm einen Becher entgegen mit verdächtig roter Flüssigkeit. Sie roch einmal daran, ohne zu trinken, und merkte, dass es Wein war, wenngleich mit viel Honig gesüßt. Sie beschloss, erstmal nichts zu trinken, bevor es wirklich doch noch peinlich wurde. Wer konnte schon sagen, wen sie diesmal küssen würde? Lieber kein Risiko eingehen.
    Sie setzte sich also einfach auf einen freien Platz und versuchte, wenigstens so zu tun, als würde sie das alles wirklich interessieren und als wäre sie nicht noch völlig von den Geschehnissen von eben beschäftigt. Und schon ging es auch gleich mit dem ersten Thema los, und, wie könnte es anders sein, Hochzeiten. Axilla schaute nur ganz kurz auf, als Serrana auf Romana antwortete und von ihrer Beziehung zu Sedulus berichtete. Dann war es jetzt offiziell? Gut, dann musste sie nicht mehr aufpassen, ob sie sich nicht doch vielleicht verplapperte.
    Ihr Blick glitt rüber zu den Männern und sie versuchte, dabei nicht sehnsüchtig auszusehen. Bestimmt redeten die gleich über Politik oder sowas. Was interessantes eben. Auch wenn Serrana Axillas Cousine war, ihr war es eigentlich relativ wurscht, wer in wen verliebt war. Außerdem hatte sie sowieso den Anfang der Unterhaltung verpasst und übte sich darin, von jetzt an möglichst unsichtbar zu sein, um nicht noch mehr aufzufallen. Sicherheitshalber stellte sie auch das Mulsum unangetastet einfach auf den Tisch und wartete darauf, dass die anderen anfangen würden, zu essen, damit sie selbst damit anfangen konnte.

    Axilla war so beschäftigt damit, auf ihre unruhigen Hände zu starren, dass sie erst bemerkte, dass Archias etwas sagen wollte, als er ihr die Hand fast schon auf den Mund legte, um sie zu unterbrechen. Aber sie war nervös und wollte nicht, dass er etwas tat, was er später bereuen würde, nur weil er dachte, er müsse das tun. Axilla würde es verstehen, selbst jetzt noch, wenn er doch Seiana heiraten würde. Oder jemand anderen, wenn er ihn denn wirklich liebte. Ob Archias sie liebte, wusste Axilla nicht. Er hatte es nicht gesagt, und bestimmt hätte er das doch gesagt. Oder nicht?
    Axilla fühlte sich zunehmend verwirrter und merkte, wie groß diese Entscheidung doch letztendlich war. Am liebsten wollte sie davor weglaufen, aber gleichzeitig wollte sie auch nicht aus seinen Armen, die ihr so viel Sicherheit gewährten. Sie wurde ein wenig unruhig bei seiner Fragerei und rutschte etwas auf seinem Schoß herum. “Ja, genau das mein ich. Wenn es... nicht richtig ist.“
    Er beruhigte sie auch gleich, meinte, dass es ja gar nicht so kommen musste, und ein kleines Kind nicht schlimm wäre. Axilla nickte nur stumm und ein bisschen nachdenklich. Sie selbst war bei ihrer Geburt auch sehr zierlich gewesen, daher ja auch ihr Cognomen. Schlimm war es vielleicht nicht. Aber gut sicher auch nicht.


    Dann aber wurde Archias plötzlich wütend und grollte vor sich hin. Es brauchte nicht viel Kombinationsgabe, um zu wissen, wen er meinte. Er hatte ja schonmal so komisch reagiert, als Axilla Crios erwähnt hatte. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, was er mit seinen Worten meinte.
    “Aber... es war doch das richtige Mittel. Das Mittel ist doch dazu da, damit das Kind stirbt. Es sollte ja nichtmal mehr leben...“, murmelte Axilla mehr, als dass sie es wirklich sagte. Sie verstand Archias nicht so ganz, aber sie fühlte sich im Moment ohnehin so, als ob sie gar nichts mehr verstand.
    Einen Moment schaute sie Archias einfach nur unsicher an. Er hatte ihr eigentlich keine Antwort darauf gegeben, was er wollte und was er dachte. Nicht so wirklich. Und sie wusste auch nicht wirklich, was er fühlte, und was er dachte. Das machte ihr ein wenig Angst. Bisher war ihr Verhältnis so einfach gewesen, weil es nichts gab, worüber sie da hätte nachdenken müssen. Nun gab es da so vieles, dass Axilla Kopfschmerzen davon bekam.
    Sie lehnte sich leicht vor, bis ihre Stirn sich an seine Wange schmiegte. “Ich fühl mich ganz durcheinander“, gestand sie Archias und stupste ihn leicht mit der Nase. “Meine Gedanken drehen sich so sehr, dass ich ihnen gar nicht mehr folgen kann. Und dabei will ich doch gar nicht nachdenken.“

    Puh, da fragte er was. Axilla zuckte etwas hilflos mit den Schultern. “Nein, er isst meistens außerhalb, aber abends ist er doch meist daheim. Er und ich... sehen uns nicht so häufig.“ Sie hatte ihm ja bereits erzählt, dass sie und Silanus einander weitestgehend ignorierten, da ja doch das ein oder andere zwischen ihnen stand. Nicht zuletzt, dass Silanus ihr erster Mann gewesen war...
    “Und vielleicht solltest du erst noch mit Seiana morgen reden...“, fügte sie kleinlaut an. Natürlich hatte sie nichts dagegen, wenn er schnell mit Silanus reden würde, ganz sicher nicht, aber Axilla wollte nicht, dass Seiana noch mehr verletzt wurde, als sie es wohl ohnehin werden würde.


    Als Archias anfing, aufzuzählen, wer wohl wie reagieren würde, wurde Axilla noch ein bisschen kleiner, und ihr Bauchweh wurde dafür ein bisschen größer. Seine Mutter würde ausflippen und um Quarto machte er sich Gedanken. Das klang nicht unbedingt gut, und Axilla war niemand, der sich hinstellte und sagte 'so, hier bin ich, lebt damit'. Nervös kaute sie ein wenig auf der Unterlippe herum.
    Als Archias anschließend noch seine Gefühle beschrieb, wurde das noch ein wenig schlimmer. In Seiana war er also verliebt gewesen, aber seid Alexandria nicht mehr? Wollte er ihr das sagen? Und das war keine wahre Liebe, meinte er. Axilla kaute noch immer auf ihrer Unterlippe, als sie sich fragte, was das hier für ihn war. Machte er das vielleicht doch nur wegen dem Kind?
    “Caius, ich muss dir noch was sagen“, fing sie also unsicher an. Sie wollte nicht, dass er alles wegwarf wegen einer Vorstellung von einer glücklichen Familie, die vielleicht gar nicht eintreffen würde. Nervös knetete ihre linke Hand an den Fingern der rechten Hand herum, wobei beide Hände doch recht auffällig vor ihrem Bauch blieben und ihr Blick auf eben jene gesenkt war. “Also... wegen der Abtreibung... also, es kann sein, dass das Kind... sehr klein ist, und vielleicht auch nicht gesund. Und, also... wenn es nicht gesund ist... ich kann das dann auch nicht. Also, wenn es dann nicht sowieso stirbt, ich meine...“
    Es war ja nicht so, dass es etwas ungewöhnliches war, wenn man missgebildete Kinder aussetzte. Das war sogar eher die Regel als die Ausnahme. Es war noch nicht einmal strafbar, da Kinder per Gesetz das Eigentum des Vaters waren. Selbst Seneca hatte es öffentlich befürwortet, oder auch Plato. Aber dennoch war es nichts, was Axilla einfach so ansprechen konnte, als wäre nichts dabei.
    “Vielleicht ist es auch ganz in Ordnung, aber... also, wenn es das nicht ist, Caius... also, ich kann das nicht. Dann, also... dann... also, nur, wenn es wirklich so ist und... also... ich meine... und, und, wenn du sagst, du kannst das nicht, oder... also, ich meine, weil du anders fühlst, ich meine... nicht für mich, sondern für das...“ Ihre Hand berührte nervös zitternd ihren Bauch, und Axilla sah ihn forschend an. Er hatte nicht einmal gesagt, dass er sie liebte. Er hatte es nichtmal so richtig angedeutet. Vielleicht liebte er auch nur die Vorstellung einer Familie. Aber Axilla wollte nicht, dass er seine Entscheidung aus falschen Gründen traf. Und sie traute sich nicht, ihr Herz ganz zu öffnen und zuzulassen, was sie eigentlich schon wusste, solange da noch diese Unsicherheit war.

    Aufgrund einer 8 Jahre älteren Schwester und dem Umstand, dass man damals ja nur 1 Fernseher hatte (und sie stärker war als ich) hab ich sehr regelmäßig das hier schauen dürfen^^